MICHAEL HOLM
“Für mich die ‘Hitparade’ sehr viel wichtiger als die ‘disco’ gewesen” – Das große smago! Exklusiv-Interview …
… mit Michael Holm zu seiner CD “Holm 80”, seinem 80. Geburtstag am 29.07.2023 sowie zu seiner Biografie!
Wie kam das Konzept für „HOLM 80“ zustande? Das ist ja wirklich ein außergewöhnliches Jubiläumsalbum und ein anderes Konzept als was man sonst so kennt?
Das kam u. a. durch die herausragenden Produzenten MATHIAS ROSKA und RÜDIGER SCHRAMM. Teilweise haben die auch die Titel vorgeschlagen bzw. ausgewählt für das Album, die ich gar nicht mehr auf dem Zettel hatte. Beispielsweise „Liebt euch“ oder „Giorgio und ich“ sind Songs, auf die ich selber nicht gekommen wäre, die noch einmal neu zu arrangieren. Aber – die hatten ein Konzept und tolle Arrangement- und Sound-Ideen, so dass da Titel dabei sind, die ich nicht mehr im Notizbuch hatte, wenn ich ehrlich bin.
Wie schwer war es, OTTO WAALKES als Duett-Partner zu gewinnen?
Das war gar nicht schwer. Wir haben nett gefragt. OTTO hat gleich nett geantwortet: „Wenn MICHAEL ruft, dann bin ich da.“ – das ist O-Ton OTTO WAALKES. Netter kann man es nicht sagen, charmanter kann man es nicht ausdrücken. Es war kein Problem, sondern es war eine große Freude. Wir haben das vor ca. vier Wochen in Hamburg aufgenommen und hatten damals einen Riesen-Spaß – anders kann man sich das ja nicht vorstellen bei OTTO.
OTTO ist ja auf Platz 1 der Single-Charts momentan – was haben Sie sich für „HOLM 80“ vorgenommen?
Ja, richtig – mit dem „Friesenjungen“. Ich kann mich noch daran erinnern: Meine Produzenten, der MATZE und der RÜDIGER, die haben noch ganz intensiv ihm zugeredet, dass er das machen solle, weil der Rap-Partner, den ich selbst nicht so auf dem Schirm hatte, ein sehr guter Musiker sein soll. Da gäbe es keine Probleme oder negativen Einschübe, meinten die. OTTO hat dann zugestimmt und war zwei Wochen Nummer 1.
Für mich selbst hoffe ich, dass mein Album erfolgreich ist, dass die Firma damit sehr viel Freude hat und auch MICHAEL KERNBACH und die Produzenten sowieso. Aber – man kann sich viel vornehmen, aber letztlich entscheidet das Publikum über Erfolg und Misserfolg, wie wir alle wissen.
Einen Duett-Partner vermissen wir: GUILDO HORN. Habt ihr euch ein bisschen auseinandergelebt in den letzten Jahren?
Nein, ich mag den GUILDO HORN nach wie vor, so ist es nicht. Wir hatten vor drei Wochen noch in Bayreuth beim Weißbierfest noch einen gemeinsamen Auftritt vor großem Publikum. Die Firma hat mir Vorschläge gemacht, auf die ich mich gerne eingelassen und die gerne wahrgenommen habe.
Die Biografie endet ziemlich abrupt im Jahr 1999. Warum erfährt man so wenig über die letzten 25 Jahre? Dabei gab es doch auch in den letzten Jahren schöne Alben – warum?
Ich habe mich ganz bewusst auf diese Zeit, in der ich auf verschiedenen Gebieten sehr erfolgreich war, konzentriert. Die 2000er Jahre – da habe ich viel live gemacht, bin viel aufgetreten – Open Air, Konzerte und Galas. Aber als MICHAEL HOLM, was Autorenschaft oder Tonträger angeht, war meine Erfolgszeit etwas zu Ende, also eingedampft. Interessant war schon das letzte Jahrtausend, in dem ich gewirkt und beeindruckt habe.
Es war glaube ich richtig, sich darauf zu konzentrieren. Ich habe schon so viele Geschichten weglassen müssen, weil es auch nicht mehr als 300 Seiten sein sollten. Der Verlag hat da ja auch ein bisschen mitzureden. Ich wurde schon gefragt, warum ich keinen zweiten Memoiren-Band mache. Ich weiß nicht, ob die Leute das dann noch interessiert. Aber ich glaube, diese geballte Ladung an Zeitgeist und Erlebnissen der 60er, 70er, 80er und 90er Jahre des letzten Jahrtausends – die sind es dann auch, die mich definieren und das Publikum interessiert.
Schmerzt es, dass bei Shows von FLORIAN SILBEREISEN ständig Ihre Lieder gesungen werden (z. B. ROSS ANTONY – „Tränen lügen nicht“) – Sie selbst aber nicht eingeladen werden? GIOVANNI ZARRELLA macht es ja anders?
Ich bin ja jetzt in Kürze bei GIOVANNI ZARRELLA eingeladen. Der ist natürlich ein hervorragender Sänger, das muss man nebenbei mal erwähnen. Ich habe in einer Sendung neulich gesehen, wie er die „Unchained Melody“ gesungen hat, dass es mir die Mütze vom Kopf gerissen hat. Das war wirklich unfassbar gut. Der schmettert da los – unbeschreiblich! – Ja, im nächsten Monat bin ich bei GIOVANNI in der Sendung. Darauf freue ich mich natürlich.
Ansonsten freut sich jeder Autor, wenn die eigenen Titel gebracht werden. Deshalb bin ich auch bei FLORIAN SILBEREISEN glücklich, wenn er Titel von mir bringt, wer auch immer die singt. Das ist auch immer ein Erfolg – und die GEMA schenkt mir in dem Fall ein „freundliches Lächeln“.
Stimmt es, dass Sie das letzte Album von GUNTER GABRIEL produzieren sollten?
Ja, das sollte ich. Aber ich habe GUNTER immer gesagt – über Wochen hinweg – dass das Produzieren mir zu anstrengend ist. Wenn es so weit ist – gerne synchronisiere ich das, stehe beim Singen mit dir im Studio zur Seite. Wir haben uns auch lange über die Situation seiner großen Hits unterhalten.
Ich habe ihm gesagt, dass man mit Themen wie „Gib mir meinen Job zurück“ heute nicht mehr punkten kann. Heute ist es anders – heute ist der Arbeitgeber froh, wenn der Arbeitnehmer zu ihm kommt und für ihn arbeitet. Die Dinge haben sich da etwas umgekehrt. Er hat sich schwergetan, die Aktualität zu empfinden. Für ihn galt es, Anwalt der ausgebeuteten Arbeiter, die ihren Job verlieren, zu sein. Das war sein großes Thema. Aber heute ist es ja so, dass heute eher der Arbeitnehmer, der seine Fachkraft verliert, gefährdet ist – glaube ich.
Über solche Sachen haben wir uns unterhalten. Der GUNTER war ja ein politisch, kulturell und ökonomisch hoch interessierter Mensch und Gesprächspartner. Für mich persönlich kam es nicht in Frage, als Produzent zu wirken. Das war mir ehrlich gesagt zu anstrengend.
Sie beginnen Ihr Buch mit einer Abhandlung über TRUCK BRANSS – war der eher Fluch oder Segen für die Schlagerszene?
Ganz klar ein Segen. TRUCK war eine Person, die ein bisschen zerrissen war. Der hatte die damaligen Verhältnisse verinnerlicht, dass der Regisseur der absolute Superstar der Sendung ist. Das war ja auch damals so. Er war ein großer Gewinn für die Schlagerbranche. Er hat diese Hitparade als Regisseur so attraktiv gestaltet, dass damals 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung am Fernseher klebten und sich die Hitparade reingezogen haben.
Einer der Gründe war ja, dass in den 70er Jahren die Schlagerfans die großen Stars so groß werden konnten – von ROY BLACK über CHRISTIAN ANDERS und CHRIS ROBERTS, JÜRGEN DREWS, und MICHAEL HOLM, RICKY SHAYNE, REX GILDO, MANUELA, natürlich besonders MARIANNE ROSENBERG, KATJA EBSTEIN und und und. Er hat bei all seinen kleinen charakterlichen Geschichten der Szene ein Riesen-Podium geboten – und das zusammen mit dem unvergleichlichen DIETER THOMAS HECK, der jeden auf ein Podest gestellt hat und großartig für jeden Kollegen als Verbreiter, als Propagandist, tätig war – ganz uneigennützig, er wollte eine tolle Sendung machen. Das ist ihm auch gelungen. Er hat dabei wirklich ALLEN geholfen.
Stimmt es, dass man Sie bei den Hitparaden-Tourneen immer bei den billigen Bahnhof-Hotels untergebracht hat? Das hat MARY ROOS mal erzählt …
Bei den großen Tourneen – das waren alle tolle Hotels. An billige Bahnhof-Hotels kann ich mich nicht erinnern. Ich war ja auch nicht bei allen Tourneen dabei. Bei den ERSTEN großen Hitparaden-Tourneen war alles sehr nobel, da hat auch der DIETER drauf geachtet.
HEINZ ERHARDT soll einer der ersten Financiers der Tourneen gewesen sein? Wie kam das zustande?
Ich weiß nur noch eins – HEINZ ERHARDT war ja damals krank. Er kam aus derselben Stadt wie der damalige Tourneeveranstalter HORST KLEMMER kam, aus Oldenburg. In dem Zusammenhang hat HORST ihn auch angesprochen. Da ist HEINZ sofort eingesprungen. CHRISTIAN ANDERS und ich haben uns damals auch angeboten. Das wollte HORST nicht so gerne, dass Teilnehmer Mitveranstalter waren. Ja, dann war es unser großartiger Humorist.
Konnte der damals überhaupt noch sprechen? Er hatte ja damals einen Schlaganfall erlitten?
Das weiß ich nicht. Ich habe ihn damals nicht gesprochen und nie persönlich kennen gelernt. Ich war immer nur ein Riesenfan von ihm aus der Ferne – sowohl von seinen Auftritten als auch von seinen Gedichten her. Er war wunderbar, einmalig und unerreicht.
Zum ersten Mal haben Sie bei „Wart auf mich“ den Sprechteil selber gesprochen. Wissen Sie noch, wer das im Original gemacht hat?
Das war die entzückende RAMONA WULFF, die ja ((– als “Ramona” –)) mit „Alles, was wir wollen auf Erden“ selbst einen großen Hit hatte.
Hat GIORGIO MORODER schon was zur Neuaufnahme von „Giorgio und ich“ gesagt, wobei der Song ja gar nicht unbedingt auf ihn selbst bezogen sein soll?
Nein – dieses „Giorgio und ich“ war eine Zeile, die mir gefallen hatte. Über mehrere Jahre ist mir mehr dazu nicht eingefallen, also keine Story. Ich hatte überlegt, dazu eine Mafia-Geschichte zu machen. Dann fiel mir ein, dazu eine Geschichte zu machen, einen Plot daraus zu machen über zwei Männer, die sich in dieselbe Frau verlieben und in dem Zusammenhang ihre Freundschaft verlieren. So habe ich das dann gelöst. Das hatte nichts mit uns persönlich zu tun. Ich fand das nur eine schöne Zeile: „Giorgio und ich“ – das klingt gut. Das schreit nach einer Geschichte – und die habe ich dann auch gefunden.
Es gibt von Ihnen einen schönen Titel, der nie auf CD veröffentlicht wurde: „I Love You, Because“. Der fristet ein Schattendasein. Gibt es eine Möglichkeit, diesen starken Song noch einmal zu veröffentlichen?
Die haben wir doch auf dem Album „Poet der Straße“ veröffentlicht. Aber ich müsste mich da mal umhören. Ich habe ja mit Electrola / Universal einen Künstlervertrag. Da müsste ich diese Anregung mal ins Gespräch bringen und aufgreifen. Aber stimmt, die Nummer ist sehr schön. Die Aufnahme ist gelungen.
FRANK SINATRA hat ja mal einen Song von Ihnen aufgenommen. Der Sohn des damaligen Verlegers PETER KIRSTEN hat dazu keine Informationen. Wissen Sie, ob FRANK SINATRA den Titel aufgenommen hat?
Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, was uns PETER KIRSTEN damals gesagt hat. Wir haben einen schönen Vorschuss bekommen und auf eine weitere Beteiligung verzichtet. Leider gab es keine weitere Abrechnung, weil es die Veröffentlichung nicht gab. FRANK SINATRA soll es aber aufgenommen haben. Er hat mit einer Band den Titel erarbeitet und ein Band mit nach Hause genommen, das verinnerlicht. Beim Treffen zum endgültigen Recording war es kein guter Song für FRANK, wenn es nicht „auf Anhieb“ klappte – und das war damals wohl leider der Fall.
Es könnte aber möglich sein, dass es die Aufnahme irgendwo auf einem Band gibt?
Ich gehe fast davon aus, dass es diese Aufnahme gibt. Ich habe immer gehofft, wenn FRANK SINATRA eines Tages nicht mehr lebt, dass man diese „alten Kamellen“ noch mal veröffentlicht. Das ist aber so streng geregelt, dass nur das veröffentlicht werden darf, denen er seinen Stempel aufgedrückt hat. Mehr kann ich dazu leider nicht beitragen. Aber der Sohn von PETER KIRSTEN wird sich freuen, weil die neue Aufnahme von Mendocino vielleicht ja immer noch bei ihm ist.
Über ILJA RICHTER und die ‘disco’ verlieren Sie kein Wort. Wie erklären Sie sich, dass es nie so eine enge Bindung zu ILJA und den Schlagerstars gab?
Es gab zwischen DIETER THOMAS HECK und mir und meinen Kollegen eine ganz andere herzliche Verbindung. Die Disco war eine wichtige und einflussreiche Sendung, in der ich auch oft war. Aber es war eben so, dass ILJA mich und andere nicht so mochte. Ich habe ja glaube ich schon mal betont, dass ich in meinem Buch über Dinge geschrieben habe, die mich immer positiv bewegt haben oder die besonders interessant und ungewöhnlich waren. In dem Zusammenhang ist für mich die ‘Hitparade’ sehr viel wichtiger als die ‘disco’ gewesen.
Sie sind der Taufpate der Tochter von DIETER THOMAS HECK. Was sagen Sie dazu, dass die Öffentlichkeit keine Gelegenheit hatte, damals Abschied von DIETER THOMAS HECK zu nehmen? Haben Sie noch Kontakt?
Wir haben bis zum Tod von HILDCHEN sehr engen Kontakt gehabt. Gerade meine Frau hatte zu HILDE eine sehr enge Verbindung gehabt. Aber seitdem leider nicht mehr so. Ja, auch wir haben es bedauert: Viele hätten gerne ihren Respekt und ihre Liebe bezeugt. Aber es war wohl DIETERS Wunsch, dass das geheim ablaufen sollte. Das wollte angeblich der DIETER so, das hatte HILDE uns damals so gesagt. Viele wollten damals dabei sein – aber DIETER wollte, dass das im familiären Kreis bleibt.
Die Werbemelodie „Mit dem grünen Band der Sympathie“ stammt von Ihnen – gab es weitere Werbemelodien?
Die Dresdner Bank war nach der Deutschen Bank die zweitgrößte Bank in Deutschland. Auf den Text sollte ich eine Melodie machen – und das habe ich dann getan. Das war recht einfach aufzulösen.
Ihr Co-Autor schreibt über Sie: „Ein Gentleman alter Schule mit der Kampfbereitschaft eines Straßenjungen, dem romantischen Herzen eines jungen Dichters und dem kühlen geschäftlichen Verstand eines Bankiers“. Fühlen Sie sich mit der Beschreibung richtig getroffen?
Die schmeichelt mir extrem. Nein, fühle ich mich nicht. Ich wollte ihm aber nicht dazwischen gehen. Wenn er mich so sieht – wunderbar, aber das ist natürlich sehr schmeichlerisch und positiv gesehen. So ein idealer Mensch bin ich nicht.
Wir gratulieren noch nicht zum Geburtstag, aber zu einem tollen Album!
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Textquelle: Andy Tichler, Chefredakteur www.smago.de