ROY BLACK
"Roy Black – Live in Bielefeld" – CD-Besprechung von Stephan Imming!

Besonderes Lob gibt es für Roys Stimme, die Abmischung und die Arrangements der veröffentlichten Songs! 

In den 1960er Jahren war viel Bewegung in der internationalen Musikszene. Die Beat-Welle kam mit voller Wucht nach Deutschland, worunter der klassische Schlager damals arg zu leiden hatte. Ein „Gegengift“ zur Beatmusik wurde klar in ROY BLACK gefunden, dessen Beliebtheit Mitte der 1960er Jahre auch beim jugendlichen Publikum immens war, was man an zahlreichen Auszeichnungen wie z. B. Goldenen „Ottos“ der Jugendzeitschrift Bravo erkennen kann.

Die Tonträger Roy Blacks verkauften sich wie geschnitten Brot. Bemerkenswert ist, dass nicht nur seine Singles, sondern seine LPs damals überaus erfolgreich liefen. Sein Debutalbum „Roy Black“ hielt sich über ein Jahr in den Charts und kam bis auf Platz 2, das Nachfolgealbum „Roy Black 2“ schaffte es sogar an die Spitze der LP-Hitparade.

Da Roy auch ein beliebter Live-Musiker war, lag nahe, eines seiner Konzerte aufzuzeichnen und als Tonträger zu veröffentlichen. Gesagt – getan: Im Jahr 1969 erschien die LP „Ein Abend mit Roy Black“ mit Ausschnitten aus einem Konzert in der Bielefelder Oetkerhalle. Das umtriebige Universal-Team hat anlässlich des bevorstehenden 25. Todestages von Roy Black nach den Originalaufnahmen des Konzerts gesucht und wurde fündig. Sensationell: Nicht nur die damals veröffentlichten Lieder wurden gefunden, sondern das komplette damalige Konzert.

Bielefeld war damals offensichtlich bekannt für eine gute Akustik. Selbst Udo Jürgens hat seine ersten Live-LPs dort aufgenommen. Hoch interessant ist, dass Blacks Live-Aufnahme mit großem Orchester erstellt wurde (Udo begnügte sich anfangs ja noch mit einer überschaubaren Begleit-Band). Die musikalische Gesamtleitung hatte damals Black-Produzent Hans Bertram, Orchesterchef war Werner Twardy, der das „Studio-Orchester-Prag“ dirigierte.

Der Live-Eindruck der CD ist ausgezeichnet. Die Songs wurden toll abgemischt, Roy Blacks Stimme wurde ein schöner Hall unterlegt – seine Stimme ist fast etwas lauter gemischt als es nötig gewesen wäre, andrerseits entsteht dadurch ein gutes Live-Feeling. Die Songauswahl ist insgesamt stimmig und zeigt, dass Roy durchaus ein vielseitiger Interpret war.

Ein weiterer Vergleich zu Udo Jürgens drängt sich hinsichtlich des Repertoires auf: Auch Roy nahm viele internationale Titel ins Programm. Ein Grund für die vielen internationalen Songs könnte das Ansinnen seines Produzenten Hans Bertram gewesen sein, Black internationaler zu machen und international zu vermarkten (dazu nahm er bekanntlich intensiv Kontakt mit Beatles-Manager Brian Epstein auf). In der ARD-Dokumentation „Legenden – Roy Black“ heißt es vom Off-Kommentator: „In einem Kölner Tonstudio arbeitet Hans Bertram bereits an einer internationalen Karriere Roy Blacks. Bertram ist klargeworden, dass der große Erfolg seines Schützlings nur mit deutschen Schlagern auf Dauer nicht zu halten ist.“ Dazu Bertram: „Im nächsten Jahr machen wir noch eine größere Tournee mit einem noch viel internationalem (sic!) Programm und nicht nur deutsche Schlager. Wir haben ja jetzt schon damit angefangen und ich glaube, wir sind auf der richtigen Linie. Unser Plattenverkauf ist in den letzten vier Tagen so enorm angestiegen, das verstärkt unsere stärksten Erwartungen.

 

Zu den Liedern im Einzelnen:

 

Der Song „If I Had a Hammer“ ist  ein guter Beleg, dass Roy (zu seinem Leidwesen) eher Schnulzensänger (oder nennen wir es „Balladen-Interpret“) war als Rocker – er bringt diesen Song mit seiner natürlichen Stimme nicht wirklich rockig rüber, wobei das Arrangement schon „fetzig“ ist. Dennoch ist festzustellen, dass Roy eine bemerkenswert tolle Stimme hatte, die insbesondere im Livekonzert gut zur Geltung kam. In der Begrüßungsmoderation befeuerte Roy übrigens ein weiteres Image, das ihm anheftete: Das des Frauenhelden.

Im internationalen Medley drängt sich ein weiterer Vergleich zu einer andern Schlagergröße auf: Mit „Delilah“ und „The Last Waltz“, den Roy sogar auch auf Deutsch interpretierte, waren gleich zwei damals populäre Songs von „Peter, dem Großen“ im Angebot. Direkt im Anschluss sang Roy den gewöhnungsbedürftigen Schlager „Brauner Teddybär“ – beim Live-Vortrag vergaß er zwischenzeitlich den Text. Bemerkenswert: Im Anschluss entschuldigte er sich für diesen Patzer, was sicher ein Beleg für seine Bescheidenheit ist.

Im Anschluss wurde es wieder international. Den schön gesungenen und arrangierten Bert-Kaempfert-Evergreen „Strangers In the Night“ hätte man so wohl nicht von Roy Black erwartet. Besonders bemerkenswert ist die unmerkliche Modulation von G nach Ab-Dur zum Schluss des Liedes. Der Titel „Lara“ hat einen russischen Einschlag. Danach wurde mit „Caravan“ ein tolles Instrumental eingefügt.

Mit „La Paloma“ wurde es wieder konservativer, wobei für Roy ein neuer, recht schnulziger Text geschrieben wurde. Noch volkstümlicher wurde es mit „In einem kühlen Grunde“, wobei der Patzer bei der Ansage zu dem Lied die Authentizität der Live-Aufnahme unterstreicht.

Der zweite Teil (und die zweite CD) von Roys Live-Konzert begann interessanterweise mit einem Lied, dessen Titel man vielleicht eher zu Beginn der Aufnahme erwartet hätte: „Die Show beginnt“ – ein schöner Schlager mit einem vergleichsweise tiefgründigen Text.

Danach wurde es wieder international: Mit „Et maintenant“ versuchte sich Roy an einem französischen Titel, was angesichts seiner diesbezüglichen Sprachfähigkeit doch eher misslang. „Jamaica Farewell“ hingegen kann als sehr gelungenes Cover des Belafonte-Klassikers bezeichnet werden, während „Sweet Little Sixteen“ ein weiteres Beispiel dafür ist, dass Roy wohl Rock’n’Roll-Fan war, aber eben kein wirklich guter Interpret des Genres.

Im Anschluss – sich in Richtung Konzertende begebend – haute Roy ein Hit-Medley raus, bei dem natürlich „Du bist nicht allein“ und „Ganz in weiß“ nicht fehlen durften. Auch hier drängt sich wieder der Vergleich mit einem anderen bekannten deutschsprachigen Live-Musiker auf… – Hoch interessant ist, dass dieses Medley nicht auf der damaligen LP „Ein Abend mit Roy Black“ veröffentlicht wurde und den Fans somit erstmals überhaupt zugänglich gemacht wird.

In einem anschließenden „Sketch“ nimmt Roy Black sich selbstironisch auf die Schippe, indem er Schlagersänger als dumme Menschen hinstellt – vielleicht eine Anspielung auf die Probleme, die er offensichtlich Zeit Lebens mit seinem Image hatte.

Weiter ging es mit dem toll arrangierten „Tom Dooley“, dem in deutscher Sprache gesungenen „Hello Dolly“ und dem eher überflüssigen Instrumental „A Banda“.

Auch die aktuellen Tagesschlager Roys durften bei seiner zweiten Live-Tournee nicht fehlen. Bei „An einem Tag“ hatte er in der ersten Zeile dabei stimmliche Probleme. Der große damalige Hit „Dein schönstes Geschenk“ darf natürlich auch nicht fehlen, wobei nach dem Titel der Eindruck vorhanden ist, dass an der Stelle etwas herausgeschnitten worden sein könnte.

Wenngleich Roy bei „In the Ghetto“ teilweise Probleme mit den Einsätzen hatte und er bei „America“ nicht exakt auf dem Beat war, klingt die CD mit einer schönen Verabschiedung und einer gelungenen „Reprise“ zum Schluss aus.

 

Fazit
 

Roy Blacks Gesang, das Orchester, die verwendeten Arrangements und die Abmischung sind von extrem hoher Qualität. Hinsichtlich des Repertoires ist erstaunlich, dass Black viele seiner eigenen Hits zugunsten internationaler Songs zurückgestellt hatte. Dennoch ist die vorliegende CD mit vielen bislang unveröffentlichten Liedern „mal wieder“ ein echtes Juwel nicht nur für Roy-Fans, sondern auch für Schlagerfans im Allgemeinen. Es handelt sich um den einzigen Live-Tonträger, den der beliebte Sänger veröffentlicht hat.

Stephan Imming, 29.09.2016
http://www.universal-music.de/company/umg/polydorisland
https://de.wikipedia.org/wiki/Roy_Black

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