SCORPIONS
Konzert-Bericht von Holger Stürenburg: "50ths Anniversary World Tour 2015/16" – 18.03.2016 – Westfalenhalle Dortmund!

Lesen Sie HIER auch eine aktuelle Information des Tournee-Veranstalters “Semmel Concerts” zu den Scorpions …: 

Nach einer leider nochmals notwendig gewordenen Konzertpause von über einem halben Jahr, war es zweifellos ohne Umschweife vonnöten, dass meine Rückkehr in die journalistische Live-Berichterstattung im wahrsten Sinne des Wortes mit einem lauten „Bang“ starten musste. Also suchte ich mir für den ersten, von mir seit Anfang September 2015 besuchten Konzertabend eine spektakuläre Live-Attraktion aus, die zwar auch aus Deutschland kommt, mit einiger Sicherheit sogar als der deutsche Rock-Export schlechthin bezeichnet werden muss, aber stilistisch im Grunde genommen ganz woanders einzuordnen ist, als im Umfeld derjenigen Musik, mit der ich mich ansonsten meistenteils analytisch beschäftige.

Die „SCORPIONS“, die, wie ich einmal formulierte, „bekanntesten Hannoveraner der Welt“, kehrten im Zuge ihrer erdumkreisenden „50th Anniversary World Tour 2015/16“ Ende März 2016, nach zwölf Monaten voller konzertärer Besuche in den USA, Asien und Europa, für insgesamt acht Auftritte zurück in ihre bundesdeutsche Heimat.

50 Jahre lang steht das Quintett aus der Leinestadt nun schon auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Klaus Meine (voc) und die beiden Gitarristen Matthias Jabs und Rudolf Schenker sind (fast) von Anbeginn an dabei, Bassist Pawel Maciwoda stieß 2003 zu den „Scorpions“, Schlagzeug-Berserker James Kottak ist seit 1996 mit von der Partie. 18 Studioalben, unzählige Livemitschnitte und Kompilationen, die sich global zusammengerechnet mehr als 100 Millionen Mal verkauften, über 5.000 gespielte Konzerte in über 80 Ländern, dazu unvergessliche Welthits bester Machart – knallharte Rockhämmer, wie sanfte Balladen – und, als ob dies nicht schon genug der Ehre wäre, mit „Winds of Change“ musikalische Untermaler am Ende des Kalten Krieges, als sich die Sowjetunion öffnete und bald darauf die Berliner Mauer fiel – die „Scorpions“ haben wahrlich geballt Musik-, wie Zeitgeschichte geschrieben.

Heutzutage gelten Klaus Meine und die Seinen längst als die unschlagbaren Heroen feinster Rockmusik Made in Germany. Musikfans meist gesetzteren Alters, die gerne z.B. Peter Maffay, Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer hören, haben mit einiger Sicherheit auch die eine oder andere LP bzw. CD der fünf hardrockenden ‚Skorpionen‘ in ihrem Plattenschranken stehen – welche, dies ist an der Altersstruktur des Publikums auf der aktuellen Tournee deutlichen zu erkennen, immer wieder auch gerne von deren Kindern und Enkelkindern hervorgekramt und dankbar angehört werden. Denn die begeisterten Zuschauermassen, auch und gerade am vergangenen Freitag, dem 18. März 2016, in der Dortmunder Westfalenhalle, bestanden aus 20jährigen Jungspundinnen und Jungspunden genauso, wie aus gestandenen Mitt-50ern; manchmal konnte man sich zusätzlich der Annahme nicht verwehren, nicht wenige Altersgenossen der Ur-„Scorpions“, die selbst teilweise schon auf die 70 zugehen, ließen es sich nicht nehmen, diese Rockinstitution, deren Karriere sie vielleicht schon tatsächlich seit 50 Jahren begleiten, frenetisch zu bejubeln.

Gut, so ganz ausverkauft war die 15.380 Personen fassende Dortmunder Westfalenhalle am vergangenen Freitag nicht. Im hinteren Teil des Areals mit Stehplätzen, lichteten sich die Reihen, die Tribünen und Ränge waren ebenso bei weitem nicht voll bzw. womöglich bis auf den letzten Platz gefüllt. Aber dies tat der Stimmung keinen Abbruch, die anfangs von einer keineswegs uninteressanten, durchaus hoffnungsvollen Nachwuchstruppe aus Mannheim gehörig angeheizt wurde. „Beyond the Black“ nennen sich fünf ohne Frage sehr begabte Musiker, die nahezu allesamt an der Pop-Akademie Baden Württemberg studiert haben, und sich um die feenhaft wirkende, erst 19jährige Frontfrau Jennifer Haben scharen, die übrigens bereits 2010/11 als Mitglied des vom „KiKa“ in ein kurzes Leben gerufenen (klanglich ziemlich ungenießbaren) Girliequartetts „Saphir“ fungierte. Zu Sechst – zwei Gitarristen, jeweils ein Bassist, Keyboarder und Drummer, dazu die stimmstarke Sängerin – spielen sich „Beyond the Black“, Dank einer zünftigen Mischung aus deftigem Heavy-Folk-Rock, weitschweifigem Symphonic Metal, treibendem Melodic Rock und (zum Glück) nicht allzu ausgeprägten Post-Hardcore-Anleihen, seit zwei Jahren in die Herzen der Freunde härterer, aber trotzdem anspruchsvoll ausgetüftelter Rockmusik. Frl. Haben überzeugte bei ihrem 30minütigen Auftritt in Dortmund mit mal engelsgleicher, mal wuchtiger, dabei immer energiegeladener Stimme, musste sich aber, insbesondere während der ersten beiden Titel, gegen einen ziemlich unausgegoren vor sich hin wabernden Soundbrei durchbeißen und durchkämpfen, was der dunkelhaarigen Schönheit aber – man traute seinen Ohren nicht, in Anbetracht ihres jungen Alters – geradezu bravourös gelang. Zwei CDs haben „Beyond the Black“ bislang aufgenommen, wobei sich das aktuelle Opus „Lost in Forever“, erschienen erst vor vier Wochen, bereits auf dem vierten Rang der deutschen LP-Charts eingenistet hat.

Die erste Single des Sextetts, „In the Shadow“, ein dröhnender, mit überkandidelten Folk-Fragmenten angereicherter Schwergewichtsrocker, vergleichbar mit Gary Moores phonstarken Bombastfolkdramen der „Wild Frontiers“- bzw. „After the War“-Phase Ende der 80er, versank noch in einem wummernden Klanggewirr und lebte ausschließlich von der ungelogen äußerst überzeugenden vokalistischen Leistung von Jennifer Haben. Dies besserte sich jedoch nach und nach bei dem, nun eher sehr US-amerikanisch-großstädtisch aufscheinenden, hymnischen Melodic-Rock „Written in Blood“, bei dessen Intonation sich Jennifer als eine Art „Kate Bush des Hardrock“ gerierte.

Ursprünglich von der britischen Heavy-Legende „Motörhead“, deren Bassist und Bandchef Lemmy Kilmister am 28. Dezember 2015 an Prostatakrebs verstarb, stammt die sanfte, zerbrechliche Rockballade „Love me forever“, welche „Beyond the Black“, mit Jennifer am Piano, ebenjenem, ihrem großen Vorbild, widmeten, auf die der schnelle, laute, geradlinige Titelgeber ihrer neuesten Silberscheibe, „Lost in Forever“ folgte, der durch sog. „gutturalen“, vulgo per Kehle erzeugten, oft im Metal und Hardcore Punk gebräuchlichen „Gröl“-Gesang von Gitarrist Christopher Hummels ein nicht alltägliches, surreal-mystisches Ambiente zuerkannt bekam. Das Titellied ihres 2015er-CD-Debüts „Songs of Love and Death“ dagegen, begann mit einem sachten Piano-Intro und wuchs sich peu a peu zu einer nervös-bedrohlich anmutenden Folk-Metal-Orgie aus. Nach dem mit Donnerhall losgellenden, geradezu peitschenden, wie gleichsam packenden 2015er-Beitrag „Running to the Edge“ mussten „Beyond the Black“ auch schon wieder die Bühne verlassen, allerdings nicht ohne immer wieder voller Stolz betont zu haben, wie sehr man sich geehrt fühlte, als Vorgruppe der unbezwingbaren „Scorpions“ deren Deutschland-Termine einleiten zu dürfen.

Ob „Beyond the Black“ dito so stattlich weit im Musikgeschehen vorankommen werden, wie die Hauptakteure des Abends, vielleicht gar ebenfalls eines schönen Tages ihr 50jähriges Bandjubiläum werden feiern können, steht noch feste in den Sternen. Die Anfänge, die wir ‚live‘ in der Dortmunder Westfalenhalle genießen durften, lassen jedenfalls Positives erahnen. Voraussetzung dafür: die fraglos talentierten Instrumentalisten passen ihren oft zu brachialen, grobschlächtigen Sound der so zarten, wie bestimmten Stimme ihrer so unnahbaren, wie zauberhaften Vokalistin an. Die per se klugen, breitflächigen und sphärischen Arrangements wirkten – zumindest im Live-Gewand – teilweise arg überfrachtet, überladen, zwar voller Energie, aber noch einwenig zu unstrukturiert und zu vage. Dies aber muss keineswegs zur Folge haben, dass diese aufsehenerregende, zukunftsträchtige Truppe nicht alle Chancen haben kann, im Laufe der Zeit diese Kinderkrankheiten auszubügeln und somit bald tatsächlich zu den dauerhafter erfolgreichen, jungen deutschen Bands gerechnet werden müssen.

Nach 35 Minuten Wartezeit – ich hatte inzwischen den mir seitens des Veranstalters SEMMEL Concerts netterweise zugewiesenen „behindertengerechten“ Sitzplatz verlassen und mich direkt in die Arena begeben, denn bei den „SCORPIONS“ zu SITZEN, ist schier unmöglich! –, ging dann endlich, kurz nach 21.00 Uhr, jener blitzartige „BANG“ vonstatten, den ich zu Beginn dieses Textes so kryptisch erwähnte.

Das Licht in der Dortmunder Westfalenhalle erlosch, heulende Sirenen überzogen die Arena, der schwarze Vorhang fiel – und niemand geringeres, als vermutlich Deutschlands langlebigste Rockinstitution, namentlich die „SCORPIONS“, betraten mit einem regelrechten „BANG“ die Bühne. „GOING OUT WITH A BANG“, der erste Titel des aktuellen „Scorpions“-Hitalbums „Return to Forever“ (welches dieser Tage seitens RCA/SONY Music in Form einer opulent ausstaffierten „Tour Edition“, um zig Bonustracks erweitert und zwei randvollen DVDs hinzugepackt, neu aufgelegt wurde), läutete nun diese rund 100minütige, so krachende, wie in vollkommenster Perfektion inszenierte und in sich geschlossene Rock’n’Roll Show der Extraklasse ein.

Seitlich der Bühne waren zwei Riesenleinwände installiert, auf denen sogar diejenigen Zuschauer, die ganz, ganz hinten, auf den Rängen der Westfalenhalle, saßen, punktgenau die instrumentellen und gesanglichen Aktivitäten der „Scorpions“ beobachten und begutachten konnten. Im Rücken der Band spielten sich, auf einer weiteren überdimensionalen Leinwand, visuelle Abenteuer bester Machart ab, mal surreal, mal das Songthema bildlich untermauernd, regelmäßig bunt, grell, kunstvoll und mit viel Akribie und kreativem Geschick zusammengezaubert.

Die Set-List des Dortmunder „Scorpions“-Konzertes entsprach letztlich haargenau derjenigen Titelauswahl, welche die Band seit 2015 im Programm hat und die für die beiden, erwähnter „Tour Edition“ von „Return to Forever“ per DVD beigefügten Live-Aufzeichnungen aus Cisson/Frankreich (20. Juni 2015) bzw. Brooklyn/New York (12. September 2015) für die Nachwelt festgehalten wurde. Ein halbes Jahrhundert „Scorpions“ bedeutete also nicht mehr und nicht weniger, als eine durchwegs wohlschmeckende Zeitreise durch fünf Jahrzehnte höllisch heißen Rock’n’Rolls, inklusive seit längerem nicht mehr „live“ gespielter Frühwerke aus den mittleren bis späten 70ern, der unvergleichlichen Welterfolge der Jahre 1982 bis 1992 und einiger ausgewählter Schmankerl aus der aktuellen, überwiegend außerordentlich prickelnd, vielseitig und durch und durch gediegen ausgefallenen, 18. Studioproduktion „Return to Forever“.

Auf den sprichwörtlichen „Bang“, folgten drei wundervolle und stilprägende Hardrock-Standards aus denjenigen Jahren, als die „Scorpions“ erstmals so richtig weltumfassend Hitparadenluft schnupperten. Dabei handelte es sich um das eher fröhliche, dennoch strikt voranpreschende „Make it real“ (1980), den blubbernden, latent schleppend-drögen, explizit genau dadurch so sensationell aufwühlenden Großstadtblues „The Zoo“ (dto.) – inkl. eines unvergesslichen, sich in herrlichster Manier minutenlang voller Hochspannung dahinziehenden Solos von Gitarrist Matthias Jabs an der sog. „Talk Box“ – und das instrumental gehaltene, fulminante Gitarrengewitter „Coast to Coast“ (1979), bei dessen 2016er-Livedarbietung es dem interessierten Beobachter nachgerade so erschien, die beiden höchst versierten Gitarreros Matthias Jabs und Rudolf Schenker würden sich regelrecht gegenseitig mit ihrem phänomenalen Können ‚bekriegen‘ und sich daher in Sachen konsequenter Klampfenarbeit gegenseitig übertrumpfen wollen.

Es folgte nun ein wohltönender Rückblick in die tiefsten 70er, als die „Scorpions“ noch mehr oder weniger als extravaganter Geheimtipp unverbesserlicher Heavy-Metal-Puristen galten und solche LPs veröffentlichten, die mit späteren, radiogerechter arrangierten, auch für Musikgourmets jenseits jedweder Hardrock-Klischees (wie z.B. den Verfasser dieser Zeilen) wohlig genießbaren, kompakten Rocksounds noch nicht viel gemein hatten. „Top of the Bill“ (1975), „Steam Rock Fever“ (1977), „Speedy’s Coming“ (1974) und „Catch your Train“ (1976), in einem ausufernden, aber niemals langweiligen bzw. unnötig in die Länge gezogenen Medley komprimiert, ertönten am Freitagabend in Dortmund mindestens noch genauso frisch, aufstrebend, jugendlich, wie zu ihrem Entstehungsdatum vor ca. 40 Jahren.

Soundtechnisch in Richtung des hochmelodischen Hochglanz-Metal der ausgehenden 80er, irgendwo  angesiedelt nahe „Bon Jovi“, dem Alice Cooper der „Trash“-Phase oder „Van Halen“ mit Sammy Hagar, ging’s daraufhin mittels der unzweifelhaft phantastisch ausgefallenen, ersten Auskoppelung aus „Return to Forever“, die da heißt „We built this House“, und einwandfrei das Zeug dazu hat, zum nächsten, außerordentlich geschichtsträchtigen „Scorpions“-Klassiker mit Ewigkeitsgarantie zu avancieren.

Lead-Gitarrist Matthias Jabs bestimmte nun den von ihm konzipierten und ausbaldowerten „Delicate Dance“, ein reales Gitarreninferno auf der Balance zwischen rasend schnellem Speed Metal und bluesigen Gitarrenwolken im Sinne des unvergessenen Gary Moore in seiner „Still got the Blues“-Ära. Die Rhythmus-Gitarre drosch während dessen allerdings ein namentlich weder vorgestellter, noch sonst irgendwo erwähnter Musikerkollege, versteckt im Hintergrund… dies ließ durchaus den Eindruck aufkommen, Kollege Rudolf Schenker habe schlicht keine Lust dazu gehabt, seinen ihm in puncto instrumentellen Könnens ebenbürtigen Kompagnon bei dieser, seiner förmlichen ‚Selbstdarstellung‘ in Noten, Riffs und Griffen, zu unterstützen.

In rein akustische Gefilde führte daraufhin ein weiterer, aufregender Part der ‚Tour de Force‘ durch 50 Jahre „Scorpions“. Wiederum in trefflicher Potpourri-Form zusammengeführt, schlich sich die Band nun durch ausdrucksvoll sanfte, grazil-balladeske Kompositionen, wie den 1979er-Reißer „Always somewhere“, den aktuellen Hitaspiranten „Eye of the Storm“ aus „Return to Forever“ (der sich garantiert vorzüglich verkaufen könnte, wenn so unaufgeregter, wie absolut aufregender Classic Rock heutzutage noch Top-10-kompatibel wäre!) und die ultimative Schmachtballade „Send me an Angel“, die 1991 die einheimischen Singlehitparaden ebenso krass durcheinanderwirbelte, wie die sich seinerzeit langsam, aber sicher, sprunghaft entwickelnden Formatradiostationen, privater, wie öffentlich-rechtlicher Bauart.

Gleichfalls im balladesken Kontext findet sich diejenige Hymne für eine bessere, freiheitsdurchzogene Welt, die mit einem nachdenklich-schwebenden Pfeifen eingeleitet wird und „Scorpions“-Sänger Klaus Meine irgendwann zu Zeiten der Zeitenwende eingefallen ist, als er nach einem Konzert im August 1989, vor 300.000 freiheitssüchtigen Fans im Moskauer „Leninstadion“, im dortigen Gorki Park saß und über all die sich überschlagenden, weltpolitischen Entwicklungen und Ereignisse in Bezug auf Glasnost und Perestroika in der damaligen Sowjetunion nachdachte. „Winds of Change“ war die zeitnahe musikalische Vertonung von Mauerfall und Wiedervereinigung schlechthin und ist mit Fug und Recht in die Annalen des deutsch-deutschen Wandels zum Ausklang der 80er Jahre dauerhaft eingegangen. Die gesamte – wenn auch, wie geschildert, nicht übervolle – Dortmunder Westfalenhalle, sowohl die Zeitzeugen im Alter des Verfassers dieser Zeilen und noch darüber hinaus, wie geschichtsbeflissene Nachgeborene, stimmten einen ausgiebigen Chorgesang an, nachdem Klaus Meine diese in Töne gegossene Zeithistorie erst vor sich hin gepfiffen, dann inbrünstig vokalistisch vorgetragen hatte.

Im Anschluss an die musikalische Zelebration der Wende in Osteuropa, war der ruhige Teil des Abends endgültig vorbei und die „Scorpions“ gedachten von nun an schnell, hart und laut ihres nun schon fünf Dekaden währenden Daseins als personifizierte „Rock’n’Roll Band“ (aus „Return to Forever“) und zündeten danach ebenso gleißend, flammend und hochexplosiv ihr (erstmals 1982 auf der LP „Blackout“ ausgepacktes) „Dynamite“, welches mittels des instrumentalen Interludes „In the Line of Fire“ in ein gnadenloses Drum-Solo von Schlagzeuger James Kottak mündete. Der 53jährige Vollprofi aus Louisville/Kentucky sieht nicht nur aus wie ein wilder Punkrocker, er benimmt sich auch so (wurde deshalb 2014 sogar schon mal im Emirat Dubai zu einer einmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt!) – und entwickelte sich dennoch (oder gerade deshalb) zum allgemeinen Liebling des Abends. Das Publikum in Dortmund schien sich geradezu in den schnuckeligen Schlagzeug-Punk zu verlieben – über zehn Minuten lang (ver)drosch er nun sein Instrument; das voluminöse Drum-Kit war an festen Seilen fast bis zur Hallendecke hochgezogen worden – und dort, über den Köpfen des hingerissenen Auditoriums, turnte und sprang sich James K. nun durch alle nur erdenklichen Rhythmen des Rock’n’Roll, beinahe bis zum „Blackout“

Aber nur beinahe… denn gleichnamiger Titelsong der hocherfolgreichen 1982er-LP wurde nun von der gesamten Band radikal, ultraflink, berstend und straight hämmernd vorgetragen. Im Sinne dieses Geisteszustandes, den 1986 der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler seinem Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Helmut Kohl in Anbetracht einer unglücklich formulierten Aussage gegenüber dem Flick-Untersuchungsausschuss attestierte, gab es nun gar kein Halten mehr und die unvermeidliche Abteilung „Greatest Hits“ war rigoros eröffnet.

„Big City Nights“, jenes trotz aller Härte und Drastik in Ausformung und Umsetzung, beeindruckend atmosphärische und stimmungsvolle 1984er-Großstadtmelodram, das über das pulsierende, niemals zur Ruhe kommende Leben in einer Metropole von Weltruf handelt, beschloss eingängig und ohrwurmträchtig, begleitet von tausenden mitsingenden Zuschauerkehlen, den offiziellen Abschnitt des Dortmunder „Scorpions“-Konzertes im Rahmen ihrer „50th Anniversary World Tour“.

Klaus Meine hatte sich einen schwarzgelben BVB/Borussia Dortmund09-Schal umgehangen, Schlagzeug-Schnuckel bekam von einem Fan einen Riesen-Stoffteddy geschenkt, den er sogleich auf seinem strammen Rücken reiten ließ – und es erklang ein immer wieder aufs Neue faszinierender Abstecher in den legendären Herbst 1984, als die „Scorpions“ mit ihrer graziösen Monsterballade „Still loving you“ hierzulande erstmals in die Single-Charts einsteigen konnten (Rang 14) und das dazugehörige Album „Love at First Sting“ – noch heute ein unverbrüchliches Meisterwerk des knackigen Hardrock Made in Germany – sogar bis auf Rang 6 der LP-Hitparaden zu führen vermochten.

Auf diese ein ums andere Mal gänsehauterzeugende Edelballade folgte nun, zum unwiderruflichen Abschluss ihres Auftritts am 18.03.2016 in der Dortmunder Westfalenhalle, als ‚Grande Finale‘, das prägnante, riffrockig-hymnische Band-Motto, gleichsam eben genannter 1984er-Scheibe „Love at First Sting“ entnommen… „Rock you like a Hurricane“.

Und 100 Minuten lang ‚wie ein Hurrikan gerockt‘ worden waren nun auch die hingerissenen Fans der Rocklegende aus der Leinestadt. Selbst, wenn die Westfallenhalle nicht bis zum Rand gefüllt war und vielleicht manche Teile der Show einwenig zu sehr durchorganisiert, zu dicht geplant wirkten, bewiesen die „Scorpions“ am Freitagabend erneut, dass sie, allen Unkenrufen zum Trotz, noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Klaus Meines helles, durchdringendes Stimmorgan zeigt keinerlei Abnutzungserscheinungen, die beiden Helden an der Gitarre, Matthias und Rudolf, beherrschen ihr Instrument wie auf dem Ff, die zwei jüngeren Neo-„Skorpione‘, Pawel Maciwoda (b) und der an jenem Abend besonders umschwärmte James Kottak (dr), fügen sich kongenial ins Bandkonzept ein.

Obwohl die Auguren nicht müde werden, zu verkünden, diese „50ths Anniversary Tour“ sei die letzte Konzertreise der „Scorpions“ überhaupt – die mir erinnerliche, erste letzte Tournee der „Rolling Stones“ fand 1982 statt…- 2016 touren sie immer noch munter durch die Lande – so ist es hinsichtlich der radikalen Spielfreude, der unbändigen Energie, des nicht verglühen wollenden Feuers, welches diese fünf Profirocker in sich tragen und komprimiert nach Außen, in die Herzen ihrer Fans, weitergeben und verstrahlen, keinesfalls ausgeschlossen, dass es noch viele, viele weitere ‚endgültig allerallerletzte‘ Tourneen der „SCORPIONS“ geben kann und wird!

Ganz persönlich merke ich schlussendlich an, dass mir diese Rückkehr in die Konzertberichterstattung enormen Spaß gebracht hat. Sogar die zuvor eher sehr angstvoll angestrebte Idee, mich während des gesamten Auftritts zumindest der „Scorpions“ hinzustellen und mich im Rahmen meiner Möglichkeiten zu bewegen, hat mir physisch vielmehr immens gut getan, denn in irgendeiner Form geschadet. Auf diesem Wege sage ich vielen, herzlichen Dank an SEMMEL Concerts Köln für die schnelle und unkomplizierte Akkreditierung – und freue mich bereits jetzt auf viele, viele weitere schöne Konzerte und daran anschließend hoffentlich ebenso erquickliche Berichte in der nächsten Zeit!

MITTEILUNG DES VERANSTALTERS "SEMMEL CONCERTS" ZU DEN SCORPIONS UND DEREN AKTUELLER TOUR

 

Das vorgestrige Konzert der Scorpions musste bedauerlicherweise nach 30 min vorzeitig abgebrochen werden.

Durch eine bereits im Vorfeld behandelte Virusinfektion kämpft Klaus Meine nun mit einer Kehlkopf- & Luftröhrenentzündung, die eine Fortsetzung des Konzerts in Hamburg unmöglich machte. Klaus Meine befindet sich aktuell in ärztlicher Behandlung, um die gesundheitlichen Probleme schnellstmöglich wieder in den Griff zu bekommen. Dazu gehört ein ärztlich ausgesprochenes „Auftrittsverbot“ für den Sänger über mehrere Wochen.

Aus diesem Grund müssen alle noch ausstehenden Konzerte verschoben werden. Ersatztermine – inklusive Hamburg – werden kurzfristig noch vor Ostern bekannt gegeben.

Alle Tickets behalten für die Ersatztermine ihre Gültigkeit.

 

Holger Stürenburg, 19./20. März 2016
http://www.rcadeutschland.de/

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