FREDDY QUINN
Freddy Quinn – Der unterschätzte Weltstar!

Viele Unklarheiten im Leben des Freddy Quinn: Er wurde in Deutschland als Schlagerstar verschlissen, konnte aber viel mehr …: 

Wer ist eigentlich Freddy Quinn ? Eine banal klingende Frage gewiss, und doch notwendig.

Alle Experten sind sich einig: Der Künstler –  er kam als Franz Eugen Helmuth Manfred Nidl am 27. September 1931 zur Welt  – ist die Lichtgestalt der Schlagerwelt. Doch schon sein Geburtsort hat immer Rätsel aufgegeben: Ist er in Wien, Niederfladnitz (Österreich) oder Pula (Kroatien) zur Welt gekommen? Egal.

Es war wohl Ende der 1970-er Jahre, als er bei einer privaten Feier die Abenteuer seines Lebens geschildert hatte und dann lachend erklärte: „Sie müssen erst mal hören, was ich den Journalisten alles erzähle …“ Und er wusste einiges zu erzählen, 1990 bezeichnete er seinen Vater auf einer Pressekonferenz als „gebürtigen Trientiner“, später stammte der gute Mann plötzlich aus Irland.  Freddy selbst hatte sich Zeit seines Lebens regelrecht in seine „Biografie“ verstrickt – Karl May lässt schön grüßen.

Es hat auch den Schauspieler Freddy Quinn gegeben, der in 13 – nach Meinung von Kritikern – zu Recht vergessene Schlagerfilmen („Unter fremden Sternen“, „Nur der Wind“, „Heimweh nach St. Pauli“) sehr leichte Kost servierte. Der Inhalt war weitgehend egal: Der Taxifahrer, Kanada-Auswanderer oder Cowboy (immer der Hauptdarsteller) musste nur zur Gitarre greifen und ein gefühlvolles Lied schmettern … Neunzig Minuten lang wurden eben Klischees bedient, aber ganz ehrlich, konnte man von Schlagerfilmen was anderes erwarten?

Doch was für eine Persönlichkeit hat sich hinter dem Gesicht des umjubelten Entertainers verborgen? Sie bekamen seine Fans nur in Ausnahmefällen zu sehen. Zwar stand er längst auf der falschen Seite der Siebzig, doch 2002 bei seiner Abschiedstournee „Lieder, die das Leben schrieb" konnte man meinen, er sei nicht älter als fünfzig: Der Mann mit der unverwechselbaren Baritonstimme wirbelte über die Bühne, war schlagfertig und hatte alle Liedertexte drauf. Am letzten Tag der Tournee – ausgerechnet im Konzerthaus seiner angeblichen Geburtsstadt Wien – war der Dinosaurier der Schlagerbranche total verunsichert, in seinen Augen hatten sich Tränen gesammelt. Er drehte sich zur Seite, niemand sollte in ihn hineinsehen. Ausgerechnet ihm war so ein Gefühlsausbruch passiert. Den Umgang mit eigenen Gefühlen hatte er stets geschickt überspielt, doch diesmal wollte es nicht klappen.

Schnell ist man mit dem Wort „Verdrängen" bei der Hand. Aber ist das wirklich „verdrängen" gewesen? Man muss die Stationen seines Lebens kennenlernen, um diese Frage beantworten zu können.

Was Jahrzehnte später den Beckenbauers, Kahns und Beckers recht war, konnte seinen Eltern nur billig sein. Zumindest hieß es so in seiner angeblichen Biografie, die vermutlich am Schreibtisch seines Ex-Managers Lotar Olias entstanden war. Danach trennten sich seine Eltern, als der Junge noch klein war. Einige Zeit später soll Freddys Mutter („Damit der Bub einen Vater hat“) in Wien eine neue Beziehung zu einem 36 Jahre älteren Baron eingegangen sein. Dieser Rudolf Freiherr von Petz war total verarmt und hatte seine Lebensaufgabe im Verfassen von Tiergedichten gefunden. Und wie das oft so ist, der Junge und sein Stiefvater verstanden sich überhaupt nicht und der Filius brannte mit einem Zirkus durch.

Seine eigentliche Karriere begann in den 1950-er Jahren in der Hamburger„Washington Bar“. In dem Lokal hörte ihn Fernsehregisseur Jürgen Roland („Stahlnetz“) und besorgte ihm erste Auftritte beim Norddeutschen Rundfunk. Und dann gings richtig los. Die Manager der Plattenfirma „Polydor“ waren davon überzeugt, die beste Strategie für die Nachkriegszeit im Tornister zu haben. Sie wussten, dass in schwierigen Zeiten die märchenhaften Legenden mehr sind als eine angenehme Abwechslung. Ab sofort war Freddy der einsame Seebär, in dessen Gesicht man das ganze Leid der unruhigen Welt („Heimatlos sind viele auf der Welt“) suchen konnte. Und die Welt dankte es ihm mit 17 goldenen Schallplatten (u.a. für „Die Gitarre und das Meer" und „La Paloma“), Goldenen Löwen von Radio Luxemburg, Goldenen Europas, Goldenen Stimmgabeln usw.  Übrigens: „Heimweh" mit dem monotonen Refrain „So schön war die Zeit" hatte eigentlich René Carol („Rote Lippen, rote Rosen, roter Wein") singen sollen. Freddy Quinn war kurzfristig als Ersatz eingesprungen, weil sein Kollege wegen Trunkenheit am Steuer im Knast saß. Später hat René Carol sich schwarz geärgert, als das Lied 14 Wochen auf dem ersten Platz in Deutschland war. Dumm gelaufen!

Zehn Jahre später landete Freddy einen Welthit mit „Spanish Eyes“ … aber nur fast. Al Martino schnappte ihm den Song weg und belegte Spitzenplätze in den Charts dieser Welt. Dumm gelaufen!

Die Hitparaden bestimmten zu dieser Zeit längst weitgehend talentfreie Eintagsfliegen, die noch vor kurzer Zeit mit der Plastiktröte um den Tannenbaum gerannt waren. Wäre Quinn nur Schlagersänger gewesen, hätte er bereits Ende der 1960-Jahre in Rente gehen können. Denn seine Platten kamen nicht mehr in die Charts. Doch er wurde TV-Moderator, Zirkusartist, Bühnenschauspieler in sehr leichten Rollen („Charleys Tante“), und so weiter und so fort. Dass Freddy immer den Wunsch hatte, viele Seiten zu zeigen und nicht nur Schlager zu singen, war das Allerletzte, was die Branche von ihm erwartete. Auch ohne den Beifall der üblichen Bedenkenträger wurde aus ihm kein dünn flackerndes Licht im Showgeschäft. Sogar Anni-Frid Lyngstad („Abba") sang „Junge, komm bald wieder" in einer schwedischen Version: „Peter, kom tillbaka". Der Name Freddy Quinn zierte unterdessen Theaterplakate (sogar in London), der Künstler fühlte sich sichtlich wohl, wenn er eine Rolle außerhalb jeder Quinn-Schublade spielen durfte, so den kauzigen Westernhelden Sam Hawkens bei den „Karl-May-Festspielen“ in Bad Segeberg oder den US-General Clark in dem Film „Die wilden Fünfziger“ (Regie: Peter Zadek).

Natürlich sang Freddy Quinn weiterhin seine Gassenhauer bei Tourneen durch Europa, Amerika, Asien, Afrika, Australien, aber die Hallen wurden in der Heimat deutlich kleiner, so trat er nicht mehr in der Dortmunder „Westfalenhalle" (11.000 Plätze) auf, sondern gastierte vor 950 begeisterten Fans im ausverkauften „Heinz-Hilpert-Theater“ im benachbarten Lünen. Stets reiste er mit großem Orchester – völlig egal, dass zuletzt die ausgezeichneten Musiker aus Warschau stammten. Beim Chor dagegen war deutlich zu merken, dass Deutsch eine schwere Fremdsprache ist. Den größten Beifall in den Konzerten gab es stets für seine Evergreens, da war Freddy der „Schuhanzieher" für das Kopfkino seines Publikums, bei neuen Songs wie „Ich brauche Dich" war der Beifall nur höflich, auf „Ein Mädchen und ein Matrose" oder „Im Supermarkt gleich nebenan" hatte der Plattenmillionär lieber gleich verzichtet.

Apropos Gesang: Seine alten Hits hat er in den 1990-Jahren nochmal aufgenommen, doch die Titel (wie die meisten seiner englischsprachigen Aufnahmen) klangen sehr distanziert, es fehlte die sog. emotionale Nähe, die früher seine Platten ausgezeichnet und zu Bestsellern gemacht hatte.

In Interviews und persönlichen Gesprächen hat er meistens nur von sich gesprochen, er ist ein kleiner Egozentriker gewesen – wie es alle richtigen Künstler nun mal sind.  Stets wirkte er auch mürrisch, und man konnte merken, dass er nicht glücklich war mit der Kunstfigur, die Manager, Plattenfirma und wohl er selbst aus ihn gemacht hatten.

Am 16. Januar 2008 verstarb seine Dauerfreundin Lilli Blessmann. Danach zog er sich fast völlig von der Öffentlichkeit zurück. Er schien wieder der Schatten zu sein, der einst in den 1950-er Jahren in Hamburg aus dem Nichts aufgetaucht war und jetzt spurlos verschwand. Die letzten Fotos, die heimlich gemacht wurden, irritieren einige Fans: Früher hatte er viel Wert auf seine Kleidung gelegt und sogar Maßhemden getragen, auf den aktuellen Bildern wirkt er dagegen wie ein schwergewichtiger Tramp.

Möglicherweise stimmen sogar die sog. Enthüllungsgeschichten, eventuell ist auch die Kindheit in Amerika eine Erfindung – aber diese eingestürzten Denkmäler lassen sofort den Menschen in die Nähe einer Filmfigur von Hans Albers rücken. Aber wir kennen nicht die psychologischen Gründe für diese Fassade. Die Bilanz seines widersprüchligen Lebens: Seine Kunst verdient Respekt – und braucht keine Fantasiestorys.

Wie unterscheidet nun Freddy Quinn von einem talentierten Weltstar?

Eigentlich nur durch die Schreibweise.

Am 27. September feiert Freddy Quinn seinen 85. Geburtstag.

Alf Rolla – Mit freundlicher Abdruckgenehmigung

http://www.freddy-quinn-archiv.at/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen.

62 + = 67

Diese Webseite benutzt Cookies. Aktuell sind Cookies, die nicht essentiell für den Betrieb dieser Seite nötig sind, blockiert. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind nur auf essentielle Cookies eingestellt. Um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. essentielle Cookies: PHP Session - Dieses Cookie ist nötig für die Funktion der Seite um wichtige Informationen an folgende Seiten weiterzugeben. nicht essentielle Cookies - Der Seitenbetreiber hat diese Cookies genehmigt, Sie sind sie jedoch deaktiviert: YOUTUBE-Videos - Beim Einblenden der Youtube-Videos werden Cookies von Youtube/Google als auch deren Partner eingebunden. Youtube und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Videos und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf https://policies.google.com/privacy?hl=de näher beschrieben wird. Spotify-Playlist - Beim Einblenden der Spotify Playliste werden Cookies von Spotify als auch deren Partner eingebunden. Spotify und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Playlist und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf spotify.de näher beschrieben wird.

Schließen