"ECHO 2016"
smago! Artikel-Update: "ECHO"-Nominierungen – Unstimmigkeiten insbesondere im Schlager-Bereich!

Kurios: Helene Fischer und die Plätze 1 bis 6 der Jahres-Schlageralben 2015 NICHT für Schlager-Echo nominiert – ebenso keine Nominierung des Hits des Jahres für die Kategorie “Hit des Jahres”!
 

**Nachdem auch die Zeitschrift „BUNTE“ in ihrer Ausgabe 14/2016 über (Zitat) „Betrug bei der Echo-Verleihung“ berichtete, habe ich meinen Artikel vom 13. März 2016 noch mal überarbeitet. „Betrug“ würde ich nicht unterstellen, aber Diskriminierung von Schlager-Acts. Mich ärgert vor allem, dass man die eigene Philosophie, den Erfolg zu ehren, mit Ausnahmeregelungen aushebelt und dabei offensichtlich unterstellt, dass die Schlagerfans so dumm sind, nicht zu bemerken, dass sie vera…lbert werden. **

In diesem Jahr wird der deutsche Schallplattenpreis „Echo“ zum 25. Mal vergeben. Der Preis gilt inzwischen als ähnlich etabliert wie der in den USA vergebene „Grammy“. Vermutlich liegt das auch daran, dass hochprozentig kommerzieller Erfolg für Nominierung und Preisverleihung eine Rolle spielen. So steht es auch in der Präambel der Richtlinien über das Auswahlverfahren:

 

Die weit überwiegende Anzahl der Preise wird dabei auf Grundlage der im Markt generierten Verkäufe als Ausdruck der Wertschätzung durch den Endkunden vergeben.“

 

Man kann sagen, dass die Preisträger jeweils den Zeitgeist getroffen hatten, der nicht mit Kritikermeinung übereinstimmen muss – beste Beispiele der Vergangenheit waren Preisträger wie Schnappi, das Krokodil. Dabei spielte damals weder eine Rolle, ob der Künstler am Abend der Preisverleihung persönlich anwesend war noch, ob er in einer Verbindung zum Veranstalter stand – bislang ein klares Alleinstellungsmerkmal gegenüber fast allen anderen Preisen dieser Art. Sonderregeln (bei „Schnappi“ hätte man z. B. argumentieren können, dass Krokodile keine Echos kriegen dürfen) wurden bislang(!) nicht erfunden – es sei denn aufgrund „politischer“ Bedenken  (Beispiel „Frei.Wild“).

 

Wer veranstaltet den Echo und legt somit die Regeln fest?

 

Auf der Homepage des BVMI (Bundesverband Musikindustrie) steht dazu:  „Der Deutsche Musikpreis ECHO ist seit 1992 der Höhepunkt eines jeden Musikjahres. Die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie e. V., ehrt mit dem Preis jährlich herausragende und erfolgreiche Leistungen nationaler und internationaler Künstler.

 

Für die Vergabe des Echos gibt es ein ausführliches Regelwerk.

Um das aktuelle Regelwerk zu erfahren, muss man auf die Homepage des Echos gehen – und dort recht lange suchen. Wenn man genau hinschaut, findet man folgenden Link:

http://www.echopop.de/pop-hintergrund/

 

Welche Regeln gibt es für Kategorie 8 (SCHLAGER) und wie werden sie angewendet?

 

Im Regelwerk steht dazu:

 

Bewertungsgrundlage: Die Bestplatzierten der Offiziellen Deutschen Top-100-Album-Charts vom 20. Februar 2015 bis 3. März 2016.

 

-> Die Rede ist hier klar von den Charts vom 20. Februar 2015 und später. Der Erhebungszeitraum wird hier nicht genannt. Relevant ist klar das Datum der Charts. Demnach werden alle freitags von der GfK veröffentlichten Charts ab dem 20. Februar 2015 berücksichtigt. Die Charts per 4. März 2016 (und später) dürfen laut dieser Regel nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht innerhalb der Bewertungsgrundlage liegen. Noch mal: Hier ist NICHT(!!) die Rede von „Erhebungszeitraum“, sondern vom Datum der Charts.

 

Und noch etwas: Es geht nicht um den erstmaligen(!) Einstieg in die Charts, sondern darum, dass ein Album im Zeitraum platziert war. Alben, die vorher schon platziert waren und aber auch zwischen dem 20. Februar 2015 und 3. März 2016 sich platzieren konnten, müssen demnach berücksichtigt werden, sofern sie nicht älter als 24 Monate alt sind.

 

Eine weitere wichtige neue(!) Regel wurde auch ins Regelwerk aufgenommen. Dazu muss man eine Vorgeschichte kennen. Bei Wikipedia steht zum Thema Echo: Bei der ECHO-Pop-Verleihung 2015 gewann Helene Fischer mit ihrem sechsten Studioalbum Farbenspiel nach 2014 zum zweiten Mal einen ECHO Pop in der Kategorie Album des Jahres. Bislang konnte noch keiner einen ECHO für dasselbe Werk in zwei unterschiedlichen Jahren gewinnen.

 

Genau dieser Sachverhalt wurde auch andernorts mehrfach thematisiert, z. B. auch bei smago:

https://smago.de/d/artikel/73053/

(…hier ist übrigens auch von nicht nominierten „Cheerleader“ die Rede…). Noch spannender:

 

https://smago.de/d/artikel/72765/

 

Spannend: Dieser Artikel erschien am 19.10.2015 bei Smago!. Genau einen Tag später, am 20.10.2015 gab es die ominöse Regel-Änderung, die hier „Lex Helene“ genannt wird, dass ein zu nominierendes Album nicht älter als 2 Jahre sein darf („Fassung vom 20.10.2015) – ein Schelm, der Böses dabei denkt – siehe hier:
 

http://www.echopop.de/fileadmin/echopop/upload/pdf/ECHO_2016_Vergabe-Richtlinien_inkl_Anlage_FINAL.pdf

 

Das war den Veranstaltern offensichtlich ein Dorn im Auge: Ausgerechnet ein Schlageralbum hat so exorbitanten Erfolg? Hätte man die Regeln beibehalten, hätte die reale „Gefahr“ bestanden, dass Helene sogar zum dritten Mal mit ihrem Album „Farbenspiel“ das Album des Jahres hätte stellen können. Um das zu vermeiden (- unterstelle ich jetzt mal -), hat man eine neue Regel aufgestellt, die es zuvor nicht gab:

Die Ermittlung der Offiziellen Deutschen Charts erfolgt jeweils durch GfK Entertainment. Es zählen alle Alben, die bis zu 24 Monate vor der ECHO-Verleihung 2016 sowie innerhalb des Bewertungszeitraums veröffentlicht wurden.“ – Die ECHO-Verleihung findet am 7. April 2016 statt. Demnach finden nur Tonträger, die ab dem 8. April 2014 veröffentlicht wurden, Berücksichtigung. Spannend: Das steht (seit diesem Jahr) so als „Fußnote“ im Regelwerk. Worauf sich die Fußnote bezieht, wird nicht erwähnt – vermutlich gilt das aber für alle Kategorien, abgesehen von im weiteren Text genannten Ausnahmen (z. B. Newcomer). Interessant ist auch, dass das nur im „Kleingedruckten“ steht, man also regelrecht danach suchen muss. Eine größere Ankündigung dieser Regel-Änderung, die ja große Folgen zumindest für den Schlagerbereich hatte, ist zumindest mir nirgendwo untergekommen. –

Ein gutes Indiz, welche Interpreten für den Echo prädestiniert sind, ist die Jahreshitparade der meist verkauften CDs 2015, die von der GfK, also genau dem für die Nominierungen zuständigen Institut, ermittelt wurden. Dass da etwas faul ist, sieht man schon an der von der GfK ermittelten Liste mit den größten Schlager-Erfolgen des Jahres, wo sich auf den Plätzen 1-6(!) ausschließlich Werke von Helene Fischer und Udo Jürgens befinden, die ja beide nicht nominiert sind. Da aber im Regelwerk die  Offiziellen Deutschen Top-100-Album-Charts betrachtet werden, gucken wir mal in Jahreshitparade der Album-Charts und betrachten da die Alben, die laut GfK Jahresauswertung in die Kategorie Schlager fallen. Das Charts-Entry-Datum ist bei dieser Übersicht das Datum, das auf dem Hitparadenplakat des Branchenblatts „Musikmarkt“ vermerkt war, als die CD in die Charts kam.

 

1. Platz 1: Helene Fischer – Weihnachten

 

– Charts-Entry am 27.11.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 13.11.2015 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Longplay wurde mit Vierfachplatin ausgezeichnet

 

2. Platz 4: Helene Fischer – Farbenspiel

 

– Charts-Entry am 18.10.2013, war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 04.10.2013 – hier passt „Lex Helene“ – Album ist raus, weil es zu alt ist.

– Longplay wurde mit Zehnfachplatin ausgezeichnet

 

3. Platz 39: Udo Jürgens – Das letzte Konzert – Zürich 2014

 

– Charts-Entry am 10.04.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 27.03.2015 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Longplay wurde mit Gold ausgezeichnet

 

4. Platz 43: Helene Fischer – Best Of

 

– Charts-Entry am 18.06.2010 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 04.06.2010 – hier passt „Lex Helene“ – Album ist raus, weil es zu alt ist.

– Longplay wurde mit Zehnfachplatin ausgezeichnet

 

5. Platz 59: Udo Jürgens – Mitten im Leben – das Tribute-Album

 

– Charts-Entry am 31.10.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 17.10.2014 -nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Longplay wurde mit Platinausgezeichnet

 

6. Platz 70: Udo Jürgens – Best Of

 

– Charts Entry am 09.10.2009 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 25.09.2009 – hier passt "Lex Helene" – Album ist raus, weil es zu alt ist.

– Longplay wurde mit Platin ausgezeichnet

 

7. Platz 84: Wolkenfrei – Wachgeküsst

 

– Charts-Entry am 24.07.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 10.07.2015 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Longplay wurde mit Gold ausgezeichnet

 

8. Platz 103: Wolfgang Petry – Brandneu

 

– Charts-Entry am 13.03.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 27.02.2015 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– KEINE Goldene Schallplatte

 

9. Platz 118: Semino Rossi – Amor – die schönsten Liebeslieder aller Zeiten

 

– Charts-Entry am  23.10.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 09.10.2015- nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– KEINE Goldene Schallplatte

 

10. Platz 125 – Howard Carpendale – Das ist unsere Zeit

 

– CD-Entry am 20.03.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 06.03.2015 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– KEINE Goldene Schallplatte

 

11. Platz 140 – Beatrice Egli – Bis hierher und viel weiter

 

– CD-Entry am 07.11.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 24.10.2014 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Goldene Schallplatte

 

12. Platz 150 – Ronny – Gold

 

– CD-Entry am 01.08.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 18.07.2014 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– KEINE Goldene Schallplatte

 

13. Platz 152 – Udo Jürgens – Mitten im Leben

 

– CD-Entry am 07.03.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay

– CD VÖ am 21.02.2014 – hier passt "Lex Helene" – Album ist raus, weil es zu alt ist.

– Goldene Schallplatte

 

14. Platz 185 – Roland Kaiser – Seelenbahnen

 

– CD Entry am 13.06.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay.

– CD VÖ am 30.05.2014 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

– Goldene Schallplatte

 

15. Platz 198 – Fantasy – Weihnachten mit Fantasy

 

– CD Entry am 14.11.2014 – war aber im relevanten Zeitraum platziert – okay.

– CD VÖ am 31.10.2014 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay.

– KEINE Goldene Schallplatte

 

Da zwei Monate des Jahres 2016 mit in die Auswertung kommen, sind folgende Alben zu untersuchen:

Klubbb3 – Vorsicht unzensiert

 

– CD-Entry am 22.01.2016 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 08.01.2016 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay.

– (bislang) KEINE Goldene Schallplatte

 

Fantasy – Freudensprünge

 

– CD-Entry am 04.03.2016 – später als 03.03.16 – fällt aus der Wertung, zu spät platziert

– CD VÖ am 19.02.2016 – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay.

– (bislang) KEINE Goldene Schallplatte

Erneute (!) Anmerkung der smago! Chefredaktion: Logischerweise geht es (nicht nur bei Fantasy, sondern ganz allgemein) um den sogenannten "Erhebungszeitraum" und ganz sicher nicht um den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Charts in der Fachzeitschrift "Der Musikmarkt". Das Fantasy-Album "Freudensprünge" wurde am 19. Februar 2016 veröffentlicht. Somit wurden die 1. sowie die 2. Chartwoche der CD "Freudensprünge" ganz normal noch mitgezählt.

 

FAZIT

 

Bevor man „Lex Helene“  (neu) erdacht hatte, wäre es wohl in etwa zu folgender Nominierung gekommen:

Helene Fischer (Weihnachten, Farbenspiel u. a.)

Udo Jürgens (Live Konzert 2014, Mitten im Leben Tribute u. a.)

Wolkenfrei (Wachgeküsst)

Wolfgang Petry (Brandneu)

Klubbb3 (Vorsicht unzensiert)

 

Wegen „Lex Helene“ (kein nominiertes Album darf älter als 24 Monate alt sein) fallen von den 15 Top-Schlager-CDs des Jahres 2015 folgende Nominierungen raus:

 

– 2. Helene Fischer – Farbenspiel

– 4. Helene Fischer – Best Of

– 6. Udo Jürgens – Best Of

– 13. Udo Jürgens – Mitten im Leben

 

Das „Problem“ der Echo-Macher ist nun, dass trotzdem Helene zu nominieren gewesen wäre. Folglich hat man einfach wild die Kategorien geändert. Leider ist im Fahrwasser Udo Jürgens auch hier mit betroffen:

– 1. Helene Fischer – Weihnachten – hat man mal ganz lässig in den Bereich „CrossOver“ gepackt – und damit in eine Kategorie mit der CD „35 Jahre Böhse Onkelz“ vom Bratislava Symphony Orchestra – ja nee, iss klar…

 

Hinweis: In der Jahresliste der GfK, also der für die Datenermittlung für den Echo zuständigen Stelle, wird Helene als „Schlager“ mit ihrem Weihnachtsalbum gewertet. Erst beim Echo wurde das geändert. Sicher – es gibt weitere „Ungereimtheiten“ wie die Eingruppierung von Andreas Gabalier, Santiano und den Amigos in den Bereich „Volkstümliche Musik“ – in den Fällen ist aber zumindest eine einheitliche Linie erkennbar.

 

– 3. Udo Jürgens – Das letzte Konzert – Zürich 2014 – hat man mal ganz lässig in den Bereich „Musik DVD/BluRay National“ gepackt, obwohl es davon eine Doppel-CD(!) gibt und das in den GfK-Longplay-Charts war – ohne Worte…

 

Hinweis: Udos CD war in den GfK Deutschen Top 100 „Album“-Charts nominiert. Somit besteht kein Grund, seine Live-CD in den Bereich DVD/BluRay zu schieben. In der GfK-Schlager-Jahresliste findet sich sein Album auch. –

 

Anders umgesetzt als gemeint hat man einige weitere Alben rausgekegelt. Zur Erinnerung: Die Regel lautet laut Regelwerk: „Die Ermittlung der Offiziellen Deutschen Charts erfolgt jeweils durch GfK Entertainment. Es zählen alle Alben, die bis zu 24 Monate vor der ECHO-Verleihung 2016 sowie innerhalb des Bewertungszeitraums veröffentlicht wurden.“ Man hat aber (irrtümlicherweise?) auch Alben rausgekegelt, die noch keine 24 Monate alt sind, aber bereits 2014 veröffentlicht wurden. Relevant ist hier mindestens ein Album:

 

– 5. Udo Jürgens – Mitten im Leben – das Tribute-Album – Das Album erschien am 17.10.2014 und war somit keine 24 Monate alt zum Zeitpunkt der Echo-Verleihung – wurde aber offensichtlich trotzdem nicht für eine Nominierung berücksichtigt. Absolut unerklärlich: Diesmal wurde nicht mal eine neue Kategorie frei erfunden, sondern Udo einfach „unter den Tisch gekehrt“ – unter dem Motto: die doofen Schlagerfans merken das ohnehin nicht…

 

Somit hat man dann ohne Not die Plätze 1 bis 6 der laut GfK erfolgreichsten Schlageralben des Jahres 2015 und auch Platz 13 aus der Wertung genommen. Was bleibt dann?

– 7. Wolkenfrei

– 8. Wolfgang Petry

– 9. Semino Rossi

– 10. Howard Carpendale

– aus 2016: Klubbb3

 

Aber auch Howard Carpendale durfte nicht nominiert werden, weil man Fantasy nominierte, obwohl deren CD sich erst in den Charts per 04.03.16 platzierte und damit außerhalb des Wertungszeitraums. Das Chartsplakat des „Musikmarkts“, der seit Jahrzehnten die offiziellen(!) Charts kommuniziert, weist den Einstieg Fantasys genau zu diesem Datum (04.03.16) aus und somit genau außerhalb des Wertungszeitraums. Wir erinnern uns an das Regelwerk:  Bewertungsgrundlage: Die Bestplatzierten der Offiziellen Deutschen Top-100-Album-Charts vom 20. Februar 2015 bis 3. März 2016. Die Rede ist vom Zeitpunkt und nicht vom Zeitraum. Fantasy stiegen im „Zeitraum vom 26.02.16 bis 03.03.16“ erstmals in den Charts ein. Selbst wenn man wohlwollend unterstellt, dass der Zeitraum bei der Formulierung des Regelwerks gemeint war, ist es doch sehr befremdlich, dass eine CD, die genau eine Woche in den relevanten Charts war, nur deshalb für den Echo nominiert wurde. Dass gerade die erste Platzierungswoche nur wenig über den tatsächlichen (langlebigen) Erfolg eines Albums aussagt, sehen wir dutzendfach an Rap- und auch Schlageralben, die sich gerade mal eine Woche in den Charts halten und dann direkt wieder „in der Versenkung verschwinden“.

 

Und da setzt auch meine Kritik an: Wirklich sehr erfolgreiche Alben wie Helenes „Farbenspiel“, die dem Ziel (- wir erinnern uns -), „auf Grundlage der im Markt generierten Verkäufe“  entsprechen, werden aufgrund dubioser Regeländerungen disqualifiziert, um weit weniger erfolgreichere Alben zu pushen. Wenn man schon eine „Extrawurst“ für Helene-Alben gebraten hat, finde ich besonders ärgerlich, damit auch die Alben von Udo Jürgens zu disqualifizieren, die auch sonnenklar hätten nominiert werden können und müssen. An der Stelle setzt übrigens auch die Bunte in ihrer berechtigten Kritik an. Dort ist zu lesen, dass Helenes „Farbenspiel“-Album allein 2015(!!!) über 450.000 mal verkauft wurde (und nicht für den Echo nominiert wurde). „Amor“ und „Wachgeküsst“ wurden jeweils weniger als 100.000 mal verkauft. Dennoch sind die letztgenannten Alben für den Echo nominiert worden und „Farbenspiel“ nicht. Im Schlager-Bereich gibt es in diesem Jahr also Gaga-Nominierungen, die den Sinn des Echos ad absurdum führen – die mit Abstand erfolgreichsten Acts werden unter fadenscheinigen Gründen herausgekegelt.

Auch unter anderem Aspekt ist die Nichtnominierung von „Farbenspiel“ eine Lachnummer: „Farbenspiel“ wurde mit 10-fach Platin ausgezeichnet. Sämtliche aktuelle Nominierungen zusammen(!) können mit 1 x Gold aufwarten: Wolkenfrei wurde mit „Gold“ ausgezeichnet. (Zusätzliches Schmankerl: Das Gold gab es so eben noch im Erhebungszeitraum – siehe hier: https://smago.de/d/artikel/74275/). Alle anderen nominierten Acts wurden (bislang) nicht mal mit „Gold“ ausgezeichnet, als da wären Wolfgang Petry, Semino Rossi, Klubbb3 und Fantasy. (Zur Erinnerung Udo Jürgens’ „Mitten im Leben-Tribute“-Album, das NICHT zwei Jahre alt ist, wurde mit Platin veredelt).

 

Aber auch in anderen Kategorien kann man sich nur wundern:
 

KATEGORIE 19 – HIT DES JAHRES. Im Regelwerk steht dazu:

 

Der Empfänger der Auszeichnung: Der Interpret … einer nationalen oder internationalen Single-Produktion

 

Bewertungsgrundlage: Die bestplatzierten Singleproduktionen der Offiziellen Deutschen Top-100-Single-Charts vom 20. Februar 2015 bis 3. März 2016

 

Platz 1: OMI-Cheerleader

 

– Charts-Entry am 09.01.2015 – liegt im Zeitraum 20.02.15-03.03.16 – okay

– CD VÖ am 23.05.2014 (lt. Amazon?) (ursprünglich als MP3) – nicht älter als zwei Jahre vor Echo-Verleihung – okay

 

Ein Blick in die Liste der Hits des Jahres (ermittelt vom GfK, also genau von der für den Echo relevanten Stelle) ergibt für einen sehr ähnlichen Zeitraum (1.1. bis 31.12.15), dass auf Platz 1(!) der Song „Cheerleader“ von „OMI“ ist. „OMI“ wird auch als Künstler des Jahres (Single-Charts) vermerkt in der Jahresübersicht des GfK. „OMI“ war mit seinem Song seit seinem Einstieg das komplette Jahr 2015 in den Charts – länger als alle anderen nominierten Songs. Da frage ich mich – wie kann es sein, dass dieser vermeintliche Hit des Jahres nicht mal nominiert wurde? (Spannenderweise wurde „OMI“ aber sehr wohl in der Rubrik „Dance International" nominiert, folglich kann es ja eigentlich nicht am Zeitpunkt des Erscheinens liegen.)

 

Es mag ja sein, dass „Nachrücker“ wie Adele, die in der Jahresauswertung 2015 noch auf Platz 7 war, hier wegen des Erhebungszeitraums aufgeholt hat – aber ich kann nicht glauben, dass alle fünf nun nominierten Songs noch am klaren „Hit des Jahres 2015“ vorbeigezogen sind.

 

Der Echo-Beirat…

 

Ein Grund, warum eine vermeintlich zustehende Echo-Nominierung nicht zustande gekommen ist, könnte in einem Veto des „Beirats“ liegen. Im Regelwerk heißt es:

 

In welchen Fällen wird der Beirat eingeschaltet?

 

Der ECHO-Beirat kann in Zweifelsfällen hinsichtlich der Nominierung und/oder Zuerkennung von Preisen angerufen werden. Zweifelsfälle sind zum Beispiel dann gegeben, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass ein Werk mit grundsätzlichen gesellschaftlichen Normen, wie sie auch in der Geschäftsordnung des Beirats aufgeführt werden, unvereinbar sind. Dies gilt vor allem dann, wenn bereits eine Indizierung vorliegt oder eine solche öffentlich diskutiert wurde.

 

Die Entscheidung darüber, ob der ECHO-Beirat eingeschaltet werden soll, wird mehrheitlich im Vorstand des BVMI gefasst. Eine Beschäftigung mit einzelnen Künstlern erfolgt grundsätzlich nur dann, wenn diese auf Basis der Charts nominierungsrelevant sind. Dabei findet grundsätzlich keine Vorverurteilung von Künstlern oder Bands statt, d.h. es wird immer nur der Inhalt des in Frage stehenden Werkes auf Basis der Verfahrensordnung beurteilt.

 

Wenn der Beirat eingeschaltet wird, obliegt die Entscheidung darüber, ob eine Nominierung oder Preisvergabe erfolgen kann, allein diesem Gremium.

 

Während Helene Fischer mit einigen ihrer Produktionen (insbes. „Farbenspiel“) und Udo Jürgens regelrecht „ausgebootet“ wurden, sei hier vermerkt, wer bzw. welcher Tonträger denn so alles unter den Nominierten ist: „Frei.Wild“ (Rock/Alternative national), „35 Jahre Böhse Onkelz“ (Crossover), „Böhse Onkelz (Musik-DVD national).

 

Sonstige Auffälligkeiten…

 

  • Ich bin ja kein Hip-Hop-Freak – aber es ist schon auffällig, dass Bushido nicht für einen Hip-Hop-Echo nominiert wurde… in den CD-Jahrescharts findet sich Bushido auf den Plätzen 20 und 28 – und das reicht NICHT für eine Nominierung???

 

  •  „Unheilig“ waren auf Platz 13 der Alben des Jahres – es reichte in keiner Kategorie für eine Echo-Nominierung!? (Immerhin ist Semino Rossi (Platz 118) im Bereich „Schlager“ nominiert…)

 

All diese Merkwürdigkeiten geben dem diesjährigen Echo ein ziemliches Geschmäckle… – vielleicht sollten die Verantwortlichen künftig wieder NUR den kommerziellen Erfolg in den relevanten Kategorien den Ausschlag geben lassen und nicht aberwitzige Regeln erfinden, die den eigentlichen Sinn des Echos kaputt machen. Selbst der renommierte Musikexpress spricht zurecht von „peinlichen Nominierungen“:

https://www.musikexpress.de/die-echo-nominierungen-sind-da-und-an-peinlichkeit-nicht-zu-ueberbieten-502510/
 

So oder so bin ich enttäuscht, dass selbst der Echo heutzutage nicht mehr neutral nur nach tatsächlich kommerziellem Erfolg, sondern nach Gutdünken seine Preise vergibt. Andrerseits können die Schlagerschaffenden stolz sein, dass ihr Erfolg inzwischen so groß ist, dass man eigene Regeln und wilde Klimmzüge unternehmen muss, um den kommerziellen Erfolg dieses Genres innerhalb der deutschen Musikszene klein zu reden, obwohl er offensichtlich mehr als spürbar ist.

 

Zusammenfassend stelle ich mir also folgende Fragen:

1. Warum hat man am 20. Oktober 2015 (, einen Tag nach dem Hinweis auf smago!, dass „Farbenspiel“ erneut den Echo gewinnen könnte,) das Regelwerk dahingehend geändert, dass das zugrunde liegende Produkt maximal 2 Jahre alt sein darf?

 

2. Warum wurde in der GfK-Jahresliste Helenes Weihnachts-Album unter „Schlager“ nominiert, beim Echo aber nicht?

 

3. Wenn man schon diese neuen Regeln aufstellt – warum wurde Udo Jürgens „Mitten im Leben – Tribute“-Album nicht für den Echo nominiert?

 

4. Reicht eine einmalige Platz 1-Präsenz in den Charts wirklich für eine Echo-Nominierung aus? Wäre nicht sinnvoll, genau so wie man extreme Langlebigkeit torpediert, auch Kurzlebigkeit auszuschließen (, in dem man z. B. festlegt, dass für eine Echonominierung ein Album mindestens drei Wochen in den Charts sein muss)?

 

5. Hat der Beirat bei der Nominierung der „Böhsen Onkelz“ und von „Frei.Wild“ keine Bedenken geäußert?

 

6. Warum ist Bushido nicht für den Echo nominiert?

 

7. Warum ist „Cheerleader“ nicht als „Hit des Jahres“ nominiert?

 

8. Warum ist Udo Jürgens’ Live-Album (CD) nicht als Schlager-Album des Jahres nominiert?

 

9. Warum ist Unheilig nicht nominiert?

Stephan Imming 13.03.2016; Update 03.04.2016
http://www.musikindustrie.de
http://www.echo-deutscher-musikpreis.de

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