ANDY BORG
CD-Kritik: Mit „Was Frauen träumen – Bekannte Oldies & große Schlagerhits“ erinnert er an die Glanzzeit des deutschen Schlagers!
Das neue Konzeptalbum von ANDY BORG enthält große Hits, aber auch echte Schlager-Geheimtipps!
Mit Songs wie „Adios Amor“, „Die berühmten drei Worte“, „Arrivederci Claire“ und „Sarah“ hat ANDY BORG selbst Schlagergeschichte geschrieben. Immer mal wieder veröffentlicht der Sänger und TV-Moderator aber auch Coversongs von anderen großen Stars des Schlagers, von denen viele auch bereits in seiner überaus beliebten Fernsehshow „Schlager-Spaß mit ANDY BORG“ vorgestellt worden sind. Nicht weniger als 20 Tracks finden sich auf dem Album 2022 von ANDY:
„Was Frauen träumen, ist töricht und schön – sie werden die Träume dir nie gestehen“ – das sind Zeilen, wie man sie heute so wohl nicht mehr singen würde, erst recht nicht in Kombination mit „das Ziel der Wünsche, das kennen nur sie“. In den 1960er Jahren entsprachen diese Texte dem Zeitgeist. Damals war es üblich, dass Schlagerstars auch in Filmen auftraten. PETER ALEXANDER sang seinen Top-15-Hit im Film „Hilfe, meine Braut klaut“. Schön, dass ANDY sich auch mal „Lieder, die im Schatten stehen“ aussucht.
Im Jahr 1959 war „Gitarren klingen leise durch die Nacht“ ein Hit – zunächst „in der Bestsellerliste der Ostzone“, wie der Musikmarkt zu berichten wusste. Interessant ist, dass dieser Song einer der ersten Erfolge des Medienmoguls HANS R. BEIERLEIN war, weil der den Schlager in seiner Edition Montana verlegte. Im Westen wurde der Titel in der Version von JIMMY MAKULIS zum großen Erfolg – der romantische Top-5-Hit passt aber auch wie die Faust auf’s Auge zur Stimme von ANDY BORG. Gleich in zwei Kinofilmen war der Song zu hören – im gleichnamigen Schlagerstreifen, der übrigens ursprünglich „Die schönsten Stunden meines Lebens“ heißen sollte und dann wegen des großen Hiterfolgs umbenannt wurde – und in der „Schlagerparade 1960“.
Ebenfalls im Jahr 1959 erreichte MELITTA BERG mit „Nur du, du, du allein“, der deutschen Version von „To Know Him Is To Love Him“, einen großen Erfolg. In den allerersten deutschen Charts der neuen Musikzeitschrift „Musikmarkt“ erreichte der Titel eine Top-5-Notiz. In ihrer neuen Biografie berichtet MARY ROOS darüber, dass MELITTA sehr fromm war und auf Tour den Busfahrer „zwang“, bei Kirchen anzuhalten. Da war selbst für die damaligen Größen wie TED HEROLD und PETER KRAUS nichts zu machen. – Nachdem selbst AMY WINEHOUSE den Song 2007 gecovert hat, gibt es eigentlich nur noch eine Steigerung: ANDY BORG, der schelmisch auch hier den Reiz des Verbotenen beschwört: „Heimlich(!) dich zu sehen, macht mein Leben schön“ – o la la…
Im Jahr 1962 landeten THE CASCADES mit „Rhythmn Of the Rain“ einen Riesenhit. Kurz darauf gab es auch eine deutsche Version von PETER BEIL („Einsam geh ich durch die dunkle Nacht“). Durch die deutsche Version von ANDY BORG hat sich aber für eine neuere deutsche Version entschieden – PETER KRAUS schrieb für sein 2007er Album „Vollgas!“ einen deutschen Text namens „Manchmal“, der gut zum Konzeptalbum von ANDY BORG passt – folglich entschied man sich für diese Version.
Bereits im Jahr 1958 hatte EARL GRANT einen Hit mit „The End“. Den Song hat er auch auf Deutsch aufgenommen: „Jeder Traum hat ein Ende“. Den deutschen Text schrieb BERT REISFELD. UDO JÜRGENS war einer der ersten ganz großen deutschsprachigen Stars, der diesen Song 1968 ins Repertoire aufgenommen hat – die BRAVO schrieb damals im Zusammenhang mit dem Titel von einem „immergrünen Welterfolg“. Namen wie ROLAND KAISER und TONY MARSHALL taten es ihm gleich – wer in der Reihe noch fehlte war ANDY BORG, dem dieser Song ausnehmend gut steht.
Es ist schon spannend, welche Schlager ANDY BORG aus der Schatzkiste ausgegraben hat. Bereits 1961 nahm CARLOS OTERO den Schlager „Weine keine Träne um mich, Bella Maria“ auf – im Sommer 1962 wurde die sehnsuchtsvoll-sentimentale Abschiedsballade dann zum Hit. Der Sänger aus Caracas eroberte mit diesem Lied die Schlagerherzen im Sturm und wurde bis 1967 vom legendären GERHARD MENDELSON produziert. Trotz des anspruchsvollen Arrangements schaffte der Titel es in die Top-20 der Charts – Grund genug, den Titel 60 Jahre nach dem großen Erfolg neu ins Programm zu nehmen – ANDY BORG hat damit eine weitere Perle des deutschen Schlagers ausgebuddelt.
Würde man heute einen Schlager namens „Ich hab‘ Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“ veröffentlichen, gäbe es vermutlich Vorwürfe der Reduzierung auf Äußerlichkeiten oder Alters-Anmaßung. Da es zum Glück vor 60 Jahren „Probleme“ dieser Art nicht gab, machte sich der sehr erfolgreiche damalige Moderator von „CAMILLOs Hitparade“ mit dem Lied „Ich hab‘ Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“ unsterblich. Ausgerechnet in dem Jahr wurde übrigens von der Fachzeitschrift „Münzautomat“ stark beachtete Kritik an dem Modus der Hitparade wach, die auch 1961 dann geändert wurde. Zehn Jahre später hat HEINO dann das Lied ebenfalls zum Erfolg geführt, indem er es zum ersten Song seines Albums „Liebe Mutter“ erkoren hat. Erneut reiht sich ANDY in eine Riege prominenter Namen ein.
Der Schwede LARS BERGHAGEN war in seiner Heimat seit 1968, 1972 drehte er seinen ersten erfolgreichenKinofilm. Kurios: In Deutschland setzten sich die Plattenbosse durch, dass er als „LARS“ seinen Song „Es war einmal eine Gitarre“ veröffentlichen sollte – die Rechnung ging auf, der romantische Titel wurde ein großer Hit – nicht nur in den Charts, auch in den Rundfunkhitparaden u. a. von FRANK ELSTNER und DIETER THOMAS HECK. Den Text dieses Liedes schrieb KURT FELTZ – eben jener KURT FELTZ, der auch „Adios Amor“ getextet hat – kein Wunder, dass ANDY BORG nicht widerstehen konnte, auch diesen Titel im Sound 2022 neu zu veröffentlichen.
Während ANDY BORG auf seinem aktuellen Album viele nicht ganz so bekannte Schlagerperlen neu aufgenommen hat, wählte er mit „Aber dich gibt’s nur einmal für dich“ einen der größten Wunschkonzert-Erfolge des gesamten letzten Jahrhunderts – ein Schlager, den noch heute die Spatzen von den Dächern pfeifen. Bereits 1965 wurde das Lied veröffentlicht. Zwei Jahre später schaffte der Schlager es in die Top-10 der österreichischen Charts – erstaunlicherweise ist das in Deutschland mit der Originalversion nie gelungen. Erst 2010 schaffte es ANDREAS MARTIN, den Titel doch noch in die deutschen Charts zu bringen – und nun, 12 Jahre später, sorgt ANDY BORG dafür, dass der Titel nicht in Vergessenheit gerät.
Im vergangenen Jahr ist der unvergessene „deutsche ELVIS“ TED HEROLD unter tragischen Umständen verstorben. Obwohl TED eigentlich ein toller Rock’n’Roll-Interpret war, schaffte er seinen größten Erfolg mit dem, was man gemeinhin eine „Schnulze“ nennt: „Moonlight“ (, wobei nebenbei bemerkt die B-Seite „1:0“ auch bärenstark war und vielleicht Anteil am Erfolg hatte). Wobei viele nicht wissen, dass in einer Auflage von 1,5 Mio. Stück das Warenhaus Hertie einen Song von TED HEROLD als Schallfolie veröffentlicht hat, den der mit der ehemaligen Ehefrau von LARS BERGHAGEN, LILL BABS, eingesungen hat – geschrieben von JOE MENKE. Aber zurück zu „Moonlight“ – ungewöhnlich: Getextet wurde der Song von einer Frau, was in der damaligen Männerdomäne der Schlagerautoren schon ungewöhnlich war – FINI BUSCH. ANDY BORG verleiht auch diesem Schlager seine persönliche Note, ohne dem Stück seinen Charakter zu nehmen – klasse!
Im Jahr 1966 war CLIFF RICHARD in Deutschland sehr populär – im März 1966 wurde ihm sogar eine Show gewidmet. In dieser Zeit wurde erstmals der Titel „Du bist mein erster Gedanke“ ein Hit, der übrigens von RALPH MARIA SIEGEL, dem Vater von RALPH SIEGEL, getextet wurde. Den Song verbindet man heutzutage aber wohl eher mit JULIO IGLESIAS, der zu Beginn der 1980er Jahre quasi schon zu Beginn der Neuen Deutschen Welle und in der Zeit, in der auch ANDY BORG groß wurde, mit diesem Schlager erfolgreich war.
Sehr witzig ist die Interpretation von ANDY, wenn er „Ich steh an der Bar und habe kein Geld“ mit ausländischem Akzent der Marke HOWARD CARPENDALE singt. Im Original stammt der Titel vom Belgier BOBBEJAAN (bürgerlich MODESTE SCHOEPEN), der auch für die Komposition der schneeweißen Haare zuständig zeichnet und vielseitig war: Der gelernte Schmied gründete in Belgien einen erfolgreichen Zirkus und machte den Bänkelgesang mit „Ich steh an der Bar“ wieder erfolgreich. Rückenwind bekam der Song durch einen englisch-belgischen Film („Café Zouder Bier“). Mit diesem Titel zeigt sich der verschmitzte ANDY BORG mal wieder von seiner humorvollen Seite.
Mit „Ich komm zurück nach Amarillo“, im Original von TONY CHRISTIE, den ROBERTO BLANCO in deutscher Sprache zum Hit gemacht hatte. ROBERTO war schon damals sehr populär. Im Sommer 1971 schloss er einen neuen Vertrag mit seiner Plattenfirma CBS ab, ließ sich mit dem damaligen Bundeskanzler WILLY BRANDT ablichten, nahm für Deutschland am Festival von Knokke teil – und landete mit „Amarillo“ einen amtlichen Hit. Jahrzehnte später holte der Meister GUILDO HORN den Titel aus dem Dornröschen-Schlaf – und nun hat ANDY BORG mit einer schönen neuen Version bewiesen, dass der über 50 Jahre alte Schlager nichts von seiner Strahlkraft verloren hat.
Ausgerechnet mit der deutschen Version eines ELVIS-Hits landete COSTA CORDALIS seinen ersten Hit: „Du hast ja Tränen in den Augen“, die deutsche Version von „Crying In the Chapel“ schaffte es auf Anhieb in die deutschen Singlecharts. Es war seine erste Veröffentlichung bei der Plattenfirma Bellaphon. Und siehe da: Anders als WOLFGANG SAUER, der das Lied schon vor ihm veröffentlicht hatte, gelang der Hit. Und auch ANDY BORG lässt es sich nicht nehmen, einen ELVIS-Hit im Programm zu haben.
Mit dem Namen GERHARD WENDLAND ist bis heute ein Schlager verbunden: „Tanze mit mir in den Morgen“. Vor 60 Jahren, genauer gesagt am 28. April 1962, gab es dafür eine Goldene Schallplatte – damals war das Kriterium dafür der Verkauf von unfassbaren 1 Mio. Tonträger – der „Mitternachts-Tango“ kam enorm gut beim Publikum an. Das weckte Begehrlichkeiten: Der Münchner Theoton-Verlag strengte einen Prozess an, weil man ein Plagiat des „Wendlinger Schrammelmarschs“ vermutet hatte – allerdings ohne Erfolg. Und so kann ANDY BORG völlig entspannt seine Version dieses unverwüstlichen Evergreens präsentieren.
Das kommt nicht alle Tage vor: Der Schlager-Spaß-Moderator kann auch auf Englisch singen, was er mit seiner Interpretation von „Ginny Come Lately“ eindrucksvoll beweist. Dabei hätte er durchaus auf deutsche Versionen zurückgreifen können – beispielsweise haben JAN & KJELD die deutsche Version „Ginny oh Ginny gesungen“ – und auch der Originalinterpret BRIAN HYLAND hat den Song in deutscher Sprache aufgenommen.
Die „17“ ist im Schlager eine magische Zahl – 17 Jahre alte Damen wurden sehr oft besungen. Einer der größten Erfolge dieser Reihe war natürlich der Klassiker von IVO ROBIC: „Mit 17 fängt das Leben erst an“, die deutsche Version des DRIFTERS-Hits „Save the Last Dance For Me“. Der „Vorgänger von BATA ILLIC“ war mit diesem Lied sehr erfolgreich – Grund genug für ANDY BORG, nach sechs Jahrzehnten an diesen Schlagerklassiker zu erinnern. Originell finden wir, dass dieser Song ausgerechnet Track Nummer 17 ist…
Den Namen DRAFI DEUTSCHER näher zu erläutern, hieße wohl Eulen nach Athen zu tragen. In den 1960er Jahren machte er als erster Schlagerstar Beatmusik mit deutschen Texten – und das kam sehr gut an. Neben DEM Über-Hit „Marmor, Stein und Eisen bricht“ hat ANDY auch die Lieder „Shake Hands“ und „Heute male ich dein Bild, Cindy Lou“ in ein schönes „DRAFI-DEUTSCHER-Medley gepackt.
Eine weitere Legende des deutschen Schlagers ist zweifelsohne BERND CLÜVER. Der landete zwei Nummer-1-Hits in einer Karriere. „Der kleine Prinz“ und „Der Junge mit der Mundharmonika“ wurden von ANDY zu einem „BERND-CLÜVER-Medley“ geschnürt.
Abgeschlossen wird die neue CD von ANDY BORG mit dem ältesten Schlager des Albums. „Rote Rosen, rote Lippen, roter Wein“ war DER Erfolgsschlager der Nachkriegsjahre. 30 Jahre vor ANDY BORG produzierte KURT FELTZ im Übrigen RENÉ CAROL, der vor 70 Jahren (die Tonaufnahmen fanden am 8. Juni 1952 in Köln statt) mit diesem unvergesslichen Schlager sehr erfolgreich war. 1954 gab es für den Schlager für 500.000 verkaufte Schallplatten Gold.
Mit „Was Frauen träumen“ sorgt ANDY BORG dafür, dass große deutsche Schlager vergangener Zeiten nicht in Vergessenheit geraten und verschafft den schönen Schlagern damit vielleicht sogar ein neues Publikum, so dass wir dem Künstler viel Erfolg mit seinem neuen Schlageralbum wünschen. (Was höchstwahrscheinlich jedoch gar nicht erforderlich, denn DIESE CD wird sich verkaufen wie geschnitten Brot …)
Textquelle: smago!