FRANK WESTEN
Die 'Download-CD' "Seine größten Hits 1965 – 1975" im Test von Holger Stürenburg!

Der Hamburger Musikjournalist bringt uns die Titel des Sängers, der 1999 im Alter von nur 55 Jahren verstorben ist und von dem man bis vor einigen Tagen keinerlei biografischen Daten finden konnte, näher…: 

FRANK WESTEN… wer ist Frank Westen? Als vor einigen Wochen dieser Name auf Smago.de (vermutlich) erstmals seit Bestehen des Internetportals überhaupt auftauchte, wusste kaum einer der Leserinnen und Leser dieser Netzseite, ihn in irgendeiner Weise einzuordnen

Das im westfälischen Frechen ansässige Label POPCORN, das dem Musikverlag MINERVA zugehörig ist, hatte angekündigt, am 17. Oktober d.J. ein vollständiges Album eines Künstlers mit eben diesem Namen Frank Westen im Download-Verfahren zu veröffentlichen. Hierauf würden „Seine größten Hits von 1965 – 1975“ berücksichtigt und zum ersten Male insgemein in digitaler Form zugänglich.

Bestenfalls der für die Dekadenwende 60er/70er zeittypische Ulk-Schlager „Heiße Höschen“ mag den ganz extremen und hochgradig informierten Schlagerfanatikern unter uns ein Begriff als ein zumindest kleiner Erfolgstitel dieses mysteriösen Sängers gewesen sein. Ich selbst gestehe ein, irgendwann mal im Laufe der Jahre höchstens ganz am Rande auf diesen poppigen Schabernack gestoßen zu sein, ohne mich näher darauf eingelassen zu haben. Naja, klassischer Früh-70er-Trash, werde ich mir gedacht haben – und schon war die peppig aufbereitete Ode auf die ‚feurigen Slips‘ wiederum meinem Gedächtnis entschwoben. Doch bei der Redaktion von Smago.de war die Veröffentlichung von „Frank Westen – Seine größten Hits 1965 – 1975“ sogleich auf immense Wissbegier gestoßen. Obwohl diesen Sänger zuvor wohl auch kaum besonders ausgiebig wahrgenommen habend, begab sich SMAGO-Chefredakteur Andy Tichler sogleich auf die Suche nach dem weiteren Wirken und Weben des rätselhaften Frank W.

Gemeinsam mit smago!-Intensivleser und Udo-Jürgens-Experten Stephan Imming und dessen Bekannten Jürgen Elberding, gelang es Andy Tichler im Zuge der vergangenen vier Wochen, die wichtigsten Stationen des Lebenslaufs des 1999 im Alter von nur 55 Jahren verstorbenen Kurzzeit-Schlagerstars zu eruieren und für seine Leserschaft nachzuzeichnen. All dies wurde daraufhin zusammengetragen und auf dieser Seite bereits ausführlich behandelt (siehe HIER, HIER, und HIER). Nun soll es deshalb vielmehr an der Zeit sein, sich einmal intensiver mit dem musikalischen – wie man neudeutsch so schaurig sagt – ‚Output‘ des bisherigen Autoverkäufers bei einem Hagener OPEL-Händler zu beschäftigen, der mit bürgerlichem Namen Franz Berkenkopf hieß und drei Kinder hatte.

Silke Volgmann, die Tochter von dessen Entdecker und Mentor Rudi von der Dovenmühle (+ 2000) und seiner Gattin Margot Böhm (+ 1997), führt jedenfalls seit dem Millennium den von ihren Eltern bereits 1951 gegründeten Musikverlag MINERVA bis heute weiter fort und hatte sich kürzlich dazu entschlossen, da sie all diese Lieder „in meiner Kindheit begleitet haben“ (Zitat), ebendiese 17 Produktionen, die ihr Vater Rudi von der Dovenmühle – der sich als Songschreiber auch mal „Rudi Lindt“ nannte -, in den 60er und 70er Jahren mit Frank Westen aufgenommen hatte, zu remastern und nun in Form einer Download-CD dem zeitgeschichtlich interessierten Schlagerfreund zugänglich zu machen. Und genau mit dieser möchte ich mich nun näher auseinandersetzen!

Wenn Frank Westen, wie Smago.de herausgefunden hat, am 08. November 1943 geboren wurde und er 1965 seine ersten Lieder für MINERVA Music einspielte, muss er zu diesem Zeitpunkt 21/22 Jahre alt gewesen sein. Damals, Mitte der 60er, wurde die einheimische Schlagerszene, bedrängt vom britischen Beat der „Rolling Stones“, der „Kinks“, der „Who“ und natürlich der ‚Fab Four‘, in erster Linie von Roy Black, Drafi Deutscher, Udo Jürgens, Graham Bonney, Peter Beil oder Peter Alexander vertreten, selbst wenn es die traditionelle deutschsprachige Leichte Muse in jenen Jahren auch in der Heimat ob der internationalen Übermacht nicht immer einfach hatte.

Und genau in diesem stilistischen Rahmen fanden sich seinerzeit ebenso die ersten musikalischen Gehversuche von Frank Westen ein. Fast alle wurden von Rudi von der Dovenmühle alias „Rudi Lindt“ – oft auch unter dessen Neben-Pseudonymen „Roman Horn“ oder „Peter Posel“ – und Nils Nobach (häufig als „Peter Stroem“ auftretend) bzw. manchmal sogar unter dem gemeinsamen Künstlernamen „Susan Westen“ geschrieben und trafen hinsichtlich ihrer musikalischen Aufmachung durchaus detailliert den klanglichen (Schlager-)Zeitgeist jener wilden Tage um 1968 herum. Die mal heißblütige, mal wehmütige Intonation durch den fraglos äußerst stimmstarken Frank Westen, dessen Liedbeiträge sämtlich bei der zu jener Zeit in Frankfurt/Main ansässigen Plattenfirma CBS (heute: SONY) veröffentlicht wurden, hätte eigentlich zusätzlich jederzeit dafür sorgen müssen, dass sich der damalige Mitt-20er stehenden Fußes im einheimischen Popgeschehen konstruktiv einfinden möge – aber es hat leider nicht sollen sein.

Trotzdem sei es Popcorn/MINERVA und deren Eignerin Silke Volgmann sehr zu danken, diese ultrararen Schlagerperlen von vor 40, 50 Jahren nochmals ausgegraben, klanglich auf heutigen Stand gebracht zu haben, und nun dem interessierten – gerne auch erstaunten – Schlagerfreund als Download-CD aufzubereiten.

Da wären natürlich zunächst die legendären, zumindest manchen von uns alle Mal geläufigen „Heißen Höschen“, eine fette, launige Fetenhymne, die sicherlich in Nuancen auf der einstigen „Sex-Welle“ mit all ihren fragwürdigen Lederhosen- und Oswalt-Kolle-Streifen mitschwimmen wollte, in puncto Umsetzung auf einem ebenso zeitnah ausgewählten, stampfenden Marsch-Rhythmus a la „Schöne Maid“ (Tony Marshall) oder „To whom it may concern“ bzw. „Yesterday Man“ (Chris Andrews) basierte, und in der so skurrilen, wie betörend punktgenauen Aussage gipfelte: „Heiße Höschen / sind nichts für Mauerblümchen / und Mimöschen“.

Als B-Seite dieses einzigen realen ‚Halb-Hits‘ des Hagener Opelmannes, fungierte die fetzige, von führenden Gitarrenwällen, die unüberhörbar von Tommy Roe’s 1962er-Evergreen „Little Sheila“ beeinflusst, wenn nicht gar übernommen worden waren, beherrschte Beat-Schlager „Linda, little Linda“, dessen Refrain mit der etwas kurios anmutenden, sprachlich a little bit holprigen Textzeile „Heute siehst Du black / morgen bist Du drüber weg“ aufwartete.

Gleichsam im offensiven, britisch inspirierten Beat-Kontext verblieb die ebenfalls 1971 ersterschienene, heißverliebte Aufforderung zum gemeinsamen ‚Streifzug durch die Stadt‘ „Hallo Sabine“, während das laute, bläser- und streicherverstärkte Monumental-Epos „Das kommt immer wieder vor“, komponiert von dem italienischen Songschreiber Franco Cassano, deutsch betextet natürlich von Rudi Lindt, hintergründig mit psychedelischen Elementen experimentierte.

Stampfenden Pop-Beat in prägnantester Ausführung gibt’s auch in „Buona Sera. Angela“ (1972, erinnert nachdrücklich an den 1970er-Tophit „Mademoiselle Ninette“ der „Southful Dynamics“), dem knackigen Lobgesang auf die mutmaßlich ‚schöne Maid‘ „Marianne“, dem inhaltlich ähnlich ausgestalteten, vor Hingerissenheit über das besungene Mädel nur so übersprudelnden Ausruf „Du bist ein Engel, Babett“ oder dem stetig lebensfrohe Kurzweiligkeit und gleißenden Optimismus verbreitenden Fetenkracher „Meine große Liebe“ zu hören.

Ebenfalls 1971 kam die CBS-Single „Schätzchen, gib Küsschen“ auf den Markt, ein fröhlicher, munterer, latent rock’n‘rolliger Partyschlager mit verstärkenden Chören, drallen Bläsern und ein bisschen zickigem Herumgeflöte, klanglich irgendwo in der Nähe der deftigen „Mein Schatz, Du bist ne Wucht“-Spaßigkeit eines Chris Roberts. In diesem temperamentvollen, überdrehten Flair ertönt auch der muntere Ohrwurm „Wo Liebe ist, kommt Liebe dazu“, der von Aufbau und Interpretation sehr deutlich an zeitgleich vorgelegte Gassenhauer von Roy Black (vgl. „Ich hab geträumt, das Glück kam heut‘ zu mir“ oder „Für dich allein (Du kannst nicht alles haben)“) gemahnt.

Doch der charmante Schlagerbarde aus dem ‚Tor zum Sauerland‘ konnte auch anders: „Heute seh‘ ich Nathalie“ verbreitet wiegend-schwelgende Glückseligkeit und Vorfreude auf das baldige Wiedertreffen einer süßen Maus, das gedämpfte „Auf der Bühne der Liebe“ dagegen trägt zutiefst sentimentale Sehnsucht und Melancholie in sich. Klassischen, teutonischen Liebesschlager der mittleren 60er Jahre zelebrierte Frank Westen, vom Ambiente her dem jungen Rex Gildo nicht unähnlich, im großspurig arrangierten Kompaktchanson „Lieben kann man nur zu Zwei ‘n“ (1965), immerhin eine widerspruchsfrei zutreffende These, die Kollege Max Raabe rund 45 Jahre später mittels seines ironischen Couplets „Küssen kann man nicht alleine“ erneut verifizierte!

„Das ist der Anfang unserer Liebe“ (1965) und „Wann“ (1969) sind und bleiben hochmelodische, mal schwärmerische, mal gewollt dramatische Gefühlsausbrüche in zeitgemäßer musikalischer Schlager-Verkleidung, permanente Lebensfreude und junges Liebesglück verstrahlt schlussendlich der rasante, humorvolle Country-Fetzer „Mir kommt kein Handwerker ins Haus“.

Als mein persönlicher Favorit aus vorliegender Liedsammlung hat sich recht bald „Rom bei Nacht“ herauskristallisiert. Dabei handelt es sich um einen feudalen, liebevoll swingenden, schwebend-verträumten Abendspaziergang durch die ‚Ewige Stadt‘, laut und treibend arrangiert in kraftvollem, feisten Big-Band-Sound, der den internationalen Vergleich (Perry Como, Pat Boone, „Rat Pack“ etc.) keinesfalls zu scheuen braucht.

Warum es mit dem künstlerischen Aufstieg des Frank Westen nie so recht funktioniert hat, weshalb er sich, neben den Altstars jener Ära, von Rex Gildo bis Roy Black, niemals durchsetzen oder gar gleichwertig etablieren konnte, vermag in Anbetracht dieser geballten Sangeskraft des Interpreten, verbunden mit den nahezu durchgehend äußerst ansprechenden Kompositionen von Rudi von der Dovenmühle (und seiner zig Alter Egos) schon sehr verwundern. Sein Entdecker war damals, aufgrund seiner unvergesslichen Kompositionen „Ich will ´nen Cowboy als Mann“ (1963, für Gitte Haenning) oder „Liechtensteiner Polka“ (1957, für Will Glahe), in aller Munde und stand landauf, landab für handwerklich gut gemachtes, eingängiges deutsches Schlagerliedgut; der junge Frank verfügte über eine starke, einprägsame Stimme, sah zudem auch noch gut aus und konnte somit gleichsam optisch einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. So bleibt die Verwunderung darüber bestehen, warum auch immer Frank Westen und sein Werk in den letzten Jahrzehnten so vollkommen dem Vergessen anheimgefallen waren.

Doch dank der peniblen Kleinarbeit von MINERVA-Chefin Silke Volgmann ist es nun möglich, sowohl den aufnahmebereiten Zeitgenossen, die in 50er und 60er Jahren groß geworden sind, als auch nachgeborenen Schlagerfans, die sich immer wieder gerne mal die guten, alten Evergreens und Allzeit-Klopfer jener Tage, sei es von Rex Gildo, Roy Black, Michael Holm, Peter Alexander, Chris Roberts und so weiter und sofort, zu Gemüte führen, dazu abfeiern oder einfach nur entspannen wollen, sich mit dem absolut entdeckungswürdigen, jederzeit aufmunternden und mitreißenden Schaffen des viel zu früh verstorbenen Frank Westen vertraut zu machen.

Und vielleicht gibt es ja irgendwo in der weiten BR Deutschland den einen oder anderen mutigen, offenen und erkundungswilligen Discjockey, der für seine nächste Schlagerparty etwas stilistisch zwar zweifelsfrei Passendes, aber darüber hinaus noch völlig Unbekanntes sucht, mit dem er auch und gerade die jüngeren Besucher seiner ‚Events‘ in schnelle Begeisterung versetzen und zum wilden, ausgelassenen Feiern animieren kann. Nicht wenige der hier vorgestellten Schmankerl von Frank Westen sind auch und besonders für diesen Zweck mehr als nur vortrefflich geeignet – und gerade „Heiße Höschen“ weist doch letztlich alles das auf, was einen zünftigen Kultschlager mit Wiedererkennungswert ausmachen sollte!

Holger Stürenburg, 07./08. November 2014
www.minerva-music.de

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