"OFFIZIELLE DEUTSCHE CHARTS" (Gfk Entertainment)
Deutschsprachige Neuerscheinungen per 19. August 2016!

Die Anzahl der deutschsprachigen Neuerscheinungen ist derzeit so groß, dass Charts-Kolumnist Stephan Imming in dieser Woche daraus einen eigenen Artikel gemacht hat!
 

Mittelalterliche Musik ist angesagt. Eher dem diesbezüglichen „Pagan-Folk“ zugehörig ist die sehr erfolgreiche Gruppe Faun, die vor 2 Jahren einen beachtlichen 4. Platz in den Album-Charts mit „Luna“ erreichen konnten. Im vergangenen Jahr nahmen die Münchener am ESC-Vorentscheid mit dem Song „Hörst Du die Trommeln?“ teil. Nun erscheint das aktuelle Album „Midgard“ – das ist der Begriff für Menschen in der germanischen Mythologie. Bereits zwei Mal waren Faun bei Carmen Nebel zu Gast – im Bild waren allerdings jeweils insbesondere die attraktiven Frontsängerinnen zu sehen. Wobei Sängerin Fiona Rüggenberg doch noch ganz andere Talente hat, beispielsweise ist sie für das Spielen der Sackpfeifen(!) zuständig…..

Wo „Sackpfeifen“ sind, da dürften auch „Feuerschwänze“ in der Nähe sein. Und richtig – „Feuerschwanz“ hat ein neues Album veröffentlicht. Auch diese Rock-Band, die sich nach einem Süßwasser-Zierfisch benannt hat, hat sich dem Mittelalter verschrieben, bedient aber eher eine humorvolle Schiene der Marke „Mittelalter Folk Comedy“. Ganz in diesem Sinne heißt das aktuelle Album der Erlanger „Sex is muss“, und das wird ganz logisch begründet – es gebe nämlich zu viele „ismen“ auf der Welt: „Exterm-ismus“, „Fanat-ismus“,  etc. – folglich ist man zum Schluss gekommen: „Sex is muss!“. Wenn der Sänger „Hauptmann Feuerschwanz“ heißt und die Drehleier(!)-Spielerin „Johanna von der Vögelweide“, darf man auf die Live-Umsetzung der neuen Stücke gespannt sein – ob auch unter 18-jährige Fans sich das ansehen und anhören dürfen, ist aktuell nicht bekannt. Das Thema ist so interessant, dass zu „Feuerschwanz“ ein eigener Artikel erstellt wurde

Wo „Feuerschwänze“ sind, dürfen auch „Lochis“ nicht fehlen. Die Youtube-Zwillinge Roman und Heiko Lochmann nennen sich so („Lochis“) und haben ihr Debutalbum passenderweise „#zwilling“ genannt. Bekannt wurden die Geschwister durch Sketche und Songs, die millionenfach im Internet (insbesondere bei Youtube) angeklickt wurden. Die Spezialität der Jungs ist es, Parodien auf aktuelle Charts-Song zu entwickeln. Obwohl die Geschwister bereits sechs Titel in den Top-70 der Single-Charts unterbringen konnten, ist „#zwilling“ das erste Album des Duos. Es ist anzunehmen, dass die CD sich sehr gut platzieren wird – in der Amazon-Hitparade deutet einiges darauf hin, dass sogar eine Top-5-Position (- wenn nicht noch mehr -) drin sein könnte. Neben der Standard-CD gibt es auch eine Extra-Auflage, bei der als Bonus eine Karaoke-Version der CD und eine „Snapbackcap“ (was immer das ist) beigefügt ist.

Einige Helden der Rockgeschichte haben sich so im kollektiven Gedächtnis eingebrannt, dass sie auch Jahrzehnte nach ihrem Ableben noch immer viele Fans haben oder sogar neue gewinnen können. Einen guten Charts-Einstieg verzeichnete wie erwähnt die vor 20 Jahren verstorbene Ost-Berlinerin Tamara Danz. Ebenfalls vor rund 20 Jahren gestorben ist der legendäre Rio Reiser, der aus West-Berlin stammte. Die Hit-Kollektion der Gallionsfigur nennt sich „Alles und noch viel mehr“ – leider hält sie nicht das, was sie verspricht, da lediglich die Werke aus Reisers Soloschaffen verkoppelt wurden. Viele Fans dürften eine der diversen Best Of-Kollektionen oder die kostengünstige „Original Album Classics“-Kollektion im Besitz haben, wobei da leider die „Blinder Passagier“-CD fehlt. Garniert wurde das Album mit einem bislang unveröffentlichten Remix („Wann“ aus der „Blinder Passagier“-CD) und vier Coverversionen von aktuellen Popstars wie Namika oder Annett Louisan. (Komisch – die Version von Daniel Küblböck „König von Deutschland“ wurde hingegen nicht verkoppelt – kleiner Scherz…)

Reisers Frühwerk fehlt eigentlich komplett auf der „Alles und noch viel mehr“-Scheibe, nämlich die Songs, die er gemeinsam mit der linksalternativen Band „Ton Steine Scherben“ veröffentlichte – Titel wie „Warum geht es mir so dreckig?“, „Keine Macht für niemand“, „Halt Dich an Deiner Liebe fest“ und „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ werden viele Freunde Reisers vermissen. Dafür darf der größte Hit „König von Deutschland“, nicht fehlen, den Reiser als damaliges PDS-Mitglied dieser Partei als Wahlkampf-Song zur Verfügung stellte. – Wer sich für Rios Frühwerk interessiert, dem sei das 2015 erschienene „Gesamtwerk“ empfohlen – eine echte Fundgrube für Freunde des Meisters, aber auch für Interessierte an der Geschichte deutscher Rockmusik.

Eine weitere ganz andere „Best Of“-CD erscheint im Schlager-Genre: „Das Beste“ von Daniela Alfinito. Kritiker haben im Vorfeld hinterfragt, wieso man aus drei oder vier LPs, von denen nur eine in den Charts war,  so eine Kollektion hinlegen muss – aber vielleicht mag der eine oder andere Fan sich einen Überblick verschaffen. Wer hätte z. B. auf dem Schirm, dass es neben dem Discotheken-Dauerbrenner „Bahnhof der Sehnsucht“ (dafür gab es übrigens den smago!-Award 2014) davon einen zweiten Teil gibt („Ich warte“). Fans der Tochter bzw. Nichte der Amigos freuen sich vermutlich besonders auf die beiden neuen Songs „Sag jetzt nicht Goodbye“ und „Das Feuer einer Nacht“. Ob dieses „Feuer einer Nacht“ das ist, durch das die Amigos bekanntlich gehen – man weiß es nicht…

Der Metall-Schrotthändler Stefan Pridöhl meinte wohl, was seine gute Freundin, die Altenpflegerin Daniela Ulrich (Alfinito) kann, kann ich auch – und richtig: Er gab sich den Künstlernamen „Stefan Micha“ und nahm bei einem Volksmusik-Wettbewerb des Deutschen Musik Fernsehens teil – mit Erfolg, so dass er 2015 bei Telamo anheuerte und dort seine Debut-CD „Einmal lebenslang“ veröffentlichte. Nun folgt sein zweiter Streich – mit der erneut bei Telamo erschienenen CD „Schenk mir den Sternenhimmel“ dürfte der Hesse nur Außenseiterchancen auf eine Chartsnotiz haben – wobei „Metall“ in Form von Heavy Metal ja recht gut im Rennen liegt – ob das auch für Metall-Händler gilt, bleibt abzuwarten…

Andreas Gabalier wurde als „Volks Rock’n’Roller“ bekannt. Ein ähnliches Genre bedienen sehr erfolgreich seit einiger Zeit die 2005 gegründeten Dorfrocker, deren letztes Album „Holz“ sogar die Top-5 der Top-100 geknackt hat. Nun liegt die neue Produktion der Franken vor: „Heimat. Land. Liebe“ – eine musikalische Liebeserklärung an ihre Wurzeln. Vermutlich wird auch diese Produktion wieder sehr erfolgreich werden, zumal die Jungs bei „Starwatch“ unter Vertrag sind.

Kompletter Themenwechsel: Auch im Rap-Bereich gibt es eine Neuerscheinung. Dem Segment „Gangsta und Hardcore“ zugehörig ist „der Russe“. Der nennt sein Debutalbum „Greatest Hits“ – auf so eine Idee kam die Hagener Band Extrabreit bereits Anfang der 1980er Jahre (Debut-LP „Ihre größten Erfolge“). Auch ansonsten ist der Kumpel von Sido wohl sehr sympathisch – hier ein Zitat aus seinem Vorstellungssong „Der Russe“: „Ich bin der, ich bin der Russe, ich chill‘ auf’m Pferd, große Fresse, hohe Stirn, er sieht ein bisschen aus wie Fler.“ Jetzt weiß ich endlich, was Gangsta-Rap ist: „Pferd“ und „Fler“ zu reimen…In seinem „Bong Song“ geht es um die Leidenschaft für Drogen (Gras): „Von Montag bis Freitag ist High-Tag / Und von Freitag bis Sonntag ist Bong-Tag. / Ich lieb diese Scheiße hier einfach.“ Da gewinnt der Mallorca-Song „Wo war ich in der Nacht von Freitag bis Montag“ doch gleich eine ganz neue Bedeutung… – Ganz offensichtlich ist „der Russe“ der legitime Nachfolger von Ivan Rebroff, denn er ist Deutscher, liebt aber die russische Art zu leben. Das wirft fragen auf, Interviews gibt der Rapper aber keine – es sei denn, er würde dafür bezahlt. Der geneigte Fan darf aber wissen, dass „der Russe“ gerne eine Freundin hätte – smago! drückt die Daumen, dass das klappt – bei so romantischen Texten und Lebenseinstellungen sollte das eigentlich kein Problem sein…

Die Freunde härterer Musik werden sich über die neue CD der Göttinger Band Asenblut mit dem schlichten, aber aussagekräftigen Titel „Berserker“ freuen. Der CD liegt in diesem Fall  u. a. ein Schweißband und eine Fahne bei – Metal-Bands wissen eben, was sie ihren Fans schuldig sind.

Auch die Münsteraner Punkband „Messer“ ist nicht gerade für „Kuschelrock“ bekannt, obwohl sie 2014 im Auftrag des Goethe-Instituts nach China reiste und dort Konzerte gab. Einige Titel der aktuellen CD „Jaousie“ sind schon interessant: „Meine Lust“, „Im Jahr der Obsessionen“ und „Schwarzer Qualm“ sind schon ungewöhnliche Song-Titel. Aber – wie sagte schon „Feuerschwanz“? Richtig: „Sex is muss!“ – was könnte es für ein schöneres Schlusswort geben? J

Stephan Imming, 18.08.2016
http://www.gfk-entertainment.com/
http://www.officialcharts.de

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