TRUCK STOP
Die neue CD "Made In Germany" – besprochen von Stephan Imming!

“Die Cowboys der Nation bleiben sich treu”, so sein Resümée!  

Vor nunmehr rund 44 Jahren wurde „in einem Studio in Maschen“ die sicherlich bekannteste deutsche Country-Band unter dem Namen TRUCK STOP gegründet. Wenngleich von der Gründerbesetzung nur noch Schlagzeuger Teddy Ibing dabei ist, ist sich die Band stets treu geblieben. Selbst das typische Band-Logo mit den beiden Pistolen wurde über Jahrzehnte nahezu beibehalten.

 

Mit dem Tod der langjährigen Mitglieder Lucius Reichling (2012) und Cisco Berndt (2014) hatte die Band Schicksalsschläge zu ertragen. Statt die buchstäbliche Flinte ins Korn zu werfen, hat man punktuell den Generationenwechsel hinbekommen. Seit 2012 ist Andreas Cisek für Gesang und Bass zuständig, 2014 sind der Geiger Tim Reese und der Leadgitarrist Chris Kaufmann zur Band gestoßen. Seit Jahrzehnten dabei sind Uwe Lost (Bass, seit 1978) und Knut Bewersdorff (Steel-Guitar, seit 1983).

„Jetzt erst recht“ hat man sich wohl gesagt und 2015 die CD „Männer sind so“ auf den Markt gebracht und damit den größten Albumchartserfolg eines Produktalbums der Bandgeschichte geschafft.

Die Messlatte für das neue Album liegt also denkbar hoch.  Mit Frank Ramond und und Jörn Heilbut hat man ein hochkarätiges Produzententeam am Start – das Vorwort im Booklet der CD scheint nicht zu viel zu versprechen: „Die Party geht weiter“.

Der Titelsong des Albums „Made in Germany“ ist zugleich dessen erste Single, die bereits im Februar vorab veröffentlicht wurde. Frank Ramond bringt die Glückseligkeit der Deutschen (na, sagen wir einschränkend der deutschen Männer) auf den Punkt: Ein Dosenbier, Fußballspiel im Fernsehen und ein Grill reichen, um glücklich zu sein. Die Ballade markiert einen starken Einstieg in die neue Produktion Truck Stops.

Im nächsten Song beweisen die Cowboys der Nation, dass es ein Vorurteil ist, dass Männer nur mit einem Körperteil denken. Sie untermauern Statistiken, die besagen, dass die Frequenz der Youporn-Nutzung gegen Null tendiert und Bordelle wie ausgestorben sind, wenn – ja wenn der bereits im ersten Song angesprochene Fußball hoch priorisiert wird. Die Jungs von Truck Stop drücken es freilich lyrischer und sensibler aus: „Du kannst mir später noch den Kopf verdreh’n – lass mich erst das Spiel zu Ende seh’n! – Hol mir lieber noch’n Snickers und ’n Nuts – ich guck das Spiel, Schatz!“. Bemerkenswert ist sicher auch die Zeile, die beweist, dass Cowboys auch intellektuell sein können angesichts ihrer Zeitungslektüre: „Sex beim Fernseh’n ist gefährlich – das stand neulich in der FAZ – ich guck das Spiel, Schatz!“…. (, wobei es vielleicht besser ist, nicht nach einem zum Sportmagazin „Kicker“ suchenden Reim zu suchen…)

Während andere deutsche Schlagergruppen ihre Reiseaktivitäten in Liedern wie „Die rote Sonne von Barbados“ verarbeiten, verarbeiten die Hamburger Jungs ihre Urlaubserzählungen in einem Lied mit dem Titel „Ein Hund ohne richtigen Namen“. Campingurlaub kann anscheinend auch schön sein…

Verglichen mit den Anfangszeiten 1973, als die Rollenverteilung der Geschlechter sehr klar definiert war, haben sich die Zeiten selbst bei Cowboys geändert. Die Emanzipation macht auch vor Truck Stop nicht halt, und so kann auch im Country-Segment im Jahr 2017 ein Lied „Mama macht Karriere“ heißen.

Wer kennt es nicht, das Zaudern in entscheidenden Momenten – und dem anschließenden Nachtrauern einer verpassten Gelegenheit? Truck Stop thematisiert diese wohl auch durchaus typisch deutsche Eigenschaft im Song „Wäre, würde, hätte“. Schon Peer Steinbrück musste einsehen, dass „hätte – hätte  – Fahrradkette“ nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Der nächste Song ist ein typischer Country-Lovesong. Interessant: Im Promo-Text zur CD und auch auf der Rückseite des Jewelcases wird der Titel „Wenn Du jemand suchst“ angekündigt. Das tut den Germanisten dieser Welt weh. Der Text stammt erneut von Frank Ramond, der genau weiß, dass es natürlich heißen muss: „Wenn Du  jemanden (!) suchst“. Ibo postulierte in den 1990er Jahren „An Deiner Stelle nähm’ ich mich“ – im Steel-Guitar-Country-Sound greifen Truck Stop diesen Gedanken auf ihre Art und Weise auf.

Nachdem im letzten Titel vom weiblichen Liebeskummer berichtet wurde, geht es beim folgenden Song des Albums rockiger zu – die männliche Seite des gebrochenen Herzens wird beschrieben – „Wenn Männerherzen brechen – dann gibt es keinen Damm mehr, der ihre Tränen hält“.

Ein typisch deutsches Phänomen ist die Klagewut, insbesondere, wenn es dem „bösen Nachbarn nicht gefällt“, auch der „Brief von unseren Nachbarn“ ist schlagerseitig recht bekannt. Auch diesen Aspekt greifen die Jungs von Truck Stop im Uptempo-Song „Nachbarn“ auf – selbst der Rat „Ärgert Dich Dein Hausgenosse – reich ihm lieber gleich die Flosse“ hilft da nur bedingt… Schon Cindy & Bert haben es erfolglos mit dem Appell versucht: „Hallo Herr Nachbar, unsere Welt braucht Liebe“…

Einen typischen Country-Lovesong bringen die Hamburger mit dem getragenen „Weil Du es bist“, einer Liebeserklärung gegenüber einer Frau, die einen in den Wahnsinn treibt: „Du hast einfach immer diese Gabe, meine Nerven an- und abzustell’n“ – frei nach Howard Carpendale: „Mit Dir verschwend ich meine Zeit – am liebsten“ konstatieren Truck Stop: „Alles vergessen, wenn Dein Mund mich küsst“…

Das ewig junge Thema Zweierbeziehung wird auch im Lied „Ich hab keinen Plan“ aufgegriffen – dass nicht immer alles planbar ist und manchmal auch die Magie des Momnts zu genießen ist, dürfte die Kernaussage des Songs sein.

Ein Lieblingslied des Albums ist für mich „Nicht der Typ“. Es ist erstaunlich, dass der Song weder im Promotext noch in ersten Rezensionen sonderlich Erwähnung findet, obwohl er ein interessantes Thema findet, das sowohl zum Zeitgeist als auch zur Countrymusic – hier wird geschildert, dass es nicht immer gut ist, mit Worten auf „dicke Hose“ zu machen, sondern den amerikanischen Spruch „words are words and actions are actions“ zu beherzigen. Außerdem lernen wir ein neuen bon mot kennen: „Das Leben ist kein…. Teddybär“.

Die letzten drei Lieder ihres neuen Albums widmen die Truck Stop-Jungs wieder dem schwachen Geschlecht: Im Lovesong „Ohne Frauen wie Dich“ geht es um eine schöne Liebeserklärung an eine Frau, mit der man(n) seit Jahren zusammenlebt. Von der Problematik, genau diese Frau zu finden, handelt der Titel „Raus aus meinem Kopf“. Ist die Herzdame erst mal nach vielen Fehlversuchen gefunden, ist der „letzte Halt“ die zufriedenstellende Endstation – vor lauter Glückseligkeit werden dann die Country-typischen Instrumente noch mal in schönen Instrumental-Soli hervorgeholt.

Auch nach 44 Jahren Bandgeschichte gilt bei Truck Stop klar: „Wo Truck Stop drauf steht, ist auch Truck Stop drin“ – die Band ist sich immer treu geblieben und ihren Stil nie sonderlich geändert, hat dabei aber – wie auf dem aktuellen Album – dennoch den Zeitgeist nicht aus dem Blick verloren. Die Hamburger Truppe stellt ihre Songs im Frühjahr auch bei einer Club-Tour vor – man darf gespannt sein, ob die neue Produktion der Band ähnlichen Erfolg haben wird wie das letzte Album – zu gönnen ist es der sympathischen Gruppe.

Stephan Imming, 05.04.2017
http://www.telamo.de
http://www.truck-stop.de/

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