"DAS PHÄNOMEN SCHLAGER"
"Das Phänomen Schlager" – Ein Gast-Kommentar von Musik-Journalist und Chart-Experte Frank Ehrlacher…

…zum momentanen Hype um den Schlager – und die Sorge, dass der auch nach hinten losgehen kann! 

Natürlich freue auch ich mich als bekennender Anhänger und Sympathisant des deutschen Schlagers über den Erfolg der vox-Doku "Das Phänomen Schlager" am vergangenen Samstag. Und nicht nur den der Doku: Der Sampler zur Sendung ist in diesen Tagen die meistverkaufte CD überhaupt auf dem deutschen Markt, Roland Kaiser wird mit "Warum hast Du nicht Nein gesagt" (auch wenn mir die Bemerkung gestattet sei, dass mein Freund und Kollege Götz von Sydow vor der Komposition ausgiebig Andrew Lloyd Webbers "Boyzone"-Hit "No Matter What" gehört haben mag ;-))  in dieser Woche voraussichtlich seinen ersten Top 50-Hit seit fast 30 Jahren landen (1986 erreichter er mit der Dieter Bohlen-Komposition "Midnight Lady"  Platz 16) und auch die Singles von "Wolkenfrei" und Helene Fischers "Atemlos" bekommen noch einmal chart-technischen Aufwind.

Und doch mischt sich dort hinein auch etwas Sorge, wenn ich höre, dass der Schlager allzu ausschweifend als "Phänomen" gesehen wird. Die Bedeutungen des Wortes "Phänomen" sind schon von der Etymologie her unterschiedlich. Aber auch der Duden nennt an erster Stelle als Synonym für Phänomen "Besonderheit" und "Merkwürdigkeit" – und so habe ich das etwas ungute Gefühl, viele könnten das "Phänomen Schlager" nur als (Zeit-)Erscheinung und als Mode-Trend sehen – der dann nach Abebben der Welle in ein paar Wochen wieder "uncool" ist. Ich würde den Schlager lieber als "ganz normale" Facette der Pop-Musik sehen – so wie es die Engländer auch halten, bei denen ein Cliff Richard mal Pop, mal Rock, mal "Schlager" – oder das, was wir als solches bezeichnen würden – singt. Oder wie es zur Erfolgszeit von "RTL Radio" in den 1970er und 1980er Jahren gang und gäbe war, als ABBA, Roy Black, Thin Lizzy, Peter Alexander und Status Quo gleichberechtigt nebeneinander gespielt wurden.

Und doch: Der erste Schritt ist wichtig, um dem Schlager zumindest wieder die Antipathie und Ablehnung zu nehmen, die ihm in den vergangenen Jahren (ich erinnere mich noch an die SWF 3-Kampagne Ende der 1980er Jahre: "Wir haben mit dem Schlager gebrochen, brechen Sie auch") entgegenschallte. Nicht jedem müssen die Amigos, Semino Rossi, Andrea Berg, Roland Kaiser oder Helene Fischer gleichermaßen gefallen – aber vielleicht ist für jeden etwas dabei – das fänd ich schon "phänomen-al" genug.

Frank Ehrlacher

https://www.facebook.com/frank.ehrlacher

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