AL BANO & ROMINA POWER
Konzertbericht von Holger Stürenburg: Al Bano & Romina Power – 12.01.2017 – KöPi-Arena, Oberhausen!

Romantica Italiana eroberte Oberhausen! 

Es gab in den 70er und 80er Jahren immer wieder Phasen, in denen sich Popmusik italienischer Herkunft, gerade in unseren Breitengraden, überaus großer Beliebtheit erfreute.

Zum Ende der Dekadenwende 70er/80er etwa begeisterte die aus der Provinz Forli-Cesena stammende  Chanteuse Alice mit cool-heißblütigen Klangepen der Sorte „Per Elisa“ (1981) „Una Notte Speciale“ oder „Messagio“ (beide 1982), sang „Pupo“ alias Enzo Ghinazzi das düstere Synthi-Opus „Su Di Noi“ (1981), präsentierte das liebenswerte Trio „Ricchi e Poveri“ freudige, lebendige Liebeslieder a la „Sara per che ti amo“ (1981), „Made in Italy“ (1982) bzw. „Mamma Maria“ (1983) oder imponierte die Gattin des ursächlichen Italo-Pop-Begründers Adriano Celentano, Claudia Mori, mit der feudal vor sich hin gleitenden Synthi-Elegie „Non succedera piu“ (1982).

Im Nachhinein ist musikgeschichtlich festzustellen, dass es sich bei jenen und ähnlichen Liedern letzten Endes um typischen Synthipop mit latenten New-Wave-Anleihen handelte, der aber eben im spezifisch italienischen Bezugsumfeld, ergo hochmelodisch-wiegend, teils melodramatisch, üppig, luxuriös, inszeniert worden war und durchwegs in italienischer Sprache gesungen wurde – eine nicht alltägliche Art von Unterhaltungsmusik, die stilistisch irgendwo zwischen Schlager, Chanson, kühlem Wave-Pop und traditionellen, italienischen Cantaten einzustufen war und gerade wegen dieser exklusiven Vermengung verschiedenartigster klanglicher Charakteristika stets einen besonderen, extravaganten Reiz ausübte.

Zu den erfolgreichsten Protagonisten des Italo-Pop der beginnenden 80er Jahre zählte das Duo Al Bano & Romina Power. Dieses bestand und besteht aus dem in Brindisi geborenen Sänger und Winzer Al Bano Carrisi und seiner geschiedenen Frau Romina Power, mit der er von 1970 bis 1999 verheiratet war und zudem in kreativer Kooperation ein paar unverbrüchliche, europaweite Superhits für sich veranschlagte.

Nach einer schweren Zeit, der privaten Trennung der Beiden im Jahr 1999 und einem Familiendrama sondergleichen – die älteste Tochter Ylenia verschwand 1994 spurlos und wurde 2014 von ihrem Vater für tot erklärt, während ihre Mutter bis heute daran glaubt, sie sei noch am Leben –, beschlossen der heute 74 Jahre alte Al Bano und seine Ex-Gattin Romina Power (66) im Jahr 2013, ihrem einst so immens reputierlichen, immerhin zusammen aufgebauten Projekt eine neue Chance zu geben – sehr zum Gefallen ihrer Millionen Fans in ganz Europa, zu denen sich seit 1981/82 auch der Verfasser dieser Zeilen zählen darf, der sich im Alter von zehn Jahren erstmals die bis heute nicht aus dem Gedächtnis zu streichenden Hits des früheren Ehepaares, wie „Sharazan“ oder „Felicita“, zu Gemüte führte und sich umgehend in dieselben verliebte.

Ganze 35 Jahre später, war es dann soweit, dass ich endlich mal wieder die Möglichkeit erhielt, die beiden Gesangsstars aus der Repubblica Italiana, supportiert von einer perfekt eingespielten. fünfköpfigen Band (key/pi, git, b, dr, vio) und drei Chorsängerinnen – darunter die sehr bekannte Hamburger Vokalistin Madeleine Lang –, live in Concert‘ zu erleben. Denn am vergangenen Donnerstag, dem 12. Januar 2017, gastierten AL BANO & ROMINA POWER vor ca. 2.400 von Anbeginn an euphorisch mitfeiernden Anhängern in der „KöPi-Arena“ zu Oberhausen.

Um ca. 20.10 Uhr – Howard Carpendale lässt grüßen… – gingen die Lichter in der Halle aus und zu Beginn trat, neben der Band, Al Bano Carrisi, frohgemut, in hellem Anzug und mit neckischem Hut bekleidet, auf die Bühne. Er legte los mit einer Art kleiner ‚Rock-Oper‘ namens „Nel Sole“, die vor allem durch ihr voluminöses, großorchestrales Arrangement und einige unerwartete Tempi-Wechsel betörte. Daran anschließend erklang das großspurige Blues-Chanson „Angeli“ (1982), bevor Romina Power hinzutrat und verschmitzt erklärte, sie habe sich beim Hamburger Blitzeis vor einigen Tagen eine Knieverletzung zugezogen, weshalb an diesem Abend in Oberhausen ausschließlich Al Bano tanzen könne.

Rockig wurde es nun mit dem 1986er-Beitrag „Nostalgia Canglia“ aus der WEA-LP „Sempre, Sempre“, mit dem das damalige Ehepaar ein Jahr später den dritten Rang des legendären „San Remo“-Songfestivals für sich gewinnen konnte, woraufhin das freiheitsliebende Titellied der 1987er-LP „Liberta!“ an der Reihe war.

Ohne Romina, dafür aber mit den drei Chorladys, intonierte Al Bano nun einen neapolitanischen Reggae/Couplet/Folk-Mix namens „Funiculi, Funicula“, dessen kompositorische Ursprünge bis ins Jahr 1880 zurückgehen und nun, soundtechnisch deutlich modernisiert, Eingang in das aktuelle Repertoire der laufenden Konzertreise von Al Bano & Romina Power fand. Besten Gospel-angehauchten Pop bot der 1991er-Solo-Titel „La Canzone di Maria“; „Tu per sempre“, 2006 B-Seite einer solistischen Promo-Maxi, stellte hingegen eine feingliedrige, pianogeführte Edelballade dar.

Es wurde nun ein Stuhl am Bühnenrand aufgestellt, von dem aus Romina einige Lieder ihrer 2012 erschienenen, durchgehend auf Englisch verfassten Soloscheibe „Da Lontano“ darbot. Musikalisch sind diese in einem ganz anderen Rahmen anzutreffen, wie diejenigen Kantaten, welche sie in den 80ern, gemeinsam mit ihrem Ex-Gatten, aufgenommen hatte. „U.S. America“ ist etwa ein im Sinne Joe Cockers arrangierter, leger-balladesker Softpoprock US-amerikanischer Prägung, während „Tears are not Pearls“ als konsequent romantischer, durch und durch gitarrenorientierter Up-Tempo-AOR-Rock durchgeht.

Kurz darauf, las Romina – auf Deutsch! – ein sehr trauriges Gedicht vor, das sich vermutlich kryptisch mit dem bis heute ungeklärten Verschwinden ihrer ältesten Tochter beschäftigt und mit der sacht angespielten Melodie bzw. Harmonik des traditionellen Volksliedes „La Reve“ untermalt war, welches wir in Deutschland in erster Linie in einer Instrumentalfassung des Easy-Listening-Gitarristen Ricky King kennen.

Einen prickelnden Stilbruch leistete sich Lady Power nun, in dem sie, ebenfalls aus genanntem Soloalbum, den 80er-Jahre-beeinflussten US-Gitarrenrocker „A Message“ hervorzauberte, bevor abermals ein paar, ausschließlich von Al Bano, teils neuerlich mit Begleitung durch die drei Chorsängerinnen und vor allem der bezaubernden Violinistin, interpretierte Lieder auf dem Programm standen. Zunächst genossen wir den dramatischen Folkrock-Verschnitt „Amanda e Libera“, Titelgeber von Al Banos 2011er-Solowerk. Daraufhin ging es ohne Umschweife und unverblümt hinein in klassische Gefilde. Der phantastische Cantante, dem man seine 74 Lebensjahre weder ansah, geschweige denn anhörte, brillierte mit einer Komposition von Peter Tschaikowsky „Il Mio Concerto“, schmetterte beseelt und glorios das „Ave Maria“ von Franz Schubert oder Guiseppe Verdis „Gefangenenchor“ aus „Nabucco“ (hier als: „Va Pensiero“).

Yari Carrisi, der 1970 geborene Sohn von Al Bano & Romina Power, trug, sozusagen als „Special Guest“, nun seinen Teil zur knapp zweieinhalbstündigen, konzertären Aufwartung seiner Eltern bei. Zur Akustik-Gitarre, zelebrierte der sympathische Mitt-Vierziger das unvergessliche Blues-Klagelied „Halleluja“, das der kürzlich verstorbene, kanadische Singer/Songwriter Leonard Cohen Ende 1984 der Musikwelt geschenkt hatte, folgend offerierte er uns einige Fragmente aus dem 1975er-Eric-Clapton-Evergreen „Can‘t find my Way Home“, sowie schlussendlich das – unüberhörbar von erwähntem britischen ‚Gitarrengott‘ inspirierte – selbstgeschriebene Bluesrockgebräu „25 Dollars Vision of the World“.

Ganz in Weiß, wie eine magische Melange aus Engel und Messdienerin aufscheinend, schwebte nun Romina ‚back on Stage‘, denn der Rest des Abends gehörte den beiden Hauptakteuren in trauter Eintracht. Wir hörten „Santa Lucia“ in einer Art augenzwinkerndem Boogie-Rock-Kontext – das jubelnde Publikum, darunter viele Landsleute der Ex-Eheleute, war herzlichst eingeladen, lautstark mitzusingen -, gefolgt von einem donnernden Schlagzeugsolo des versierten Drummers Alessio Voluci, bevor mit dem 1982er-Evergreen „Tu Soltanto Tu“ (Nov 82, Rang 16 in der BR Deutschland) oder dem 1976er-Beitrag zum „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ in Den Haag, „We’ll live it all again“, mit dem die Beiden den siebten Rang dieses Musikwettstreits für sich in Anspruch nehmen konnten, der ultimative Hitreigen begann.

Zusammen mit den Chor-Grazien, kam nun ein witziges Medley zum Zuge, bestehend aus von Romina aufgeführten US-Pop- und Jazz-Hits und aus klassischen Italo-Standards, die entsprechend Al Bano erschallen ließ. Dieses feurige Potpourri beinhaltete u.a. die Lieder „Revolution“ (Orig.: „The Beatles“), „Santa Lucia“, „All you need ist Love“ („The Beatles“),  die allseits geläufigen Swing-Basics „Chattanooga Choo Choo“ (Glenn Miller Orchestra) und „Alexander’s Ragtime Band“ (Irving Berlin, aus gleichnamigem Henry-King-Movie aus dem Jahr 1938, bei dem Rominas Vater, der US-Schauspielstar Tyrone Power die Hauptrolle spielte), sowie zum Schluss „Nessun Dorma“ aus der Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini.

Nun gab es tatsächlich kein Halten mehr – selbst, wenn die „KöPi-Arena“ bei Weitem nicht ausverkauft war, so zeigten sich die rund zweieinhalbtausend angereisten Fans dennoch äußerst hingerissen -, denn wir begaben uns auf eine liebenswerte Zeitreise, mitten hinein in die 80er Jahre, mittels – wie kann es anders sein?  – des schier wundervollen und dauerhaft faszinierenden Südsee-Ohrwurms „Sharazan“ (Nov 81, Rang 7, hierzulande), der genialischen Mid-Tempo-Schnulze „Sempre, Sempre“ (1986, Rang 33) und ganz zum Schluss des unvermeidlichen Hymnus‘ auf das Glück, „Felicita“, der wohl auf immer und ewig DAS spezielle musikalische Erkennungszeichen von Al Bano & Romina Power bleiben wird (und sich in diesem, unseren Lande im März 1982 mit der Besetzung des fünften Ranges der „Media-Control“-Listen als gefragtester Titel des Duos überhaupt etablieren sollte).

Es war alles in allem ein wirklich bezaubernder, enorm vielseitiger Konzertabend in der Oberhausener „KöPi-Arena“. Keine Erwartung wurde nicht erfüllt. Klassische, oft Jahrhunderte alte Melodien traten ebenso zum Vorschein, wie deftiger Bluesrock, zierliche Balladen, US-gemäßer Poprock und – selbstverständlich – fast alle großartigen Duett-Gesänge zwischen Romantica und Emozione, mit denen uns Al Bano & Romina Power die frühen bis mittleren 80er Jahre, gänzlich fernab von NDW, New Wave oder Euro-Disco, versüßten. Beide Interpreten machten eine hervorragende Figur, der Zahn der Zeit scheint vor beiden Musikern, stimmlich, wie äußerlich, geradezu geflohen zu sein. Die Arrangements versprühten mehr knackigen Rock-Appeal, denn steril-unterkühltes Synthipop-Gefühl. Es hat wahrhaftig Spaß gemacht, einmal (wieder) in ganz andere klangliche Welten einzutauchen und ich habe mich hocherfreut dabei erwischt, obwohl mir im Laufe des Lebens das Lachen überwiegend vergangen ist, insbesondere bei den so erinnerungsträchtigen Zwiegesängen aus besseren Tagen durchgehend gelächelt zu haben. Die dürfte vermutlich den meisten Besuchern dieses träumerischen Konzerts ähnlich ergangen sein, weshalb zu hoffen ist, dass AL BANO & ROMINA POWER gerne noch ein paar Mal öfter die europäischen Konzerthallen erstürmen. Wenn die beiden einst mal wieder hier in der Gegend sind – ich bin dabei!

Mein Dank gilt an dieser Stelle Jan Stephan aus Bad Godesberg, der diesem Konzert ebenfalls beiwohnte, zum einen dafür, mir – als Italienisch-Unkundigem – bei der sachgerechten Erstellung dieses Textes geholfen, sowie ein paar gelungene Photos von diesem Auftritt für diese Veröffentlichung auf smago! zur Verfügung gestellt hat!

 

 

Holger Stürenburg, 12./13. Januar 2017

https://de.wikipedia.org/wiki/Al_Bano_%26_Romina_Power

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