UDO JÜRGENS
smago! exklusiv vorab: Die Udo-Jürgens-Serie "Sein Leben – seine Erfolge"! Teil 6: "Woher ich auch komm', wohin ich auch geh'"!

Ein weiterer Gast-Beitrag von René Jochade, der selbst den eingefleischtesten Udo-Fans noch neue Erkenntnisse liefert – mit drei Video-Links und einer weiteren tollen Foto-Strecke…: 

Der Erfolg mit"Jenny" beim Schlagertfestival in Knokke schlug in Belgien ein, wie eine Bombe.

Noch am gleichen Abend gab es die ersten Anfragen an Udo, ob der Titel auch für's Ausland verfügbar sei. So erfreulich dieses außergewöhnliche Interesse für Udo auch war – es brachte ihn gleichermaßen auch arg in Verlegenheit, denn eine Plattenaufnahme von "Jenny" gab es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht.

Immerhin war er guter Hoffnung, den Titel nun selbst bei der Polydor einspielen zu können, was nach dem großartigen Erfolg in Knokke eigentlich nur eine logische Konsequenz gewesen wäre. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte…

Weitaus wichtiger war es aber, einen passenden Verleger für seine Kompositionen zu finden. Dabei sollte ihm wiederum sein Freund Frank Forster helfen.

Ralph Maria Siegel, Vater des Grand-Prix-d'-Eurovision-Gewinners Ralph Siegel ("Ein bißchen Frieden…") war einer der ersten nach dem Krieg, welcher mit den großen amerikanischen Unterhaltungskonzernen über Song-Importe in deutsche Landen verhandelte.

Forster sagte über Siegel: "Einer der wenigen großen Leute in der Branche, die mir echt ans Herz gewachsen sind, beruflich wie privat ein dufter Typ." Er imponierte Forster nicht nur als früherer berühmter Operettentenor und Musikverleger, sondern auch als Textautor. Mit "Unter der roten Laterne von Sankt Pauli" hatte er sogar schon zu Kriegszeiten etwas Schlagerromantik verbreiten können.

Udo folgte also seinem Freund Frank Forster und begab sich unter die Fittiche von Ralph Maria Siegel.

Dieser sollte im Laufe der Zeit nicht nur die "Jenny" für ihn verlegen, sondern auch noch eine ganze Reihe weiterer Kompositionen, darunter einen Titel, welcher Udos erster internationaler Nr. 1 Hit werden sollte – wenngleich auch leider nur als Komponist und nicht als Sänger. Aber alles der Reihe nach…

Für seinen Auftritt in Knocke und den ersten Platz in der Einzelwertung hatte Udo ein Erfolgshonorar von 3000 Mark einstreichen können. Gut gelaunt und bester Dinge wurde er nun bei seiner Plattenfirma vorstellig, um den Titel endlich auch als Single aufnehmen zu können.
Aber die Polydor ignorierte seine "Jenny" auch weiterhin beharrlich. "Zu anspruchsvoll für den deutschen Markt" hieß es mal wieder, wie zuvor schon bei Frank Forster…

Bereits wenige Tage nach dem Titelgewinn lagen allein in Belgien 20.000 (!) Vorbestellungen für die in Rillen gepreßte Fassung der "Jenny" vor, und dies in einem Land, in welchem die allgemeine Meinung herrschte: "Lieber deutsche Panzer, als deutsche Schlager!"

Die deutsche Polydor hingegen interessierte das alles herzlich wenig…

Erst auf den Druck der belgischen Tochtergesellschaft des Unternehmens hin reagierte Udos deutscher Produzent endlich. Eine deutsche und eine englische Version wurden aufgenommen.

Und siehe da: Zum allerersten Mal wurde ein Udo-Song im Ausland ein Verkaufsrenner, obwohl sich dies vorerst hauptsächlich auf die Benelux-Länder beschränkte.

Ein Nr. 1 Hit war "Jenny" in Belgien zwar nie, wie uns Udos "offizieller Lebenslauf" weismachen will, aber er landete immerhin eine Woche lang auf Platz 8, was ebenfalls aller Ehren Wert ist. Insgesamt hielt sich Udo 16 Wochen lang in den belgischen Charts. In Deutschland reichte es dagegen "nur" für Platz 36 – vier Wochen war er hier mit der "Jenny" vertreten.

Polydor witterte nun doch ein Geschäft, und ließ die englische Fassung der Single in weiteren Ländern veröffentlichen, so in England, Kanada und den USA. Selbst für Polydor Japan wurde 1961 ein Acetate gepreßt, wie erst vor Kurzem bekannt wurde.

Allein der Erfolg hielt sich in diesen Ländern doch arg in Grenzen, womit sich die Polydor einmal mehr in ihrer Meinung über Udos Eigenkompositionen bestätigt fühlte.

Stattdessen ließ sie ihn im Jahre 1961 lieber wieder einen Film-Song aufnehmen: "Prinzessin Romantika". Eigentlich ein wunderschöner Titel, welchen Udo da zuvor in dem österreichischen Film "Unsere tollen Tanten" gesungen hatte – der Film feierte  am 24. November 1961 in München seine Premiere und war durchaus erfolgreich.

Die Single wurde trotzdem nur spärlich gekauft, aber das kannte man ja schon…

Die A-Seite der Platte zierte übrigens erstmals ein Twist: "Ich komm' vom Mississippi, Tweedy-Cheerio".

Udo nahm noch einen weiteren Twist bei der Polydor auf, und zwar die deutsche Fassung von "Let's Twist Again" mit dem schönen Titel "Der Twist beginnt". Leider entschieden sich die Herren dafür, ihn nur auf eine Promotion-EP zu pressen und nicht als Single in den Handel zu bringen.

Möglichereise war das ein Fehler, denn "Der Twist beginnt" zeigt einen ganz anderen, man möchte fast sagen "wilden" Udo, und die Aufnahme ähnelt bereits stark seinen Jahre später in Rumänien aufgenommenen Titeln "Hully-Gully" und "Slop in Bucarest".

Zu spekulieren, was hätte sein können, ist allerdings müßig, denn Polydor hatte entschieden…

Auch bei einem weiteren Kinofilm durfte Udo im Jahre 1961 mitwirken: "…und du mein Schatz bleibst hier" (Arbeitstitel: "Muss i denn zum Städtele hinaus").

In dem Film, welcher bereits am 06.07.1961 seine Kinopremiere hatte, konnte er seine "Jenny" erstmals dem Kino-Publikum vorstellen.

Schließlich stand noch ein weiteres Ereignis für Udo an: Die Deutschen Schlager-Festspiele" 1961.

Diese fanden am 4. Juni 1961 im Kurhaus in Baden-Baden statt. Veranstalter war der Verein "Deutsche Schlager-Festspiele e.V.", welcher Ende des Jahres 1960 gegründet worden war.

Als Vorläufer für diese Veranstaltung galten die von Radio Luxemburg veranstalteten Deutschen Schlager-Festivals, die bereits 1959 und 1960 und letztmals dann im Herbst 1961 in Wiesbaden stattfanden.

Der Südwestfunk (SWF) hatte bereits 1960 versucht, von Radio Luxemburg unabhängige Schlager-Festspiele zu veranstalten, doch musste die für 1960 geplante Veranstaltung kurzfristig abgesagt werden.

Erst nach der Gründung des neuen Vereins konnte ein Träger für die Veranstaltung 1961 gefunden werden.

Für den Wettbewerb wurden bis zum 16. Januar 1961 713 Titel eingereicht. Eine Jury wählte danach 24 Titel aus, die bei vier Fernseh-Vorentscheidungen dem Publikum vorgestellt wurden.

Diese Sendungen waren am 21. April (Bayerischer Rundfunk), 28. April (Süddeutscher Rundfunk), 5. Mai (Norddeutscher Rundfunk) und 12. Mai (Sender Freies Berlin).

Udo war am 28. April beim Süddeutschen Rundfunk mit dabei. Er sang dort den schönen Titel "My Baby Good Bye" (Polydor 24 499), konnte sich aber leider nicht für die Endrunde qualifizieren.

Während der Sendung lernte er eine gewisse Dorit Oliver kennen, die mit ihrer "Spanischen Romanze" ebenfalls am Start war. Beide sollten sich später bei der Vogue wiedersehen…

Obwohl Udo das Finale nicht erreichen konnte, spendierte die Polydor für alle ihre Künstler, die an dieser Veranstaltung teilgenommen hatten, ein Sonder-Lochcover für ihre Singles, so also auch für Udo. Die Verkaufszahlen blieben dennoch bescheiden.

Bereits etliche Monate zuvor war Udo mit einem neuen, selbst komponierten Titel bei der Polydor vorstellig geworden. Siegel hatte ihn nach dem großen Erfolg mit "Jenny" darum gebeten, ein weiteres Lied zu komponieren. Das tat Udo auch, und herausgekommen war dabei ein Song mit dem beziehungsreichen Titel "Woher ich auch komm', wohin ich auch geh'".

Nachdem Udo mit seinem Probeband bei der Polydor angerückt war, begann jedoch das gleiche alte Spiel: Man ließ ihn mit seinem wunderschönen Titel ein weiteres Mal regelrecht "versauern"…

Wesentlich aufgeschlossener und kompetenter zeigte sich dagegen Ralph Maria Siegel.

Er hatte Kontakt zu einem gewissen Davis West alias Norman Newell, welcher ständig auf der Suche nach europäischen Hits war, die er für den englischen Markt arrangieren konnte. Siegel vermittelte ihm also Udos Titel, welcher diesem auch außerordentlich gut gefiel. Newell war damals nicht nur Produzent von Shirley Bassey, sondern gleichzeitig auch ein sehr erfolgreicher Textdichter.

So kam es also, daß wenige Monate später ein neuer Text mit dem Titel "Reach For The Stars" entstanden war, den Shirley Bassey anschließend auf Single einspielen durfte. Obwohl "Reach For The Stars" nur die B-Seite bildete, wurde der Song dennoch Shirleys und somit auch Udos erster Nummer 1 Hit im Vereinigten Königreich.

Jean Campbell nahm einen Monat später eine weitere Version von "Reach For The Stars" auf, konnte aber nicht annähernd den Erfolg verzeichnen, welchen Shirley Bassey damit hatte.

Von nun an klingelten nicht nur die Kassen, sondern Shirley Bassey legte damit auch gleichzeitig den Grundstein zu ihrem Weltruhm.

Es bleibt die Frage, was damals aus Udos Originalversion geworden ist, zu welcher er ja auch den Text geschrieben hatte. Ganz einfach: Udo überließ sie seinem Freund Frank Forster, nachdem ihn die Polydor ein weiteres Mal so sehr enttäuscht hatte.

Forster war bereits Anfang des Jahres 1960 komplett zu Ralph Maria Siegel und dessen Label "Jupiter Records" gewechselt. Dort sollte Udos Originalversion nun endlich auf Single erscheinen, allerdings leider nicht mehr von ihm selbst gesungen.

Ralph Maria Siegel machte derweil mit Udos "Jenny" ein glänzendes Geschäft: Sie wurde in aller Herren Länder verkauft. Es entstanden Coverversionen durch Jan Van Der Most, Christian Cardin, Jacqueline Boyer, Les Barclay, John William, Jo Carlier, Aimable oder Joss Baselli – um nur einige zu nennen.

"Woher ich auch komm', wohin ich auch geh'" wurde zudem ein Jahr später auch noch an Camillo Felgen vermittelt, welcher daraus eine französische Version mit dem Titel "Demain" machte.

Udos Verhältnis zur Polydor war dagegen auf's Äußerste gespannt. Seine Verärgerung wuchs immer mehr und eine Eskalation schien nur noch eine Frage der Zeit…

Lesen Sie in der nächsten Folge: "Tausend Träume"!

VIDEO-LINKS

"Schwarze Augen / Jenny, oh Jenny"…:

"Woher ich auch komm', wohin ich auch geh' ((Reach For The Stars))"…:

"Der Twist beginnt ((Let's Twist Again))"…:
 

René Jochade
http.//www.ariola.de
http://www.udojuergens.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen.

− 1 = 1

Diese Webseite benutzt Cookies. Aktuell sind Cookies, die nicht essentiell für den Betrieb dieser Seite nötig sind, blockiert. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind nur auf essentielle Cookies eingestellt. Um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. essentielle Cookies: PHP Session - Dieses Cookie ist nötig für die Funktion der Seite um wichtige Informationen an folgende Seiten weiterzugeben. nicht essentielle Cookies - Der Seitenbetreiber hat diese Cookies genehmigt, Sie sind sie jedoch deaktiviert: YOUTUBE-Videos - Beim Einblenden der Youtube-Videos werden Cookies von Youtube/Google als auch deren Partner eingebunden. Youtube und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Videos und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf https://policies.google.com/privacy?hl=de näher beschrieben wird. Spotify-Playlist - Beim Einblenden der Spotify Playliste werden Cookies von Spotify als auch deren Partner eingebunden. Spotify und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Playlist und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf spotify.de näher beschrieben wird.

Schließen