RENE DEUTSCHER
Frank Ehrlacher hat sich des Albums "Unikat" von René Deutscher angenommen!

Lesen Sie HIER seine CD-Kritik …: 

Mit Legenden ist das so eine Sache: Man neigt dazu, eine Sache oder einen Menschen – nicht erst seit "How I Met Your Mother" – viel zu schnell als "Legende "zu titulieren, eh man sich darüber bewusst ist, ob er/sie/es oder sein Werk überhaupt dauerhaft die Nachwirkung entfalten wird, die es zum Legenden-Status braucht.

Bei Drafi Deutscher ist der Beweis wohl angetreten: Nach seinen ersten Erfolgen als deutscher Beat-Pionier und den Klassikern "Markus, Stein und Eisen bricht", "Shake Hands" oder "Cinderella Baby" tauchte er ab und vier Jahrzehnte lang immer wieder auf. Sei es als Dylan-Interpret ("Weil ich dich liebe"), als Komponist typisch-deutscher Schnulzen, gerne auch unter Pseudonym ("Mama Leone", "Silver Bird"), als Nr. 1-Hit-Autor ("Jenseits von Eden") in den 1980ern und anschließend parallel wieder als Schlagersänger ("Herz-an-Herz-Gefühl", "Das 11. Gebot") oder in bester "Modern Talking/Dieter Bohlen"-Manier als Impressario und eine Hälfte des Duos "Mixed Emotions" ("You Want Love") – Drafi war immer irgendwie da. Zum Legendenstatus gehört aber vielleicht auch (s)ein viel zu früher Tod 2006 mit nur 60 Jahren.

Zehn Jahre ist Drafi nun schon nicht mehr unter uns und in diesem Mai wäre er 70 Jahre alt geworden: 10/70. Genau diese Ereignisse waren für seinen Sohn René der Anlass, das Werk des Vaters – wenn das denn überhaupt nötig ist – wieder verstärkt in Erinnerung zu rufen. Zunächst mit einer EP im Frühjahr, auf dem er vier Songs seines Vaters wie "Das 11. Gebot" oder "Mama Leone" coverte. Fatalerweise gibt es bei Cover-Versionen des eigenen Vaters eigentlich nur zwei fatale Versionen – entweder es wird mit einem "Klingt genau wie der Vater" abgetan oder es kommt ein "So wie der Vater klingt er aber nicht" – beides für einen Künstler nicht unbedingt befriedigend, aber genau das Szenario, das man mit Cover-Versionen provoziert. Deshalb entschloss er sich, den diesen Herbst den nächsten Schritt zu gehen sein Debüt-Album mit überwiegend für ihn geschriebenen neuen Songs auf den Markt zu bringen: "Unikat" – auch der Titel symbolisiert, dass er nicht "nur der Sohn von Drafi" ist, sondern ein eigenständiger Künstler, ein "Unikat".

Debüt-Album? Ok, so gaaanz stimmt das nicht. 1973 nahm einmal die gesamte Familie Deutscher in Tradition der Familien von Frank Sinatra und Dean Martin ein Familien-Album auf, "Gute Tage, schlechte Tage", an das René aber nur noch vage Erinnerungen hat. Er sang darauf zwar den vom Papa und Hans-Georg Moslener geschriebenen Song "Eine Straßenbahn für uns allein" – aber es war eben nicht "sein" Album. Eine Episode ist ihm dennoch in besonderer Erinnerung: " Als das Band gerade lief, wollten wir noch etwas meinen Vater fragen. Daher hört man am Anfang des Songs auch das "Papi …?", was aber schwer zu verstehen ist …. Mein Vater fand es aber damals "lebendig" und so blieb es drin!"

Auf "Unikat" hatte René dann fast alles in der Hand: Selbst produziert, gemischt, aufgenommen, Keyboards eingespielt – und natürlich gesungen (mit Ausnahme des Songs "Zeit zu geh'n", den er im Duett mit Maria Jakob singt). Und um das direkt abzuhandeln: Ja, man hört, dass er der Sohn des großen Drafi ist – besonders dann, wenn er druckvoll und in hohen Tonlagen singt. Insgesamt klingt seine Stimme aber – gerade in den tiefen Lagen – sehr viel weicher als die des Vaters.

"Ganz egal" ist der Opener des Albums, drumbetont, ryhthmusgetrieben, etwas an das Intro von "Immer mehr" des Spliff-Drummers Herwig Mitteregger erinnernd, und man ist sofort drin und sieht, wo das Album hingeht: Kein traditioneller deutscher Schlager, sondern deutsche Pop-Musik mit zeitgemäßen Texten in aktueller Sprache. Ein Ohrwurm und Hinhörer, der sicher auch noch als kommende Single-Auskopplung taugt.

Danach kommen zwei Cover-Versionen – aber um nicht in die eben erwähnte "Ganz/Nicht wie der Papa"-Falle zu tappen, hat sich René dafür zwei Songs von Drafi ausgesucht, die man vielleicht nicht so sehr in der Original-Interpretation auf dem Zettel hat: "Asche oder Diamant" vom 1987er Album "Diesmal für immer" und "Can I Reach You", eine damals in den Discotheken sehr gut laufende Single von Draif aus dem Jahr 1979, die er unter dem Pseudonym "Jack Goldbird" veröffentlichte und die immerhin Platz 15 der deutschen Single-Charts erreichte und eines seiner vielen Comebacks war.

Mit "Bleib doch" liefert auch René danach einen neuen Titel, der in die (Tanz-)Beine geht und die Geschichte eines Paares erzählt, dass offensichtlich nicht wirklich miteinander, aber auch nicht ohneeinander kann. Hier klingt seine Stimme rau und griffig – im Gegensatz zum dritten und letzten "Drafi-Cover" auf dem Album. Dafür hat er sich "Amigo Mine" ausgesucht, eine Single Drafis aus dem Jahr 1976, als er kurz bei der CBS angedockt hatte – und die wahrscheinlich nur Drafi-Fans kennen. Schade, ein sehr schöner schlagerhafter Pop-Song, bei dem René dann doch sehr nah am Original bleibt.

Zur Halbzeit des Albums gibt es dann eine gestandene Ballade: "Zeit zu geh'n" singt René Deutscher im Duett mit der Newcomerin Maria Jakob, zwei Stimmen, die gut harmonieren.

"Kopf verdreht" ist ein flotter Pop-Song über einen Mann, der sich bewusst ist, dass er nun nach der Pfeife seiner neuen Liebe tanzt – es ihm gleichzeitig aber auch egal ist. Ein kompletter Kontrast zur nachfolgenden Ballade "Für alle die", in der es um das Festhalten an einem geliebten Menschen geht. Besonders positiv stechen hier Natur-Gitarren im Zusammenspiel mit den Synthesizer-Sounds hervor – und wieder einmal das Spektrum der Stimme des Interpreten, der in den hohen Passagen – auch begünstigt durch die Produktion – den Herrn Papa nun wirklich nicht mehr verleugnen kann (und will).

Der Titelsong "Unikat" ist dann ein Dancefloor-Titel mit Soft-Rap und eingängigem Refrain, bevor zwei Balladen das Album abschließen: "Kleiner Held", in dem er offenkundig das Aufwachsen seines Sohns Noah beschreibt, sowie "Sorry", die erste Single-Auskopplung und für mich auch vom Songwriting her unter den vielen guten Songs der Stärkste, der sowohl textlich als auch musikalisch in Herz und Ohr geht. Eine gute Wahl, auch wenn er in der derzeitigen Rundfunk-Landschaft noch eher zögernd eingesetzt wird. Schade.

Insgesamt ein beachtenswertes Debüt – das auch Aufmerksamkeit verdient hätte, wenn nicht der Name "Deutscher" draufstände: Abwechslungsreich, modern, ohne sich dem Zeitgeist anzubiedern und mit eingängigen Melodien.

Frank Ehrlacher (Textvorlage)
http://www.junirecords.de
http://www.renedeutscher.de

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