FLORIAN SILBEREISEN
Lob und Tadel für "Das große Fest der Besten"!

Eine Top-Show, deren Thema aber nur bedingt getroffen wurde, findet Stephan Imming …: 

Vorbemerkung: Vielen Dank an das Team der Feste für die Einladung, dem Event live beiwohnen zu dürfen. Die sehr vielen Helfer zwischen den Kulissen haben einen ganz tollen Job gemacht. Jeder, mit dem ich Kontakt hatte, war freundlich, verbindlich und zuverlässig – selbst in Konfliktsituationen. Wenn man sieht, was für ein (für den Fernsehzuschauer nicht sichtbarer) personeller Aufwand hinter manchen Showacts steht und mit welch hoher Konzentration an einem reibungslosen Ablauf gearbeitet wird, kann man nur den Hut ziehen. Wenn es so etwas wie einen "Chef-Organisator" für die organisatorischen Geschehnisse hinter den Kulissen gibt, kann man dem nur ein großes Lob aussprechen, für die Gesamtorganisation kann man nur eine Eins mit Sternchen vergeben. – Nun aber zur Show:

Zum inzwischen dritten mal lud Florian Silbereisen zur großen Eurovisions-"Show der Besten" eines Jahres ein. Gleich zu Beginn der Sendung versprach der gewohnt souveräne Moderator die "ungewöhnlichste Preisverleihung des Jahres" – was damit genau gemeint war, sollte sich im Lauf des Abends zeigen. Im Eingangslied hieß es "Wer war letztes Jahr erste Wahl – wen fanden wir phänomenal?". Ungewöhnlich war vermutlich, dass mehr die letztere Fragestellung im Fokus bei der Sendung stand.

Ross Anthony, Sanges- und Moderationskollege von Florian, eröffnete den Reigen der Ausgezeichneten. Er präsentierte ein Medley aus seinem 2013(!)er-Schlageralbum. Besonders imposant war sein witziger Ritt auf dem Karussell-Pferd, als er sich wünschte: "Ich will 'nen Cowboy als Mann". 2016 wird die Sendezeit der von ihm moderierten  "Schlagerwelt"-Sendung verdoppelt – angesichts der immer seltener werdenden Profilierungsmöglichkeiten deutschsprachiger Lieder ist das sicher eine erfreuliche Neuigkeit. Ein Lied aus seinem am 12. Februar erscheinenden Album "Tatort Liebe" stellte Ross nicht vor. Die nächste Florian-Sendung ist am 20. Februar – da kann man sich vorstellen, in welcher TV-Show der Brite seine CD präsentieren wird (mal als Hypothese ausgesprochen).

Der nächste Act waren voXXclub. Die Boygruppe der neuen Volksmusik erhielt für die 2013(!) und 2014(!) erschienen Tonträger mehrere Gold- und Platinauszeichnungen. Die Jungs präsentierten ihre neue Single "Geiles Himmelblau".

Plötzlich schwirrte ein überdimensionales Insekt durch das Berliner Velodrom. Damit ist nicht Maite Kelly gemeint, sondern die "Hummel Bommel". Das Lied stammt zwar tatsächlich aus dem Jahr 2015, kann aber nicht wirklich als kommerzieller Erfolg bezeichnet werden. Allerdings veröffentlichte Maite auch ein erfolgreiches Buch, das hoch in die Spiegel-Bestsellerlisten kam, wobei Co-Autorin Britta Sabbag nicht mit einer "Eins" bedacht wurde. Na, immerhin war Maite gemeinsam mit Roland Kaiser 4 Wochen in den Single-Charts und brachte es da auf einen beachtlichen 55. Platz. Wie dem auch sei, Maite ist eine sehr sympathische, unheimlich menschliche Frau, die sich sichtlich über die Auszeichnung gefreut hat.

Im Bereich der männlichen Schlagersänger ist derzeit der Argentinier Semino Rossi wohl DER momentane Superstar schlechthin. Aus seinem aktuellen Album "Amor – die schönsten Liebeslieder aller Zeiten", das die Top-10 2015 nur knapp verpasste, präsentierte er den Song "Arja". Damit die TV-Zuschauer sich den komplizierten Liedtitel merken können, lagen im Publikumsbereich DIN A 4-Zettel mit diesen vier Buchstaben aus, den die Fans begeistert in die Kamera hielten. Wie der Song ist wohl auch dessen Komponist kroatischer Herkunft.

Mit Anni Perka kam dann der erste (und einzige) Nachwuchs-Act zum Zuge. Die sexy rothaarige Sängerin hatte ihren zweiten Auftritt bei Florian Silbereisen. Während sie beim letzten mal den 1983er Eurovisions-Siegertitel vortrug, musste man diesmal an die Sieger des Jahres 1984 denken. Die Herreys sangen damals von ihren "golden shoes" – und Frau Perka trug bemerkenswertes goldenes Schuhwerk. Ihre neue Single "Tanz auf dem Vulkan" ist stark hitverdächtig. Während aktuell viele Nachwuchssängerinnen mit Helene Fischer verglichen werden, sehe ich bei der Sängerin sowohl optisch (auch von ihren Bewegungen her) als auch musikalisch Parallelen zu Andrea Berg.

Kurz vor seinem 70. Geburtstag steht Howard Carpendale. "Alter schützt vor Erfolg nicht": Seine aktuelle 2015er(!)-CD "Das ist unsere Zeit", deren Titelsong Howard interpretierte, schoss auf einen bemerkenswerten 2. Platz der Longplay-Charts. Seine aktuelle Tournee verlief 2015 überaus erfolgreich. Wer den Altmeister vor Ort erlebt hat, konnte erkennen, woran das liegt – der Mann hat einfach eine unglaubliche Ausstrahlung und Lässigkeit, seine jahrzehntelange Erfahrung spielt er als Trumpf aus. Nachdem er ein Medley seiner Hits gesungen hatte, wurde vom anwesenden Hallenpublikum massiv "Zugabe!" gerufen – schade, dazu fehlte wohl die Zeit. Bemerkenswert sympathisch war, dass Howard keine Werbung für sein gerade erschienenes neues Best-Of-Album machte – nicht nur ich sah seinen Auftritt als den besten des Abends an.

Wichtiger als eine Howard-Zugabe war den Show-Verantwortlichen wohl die Werbung für – äääh, die Präsentation des Disney-Musicals Aladdin. Wenngleich das derzeit in Hamburg laufende Musical sicher eine schöne professionelle Show ist, frage ich mich, was das in einer "Show der Besten 2015" zu suchen hat.

Im Jahr 2006(!) sang Mireille Mathieu im damaligen "Herbstfest der Volksmusik" den Klassiker "So leb Dein Leben", die deutsche Version des Evergreens "My Way". Offensichtlich eignet sich der Song wohl für den Einsatz von Feuerwerk und Gospelchor, so dass er nochmals zu Gehör gebracht werden musste. So sehr der beeindruckenden Französin der Preis für ihr Lebenswerk zusteht, fragt man sich, was das mit dem Thema der Sendung zu tun hat. Wobei das im Prinzip egal ist – ihre Ausstrahlung ist schon beeindruckend. Angesichts der nächsten Programmpunkte ist es überaus schade, dass bei der Verleihung eines Preises für das Lebenswerk (, wenn es denn so zu verstehen ist,) nicht mal ein Hitmedley aus den (O-Ton in der Show) "über 300 in Deutschland aufgenommenen Titel" dargeboten werden durfte.

Die Zeit wurde lieber genutzt, um den italienischen Songklassiker "Gente die mare" auf die Bühne zu bringen – interpretiert von DJ Ötzi, Voxxclub und Florian Silbereisen. Spätestens an der Stelle muss man wohl resignierend aufhören, die "Sinnfrage" zu stellen.

Danach wurde erst mal Werbung für die kommende "Feste"-Tour gemacht. Einer der (unvermeidlichen) Teilnehmer der Tournee ist DJ Ötzi, der zuletzt im Jahr 2013 in den deutschen Charts war. Gemeinsam mit Nik P. präsentierte er den aus dessen 2014er CD "Löwenherz" stammenden Song "Geboren, um Dich zu lieben".

Ihr letztes überaus erfolgreiches Album "Atlantis" veröffentlichte Andrea Berg im Jahr 2013. Wie bei Silbereisen von Anfang an üblich, sang auch sie Vollplayback – sie hatte das Pech, dass bei ihrem Vortrag ein "Sprung in der CD" war (oder von welchem Medium das Playback auch immer abgespielt wurde). Texte wie "Ich hab Dich erwischt – klar, das kann mal passieren" und "Ist da niemand, der meine geheimen Träume teilt?" begeisterten die Fans.

Nach diesem Rückblick auf das Atlantis-Projekt aus 2013 wurde ein brandneuer Titel vorgestellt: "Diese Nacht ist jede Sünde wert". Andrea Berg kündigte (sinngemäß) an, künftig ganz neue Lieder zu machen, ganz neue Fotos. Angesichts dieser Ansage waren viele Zuschauer baff, als sie die den üblichen Bohlen-Sound vernahmen. Mit "Diese Nacht ist jede Sünde wert" ist auch kein wirklich neues inhaltliches Songthema erkennbar. Und das Berg-typische sexy Outfit ist auch geblieben. Vermutlich bedarf es eines überdurchschnittlichen Intellekts, zu erkennen, was an der "neuen" Andrea Berg anders ist als an der "alten".

Schlager-Dauerbrenner Roland Kaiser erreichte gemeinsam mit Maite Kelly bei Youtube unglaubliche Klickzahlen (ca. 8 Mio.). Mit angenehmer Souveränität absolvierte er gemeinsam mit Maite einen perfekten Auftritt und interpretierte noch ein Hitmedley. Auch im Interview glänzte Roland – befragt auf seine Affinität zum Internet, sagte er, dass die Dosis das Gift mache. Was die Werbung für eine Roland-Kaiser-3-D-Puppe in der Sendung zu suchen hatte, ist wieder eines der schwer zu lüftenden Geheimnisse.

Offensichtlich wurde es nun Zeit für ein imposantes Feuerwerk und sechs von der Saaldecke baumelnde Trommler. Um die Dramatik dieser Show zu unterstreichen, wurde mit Andrea Bocelli  wohl ein eher klassischer Sänger ausgewählt – er präsentierte ein Lied aus seinem Album "Cinema", das 2015 ganze zwei Wochen in den Charts war – Grund genug, ihn mit einer "EINS" auszuzeichnen.

Danach wurde es wieder Zeit für den "Nachwuchs" – wobei, na ja, Moderator Florian Silbereisen ist wohl genau so wenig in dieser Kategorie zu suchen wie der Niederländer Jan Smit oder der Belgier Christoff. Gemeinsam haben die drei aber ein neues Projekt namens "Klubbb 3" gegründet. Dazu wurde eine von Cheerleaderinnen angeführte Polonäse eingestimmt – angesichts des Stimmungspotenzials dieses schönen Songs konnte auch ich mich nicht verweigern – dennoch kommt mir die Melodie sehr bekannt vor, ohne dass bislang herauszufinden war, an welchen Titel der neue Schlager angelehnt sein könnte, was letztlich egal ist – letztlich ist das Projekt sicher vielversprechend.

Nach dem fröhlichen Schlager wurde es nachdenklich – die überaus erfolgreiche Band Santiano präsentierte ihr ergreifendes Lied "Die letzte Fahrt" und bewies Mut, das Tabuthema "Tod" in eine große Unterhaltungsshow zu bringen.

Abwechslung der speziellen Art boten im Anschluss die zu klassischer Musik tanzenden Tänzer der "DDC" (Dancefloor Destruction Crew). Offensichtlich war 2015 Breakdance mehr als angesagt?

Mit Volks Rock'n'Roller Andreas Gabalier betrat der erste Sänger die Bühne, der 2015 tatsächlich die Spitzenposition erreicht hat – sein Album "Mountan Man" erklomm im vergangenen Jahr die Spitze der deutschen Charts. Die Fans wedelten begeistert mit den für Gabalier typischen rotweiß karierten Tüchern, deren Ursprung laut Aussage Gabaliers ist, dass sie Glücksbringer seines Opas gewesen seien.

Einen recht lang(atmig)en Auftritt legte das Ensemble des Friedrichstadt-Palastes hin – sicher eine mitreißende Show, aber… – okay, die Frage ist nun oft genug gestellt, so dass es lieber mit dem wohl bekanntesten Namen des Abends weitergehen soll: Helene Fischer.

Der Superstar des deutschen Schlagers sang "The Power Of Love" und ein Hitmedley. Wie immer, legte sie einen überaus perfekten Auftritt hin und gab sich auch bei "hoch interessanten" Fragen wie die, ob sie Jogginganzüge trage, souverän und charmant. Sie in der Show zu haben, ist immer ein Gewinn.

Mit dem Finale wurde die Sendung nach über dreieinhalb Stunden beendet.

Zweifelsohne ist die Silbereisen-Show eine hochprofessionelle moderne Produktion, die inzwischen wohl als größte TV-Show Deutschlands angesehen werden kann. In jeder Hinsicht wird hochprofessionell gearbeitet.

Dennoch muss man sich ein ums andere mal fragen, warum immer wieder stets die gleichen Namen dort auftreten. Die Amigos standen 2015 zum sechsten mal auf Platz eins der deutschen LP-Charts, während DJ Ötzi zuletzt 2013 überhaupt in den Charts war. Ross Anthony war 2014 eine Woche dort präsent – das ist seine gesamte Ausbeute.

Wenn man schon bestimmten Namen den Vorzug gibt, ist es unklug, die Shows unter eine Überschrift zu stellen – wer bei dem Motto "deutsche Schlager" mehrfach internationale Hits spielt oder nun beim Motto "die Besten 2015" vielfach Acts präsentiert, die nicht wirklich zu diesem Motto passen, kann passieren, dass Querulanten diese Überschriften hinterfragen.

Wenn man die Sendung einfach "Florian-Silbereisen-Show" nennen würde oder "ein Fest mit Florian Silbereisen", wäre es vielleicht einfacher zu argumentieren, warum einige Namen Dauergäste sind und andere Namen trotz weit größerer kommerzieller Erfolge gar nicht. Andrea-Berg-Fans wird es sicher freuen, dass sie wohl schon jetzt ein Dauer-Abo für die kommenden Ausgaben hat – vielleicht gibt es aber auch Schlagerfreunde, die sich über etwas mehr Abwechslung bei der Gästeauswahl freuen würden.

Unter dem Strich muss man Florian Silbereisen und seinem Team trotz all dieser Bedenken zu einer hoch professionellen Show mit einer exzellenten Einschaltquote gratulieren.

Stephan Imming, 11.01.2016
http://www.mdr.de/die-feste/index.html
http://floriansilbereisen.com/

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