GUILDO HORN
WDR4 sing(t) mit Guildo Horn!

Stephan Imming hat mitgesungen – sein Fazit: tolle Veranstaltung, schwache Redaktion! 

WDR 4 – sing(t) mit Guildo – im Rahmen des 60er-Jahre-Wochenendes von WDR4 kam man auf die Idee, ein Mitsingkonzert mit dem „Meister“ und seinen orthopädischen Strümpfen zu organisieren. Da Guildo Horn ja „eigentlich“ für den Schlager steht, wollte ich bei dem historischen Ereignis dabei sein und habe mich um Tickets beworben – und siehe da – ich gehörte zu den glücklichen 80 Gewinnern, die eins der exklusiven Tickets ergattern konnten.

Pünktlich um 15 Uhr fanden wir uns also beim WDR in Köln ein, um dem legendären Happening beizuwohnen. WDR4-Redakteur Reinhard Kröhnert begrüßte die Zuschauer und fragte, wer denn heute schon WDR4 gehört hätte – zunächst meldeten sich nur wenige der Anwesenden – er stellte die Frage dann noch vier- bis fünf Mal, bis schließlich die meisten Leute im Publikum aufzeigten – damit dürfte endlich das Geheimnis gelöst sein, wie es zu den kuriosen Umfrageergebnissen von WDR4 kommt.

Kröhnert war es auch, der dem „Meister“ die Titel für das Mitsingkonzert hat zukommen lassen. Zum Glück hat Horn das Programm mit einigen Schlagern „angereichert“.

Guildo begrüßte seine „Mitsänger“ mit dem Hinweis, dass er fröhlich sei, dass sich um Sendesaal mehr Zuschauer eingefunden hätten als bei der zeitgleich stattfindenden Demo (der Muslime). Zum „Warmsingen“ durften Guildos Sänger erst mal „DEN“ Hit der Sechziger Jahre Singen: „Bruder Jakob“ – der Kanongesang funktionierte erstaunlich gut.

Dann kam richtig Stimmung auf – Guildo begann mit dem Udo-Jürgens-Klassiker „Siebzehn Jahr’, blondes Haar“. Für das Publikum sichtbar, wurde der Text eingeblendet, was aber kaum notwendig war – fast jeder konnte den Song auch so mitsingen. Der Meister band seine Fans gleich mit ein und holte sogar einen Fan mit auf die Bühne – vermutlich ein Udofan…..

Der Jürgens-Song war aus dem Jahr 1965. Der erste Song, der offensichtlich von WDR4-Redakteur Kröhnert ausgesucht wurde, war „Diana“ von Paul Anka. Dazu ist zu sagen, dass der Titel im  Jahr 1957 ein Hit war – offensichtlich zählt das auch noch zu den „Sechziger Jahren“. Anka war mit dem Titel Platz 11 in Deutschland, Conny Froboess auf Platz 2 (Quelle: Chartsurfer.de). Auch Peter Kraus machte den Titel in deutscher Sprache populär. Selbst wenn die Leute begeistert mitsangen, stellt sich die Frage, warum ein englischsprachiger Song, der auf Deutsch weit hierzulande weit geläufiger ist, aus den fünfziger Jahren ausgesucht wurde.

Nicht nur gesungen, sondern auch geschunkelt wurde bei Guildo Horn. Kröhnert wählte als nächsten Song „Que Sera, Sera“ von Doris Day aus – einen Titel aus dem Jahre 1956. Wer langsam zu zweifeln anfing, auf der richtigen Veranstaltung zu sein, wurde eines Besseren belehrt. 1969 war „Proud Mary“ von Creedance Clearwater Revival in Deutschland ein Hit. Erstmals kam „Steffi“, die im Hintergrund die Texte einblendete, ins Schwitzen. Und weil man bei englischen Popsongs ja die Texte nicht so gut kennt, war das Mitsingen ohne Text schwierig möglich – das hatte man aber schnell wieder im Griff, zumal Gitarrist Philipp Kegelmann die Massen mit einem seiner tollen Gitarrensoli zu begeistern wusste.

Ebenfalls Ende 1969 und damit „noch soeben“ aus den 60er Jahren stammt der Song „Venus“ der niederländischen Band Shocking Blue, bei dem es die Mitsänger nicht mehr auf den Sitzen hielt.

Anno 1968 hatte Tom Jones mit „Delilah“ einen großen Erfolg. Dass die deutsche Version von Peter Alexander vermutlich besser mitzusingen gewesen wäre, interessiert WDR4 ja seit einigen Jahren niemanden mehr, folglich durfte Guildo die englischsprachige Originalversion bringen und zog dabei eine für ihn typische Show inklusive Tanzeinlagen ab.

Beim nächsten Titel wurde das Publikum in zwei Gruppen aufgeteilt: Die „Eunuchen“-Gruppe durfte einen extrem hohen Ton intonieren, während die „Wim-o-wei“-Gruppe die Begleitung singen durfte. Klar, dass es sich hier um „The Lion Sleeps Tonight“ handelt. Im Jahr 1962 schafften die „Tokens“ es mit ihrem in Deutschland einzigen Hit bis auf Platz 23 – Grund genug für Reinhard Kröhnert, diesen Titel ins Programm aufzunehmen….

Gleich zwei Beatles-Songs schlossen sich an – zunächst ging es mit „Hey Jude“ los. Den Titel hat der „Meister“ sonst gerne zusammen mit Michael Holms „Tränen lügen nicht“ im Programm. Den Titel konnte man aber nicht bringen, weil der ja aus den 70ern ist (na ja, nicht so schlimm) und noch dazu deutschsprachig (Ausschlusskriterium für WDR4).

Richtig kurios wurde es mit dem nächsten Titel. Bei dem hat Guildo nämlich in seiner Beatles-Euphorie einfach losgelegt und die für die Texteinblendungen zuständige „Steffi“ zur Verzweiflung gebracht. Der Text wurde nicht eingeblendet – und da kapitulierte dann auch das mitsingfreudige Publikum – man kennt zwar den Song, aber nicht alle Strophen, wie das vielleicht bei Schlagern der Fall ist. Vielleicht hätte geholfen, die populäre Howard-Carpendale-Version zu intonieren – aber man besteht ja auf die englische Sprache. Und so wurde es mit dem „Ob la di“-Klasssiker recht schwierig, aber der Meister machte das Beste draus – und entschuldigte sich artig bei Steffi dafür, dass er den Songablauf anscheinend etwas durcheinanderbrachte.

Einen Akt der Öffnung, der Läuterung, vergleichbar mit dem griechischen Theater, präsentierte der Meister mit einem Titel, der „aus Versehen“ wieder in deutscher Sprache gehalten wurde. „Maaaamaaa“ von Heintje aus dem Jahr 1968 sorgte für etwas Wehmut beim Publikum. Mit „Born To Be Wild“ kam dann ein Song, der die ganze Vielseitigkeit des „Meisters“ und seiner „orthopädischen Strümpfe“ unter Beweis stellte. „Mama“ war anno 1968 übrigens Platz 1, der Steppenwolf-Song Nummer 20 in den Charts…

Das „offizielle Programm“ war damit beendet – und Guildo verabschiedete sich mit einem Medley aus „Vielen Dank für die Blumen“ und „Wer hat an der Uhr gedreht“. Kurios: bei den Titeln wurde kein Text eingeblendet, das Publikum sang trotzdem mit – der Gegenentwurf von „Ob la di, Ob la da“ – woran das liegt, kann sich sicher jeder selber denken…

Mit „The Banana Boat Song“ (1957!!!), „Unchained Melody“ (1965) und dem vom Meister sicher selbst ausgewählten „Mendocino“ (1969) endete dann der WDR4-Mitsing-Nachmittag, dessen Idee grundsätzlich gut ist und auch sehr viel Spaß gemacht hat. Für die Einladung kann ich mich auch nur bedanken.

Dennoch kann ich nicht umhin, Worte des Schlagertextdichters Dr. Michael Kunze aus dem Jahr 1988 zu zitieren – fast 30 Jahre her, aber angesichts des WDR4-Wahnsinns aktueller denn je:

 

 

 

(Quelle: Der Musikmarkt, 15.12.1988)

 

Fazit: Die Idee war toll, die Veranstaltung war toll, Guildo Horn und seine Band waren toll. Warum WDR4 aberwitzigerweise so tut, als habe es in den 1960er Jahren keinen Schlager gegeben, obwohl der damals in Deutschland mindestens(!) so erfolgreich und populär war wie die Popmusik, ist nicht nachvollziehbar. Lieber gleich drei Fünfziger-Jahre-Songs ins Programm zu nehmen statt einen der zahlreichen überaus erfolgreichen Schlagerhits der Marke „Marmor, Stein und Eisen bricht“, „Ganz in weiß“ und „Liebeskummer lohnt sich nicht“ – das wirft schon ein bezeichnendes Licht auf die Denkweise von WDR4. Vielleicht schafft man es bei einer ähnlichen Veranstaltung ja einmal, deutsche Schlager zu finden, bei denen alle auch dann mitsingen können, wenn „Steffi“ nicht die richtigen Texttafeln finden kann…

 

Stephan Imming, 18.06.2017

http://www.guildo-horn.com/

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