ANDREAS MARTIN
Die bei DA Music erschienene "My Star" Folge von Andreas Martin im Test von Holger Stürenburg!

Lob und Tadel stehen hier in einem ausgewogenen Verhältnis! (Wohei smago! klar betonen möchte, dass Andreas Martin selbst mit dieser Veröffentlichung rein gar nichts am Hut hat …!) 

Der zweite Künstler, neben Mary Roos, dem DA Music dieser Tage eine brandneue „My Star“-Ausgabe zuerkennt, ist der unverwüstliche Gratwandler zwischen Romantikschlager, Disco-Fox und edlen Popmelodien, ANDREAS MARTIN. Dieser stand zwischen 2003 und 2005 bei DA Music unter Vertrag und hat bei den Diepholzern zwei reguläre Alben und einen offiziellen Best-of-Sampler veröffentlicht.

So suchten die fleißigen Archivare bei DA Music für „ANDREAS MARTIN –  MY STAR“ in erster Linie elf Titel aus den – noch immer frischen, unverbrauchten und zum sofortigen Losrocken geeigneten – hauseigenen Produktionen „Niemals zu alt“ (Oktober 2003) und „Wir leben nur einmal (Mai 2005) aus. Zudem wurden fünf längst zu formidablen Evergreens erwachsene Synthischlager-Ohrwürmer, die der heute 63 Jahre junge Charmeur mit der so eindringlichen, wie sonoren, sanften und dabei doch so ausufernd kraftstrotzenden Stimme zwischen 1988 und 1991 bei der (damals) Kölner EMI (heute Electrola/UNIVERSAL, Berlin) eingesungen hatte, ebendort anlizenziert, wie gleichsam vier eher durchwachsene Aufnahmen aus Andreas‘ schöpferisch nicht so sehr reputierlichen Phase, von 1998 bis 2001 beim Berliner Label Na Klar! (u.a. Wolfgang u. Achim Petry, Michael Fischer, Cathrin Geissler), auf vorliegender CD-Kollektion zum Einsatz kommen.

Auch bei der Koppelungsstrategie für „ANDREAS MARTIN – MY STAR“ wurde – dies ist einem akkurat arbeitenden Musikgeschichtler, wie dem Verfasser dieser Zeilen, bei Best-of-Scheiben immer das liebste, weil genaueste – chronologisch vorgegangen. Diesmal allerdings, im Gegensatz zur Mary-Roos-Kompilation, „von alt nach neu“, d.h. die 20-Track-CD beginnt mit EMI-Liedern aus 1988 und endet mit DA-Darbietungen aus 2005.

So startet „My Star“ sogleich mit einem unvergesslichen, so düster-gedrückten, wie in demselben Maße hoffnungsvoll-hymnischen Synthipop-Meisterwerk namens „Herz an Herz“. Mit dieser hochmelodischen, wehend-sphärischen Komposition von Joachim „Knibble“ Horn-Bernges, nahm der gebürtige Berliner am 23. März 1989 unter dem Motto „Ein Lied für Lausanne“ beim Deutschen Vorentscheid zum „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ teil, erzielte dort einen respektablen vierten Rang und platzierte ein paar Wochen später diese immer noch und weiterhin gänsehauterzeugende Single auf Rang 64 der deutschen „Media Control“-Hitparaden. Schon zum Ende des Vorjahres war Andreas mit dem göttlich-überkandidelten Drafi-Deutscher-Klangwerk „Nur bei Dir“ an die Öffentlichkeit getreten, welchselbiges das 2006 verstorbene Urberliner Schlager-Skandalon im Herbst 1988 mit seinem Duo-Projekt „Mixed Emotions“ auf Englisch als „Just for you“ gut hatte in die einheimischen Top 20 einbringen und zum Discothekenrenner per Excellance ausgestalten können. Die „Deutsche Originalaufnahme“, versehen mit einem trefflichen, muttersprachlichen Text aus der Feder von Lyrik-Ass Dr. Bernd Meinunger, stieg, interpretiert von Andreas Martin, ebenfalls in die offiziellen „Media Control“-Charts ein (Rang 64).

Die durchwegs schier famose 1990er-Veröffentlichung „Ein Teil von mir“, war die letzte von Andreas Martin, die bei EMI auf den Markt kam. Aus dieser LP/CD bekamen der melancholische Synthipop-Schlager „Du kommst nicht zurück“, die opulente, großorchestrale Liebeserklärung an die mystische Traumfrau „Janine“ und der dauerhafte Tanzflächenfüller und Superohrwurm „Deine Flügel fangen Feuer“ einen vollberechtigten Platz auf „My Star“ zugewiesen. Letztgenannter Titel schaffte es übrigens niemals in die deutschen Verkaufshitparaden, lässt dafür aber noch heute innerhalb nur weniger Sekunden jede Tanzfläche in diesem, unseren Lande ungeheures Partyfeuer fangen – alle drei Beiträge von „Ein Teil von mir“ entstanden seinerzeit in ergebnisreichem Teamwork von Andreas Martin und Joachim Horn-Bernges, gehören zweifellos zu den besten Exponaten der EMI-Jahre des sympathischen Interpreten, hätten aber – gerade im Sinne der Beinhart-Fans und Sammler unter uns – seitens DA Music sogleich in den vielgesuchten Maxi-Versionen anlizenziert werden sollen, die m.E. noch nie im Rahmen einer CD-Kompilation von Andreas Martin neu aufgelegt wurden, sondern vielmehr, wenn überhaupt, nur noch im Zweite-Hand-Bereich für gutes Geld als Vinyl-Maxi- bzw. Maxi-CD-Originale aufzutreiben sind.

Nachdem Andreas zwischen 1992 und 1997 mit dem längst verblichenen „Herzklang“-Label von SONY Music vertraglich verbunden war, ging es kurz darauf für zwei Alben zu „Na Klar!“. Während das Debüt bei diesem Label, „Allen wegen Dir“, durchaus noch einige prickelnde, propere Tanzpopschlager und Edelpop-Kreationen im Angebot hatte, wirkte „Na Klar!“-Opus Numero Zwo, „C’est la Vie“, leider mehrheitlich unausgegoren, oft nervenaufreibend, unnötig bumsend rhythmisiert, geradezu lustlos dahingeschludert, wohl nur mit der Absicht, den Plattenkontrakt so es geht schadlos zu Ende zu bringen. Dreier dieser (plus einer – ebenso wenig gelungenen – Neufassung von Andreas‘ erstem realen Tophit „Amore Mio“, im Original erschienen im Herbst 1982) fanden ihren steinigen Weg auf „Andreas Martin – My Star“. Hierbei handelt es sich um den zackigen, aber unsinnig überrhythmisierten Electro-Latino-Samba-Verschnitt „Du kannst mich mal“, das – sorry – wahrlich banale, bumsende, nervige Weder-Fisch-noch-Fleisch-Popschlagerchen „Ich seh‘ Dich“ und die nachgereichte, völlig konventionelle 2002er-Single „Lieb mich jetzt“. Über die unter der Ägide von „Na Klar!“ verhackstückte, grausig arrangierte Neuversion des ansonsten so legendären, verträumten 1982er-Romantikschlager-Meilensteins „Amore Mio“ sollten wir eh lieber den Mantel des Schweigens hüllen.

Alle vier genannten „Na Klar!“-Titel ertönen substanzlos, lieblos produziert und vor allem kommt die von Anbeginn an so unverkennbare, aus tausend anderen herauszuhörende Power-Stimme von Andreas Martin so ganz und gar nicht zum Vorschein, geht dieses unverbrüchliche Erkennungsmerkmal des Spitzensängers letztlich in einem ungemütlichen Gebräu aus Synthesizern und Rhythmusmaschinen gnadenlos unter, was ein so großartiger und stimmstarker Künstler, wie Andreas, zu keinem Zeitpunkt verdient hat!

So war der Wechsel 2003 zur Diepholzer DA im Grunde genommen unumgänglich, um eine konstruktive und zukunftsorientierte Entfaltung des Künstlers zu garantieren. Von nun an schrieb Andreas Martin nicht nur fast alle seine Lieder in Eigenregie, sondern frönte er zusätzlich auf den zwei erwähnten DA-Alben in vorzüglichster Ausprägung seiner heimlichen Leidenschaft als guter, alter Rock’n’Roller, und fanden darüber hinaus mal durchaus autobiographische, dann wiederum witzige, (selbst)ironische und deutlich humorvolle, gar liebfrech-aufmüpfige Themen Eingang in seine Texte.

Schon der Titelsong seines DA-Erstlings „Niemals zu alt“ erschallt mehr im Sinne (natürlich per se radiotauglich abgemischter) „Status Quo“, denn in Form belanglosen Dance-Schlagers. Der fetzige Up-Tempo-Gitarrenrocker „Dieses Leben ist schwer“ verbindet drallen Partysound augenzwinkernd mit knackiger Rock’n‘Roll-Attitüde. Andreas‘ so liebenswerter, wie leicht machohaft-süffisanter Lobgesang auf „Alle blonden Mädchen“ vermittelt den klanglichen Eindruck einer fröhlichen, sanft-sommerlich vor sich hin perlenden Melange aus Wolfgang Petrys „Sommer in der Stadt“ (1976) und dessen 1997 so ‚politisch unkorrekt‘ glorifizierter „Weiber“, während das aufmunternde „Tu Was!“ in punkto Umsetzung, Melodik/Harmonik, gar Instrumentierung (Akkordeon, Slide-Gitarren) eindeutig Bezug auf Westernhagens „Willenlos“igkeit aus dem Jahr 1994 nimmt.

Auch auf Andreas‘ zweitem DA-Studioalbum „Wir leben nur einmal“ (2005) wurde überwiegend deftig und zünftig gerockt und gerollt, ohne jedoch das klassische (Romantik-)Schlagerpublikum in irgendeiner Weise vor den Kopf zu stoßen. Dafür waren und sind gerade die Exponate aus jener künstlerischen Ära des Andreas Martin einfach viel zu kompakt, zu melodisch, zu feinfühlig, sachkundig und ausgleichend inszeniert bzw. umgesetzt.

Das plietsche Titellied nimmt Anleihen an südamerikanischem Flair (vgl. „How Bizarre“, „O.M.C.“, 1996) und lieblichem Sixties-Gitarrenpop britischer Herkunft („Hang on Sloopy“, „The McCoys“, 1965). „Wir sind immer noch gut“, ein mut- und muntermachendes Bekenntnis dazu, auch (und insbesondere) mit ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel, weiterhin aktiv und attraktiv zu sein, experimentierte mit frohsinnig-strikten, dabei aber niemals aufdringlichen Reggae-Rhythmen, während die sanft-verliebte, feingliedrig-erotische Gitarrenballade „Sag mir bitte wie“ eindeutig (und sehr positiv) als gewollte Reminiszenz an Andreas‘ Anfänge im Bereich des Neuen Deutschen Romantikschlagers in der ersten Hälfte der 80er Jahre betrachtet werden kann.

Poppigen Deutschrock auf Gitarrenbasis repräsentiert gleichermaßen die einwandfrei lebensbejahende und optimistische Hymne auf die Hoffnung, „Gib bloß niemals Deine Träume auf“ – so nannte sich auch der offizielle Best-of-Sampler, mit dem Andreas 2006 seine Zusammenarbeit mit DA Music ausklingen ließ -, „Zieh das Rote Kleid an“ stellt hingegen mal wieder einen dampfenden Boogie-Rocker voller Ironie, Leidenschaft, Sehnsucht und Draufgängertum, dar, der auch heute noch musikalisch, wie lyrisch, hochgradig überzeugt und mitreißt.

Der eigensinnige, treibende – textlich anfangs vermutlich mehrdeutig aufscheinende – Poprocker „Alle“ (2003) und der erneut 80er-Jahre-betonte, dunkel-urban-nächtliche Edelpopschleicher „Da sind dieselben Fragen“ (2005)  – stilistisch und harmonisch dem genialen 1986er-Top-10-Hit „The Promise you made“ der legendären US-Truppe „Cock Robin“ nicht unähnlich –, beschließen eine weitestgehend sehr aufregende, anregende und genussvolle Kompilation mit ganz viel Licht und nur minimalem Schatten.

Seit 36 Jahren ist Andreas Martin nun erfolgreich im Geschäft und a.D. 2016 gefragter denn je; in wenigen Monaten soll via TELAMO ein brandneues Studioalbum des langmähnigen Gesangsstars auf den Markt kommen, das dann jedoch wiederum in Disco-Fox- und Dance-Gefilden angesiedelt sein soll. Seit 1980 baute er, bei verschiedenen Plattenfirmen, seine Karriere kontinuierlich auf und verfeinerte seine Songs ein ums andere Mal mit verschiedensten Stilmitteln und -elementen. „ANDREAS MARTIN – MY STAR“ ruft nun die wichtigsten Titel aus seinem im Großen und Ganzen eher rockorientierten Zeitabschnitt bei DA Music, die prägnantesten Synthipop-Hits aus seinen Jahren bei EMI (wobei hier, vermutlich aus rechtlichen Gründen, sein größter Hit aus jenen Tagen, „Du bist alles (Maria, Maria)“, nicht berücksichtigt wurde), sowie gottlob nur ganz wenig unbedeutende Mainstream-Kost aus dem Hause „Na Klar!“ (2000/01), in (fast ausschließlich wohlverdiente) Erinnerung.

Dass bei einer Kompilation von (in diesem Falle „nur“) 20 Titeln nicht alle kreativen Entwicklungsperioden eines so vielseitigen und beständigen Künstlers, wie Andreas Martin, bedacht werden konnten, ist klar, hat aber sicherlich auch gewisse Gründe im lizenzrechtlichen Bereich. Mit EMI und „Na klar!“ wurde sich DA Music offenbar schnell handelseinig, was die Nutzung von in deren Katalog notierten Alt-Titeln betraf; COCONUT (bzw. deren Rechtsnachfolger) und SONY/Ariola zeigten sich vielleicht nicht ganz so kooperativ und gestaltungswillig gegenüber den Diepholzern…

Wie dem auch sei, für Fans, wie Einsteiger, ist „ANDREAS MARTIN – MY STAR“ bestens geeignet, einen nicht vollständigen, aber – im Rahmen der Möglichkeiten – sehr gut gewählten und austarierten Überblick über viele wundervolle Liedbeiträge eines Künstlers zu gewinnen bzw. zu erhalten, der seine phänomenale, allweil widererkennbare Stimme zumeist mit verschiedenen, aber stets niveauvollen, mal poppigen, mal rockigen, mal balladesken, mal tanzbareren Klängen, Auskleidungen und Melodien verbindet. So ist DA Music mit ihrer „My Star“-Ausgabe zu ANDREAS MARTIN auf jeden Fall eine schmackhafte, wertvolle und gediegene Leistung in Sachen Katalogarbeit gelungen, die jedem Freund anspruchsvollen deutschen Popschlagers mit Biss, Herz, Hirn und Qualität sehr aus dem Herzen sprechen dürfte!

Doch, das dicke Ende kommt noch… *Räusper*… wer meine Arbeiten und mich kennt, weiß, dass ich immer wieder penibel, oder nennen wir es auch ruhig gerne pedantisch, meinetwegen pingelig, auf Sprachliches in aller Form achte – und diesbezüglich immer
wieder äußerst gerne nerve und nörgle…

Auf dem CD-Cover von „ANDREAS MARTIN – MY STAR“ steht unten links, in einem kleinen, bräunlichen Kästchen, geschrieben: „inkl. DEN Chart-Singles…“. Dies ist grammatikalisch natürlich kaum zu verzeihen… 😉 Man fragt nämlich grammatikalisch korrekt im Gegenzug: „Inklusiver WELCHER Singles?“… und niemals „Inklusive WELCHEN Singles?“. Es folgt also auf den Begriff „Inklusive“ IMMER der Genitiv und NIEMALS der Dativ! Also, liebe Freunde und Kollegen in Diepholz: Künftig bitte ich darum, auf CD-Covers etc. IMMER zu formulieren „Inklusive DER grammatikalischen Korrektheiten“ und NIE MEHR „Inklusive DEN grammatikalischen Unkorrektheiten“… 😉 – und dann ist wieder alles in Ordnung :- )

Holger Stürenburg, 20./21. Januar 2016
http://www.da-music.de
http://www.andreasmartin.de

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