JULIAN DAVID
“17 für die Ewigkeit”: Das große smago! Exklusiv-Interview mit Julian David!
smago! Chefredakteur Andy Tichler sprach mit dem Mensch gewordenen “Sonnenschein”
Ute Freudenberg singt gerade „Herzen kriegen keine Falten“. DU hast einen ähnlichen Song aufgenommen, der quasi ein Gegenpol ist zu „Du kannst nicht immer 17 sein“. Wenn man erst 29 ist, wünscht man sich tatsächlich, schon wieder 17 zu sein?
Bei mir geht es gar nicht um das Alter an sich. Also um keine definierte Zahl. Denn keine Zahl der Welt, kein Alter, kann einen Menschen beschreiben. Mir geht es darum, dass man die Unbeschwertheit, die man früher hatte und diese kindliche Naivität behält und auch mal sagt – „Jetzt bin ich zwar schon erwachsen, habe viel erlebt – aber das Träumen darf ich nicht vergessen.“
Hättest du nach Erscheinen des ersten Albums damit gerechnet, dass es fast vier Jahre bis zum zweiten Album dauern würde?
Ehrlich gesagt habe ich mit gar nichts gerechnet, denn solche Dinge sind nicht berechenbar. Ich mache das, was gerade aktuell ist, zu 100 Prozent. Das war in diesem Fall vier Jahre mein Debütalbum „Süchtig nach dir“. Die vier Jahre bis zum jetzigen Album hat es gebraucht. Für mich persönlich hat es sie gebraucht. Ich habe viele Dinge verstehen lernen müssen. Mich selbst unter anderem auch. Das man nicht alles immer mit Druck machen muss. Das mit dem ersten Erfolg nicht sofort der nächste kommen muss. Sich selbst krampfhaft immer neue Ziele zu setzen, ist nicht gesund und auch total unrealistisch. Man sollte auch einmal den Moment genießen und sich sagen: „Gut, dass ich das jetzt geschafft habe“ – und nicht sofort weiter rennen. Das war für mich extrem wichtig. Zeit lassen und mir selbst erlauben, dass es vier Jahre zwischen dem ersten und zweiten Album sein dürfen.
Ist bei „So viel zu leben“ der Andreas-Bourani-Fan mit dir durchgegangen?
Ja, ich liebe Andreas Bouranis Musik, das stimmt. Genau wie er wollte ich eine Hymne schaffen für alle, die optimistisch in die Welt schauen wollen. Wir haben so viel Negatives im Leben, man sieht das Positive viel zu selten. Auch das habe ich in den letzten vier Jahren gelernt – man muss nicht alles hinterfragen, auch wenn man gewisse Dinge nicht versteht. Einfach mal einen Haken dranmachen und sagen, es ist okay, es ist gut so, ich bin fein damit. Es gibt eben noch so viel zu leben – die Welt hat so viele Farben – geht raus, seid fröhlich und positiv – das war der Gedanke.
Deine letzten beiden Hit-Singles fehlen beide auf dem Album. Habt ihr die rechtlich nicht freigekriegt?
Die beiden letzten Hits sind auf der Deluxe-Edition des Albums drauf. Das war ein großer Wunsch von mir. Ich wollte meine Ansichten und meine Welt von vor vier Jahren mit meinen Themen von heute zeigen. Wer mich und meine Musik kennenlernen möchte, hat mit der Deluxe Variante die beste Möglichkeit. „Spektakulär“, „Wir sind nie allein“, „Mondlicht“ sind mit drauf und ich habe dafür gekämpft, dass ich meine Lieblingstitel vom ersten Album auch drauf packen kann für die, die mich damals noch nicht wahrgenommen haben – vielleicht ein bisschen abgeschreckt von meinem früheren, extremeren Look und der Machart von „Süchtig nach dir“. Nicht falsch verstehen, ich liebe dieses Album, aber die „Verpackung“ würde ich heute anders gestalten. Viele haben sich durch mein damaliges Auftreten vielleicht nicht angesprochen gefühlt.
Ein Lied, das besonders aus dem Rahmen fällt, ist „Kleiner Stern“. Wie lange habt ihr an der Nummer herumgeschraubt?
„Kleiner Stern“ sollte eine ganz einfache Botschaft, versteckt in einer einfachen Melodie werden. Die Fertigstellung des Songs ging dann tatsächlich über mehrere Wochen, denn manchmal sind die vermeintlich einfachsten Dinge die schwersten. In der Tat fällt „Kleiner Stern“ aus dem Rahmen und ist deswegen sehr besonders. Den Titel werde ich auch im Fernsehgarten vorstellen.
Von Nena gibt es einen Titel, der heißt „Berufsjugendlich“. Bei deinen Texten könnte man zum Teil auch meinen: Ist Julian David der neue „Berufsjugendliche“ der Schlagerszene?
Das besprechen wir dann, wenn ich in Nena‘s Alter gekommen bin (lacht). Aber da, wie vorhin schon besprochen, die Zahl an sich keine Rolle spielt, freue ich mich, dass man heute Generationen übergreifend singen kann. Wenn sich meine Oma gut und jung fühlt, wenn sie meine Lieder hört, habe ich alles richtig gemacht.
Gab es jemals die Überlegung seit der Solokarriere, doch lieber bei voXXclub geblieben zu sein?
Nein. Solche Fragen lasse ich gar nicht zu, denn sie führen zu nichts. Ich bin dankbar für die Zeit, die wir gemeinsam hatten. Alles, was ich jetzt erleben darf, basiert darauf was ich damals mit den Jungs aufgebaut habe. Und darauf bin ich stolz. Manchmal schließt sich eine Tür und eine neue geht auf. Und hinter dieser steckt ein neuer Weg, auf dem nicht immer alles direkt so aufgeht, wie man sich das vorstellt. Dann wäre es ja auch langweilig im Leben. Ich durfte und musste lernen, dass mich auch „Fehler“ weiterbringen. Jeder sogenannte Fehler auf diesem neuen Weg bisher war wichtig. Denn, und da gibt es ein passendes Sprichwort „Wer nicht am Abgrund stand, dem wachsen keine Flügel“ – genau so fühle ich mich gerade. Ich traue mich wieder, meine Flügel auszubreiten. Ich habe wieder bzw. immer noch Lust, Musik zu machen. Es gab in den vier Jahren auch den Moment, in dem ich mich gefragt habe, ob singen wirklich das ist, was ich überhaupt machen will. Ich hatte mich ein bisschen verloren und erst wieder finden müssen. Ich hatte eine Kunstfigur geschaffen, die sich zu der damaligen Zeit richtig anfühlte. Ich habe aber das Wesentliche aus den Augen verloren: Das sich die Menschen mit mir und meiner Musik auch wohlfühlen und identifizieren müssen. Das habe ich jetzt wieder gefunden und deshalb geht‘s „Ohne Limit“ nach vorne.
Gibt es einen „Alt-Schlagerstar“ wie beispielsweise Costa Cordalis, der dich besonders beeinflusst hat?
Ich finde sie alle besonders. Es ist wahnsinnig traurig, wenn so eine Legende – denn Costa Cordalis ist eine Schlagerlegende – geht. Weil er durch und durch Musiker und auch so ein toller Mensch war. Vor Jahren hatte ich einen Auftritt mit ihm. Er ist einer der Kollegen, der sich deinen Auftritt anschaut und danach zu dir kommt und sagt, er findet super, was ich mache. Das war absolut unerwartet und ist überhaupt nicht selbstverständlich. Fand ich große Klasse. Er hatte immer einen flotten Spruch auf den Lippen und Freude am Leben. Ich feiere all diese Legenden, wie auch Howard Carpendale und Roland Kaiser sehr und hoffe, dass wir lange verschont bleiben vor weiteren Nachrichten dieser Art, weil dann einfach etwas fehlt.
In der Branche heißt es: Wo Julian David auftaucht, da geht die Sonne auf. Wie hast du es geschafft, dein sonniges Gemüt zu behalten, der offen auf die Menschen zugeht und Menschenfreund bleibt? Dein Leben war ja nicht immer so ganz einfach?
Das hatte ich Gott sei Dank schon immer. Dazu muss ich mich nicht zwingen. Ich beschäftige mich gerne mit anderen und bin gesellig. Ich habe einfach unglaublich gerne eine gute Zeit mit Menschen. Ja, es war nicht immer alles einfach in meinem Leben – aber auch daraus muss man lernen, etwas Positives daraus zu ziehen. Du hast jeden Tag die Chance, dich zu entscheiden. Gehst du lieber mit einem Lächeln an den schönsten Moment des Tages ins Bett oder mit negativen Gedanken? Du gehst auf die Straße – es regnet, ein Auto spritzt dich mit Regenwasser voll – ist doch egal! Kleidung trocknet, du lebst und atmest. Ich glaube, man muss sich von negativen Impulsen frei machen, zu denen man heutzutage neigt. Sich zu beschweren ist teilweise einfacher, als das Gute in etwas zu sehen.
Du hast eine innige Beziehung zu deinem Bruder? Wie lässt sich die Beziehung beschreiben?
Mein Bruder Marco ist der große Bruder, den ich jedem nur wünschen kann. Wir hatten immer ein gutes Verhältnis. Intensiv wurde es, als ich sehr früh von zu Hause auszog. Wenn jemand nicht mehr selbstverständlich um einen herum ist, merkt man, dass etwas fehlt – ein Teil von einem selbst. Das ist eine schöne Erfahrung. Mein Bruder hat mir in den vergangenen vier Jahren auch sehr geholfen. Er meinte, ich solle mich mal entspannen und das genießen, was ich alles schon geschafft und selbst gar nicht gesehen habe. Ich war in einem Hamsterrad, das sich immer weiterdrehen sollte. Man verkrampft so schnell und merkt das irgendwie gar nicht. Da war ich wahnsinnig froh, dass Marco da war und mir riet, durchzuatmen und Zeit vergehen zu lassen. Ich bin ihm heute sehr dankbar, dass er so gut auf seinen kleinen Bruder aufpasst.
Was war für dich der Anlass zu deinem Ursprungs-Look zurückzukehren?
Das war eine Frage der Zeit und eine Frage der Entwicklung. Wie ich schon vorhin sagte, war mein alter Look ein Extrem. Ich habe mich damit ein bisschen freigeschwommen und das war für die Phase meiner Karriere okay. Aber ich habe erkannt, dass ich nichts „darstellen“ muss, um gemocht zu werden. Einfach ich sein, also „echt“. Authentizität ist heutzutage so wichtig geworden. Gerade durch die sozialen Medien, durch die man schnell in ein Loch fallen kann, denn dort haben alle das vermeintlich perfekte Leben, Aussehen und Ruhm. Das ist definitiv nicht echt, niemand hat ein perfektes Leben und manche zahlen einen hohen Preis für diese Online-Darstellung. Nichts und niemand ist perfekt, man muss nur etwas Gutes aus seinem Leben machen.
Was sagst du zur RTL-Show „Schlager sucht Liebe“?
(lacht) Ich finde, auch das war eine Frage der Zeit. Ist doch toll, dass jetzt auch die großen Privatsender nicht mehr am Schlager vorbei kommen. Unsere Musik wird ja von denen immer gerne kleingeredet. Das kenne ich nur zu gut von Veranstaltungen, auf denen sie einen auf dem Roten Teppich nicht interviewen, weil die Zuschauer angeblich keine Schlagerstar-Interviews hören wollen, sofern man noch nicht in einem Format des Senders aufgetaucht ist. Es ist toll, dass RTL sich traut, so eine Show zu machen. Über das Konzept kann man sich sicherlich streiten – wie man sich eben in jedem Lebensbereich streiten kann. Schön ist doch, dass der Schlager in die Aufmerksamkeit gerückt wurde.
Was sagst du – als ausgebildeter Musical-Sänger – zum Thema „Darf Helene Fischer auf Englisch singen?“ – Da streiten sich ja gerade die Geister etwas…?
Natürlich darf Helene Fischer auf Englisch singen. Sie darf auch Skandinavisch singen, wenn sie möchte. Jeder soll das machen können, was in diesem Moment richtig und wichtig für einen selbst ist. Ich glaube auch nicht, dass Helene der deutschen Sprache den Rücken kehrt, nur weil sie einen Song auf Englisch singt. Wichtig ist doch nur, dass sie sich wohl fühlt, nicht verbiegen muss und dahintersteht. Das sollte jeder im Leben beherzigen. Wenn Du dich heute auf Hebräisch, morgen auf Türkisch und übermorgen auf Italienisch wohl fühlst, dann tu es. Die Zeit dreht sich nicht zurück. Du hast nie die Chance, den Moment nachzuholen – deswegen: Einfach ausprobieren. Im Fall von Helene war es ja auch der Regisseur, der den internationalen Film mit der Weltsprache Englisch besingen lassen wollte. Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass sie auf englisch singt, das hat sie schon für die Paralympics gemacht. Diesen Titel hat sie bei ihrer Tour dann auf Deutsch präsentiert. Ich glaube, bei Helene wird ohnehin einfach immer irgendetwas geschrieben, damit es etwas zu reden gibt.
A propos Film: Ist dein mit Desiree Nick gedrehter Film je in die Kinos gekommen bzw. veröffentlicht worden?
Da gab es Lizenzproblematiken. Aber das Thema ist noch nicht ganz vom Tisch. Wir werden sehen. Auch hier: Es war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich habe das sehr gerne gemacht und weiß jetzt, wie es am Filmset abläuft – zu 90% wird gewartet (lacht).
Jack White schrieb das letzte Lied seiner Karriere für dich…?
Genau. Er hat den Titelsong des Films geschrieben. Da bisher kein Film = keine Veröffentlichung des Songs. Aber das Lied ist ja bereits eingesungen. Wer weiß, was damit noch passiert? Hier kann ich mir vorstellen, es wie Helene Fischer bei den Paralympics zu machen: Im Kino auf Englisch und später eine deutsche Version auf den Bühnen präsentieren.
Auch der Schauspieler Julian David hat modern in diesem Jahr sein Comeback gefeiert – in ungewohnter Rolle. Ist da Weiteres geplant?
Du meinst als moderner Kleinkrimineller? In so eine völlig andere Rolle zu schlüpfen hat großen Spaß gemacht. Ich habe in einer Serie mitspielen dürfen und der Regisseur war so begeistert, dass er mich direkt für ein weiteres Projekt angefragt hat. Es macht Spaß, mich im Entertainment-Segment ausprobieren zu dürfen und es auch hier immer weitergeht. Singen, moderieren, schauspielen – ich fände es großartig, wenn man mich irgendwann als Entertainer ansieht. Wie früher Peter Alexander oder heute Florian Silbereisen oder Robbie Williams.
Alle Titel deines neuen Albums gehen „voll auf die 12“. Bist du ein „Balladenmuffel“, oder hat es diesmal einfach nicht gepasst?
Gar nicht. Ich liebe Balladen sehr, aber das, was ich mit meinem neuen Album aussagen will, positiv durchs Leben zu gehen, gelingt beschwingter und flott besser. Ich habe lange gebraucht, um an den Punkt zu kommen, an dem ich sagen kann: Ich bin zufrieden und freue mich tierisch auf alles, was jetzt kommt. Das alles passt eher zu einem Uptempo-Song als zu einer Ballade.
Du bist jetzt im gleichen Management wie Howard Carpendale. Wie kam es dazu? Das ist ja vielleicht nicht so ganz einfach unter der Fuchtel der beiden Herren, die durchaus wissen, wie es läuft?
Das ist toll! Ich bewundere Howard sehr und ich bin froh, dass er wieder Musik macht. Schließlich hat mich meine Oma schon mit seinen Liedern an den Schlager rangeführt. Howard ist jemand, der immer ein offenes Ohr hat und auch den ein oder anderen Tipp parat. Das ist wirklich schön. Davon kann ich einfach nur profitieren. Howard, der das schon so lange macht und die „Aufs und Abs“ mitbekommen hat. Ich war auch recht weit oben und durfte einmal durch’s Tal wandern. Jetzt geht es wieder bergauf. Das Leben ist eben so. Die Zusammenarbeit ist super – gerade auch mit den beiden Herren, Kai und Lars, im Management. Ich habe ein Team hinter mir, das an mich glaubt. Ein grandioses Produzenten-Duo, Alexs White und Alex Strasser, das u.a. für das letzte Erfolgsalbum von Andrea Berg verantwortlich ist und die besten Fans der Welt. Mehr geht kaum. Ein Team, das nicht an schnellem Erfolg, sondern an langfristigem interessiert ist. Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon – und das ist gut so.
Was plant ihr mit dem neuen Album im Live-Bereich?
Jetzt geht die Sommerfestival-Saison los, wo ich vielfach dabei sein darf. Ein bekannter Kollege sagte neulich zu mir: Weißt du, was das Faszinierende an dir ist? Du hattest kein aktuelles Album am Start und warst und bist trotzdem immer überall dabei. Das war ein Kompliment für mich, weil ich das selber gar nicht so wahrgenommen habe und jetzt kommt ja etwas Neues. Der Live-Bereich lief bisher immer gut, jetzt werden die TV Shows wieder mehr. Das ist meine Aufgabe und Chance, den Menschen, die mich vllt. nicht mehr auf dem Radar hatten, zu zeigen, dass ich noch da bin. Anders aussehend, aber „live und in Farbe“. Ich weiß natürlich, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist, das Zeit braucht, sich an den „normalen“ Julian zu gewöhnen.
Denkt ihr auch in Richtung eigene Club-Tour?
Natürlich ist das ein Traum. Mit einem einzigen veröffentlichen Album bisher, wollte ich das nicht machen. 50 Minuten eigene Lieder und dann nur noch Cover? Das geht natürlich – aber ich möchte lieber die Möglichkeit haben, 1 ½ Stunden eigenes Programm zu präsentieren, Geschichten zu erzählen. Jetzt muss „Ohne Limit“ erst einmal kommen und dann geht es Schritt für Schritt weiter.
Vielen Dank für das tolle Interview!