PETER DRECKMANN
“Wen lässt man gerne am Samstagabend in sein Wohnzimmer?”: MDR-Unterhaltungschef Peter Dreckmann im Exklusiv-Interview*!

  • * = Mit freundlicher Genehmigung der STADLPOST druckt smago! exklusiv diejenigen Interview-Passagen ab, die “nicht mehr ins Heft gepasst” haben …:

 

 

In der aktuellen STADLPOST verrät MDR-Unterhaltungschef Peter Dreckmann u. a., wie man eigentlich MDR-Unterhaltungschef wird, was genau die Aufgabe eines Unterhaltungsshows ist, ob er nicht die Gefahr einer eventuellen “Übersättigung” des “Schlagerboooms” sieht, ob es neue Pläne mit Maximilian Arland gibt und welches der bislang plumpeste Bestechungsversuch war, dem er sich bislang ausgesetzt sah. Das Interview mit Peter Dreckmann wurde von STADLPOST-Redakteur und smago! Chefredakteur Andy Tichler geführt.

Mit freundlicher Genehmigung der STADLPOST veröffentlicht smago! anbei die Interview-Passagen, die nicht mehr auf die Doppelseite im aktuellen STADLPOST Magazin (#1/2019) gepasst haben. (EINE Frage und EINE Antwort, die smago! hier mit abdruckt,  ist auch in der STADLPOST nachzulesen. Die Veröffentlichung erfolgt mit ausdrücklicher Erlaubnis der STADLPOST.)

 

Lieber Herr Dreckmann, die Unterhaltungssendungen im MDR FERNSEHEN erzielen Top-Quoten, alle sprechen vom „Schlagerbooom“. Warum spiegelt sich diese Entwicklung in keiner Weise bei den Radiostationen wider, ganz speziell beim MDR?

Als ich vor sechseinhalb Jahren begonnen habe, als Unterhaltungschef zu arbeiten, gab es eine Menge externe Berater, die mir gesagt haben „setze bloß nicht auf Schlager. Der ist total out und kein Mensch will das noch hören.“ Das war in der Zeit, als viele TV- und Radio-Sender ihre Programme umgestellt und sich von Schlager-Sendungen verabschiedet haben. Ich habe das von Anfang an anders gesehen. Nur weil Programmentscheider und Berater der Meinung sind, „der Schlager ist out“, muss das draußen bei den Menschen noch lange nicht der Fall sein. Es gab schon immer eine große Sehnsucht nach dieser Art von Musik und das wird auch so bleiben. Wir haben damals in vielen unserer Musiksendungen sehr konsequent auf diese Musikfarbe gesetzt und der Erfolg hat uns recht gegeben. Unsere Strategie ist aufgegangen und glaube schon, dass der MDR einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, dass der Schlager mittlerweile wieder boomt. Das gilt auch für den Hörfunk. Der MDR hat mit der „MDR-Schlagerwelt“ wieder einen Hörfunksender, der Schlagermusik spielt, gleiches gilt beispielsweise für den NDR oder den BR. Und auch einige Privatradios haben den Schlager wieder für sich entdeckt. Ich bin mir sicher, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Vielleicht brauchte es einfach mal ein bisschen frischen Wind in diesem Genre und für den hat der MDR mit seinen ganz unterschiedlichen Schlagerformaten im TV gesorgt.

Was sagen SIE zu der „Kritik“, dass „immer die gleichen Künstler“ in den Silbereisen-Shows auftreten?

Bei unseren großen Shows am Samstagabend in der ARD bitten wir jedes Mal aufs Neue die Menschen daheim an den Fernsehgeräten darum, uns am Samstagabend in ihre Wohnzimmer zu lassen. Das ist kein ganz einfaches Unterfangen. Wen lässt man denn gerne am Samstagabend in sein Wohnzimmer? Doch wohl zunächst einmal die Menschen, die man kennt; Gesichter, die einem vertraut sind, mit denen man sich gerne umgibt. Und diese „Vertrauten“ können dann der Türöffner für andere Gesichter sein, für neue Menschen und neue Melodien, die dann nach einer gewissen Zeit wiederum zu Vertrauten werden. So konzipieren wir unsere Sendungen. Wir versuchen die optimale Mischung aus vertrauten und bekannten Künstlern und neuen Sängerinnen und Sängern zu finden, die dann irgendwann in die „Familie aufgenommen“ werden. Und das ist uns in den letzten Jahren ganz gut gelungen. Künstler wie Helene Fischer, Semino Rossi oder Beatrice Egli konnten so zu den Stars werden, die sie heute sind. Seit fast zwei Jahren „kümmern“ wir uns auf diese Weise um Ben Zucker. Und Ben ist mittlerweile zu einem echten Star geworden und ein gern gesehener Gast in den deutschen Wohnstuben.

Der Erfolg bei den Fernsehzuschauern gibt uns bei der Auswahl unserer Künstler, die wir in den Sendungen auftreten lassen, ebenfalls recht. Die „Feste“ mit Florian Silbereisen waren im vergangenen Jahr die erfolgreichste Showreihe im deutschen Fernsehen. Im Schnitt haben 5,6 Mio. Menschen unsere Shows in der ARD verfolgt. So viele wie bei keiner anderen Showreihe im deutschen Fernsehen.

Aber natürlich müssen wir immer weiter daran arbeiten, neue Gesichter aufzubauen und neue TV-Formate zu entwickeln, in denen wir jungen Künstlern eine Chance geben. Im vergangenen Jahr haben wir mit der MDR-Sendung „Wer singt beim Schlagerbooom“ ein sehr vielversprechendes neues TV-Format ausprobiert, in dem junge Künstler eine tolle Fläche in der Primetime am Freitagabend bekommen, um sich zu präsentieren.

Es KÖNNTE MÖGLICH SEIN, dass Carmen Nebels Vertrag beim ZDF Ende 2019 ausläuft. Besteht nicht die Gefahr, dass Florian Silbereisen dann zum ZDF wechselt?

Ich glaube das Florian für sehr viele Sender in Deutschland interessant ist. Und dieses Interesse hat er sich hart erarbeitet und mehr als verdient. Fakt ist aber, dass wir seit Jahren gut zusammenarbeiten und das auch in Zukunft tun werden.

Woher rührt Ihre Schlager-Affinität?

Ich glaube daran sind meine Eltern und später einige meiner Schulfreunde nicht ganz unschuldig.

Was waren Ihre ganz persönlichen Schlager-Highlights 2018?

Der “Schlagerbooom” aus der Dortmunder Westfalenhalle ist für mich jedes Jahr aufs Neue ein wirkliches Highlight. Es gibt im deutschsprachigen Raum keine größere, wertigere und schönere Musikshow und ich bin wahnsinnig stolz darauf, die Verantwortung für diese Show zu haben.

Das MDR FERNSEHEN hat einen ganz maßgeblichen Anteil an der Karriere von Helene Fischer. „Ärgert“ es Sie, dass Helene – von der „Goldenen Henne“ vielleicht einmal abgesehen – prinzipiell nicht mehr in „Dritten Programmen“ auftritt?

Nein! Helene weiß, was sie dem MDR zu verdanken hat und der MDR weiß, was er ihr zu verdanken hat. Ich freue mich, wenn wir die erfolgreichste Künstlerin Europas in unseren ARD-Shows zu Gast haben.

Ein Sänger wie BEN ZUCKER wäre einem vor einigen Jahren ins Gesicht gesprungen, wenn man seine Musik als „Schlager“ bezeichnet hätte. Wie erklären Sie sich, dass der Begriff „Schlager“ wieder salonfähig geworden ist?

Ich habe vor kurzem einen sehr spannenden Artikel in der „Zeit“ gelesen. Da ging es unter anderem um den Erfolg von Ben Zucker. Die Autorin dieses Artikels hat es für mich sehr gut auf den Punkt gebracht. „Während die Welt immer komplizierter erscheint, die Konflikte zunehmen und der Ton gesellschaftlicher Debatten rauer wird, zelebrieren tausende ganz unterschiedliche Menschen in riesigen Hallen ein Wir-Gefühl, das man andernorts in Deutschland so kaum findet.“

Ich glaube tatsächlich an die Kraft des Schlagers. Nicht nur im musikalischen, sondern auch im kommunikativen Sinn. Die größte Stärke des Schlagers ist es, Gemeinschaft zu erzeugen und diese Stärke spielt er in einer Zeit, in der Gemeinsinn immer mehr an Bedeutung zu verlieren scheint, besonders aus. Schlager ist für viele Menschen „cool“ geworden weil er sich gewandelt hat, modern und zeitgemäß geworden ist und gleichzeitig vordergründig aus der Zeit gefallen zu sein scheint, weil er nicht auf Ab- und Ausgrenzung setzt, sondern auf ein fast schon verloren geglaubtes Wir-Gefühl. Aber es gibt ein sehr großes Bedürfnis nach diesem Gefühl von Gemeinschaft.

Unsere Schlagershows sind tatsächlich zu so etwas wie einer gemeinschaftsbildenden Maßnahmen geworden. Und deshalb glaube ich, dass sie ein sehr wichtiger Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen Programmangebots sind.

Die von Maximilian Arland präsentierte Sendung „Musik auf dem Lande“ wurde – trotz zuletzt guter Quoten – eingestellt. Liegt das auch mit daran, dass die großen Shows wie „Schlagerbooom“ oder „Schlagerchampions“ immer kostspieliger werden?

Es ist so, dass unsere Shows in der ARD in den vergangenen Jahren immer größer und damit natürlich auch teurer und erfolgreicher geworden sind. Neben der Tatsache, dass wir beim Gesamtpublikum in Deutschland die erfolgreichste deutschsprachige Musikshow sind, ist es schon bemerkenswert, dass wir unseren Marktanteil in der Altersgruppe der 14-49jährigen in den sechs Jahren in denen ich jetzt Unterhaltungschef beim MDR bin, mehr als verdoppelt haben.  Dieser Erfolg hat natürlich etwas damit zu tun, dass wir kräftig in diese Showreihe investiert haben. Aber das tun wir nicht auf Kosten unserer Sendungen im MDR-Fernsehen. Vielmehr haben wir -neben dem ORF, der schon seit vielen Jahren als guter Partner an unserer Seite ist-  in den vergangenen Jahren immer mehr Partner ins Boot geholt haben, die uns finanziell und inhaltlich unterstützen. Der Bayrische Rundfunk ist uns zu einem sehr wichtigen Partner geworden, seit 2017 ist das Schweizer Fernsehen mit dabei und die ARD unterstützt uns finanziell ebenfalls sehr. Hinzu kommt, dass wir mit unseren Shows mittlerweile deutlich größere Hallen bespielen als früher und wir dementsprechend mehr Ticketeinnahmen für die Finanzierung der Shows zur Verfügung haben.

Aber natürlich ist es so, dass auch unsere finanziellen Ressourcen endlich sind. Wenn wir etwas Neues machen wollen, müssen wir uns von etwas altem trennen. So ist das leider und da muss man als Unterhaltungschef manchmal nicht so schöne Entscheidungen treffen. Wir wollten unbedingt wieder eine monatliche Schlagerhitparade im deutschen Fernsehen machen, weil wir der festen Überzeugung waren, dass die Millionen Schlagerfans in Deutschland eine solche Sendung gut annehmen würden und weil wir glauben, damit einen wichtigen inhaltlichen Impuls für die gesamte Schlagerszene in Deutschland geben zu können. „Die Schlager des Monats“ sind für uns also ein wichtiges Anliegen. Um das finanziell realisieren zu können, mussten wir jedoch eine andere Sendereihe streichen. Also mussten wir auf vier Sendungen „Musik aus dem Lande“ verzichten, um 12 Ausgaben von „Die Schlager des Monats“ möglich zu machen. Diese Sendereihe hat sich toll entwickelt. Alle acht Ausgaben haben im Schnitt bundesweit ein Millionenpublikum erreicht. Das ist ein sehr schöner Erfolg für das MDR-Fernsehen und für den deutschen Schlager.

Die Kollegen vom SWR Fernsehen haben mit der ersten Folge der Sendung „Schlager-Spaß mit Andy Borg“ einen riesengroßen Erfolg zu feiern. Warum haben SIE sich Andy Borg nicht geschnappt?

Ich schätze Andy Borg sehr und freue mich, wenn er in einer unserer Sendungen zu Gast ist. Aber wir haben für unsere Schlagersendungen sehr gute Moderatoren mit denen wir sehr gerne zusammenarbeiten.

Im vergangenen Jahr haben Sie Ihr 20-jähriges Jubiläum beim MDR gefeiert. Kann man sagen, dass 2018 auch IHR erfolgreichstes Jahr war?

Es war ein sehr schönes, spannendes, herausforderndes und sicherlich auch erfolgreiches Jahr. Hoffentlich wird 2019 auch so.

Wie entwickelt sich das Online-Portal www.meine-schlagerwelt.de?

Unser Online-Portal entwickelt sich prächtig. Wir erreichen immer mehr Schlagerfans im Netz und freuen uns sehr darüber, dass wir nun auch dort den Schlager feiern können.

 

 

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