UDO JÜRGENS
smago! exklusiv vorab: Die Udo-Jürgens-Serie "Sein Leben – seine Erfolge"! Teil 5: "Jenny, oh Jenny"!
Ein weiterer Beitrag von René Jochade! Wir schreiben diesmal die Jahre 1959 + 1960…:
Auch privat hatte es im Leben des Jürgen Udo Bockelmann einige Veränderungen gegeben.
Nachdem ihn seine erste große Liebe Annelie so sang- und klanglos hatte sitzen lassen, lernte er im Jahre 1953 nach einer Theatervorstellung ein Mädchen namens Gitta kennen.
Brigitta Köhler, welche damals in Klagenfurt auf der Bühne stand, sollte für fünf Jahre Udos neue Geliebte werden. Während er – ganz offiziell – in der Wohnung von Gittas Eltern auf einem alten Bösendorfer Flügel vorspielen durfte, fanden die gemeinsamen Schäferstündchen im "Hotel Wienzeile" statt, einem Stundenhotel. Udo war damals 19 und damit noch nicht volljährig, also mußte dieses Versteckspiel notgedrungen durchgezogen werden – ein Umstand, welcher ihn oft verzweifeln ließ.
Die Verbindung hielt bis zum Jahre 1959.
Im Frühjahr, genauer gesagt am 12.03.1959 lernte Udo dann in einem Hot-Club, welcher im Münchner Augustiner-Keller seinen Sitz hatte, seine zukünftige Frau Panja kennen. Panja, welche eigentlich Erika Meier hieß und Fotomodell war, hatte es Udo vom ersten Moment an angetan. Von jenem Tag an waren Udo und Panja unzertrennlich.
Ein Foto von Panja, welches Gitta zufällig in Udos Tasche fand, besiegelte gleichzeitig das Aus für dessen zweite große Liebe…
Nach Udos großer Rußland Tournee mit Max Greger zogen Udo und Panja zusammen. Udo hatte mit seinem Freund Frank Forster und dessen Frau Nora, welche dieser kurz zuvor kennen und lieben gelernt hatte, die untere Etage eines Hauses an der Emmeranmühle gemietet. Dort wohnte man nun also zu viert in einer Wohnung, in welcher es für Udo und Panja neben dem gemeinsamen Wohnraum nur eine winzige Schlafkammer mit einem Minibett gab – kein besonders "feudaler" Zustand…
Beruflich gab es für Udo Licht und Schatten. So schön und erfolgreich seine Band-Auftritte auch waren, seine Platten gehörten von den Verkaufszahlen her auch weiterhin nur dem Durchschnitt an.
Woran dies lag, vermochte niemand so recht zu sagen. Selbst das erste, von Udo Jürgens selbst komponierte und getextete Lied "Wann kommt die Liebe", welches die B-Seite der Single "Wir fahren, wir fahren…" zierte, brachte da keine Abhilfe.
Zuvor hatte man es noch mit einem Titel von Fred Bertelmann ("Der lachende Vagabund") versucht – B-Seite war Udos Filmschlager "Onkel Tom" aus "Die Beine von Dolores" – ebenfalls vergeblich.
Es folgten noch eine ganze Reihe weiterer Singles, ehe Udo dann im Juli 1959 zum Hauptlabel Polydor wechselte, allerdings nicht wegen steigenden Erfolgs, sondern ganz einfach deshalb, weil Heliodor seine Newcomer-Serie einstellte.
"Leg' die Knarre weg" war seine nächste Scheibe, ein Song, welchen im Original Johnny Cash geschrieben und interpretiert hatte – wieder kein Erfolg.
Es war zum Verzweifeln – Udo arbeitete mit hervorragenden Orchestern zusammen, sang nicht nur "Trallala"-Titel, sondern auch Songs, die in ihrer Urfassung durchaus erfolgreich waren, aber er kam einfach nicht an. Gesanglich gab es nicht das Geringste auszusetzen, aber trotz Werbung mit Schaufensterpappen, einer eigenen EP "Das ist Udo Jürgens" und zahlreichen Samplern, auf denen seine Aufnahmen zu hören waren, änderte sich dieser Zustand nicht. Ein allgemeiner Frust auf beiden Seiten war die logische Folge.
Zuvor stand Udo im Jahre 1958 noch ein zweites Mal vor der Filmkamera. Zu sehen war er in dem Film "Lilli, ein Mädchen aus der Großstadt". Udo war dort gewissermaßen bei der Geburt der "Barbie" mit dabei, denn die "Bild-Lilli", auf welcher der Film "Lilli, ein Mädchen aus der Großstadt" basiert, ist nichts anderes als der Vorgänger der weltbekannten Barbie-Puppe.
Zwei Lieder sang er dort: die Titelmelodie "Eine kleine Liebelei" sowie "Wo ist hier denn ein Mädel". Beide Songs wurden von Michael Jary komponiert, der Text stammt von Bruno Balz. Auf Single erschienen diesmal weder der eine, noch der andere Titel…
Nun aber weiter in der Chronologie:
Nach seiner Rückkehr aus Moskau befanden sich Udo Jürgens und sein Freund Frank Forster also wieder auf dem harten Boden der Realität. Um dem Frust etwas auszuweichen und gleichzeitig Kraft für neue Augaben zu tanken, beschloß man, erst einmal richtig Urlaub zu machen. Aber es sollte kein gewöhnlicher Urlaub a la "bella italia" werden, oh nein!
Frank entsann sich der Einladung eines alten Freundes, welcher sein Urlaubsdomizil in Cannes an der französischen Riviera hatte. Sein Name: Friedrich-Karl Flick, angehender Erbe eines der größten deutschen Industrie-Imperien.
Bereits zu Ostern des Jahres 1959 hatte "Fritz-Karl", wie er von Frank Forster liebevoll genannt wurde, beide Freunde auf sein Jagdschloß "Rotman" in der Steiermark eingeladen. Dabei konnte Frank ihm zum erstenmal Udo Jürgens vorstellen.
Flick hatte ein Scheiben-Zielschießen für die beiden Waffen-Laien arrangiert. Von einer Holzhütte aus, welche sich auf einer Waldlichtung der Flickschen Besitzungen befand, wurde auf eine 100 Meter entfernte Scheibe geschossen. Während Frank erhebliche Mühe hatte, das Ding überhaupt zu treffen, landete Udo mit seinem großkalibrigen Neun-Millimeter-Gewehr einen Glückstreffer genau ins Schwarze. Damit war er ein für allemal in den Freundesbund aufgenommen.
Von nun an wurden viele Dinge als Trio unternommen. Jedesmal, wenn "Fritz-Karl" nach München kam, machten alle drei Freunde die Oktober-Wies'n unsicher. Und nun, im Spätsommer 1959, war es also mal wieder soweit. Diesmal traf man sich allerdings – wie bereits erwähnt – nicht in München, sondern in Cannes.
Zwar war zuerst etwas Streß angesagt, denn eine Millionärsparty (Aristoteles Onassis, Rubirosa) jagte die andere, aber dennoch blieb Flick ein netter, aufmerksamer Gastgeber für die Freunde. Und diese genossen ihren Urlaub: Wassersport war angesagt! Mit einem 400-PS-Außenborder, Marke "Riva Tretone", ging es hinaus aufs Mittelmeer.
Erholen tat sich das Trio anschließend regelmäßig in Feinschmeckerlokalen an der Cote d'Azur.
Da beiden Sängern sehr oft das nötige Kleingeld fehlte, half "Fritz-Karl" schon hin wieder mal diskret aus.
So kam es durchaus öfter vor, daß der eine oder andere Schein herübergeschoben wurde, aber Flick tat es gern und alle hatten ihren Spaß.
Nach Ende des Urlaubs war die Ausgangsposition bei Polydor allerdings immer noch die gleiche. So schleppen sich Udo und Frank mit spärlichen Engagements über den Winter.
Frank hatte in dieser Zeit versucht, mit einer Komposition, welche dem Leser sehr wohl bekannt sein dürfte, bei der Polydor vorstellig zu werden.
"Jenny", oh Jenny", jenes Lied, welches das Ergebnis Udo's erster USA-Reise war, widmete dieser zuerst seinem Freund Frank Forster. Das Probeband, welches Frank daraufhin anfertigen ließ, wurde allerdings von seinem Hamburger Polydor-Produzenten abgelehnt. Kurze Zeit später sollte der Titel für Udo der Startsong zum Weltruhm werden…
Im Sommer 1960 stand Udo Jürgens und Frank Forster dann wie aus heiterem Himmel eine Einladung ins Haus, das deutsche Team beim Nachwuchs-Schlagerfestival in Knokke zu vertreten. An eine Siegerchance glaubte indes niemand – beide Künstler wollten dort mehr aus Lust und Laune mitmachen. Je näher allerdings der Termin im belgischen Seebad rückte, um so nervöser wurde man, einen passenden Titel zu finden.
Frank erinnerte sich des "Jenny"-Songs und meinte, daß Udo ihn diesmal unter eigener Flügelbegleitung selbst singen müsse. Obwohl Udo zuerst noch zögerte, willigte er schließlich ein.
Ohne große Hoffnung, aber durchaus frohen Mutes nahmen dann die Frankfurter Jazz-Sängerin Inge Brandenburg, Hannelore Auer (heute Gattin des blonden Heino), Heinz Sagner sowie Frank Forster und Udo Jürgens den Kampf gegen die europäische Übermacht auf.
Das deutsche Fernsehen hielt es damals übrigens nicht einmal für nötig, diesen Wettstreit im TV zu übertragen – ein Umstand welcher später noch herbe Kritk einbringen sollte.
Das junge deutsche Quintett steigerte sich während der Veranstaltung von Runde zu Runde kontinuierlich.
Am zweiten Tag sangen sie gar die englische Vertretung an die Wand. Hannelore Auer und Heinz Sagner warfen zu ihrem Song "Zigarillos aus Havanna" mit Autogrammen gefüllte Pappzigarren in das Publikum. Frank Forster überzeugte auch ohne solche Einlagen mit seinem tiefen Bariton und Inge Brandenburg brillierte trotz zeitweise defekter Lautsprecher.
Dann kam Udo an die Reihe: "Jenny, oh Jenny" – von ihm selbst gesungen und am Klavier begleitet!
Damit gelang ihm auf Anhieb der erste Platz in der Einzelwertung.
Ein erstes kleines Wunder war geschehen, denn das englische Team, welches man hier bezwungen hatte, war mit niemand Geringerem als dem starken Mat Monroe angetreten.
Noch viel besser sollte es anschließend im Halbfinale gegen Frankreich laufen: Inge sang eine Jazzballade, daß ihr selbst die Tränen kamen. Heraus kam ein haushoher Sieg mit 40 Punkten. Die deutsche Sänger-Crew stand im Finale.
In der Nacht vom 28. auf den 29. Juli 1960 war es dann soweit. Im Casino von Knokke herrschte fiebernde Spannung, als man im Endkampf gegen die stimmgewaltigen Holländer Rita Reys, Willi Alberti und Corry Brokken antreten mußte.
Und die Deutschen spulten eine Show von internationalem Format ab. Heinz Segner mit "Sie war nicht älter als 16 Jahr", Hannelore Auer mit "Piccolo Bambino", Inge Brandenburg mit "Lover Man", Frank Forster mit "Jeder Tag geht zu Ende" und Udo Jürgens mit "Jenny, oh Jenny" schafften die Sensation: Mit 445 zu 421 Punkten konnte der erste internationale Festival-Erfolg für die deutsche Schlagerbranche nach dem zweiten Weltkrieg verbucht werden.
Man hatte ein ganz klein wenig Geschichte geschrieben, und für Udo Jürgens war dieser Erfolg ein neuer Hoffnungsschimmer.
Lesen Sie in der nächsten Folge: "Woher ich auch komm', wohin ich auch geh'"…
HIER geht's zur top-exklusiven Foto-Strecke "Songfestival Knokke 1960"!
Sehen Sie HIER das Video zu "Onkel Tom" (1957)!
Sehen Sie HIER das Video zu "Mirabella (Karneval, die ganze Welt will tanzen)"!
Sehen Sie HIER das Video zu "Eine kleine Liebelei"!
Sehen Sie HIER das Video zu "Wo ist denn hier ein Mädel"!
Foto-Credit: Dominik Beckmann
René Jochade
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