GRAHAM BONNEY, CHRISTIAN BRUHN, ELFI GRAF, MICHAEL HOLM, BATA ILLIC, DORTHE KOLLO, MIREILLE MATHIEU u.a.
"Schlagerzeit am Lerchenberg": Stephan Imming über den "Schlager-'Fernsehgarten'"…

…vom 14.06.2015! “Der Schlager-´Fernsehgarten´ 2015 war zwar sehr unterhaltsam, bot aber auch kleine Kritikpunkte”…: 

Es ist immer erfreulich, wenn dem deutschen Schlager großflächig Sendezeit eingeräumt wird. Den vermutlich eher jüngeren Redakteuren, die für solche Shows verantwortlich sind, seien vorab ein paar Hinweise gegeben:

– Im Gegensatz zu der Flut an Casting-Stars können die meisten "Altvorderen" singen – das mussten sie beispielsweise in der ZDF-Hitparade und anderen Shows immer tun. Man hätte also den Gästen im heutigen Fernsehgarten allen zumuten können (und sollen), dass diese "live" singen. Ausgerechnet "Kiwi" wurde diese Freiheit eingeräumt (na ja, vermutlich hat sie sie sich eher genommen), wobei auch Mireille Mathieu eigeninitiativ einfach zeigte, was sie gesanglich kann.

– Die gefühlt 1.000 Kochsendungen im TV reichen eigentlich vollkommen aus – da muss nicht auch noch im Fernsehgarten gekocht oder – wie hier – gebacken werden. Ein Schlagerpublikum bleibt durchaus bei der Stange und muss nicht mit langatmigen dümmlichen Back-Einlagen gelangweilt werden, auch wenn dieser zähe Programmpunkt wohl auch in anderen Fernsehgärten als Programmfüller genutzt wird.

 

– Publikums-Quizeinlagen auf Neun-Live-Niveau sind einfach nur dümmlich. Okay, das ist vielleicht ein Sachzwang zur Finanzierung der Show – aber ob die Quizfragen so unterirdisch dämlich sein MÜSSEN – oder ob man einfach meint, dem Schlagerpublikum sei ein Mindestmaß an Intellekt nicht zuzusprechen – man weiß es nicht.

 

– Das Schlager-Quiz "Sängerinnen gegen Sänger" war zwar originell und unterhaltsam, aber auch da wäre so ein bisschen Beachtung der Regeln nicht schlecht. Nachdem Michael Holm quasi im Alleingang alle Schlager erkannt hatte und nur einmal Tina York richtig lag, bestimmte Kiwi: Wer den nächsten Schlager erkennt, hat gewonnen – beim Stand von "2:1"…

 

– Warum das eingeblendete Publikum ständig wie wild mit den Armen wedelt, will sich mir auch nicht erschließen. Ob die das freiwillig machen oder von dynamischen Animateuren dazu aufgefordert werden – auch das vermag ich nicht zu beurteilen – jedenfalls ist bei vielen die Begeisterung auch ohne diese aufgesetzte Fröhlichkeit durchaus erkennbar.

 

– Die Idee, Informationen über die Sänger während derer Vorträge einzublenden, ist spätestens seit Oliver Geissens Charts-Show probates Mittel. Die dort verbreiteten Infos sollten aber auch stimmen – Elfi Graf hat 1974 nicht etwa die "Goldene Kamera", sondern viel mehr die "Goldene Europa" erhalten. Und Bata Illics "Bluse"-Song war leider nicht 21, sondern "nur" 10 Wochen in den Charts. Vermutlich war erst geplant, den "Schuhe von Hawaii"-Song zu bringen – auf den hätte die eingeblendete Info gepasst. Da der "Knopf"-Song von Kiwi-Gast Christian Bruhn war, der "Hawaii"-Song aber von Henry Mayer, hat man sich vermutlich für die Bluse entschieden.

 

– Über die Moderation lässt sich streiten. Kiwi hat erneut ihre Begeisterung für den Schlager rausgelassen, die für mich aber einfach aufgesetzt und irgendwie nicht echt wirkt, was sich z. B. an ihren Gesangseinlagen fest machen lässt, bei denen sie eigentlich immer die Original-Texte abändert. Richtig witzig wurde es allerdings, als Wolfgang Trepper dankenswerterweise sagte, dass Maffay eben 16 und nicht 17 war, als die Frau 31 war, womit wir bei den vielen positiven Punkten der Show wären:

 

+ Ein Pluspunkt des Schlagers ist dessen absolut vorhandenen Eigen-Ironie geschuldet. Ob es Zufall war, dass nicht nur Wolfgang Treppers Schuhe in "papst-rot" gehalten waren, sondern auch die von einigen Sängern (z. B. Michael Holm), ist schwer zu sagen – jedenfalls hat Trepper mit seinen bissigen, aber gewitzten Schlager-Seitenhieben die Lacher auf seiner Seite gehabt. Viele der Gags stammten aus dem empfehlenswerten Programm "Nutten, Koks und frische Erdbeeren". Allein sein Einstieg, freudig darauf hinzuweisen, er sei ja der jüngste Gast des Tages, war schon köstlich.

 

+ Im Schlager-Talk formulierte der wieder mal glänzend aufgelegte Michael Holm für mich den Satz des Tages, indem er die Frage stellte, wer sich denn in 40 Jahren die Hits von "heute" anhören mag. Dass so viele Leute sich noch an die ZDF-Hitparaden- und anderen Schlager der damaligen Zeit erinnern und sie gerne singen, spricht in der Tat für eine gewisse Qualität.

 

Eine plausible Begründung, warum die "ollen Kamellen" auch heute noch derart populär ist, was von künftigen Schlager-Rückblicken dieser Art nicht zu erwarten ist, lieferte Holm im Zusammenspiel mit Christian Bruhn – damals wurde viel mehr "aus dem Bauch geschrieben" (als Beispiel nannte Holm den von ihm getexteten fast 50 Jahre alten Roy-Black-Schlagerfestspiele-Song "Irgendjemand liebt auch Dich", der lt. seiner Aussage binnen einer halben Stunde fertig war), heute wird vielleicht zu viel Wert auf Perfektion gelegt. Außerdem werde zu wenig Wert auf eine schöne Melodie gelegt.

 

In diesem Zusammenhang hätte man sicher auch auf die Notwendigkeit des Einsatzes von Schlagern im Rundfunk hinweisen können. So sehr ich Michael Holm schätze, so sehr enttäuscht bin ich, dass er diesen Punkt immer wieder "ausspart", wenn er aktiv Engagement zeigen und sich mit seiner Popularität einbringen könnte.

 

+ Ein dickes Plus gibt es dafür, dass dem großen Christian Bruhn recht viel Zeit eingeräumt wurde. Es ist toll, wie fit der sowohl geistig als auch körperlich noch ist. Sehr schön war auch, wie er ehrlich Mireille Mathieu für die tolle Zusammenarbeit gedankt hat – in französischer Sprache, weil Mireille zwar "400 deutsche Lieder" (lt. Kiwi) gesungen hat, aber dennoch nicht Deutsch spricht.

 

+ Gegen Ende des Schlager-Talks bei der Ansage zu Graham Bonneys "Wähle 3-3-3" gab es eine mir neue Information: Bonney erzählte, dass das Lied aus einem Texter-Wettbewerb stamme und er den Text des damals 14-jährigen Nachwuchs-Textdichters gesungen habe. In der Tat wurde der Text nicht von den damals "üblichen Verdächtigen" geschrieben, sondern von Thomas Flemke aus Helmstedt, der als Teenager seinen ersten und offensichtlich einzigen Hit im Rahmen eines von der Zeitschrift Hörzu ausgerufenen Texter-Wettbewerbs verfasste.

 

 

+ Überhaupt begeisternd ist es, mit welcher Leidenschaft die Schlagersänger ihre Lieder vortrugen und wie "fit" sie sind. Okay, ob bei Frau Kollos Nase und Herrn Cordalis' Gesicht alles wirklich die reine Natur ist oder nicht, sei mal dahingestellt, auch ist Chris Roberts' "Frisur" schon sehr erstaunlich gewesen – so oder so brachten eigentlich alle ihre Schlager immer noch überzeugend rüber.

 

+ Erfreulich ist, dass einige der Sänger nicht die immer gleichen Songs vortrugen, sondern auch einige eher seltener gehörte Songs zu hören waren – z. B. "Ich hab Dir nie den Himmel versprochen" (Lena Valaitis; den Song machte allerdings eher Tanja Berg zum Hit) und "Wo die Sonne scheint" (Tina York; auch als B-Seite von Tony Marshalls Ich fang für Euch den Sonnenschein erfolgreich).

 

Für die, die es verpasst haben – folgende Schlager waren bei Kiwi zu hören:

 

– Sind Sie der Graf von Luxemburg? (Dorthe Kollo)

– Ich bin verliebt in die Liebe (Chris Roberts)

– Herzen haben keine Fenster (Elfi Graf)

– Wähle 333 (Graham Bonney)

– Anita (Costa Cordalis)

– An einem Sonntag in Avignon (Mireille Mathieu)

– Tränen lügen nicht (Michael Holm)

– Ich möcht' der Knopf an Deiner Bluse sein (Bata Illic)

– Wo die Sonne scheint / Wir lassen uns das Singen nicht verbieten (Tina York)

– Butterfly (Danyel Gerard)

– Ich hab Dir nie den Himmel versprochen (Lena Valaitis)

– Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben (Dorthe Kollo)

– Mendocino (Michael Holm)

– Medley (Mireille Mathieu)

– Tarata Ting Tarata Tong (Mireille Mathieu)

 

Es mag eine Frage der Generation sein, dass diese Setlist mir besonders gefällt und ich meine, dass diese Schlager eine eigene unverwüstliche Qualität haben – so oder so würde ich mir Sendungen wie den Schlager-Fernsehgarten öfter wünschen – idealerweise unter Abschaltung der kleinen Kritikpunkte.

Stephan Imming, 14.06.2015
http://www.zdf.de
http://fernsehgarten.zdf.de

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