ROLAND KAISER
smago! Serie "Schlager-Rückblick "Vor 40 Jahren" – Teil 69: "Verde – frei, das heißt allein" – "Die Anfänge (1970-er Jahre)"!

Mit diesem Beitrag von Stephan Imming gratuliert smago! dem Schlager- und Pop-Kaiser auf das Allerherzlichste zu seinem 65. Geburtstag heute (10.05.2017)! 

Am 10. Mai 1952 wurde Ronald Keiler in Berlin geboren. Seine Mutter war ein 17-jähriges Mädchen, das ihn in der Nachkriegszeit nicht großziehen konnte und ihn deshalb in einem Körbchen vor einem Kinderheim, dem Waisenhaus Paul-Gerhardt-Stift in Berlin, aussetzte. Roland wurde deshalb in die Obhut einer aus Berlin-Wedding stammenden Pflegemutter (Ella Oertel) gegeben – einer Raumpflegerin, die damals schon über 50 Jahre alt war und damit für eine Adoption zu alt. Rückblickend charakterisierte Roland seine Pflegemutter in einem Interview mit dem Stern wie folgt: „Eine tolle Frau. Sie hat als Putzfrau gearbeitet, ihre Geradlinigkeit war großartig. Sie hat mir vermittelt, was wirklich wichtig ist: zu wissen was Recht, was Unrecht ist. Sie hat mich gelehrt, aufrecht zu gehen. Und nie nach unten zu treten.“ Seine leiblichen Eltern hat er nie kennengelernt; seine leibliche Mutter verstarb, als er 15 Jahre alt war.

Ronald machte nach Abschluss der mittleren Reife eine Lehre zum Einzelhandels- und Automobilkaufmann und arbeitete – nach einem Intermezzo als Telegrammbote bei der Berliner Post – später in der Werbeabteilung eines großen Berliner Autohauses. Nebenberuflich war er als Sänger tätig. 1974 lernte Roland beim Billardspiel Gerd Kämpfe kennen, den damaligen  Manager von Bernhard Brink und Randolph Rose. Ihm erzählte er, dass er auch singen könne (er meinte, das was die Kollegen können, könne er auch) und fragte ihn, ob nicht ein Probesingen möglich sei. Kämpfe vermittelte den Kontakt zur Berliner Plattenfirma Hansa – und tatsächlich wurde die erste Single produziert: „Was ist wohl aus ihr geworden?“, eine Art Country-Schnulze aus der Feder von Heino Petrik und Fred Jay. Immerhin 2.500 Exemplare gingen von der Debutsingle über die Ladentheke. Schon damals lag Roland Kaiser das erotische Thema gut. In seinem ersten veröffentlichten Song sinniert er darüber, was quasi aus einer früheren „Bettbekanntschaft“ geworden ist – man muss bedenken, dass es 1975 noch kein Facebook bzw. Internet gab…

Mit der zweiten Single probierte man sich an einem Coversong. Aus dem damaligen Hit von Freddy Fender „Before the Next Teardrop Falls“ machte René Marcard, die Frau von Kaisers damaligen Produzenten Thomas Meisel (bürgerlich hieß sie Renate Meisel) „Bevor die nächste Träne fällt“. Mit diesem Schlager hatte Roland seinen ersten großen TV-Auftritt: Er präsentierte den Song am 13. September 1975 in Ilja Richters ZDF-Show „Disco“. Die B-Seite der Single, „Halt das Glück mit beiden Händen“, ist eine der wenigen Kaiser-Nummern, die bis heute nie auf CD erschienen sind.

Auch die nächste Single ist eine deutsche Adaption eines internationalen Hits. Diesmal hat man sich des Klassikers „Amazing Grace“ bedient. Im Frühjahr 1976 hatte Lena Valaitis damit einen großen Hit mit ihrer A-Capella-Version des Liedes („Ein schöner Tag“). Roland Kaiser hat aus dem Titel eine Midtempo-Nummer im Reggae-Rhythmus gemacht, den Text verfassten Heino Petrik und René Marcard: „Eine Nacht, die ich nie mehr vergessen kann“. Am 13. März 1976 war dann ein historischer Moment: Roland durfte die Nummer in der ZDF-Hitparade vorstellen – im Gegensatz übrigens zu Lena Valaitis, deren „Ein schöner Tag“ nie in Hecks Kultshow zu hören war. Es sollte nicht Rolands letztes Gastspiel in der Berliner ZDF-Sendung werden – im Laufe der Jahre stieg er zum Hitparaden-König auf: Kein anderer Sänger war öfter in der Show eingeladen als er.

Der Berliner Norman Ascot (bürgerlich Wolfgang Pliveritz) schrieb mit dem damals sehr populären Textdichter Hans-Ulrich Weigel den Schlager „Jane, oh Jane“, der allerdings noch nicht zum Durchbruch führte. Im Laufe seiner Karriere brachte Roland übrigens zwei weitere Lieder über „Jane“ heraus – der Name hat es ihm offensichtlich angetan („Jane“ (1992) aus der CD „Verrückt nach Dir“, erschien sogar als Single und  „Jane“ aus der CD „Auf dem Weg zu Dir“ (1987)). Diese Namensähnlichkeit führt bisweilen zur Verwirrung – die rare „Jane, oh Jane“-Aufnahme ist beispielsweise auf dem 2009er CD-Sampler „Hits und Raritäten“ (entgegen der Angabe im Booklet) nicht zu finden, sondern die 1987er „Jane“-Aufnahme. Da der ganz große Erfolg auf sich warten ließ, gab Roland damals im Branchenblatt „Musikmarkt“ zu Protokoll: „Ich behalte meinen Job als Werbeleiter eines Autohauses in Berlin so lange, bis ich wirklich weiß, dass die Musik mich als schönste Sache der Welt auch ernähren kann.

Da auch „Jane“ Roland nicht wirklich zum endgültigen Durchbruch verhelfen konnte, probierte man es wieder mit einer Coverversion. Die Gebrüder Guido und Maurizio de Angelis, die später unter dem Namen Oliver Onions eine gute Karriere machten, brachten 1974 unter dem Namen „M & G Orchestra“ eine Instrumental-Single namens „Verde“ auf den Markt, die Eingangsmelodie einer italienischen TV-Dokumentation namens „Quaranta giorni die liberta“. Die Melodie gefiel dem Gitarrenspieler Hans Lingenfelder so gut, dass er sie unter dem Namen Ricky King 1976 neu aufnahm – heraus kam ein großer Hit. Der Textdichter Frank Thorsten schrieb einen deutschen Text auf die Nummer: „Frei, das heißt allein“ – damit hatte Roland Kaiser seinen Durchbruch. Die Single verkaufte sich ca. 200.000 Mal, erneut war er damit am 25. September 1976 in der ZDF-Hitparade vertreten und erreichte erstmals die Charts (Top-15). Kurz darauf wurde auch die erste gleichnamige Langspielplatte gleichen Namens veröffentlicht. Besonderes Schmankerl auf der Debut-LP Rolands („Verde – Frei, das heißt allein“) ist seine Version des Marianne-Rosenberg-Krachers „Karneval“, die in der zweiten Auflage der LP allerdings nicht mehr enthalten war – ebenfalls wurde übrigens Rolands Version des Jim Reeves-Hits „Adios Amigo“ der zweiten Auflage geopfert.

Stattdessen fand sich in der Neuauflage der LP die Nachfolge-Single für Roland, die der 1997 verstorbene Komponist Uli Roever mit dem renommierten Textdichter Fred Jay schieb: „Zieh mit dem Wind“. Trotz Auftritts am 14. Mai 1977 in der ZDF-Hitparade wurde die Ballade kein kommerzieller Erfolg.

Mit der nächsten Single gab es bei Roland Kaiser einen kleinen Stilwechsel – die nächste Nummer sollte ein für die 1970er Jahre typischer Mitklatsch-Schlager werden, der für Roland aber eher untypisch war. Bereits im Jahr 1960 entdeckte der Jazzmusiker Mr. Acker Bilk für sich ein kubanisches Folklorelied namens „Ba Moin En Ti Bu“. Aus diesem Lied zitierte er in seinem Hit „Fancy Pants“ („ausgefallene Unterhosen“). Einige Jahre später verpasste Richard Anthony der Melodie einen französischen Text („Tibo“) und hatte damit einen kleinen Hit. Schon damals, 1972, gab es dazu eine deutsche Version von Sigi Hoppe, nämlich „Singe mit, hallo!“. Vier Jahre später wurde das Lied erneut auf den Markt gebracht – diesmal wieder im kubanischen Stil mit dem Originaltext von der Formation La Compagnie Creole. Auf deren Single ist zu sehen, dass man sich auf eine volkstümliche Melodie beruft. Im Juli 1977 produzierte Thomas Meisel dann Rolands deutsche Version dieser Nummer mit dem Text seiner Frau René Marcard: „Sieben Fässer Wein“. Ursprünglich war der Titel für Rex Gildo vorgesehen – dar hatte aber aus Image-Gründen(!) abgelehnt. – Kurioserweise ist Norman Ascot als Komponist des Liedes auf der Single vermerkt, obwohl es sich klar um ein Traditional handelt. Am 29. Oktober 1977 stellte Roland diesen ersten Top-10-Hit in der ZDF-Hitparade vor und war 1978 drei weitere Male zu Gast in Dieter Thomas Hecks Show mit der Nummer – zu seinem Leidwesen. Kaiser ist heute der Meinung, dass dieser Schlager nicht zu ihm bzw. seinem sonstigen Werk passe… – wer mehr zur Geschichte dieses Songs wissen möchte, kann das HIER nachlesen …

Mit seinem zweiten Top-Hit im Gepäck erschien dann auch die zweite Langspielplatte Roland Kaisers: „Nicht eine Stunde tut mir leid“. Die Plattenfirma stellte damals fest: „Des Kaisers Stimme – Roland ist ungemein vielseitig. Als Autor, als Sänger… hören Sie sein neues Album“. Auch für die Frauenwelt war etwas dabei – der LP lag ein „Riesenposter“ bei. Spannend ist übrigens, dass der spätere Kaiser-Co-Autor Norbert Hammerschmidt die  Zeile für ein Lied verwendet hat, das er mit Freddy Quinn schrieb, der sein 1985er Album ebenfalls so nannte. – Trotz der Zugpferdnummer sind auf Rolands zweitem Album in erster Linie Balladen zu hören, wobei die Auswahl der Songautoren imposant ist – u. a. schrieb niemand geringerer als Howard Carpendale ihm (gemeinsam mit Joachim Horn-Bernges) den Titel „Ich bin keine Nummer mehr“. Bernd Rusinski, später selber recht erfolgreicher Schlagersänger, war Co-Autor des Songs „Kommt jetzt die Jahreszeit (der großen Einsamkeit)?“. Mit „Was hat er, das ich nicht hab“ und „Ich vermisse die hungrigen Jahre“ trat Kaiser auch erstmals selber als Textdichter in Erscheinung. Interessant ist auch der Name des Tonmeisters, der auf der LP vermerkt ist: Peter Wagner, der später Rolands langjähriger Produzent werden würde und es bis heute ist (bis zuletzt war Wagner auch Udo Jürgens‘ Produzent). Im März 2006 wurde die LP sogar im Rahmen der Aktion „Schlagerfrühling“ von der Ariola als CD neu aufgelegt.

Auch die nächste Nummer war ungewöhnlich. 1978 wurde in der ARD eine bis heute sehr bekannte Kinderserie namens „die Vorstadtkrokodile“ nach dem Buch von Max von der Grün ausgestrahlt. Titelmelodie der Serie war „Amada mia amore mio“ von „El Pasador“. Der Song wurde sehr populär, kam in Deutschland sogar in die Top-10. Textdichterin René Marcard hat dazu einen Text geschrieben – und damit für Roland Kaiser einen Text geschrieben, wie er für den selbst ernannten „Grand Signeur des deutschen Schlagers“ später sehr typisch werden sollte. Frivol-erotisch ging es da zur Sache –Kaiser bat seine Angebetete zunächst dringend: „Zieh Dich nicht aus, Amore mio“, offensichtlich war ihm seine damalige Liebschaft da etwas zu exhibitionistisch: „Der Knopf bleibt zu, Amore mio – gib endlich Ruh‘, Amore mio“… Während Roland zunächst noch ganz „ratlos“ ist, darf es zu Hause dann endlich zur Sache gehen: „Jetzt zieh Dich aus, Amore mio… das wird ein Spaß…“ – erstaunlich, dass ein derart sexistischer Text von einer Frau stammt… – Auch in Roland Kaisers deutscher Version wurde „Amore Mio“ ein großer Hit, es reichte zur Top-20. Im Frühsommer 1978 präsentierte der Kaiser seinen Song gleich drei Mal in der ZDF-Hitparade. In den späten 1990er Jahren sorgte Kult-Schlagerstar Dieter Thomas Kuhn für eine Wiederbelebung des Liedes, indem er es auf seiner Tournee sang und auch auf seiner Erfolgs-CD „Gold“ veröffentlichte. Das hat der dann übrigens Jahre später wieder vergessen, weil er in einem Interview leugnete, je einen Song von Roland Kaiser gecovert zu haben… Das ist umso imposanter, als er 2007 auch den Song „Manchmal möchte ich schon mit Dir“ aufgenommen hatte…

In dieser Zeit begann Roland Kaiser, auch für andere Sänger Texte zu schreiben. Beispielsweise ist er Co-Texter des Erfolgshits „Skateboard“ von Benny. Aber auch für Mary Roos („Heiß und kalt“),  Bernhard Brink („Dich vergess’ ich nie“), Tina York („Ich bin da“), Daniel David („Zieh Dir nicht die Jacke an!“) Dunja Rajter („Wie ein Kind“) und Nana Mouskouri („Schiffe, die sich nachts begegnen“) war er als Textdichter tätig.

Immer mehr Fans konnte Roland gewinnen – so tourte er 1978 durch 49 Städte mit der damaligen „Hitparaden-Tournee“. Auch seine Folge-Single „Wer sich selbst nur liebt“ stellte er im Februar und März 1979 wieder in der Berliner Kultshow vor. Frank Thorstens Text vertonte der damals sehr angesagte Joachim Heider, der später noch öfter als dessen Hitlieferant in Erscheinung trat. Gegen die Vorgängersongs fiel die etwas schwülstige Ballade, die sehr an den Kracher „Tornero“ erinnert, doch etwas ab – es reichte nicht für die Verkaufshitparade. Trotzdem hat die Schwedin Siw Inger den Titel 1979 in ihrem Heimatland in schwedischer Sprache veröffentlicht („Den som aldrig ger“).

Man besann sich der „Sieben Fässer Wein“ und veröffentlichte zeitnah einen Song im Samba-Rhythmus – und garnierte diesen mit einem schlüpfrigen Inhalt. Frank Thorsten schrieb einen deutschen Text zum Lied des Fußballers Marius Tresor („Sacre Marius“): „War das eine Nacht“. Am 30. April 1979 präsentierte Kaiser sein neues Lied in Ilja Richters ZDF-„Disco“. Auch damit konnte er aber nicht wirklich punkten, erstmals nach langer Zeit reichte es auch nicht für Hecks „Hitparade“.

Auf Tour ging Roland aber auch in jenem Jahr – 1979 war er im Sommer auf ausgedehnter Bäder-Tour. Das Branchenblatt „MusikInformationen“ bemerkte eine steile Aufwärtskurve in Sachen Live-Auftritte bei Roland: „Auch die Nachfrage nach Roland „Live“ stieg mit seinen Umsätzen. Waren es 1977 noch beachtliche 100 Auftritte, so stieg die Zahl der Live-Acts 1978 auf 140 und erreichte 1979 gar die Zahl 200“. Bei der 1979er Tour stellte er auch seinen neuesten, selbst getexteten Hit vor: „Schach matt“. Co-Autor des Liedes war Kollege G. G. Anderson unter seinem bürgerlichen Namen Gerd Grabowski. Nicht wenige sehen diesen Titel als einen von Kaisers stärksten Liedern überhaupt an – eine stimmige Melodie im damals populären Disco-Stil und ein überaus origineller Text, bei der metaphorisch die „Dame“ den Mann „Schachmatt“ setzt – oder anders gesagt: „Die Frau bringt mich um den Verstand!“. – „Des Kaisers neue Kleider“ zeigte er übrigens auch bei seinem Auftritt am 10. September 1979 in der ZDF-Hitparade. Mit seiner doch sehr engen Hose brachte er recht viele seiner insbesondere weiblichen Fans um besagten Verstand, zumal sein Hemd bis zur Bewusstlosigkeit aufgeknöpft war. –  Es reichte für einen Top-40-Hit.

(…)

Stephan Imming, 09.05.2017
http://www.ariola.de
http://www.roland-kaiser.de

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