TRUCK STOP
Die CD "Made In Germany" im Test von Holger Stürenburg!

Neues von den “Cowboys von der Waterkant” !!! 

„Der wilde, wilde Westen / fängt gleich hinter Hamburg an“… diese Refrainzeile des entsprechenden Countrypop-Evergreens der Hamburger Band „TRUCK STOP“ ist längst als geflügeltes Wort der einheimischen Schlager- und Popszene in die Annalen der Musikhistorie eingegangen. Bis auf Rang 15 schaffte es das Sextett im Frühsommer 1980, das sich – nach englischsprachigen Anfängen im Dunstkreis der damaligen „Hamburger Szene“ in der zweiten Hälfte der 70er Jahre deutscher Lyrik öffnete – in den deutschen „Media Control-Listen“; in Dieter Thomas Hecks „ZDF-Hitparade“ war am 19. Mai 1980 sogar die Spitzenposition möglich.

Seitdem verfiel das Schlagerpublikum in der BR Deutschland erst mal für einige Zeit lang in ein regelrechtes Country-Fieber. LPs und Singles von „Truck Stop“ gingen bis in die späten 80er Jahre hinein, weg, wie die sprichwörtlichen ‚warmen Semmeln‘; kesse, stets country-infizierte Schlager und Popsongs der Sorte „Old Texas Town, die Westernstadt“ (1980), „Lass die Mädels wissen“, „Easy Rider“ (beide 1981), „Nein Danke, ich rauch‘ nicht mehr“, „Das gibt’s doch nur in Dallas“ (beide 1982), „Hilly Billy Country-Lilly“, „Vater und Sohn“ (beide 1983), „Ein Tag, wie ein Freund“ (1984), „Louisiana Ladys“ (1986), „Die Lady und der Tramp“ (1987) oder „Arizona-Arizona“ (1990) waren aus keinem Rundfunkprogramm, aus keiner Musik-TV-Show jener Ära wegzudenken. 1993 schufen die sechs ‚Cowboys von der Waterkant‘ den Titelsong zur NDR-Kult-Krimiserie „Großstadtrevier“, bevor es in der zweiten Hälfte der 90er Jahre etwas stiller um die Truppe aus der Freien und Hansestadt wurde.

Man wechselte zunächst von Metronome/UNIVERSAL zur Münchener Ariola, dockte nach 1995 für ein paar Produktionen bei der Münchener Ariola an, band sich 2008 bis 2014 an GLORIELLA, das seinerzeitige Label von Starproduzent Jack White, um 2015 bei der Ariola-Tochter TELAMO einen Kontrakt zu unterschreiben. Der Einstieg von „Truck Stop“ dort erschien 2015 und nannte sich „Männer sind so“; nun liegt das neueste TELAMO-Opus der sechsköpfigen Combo vor, das da heißt „Made in Germany“ und 14 brandneue Lieder zwischen Country, Pop, Blues, Folk und (nur noch wenig) Schlager beinhaltet, deren Entstehung von den Hamburger Studioassen Jörn Heilbut (u.a. „Felix de Luxe“, „Jeremy Days“) und Frank Ramond (u.a. Ina Müller, Christina Stürmer, Udo Lindenberg, Roger Cicero) studiotechnisch bzw. textlich betreut wurde. Nach dem plötzlichen Tod der legendären Ur-Mitglieder Lucius Reichling (+ 2012, voc, git, Mandoline, Geige) und Cisco Berndt (+2013, voc, git, b) ist von der Ursprungsbesetzung, die 1973 ins Leben gerufen wurde, nur noch Schlagzeuger Teddy Ibing mit dabei, die anderen fünf Mitstreiter stießen zwischen 1978 und 2014 zu „Truck Stop“.

Der gemütlich-relaxt vor sich hin perlende Titelsong „Made in Germany“ ist eine eindringliche Hommage an das rastlose Trucker-Dasein, das eigene Vaterland und die Heimatstadt Hamburg an der Elbe, bluesig-deftig und lyrisch augenzwinkernd-satirisch wird’s in dem so drögen, wie aufregenden Countryrocker „Ich guck das Spiel, Schatz“, der davon erzählt, dass ein Mann während des Betrachtens eines Fußballmatches mit seiner Freundin keinesfalls alles Mögliche und Unmögliche debattieren und sogar noch viel weniger von ihr zu heißen Aktivitäten verführt werden mag.

Liebenswerte Träume von Urlaubsstimmung und Ferienfreuden verbreitet – erneut gemächlich, entspannt, nonchalant umgesetzt – die reisefiebrige Halbballade „Ein Hund ohne richtigen Namen“, in der Hoffnung, am auserwählten Ort in Ruhe und Muße endlich einen richtigen Namen für den tapsigen Familienhund zu finden. Knackigen, treibenden, geradezu rasenden Countrypop vernehmen wir im ironischen Beinahe-Talking-Blues „Mama macht Karriere“, in dem ein modernes Familienbild gezeichnet wird, im Rahmen dessen die ‚Mama‘ arbeiten geht und der ‚Papa‘ sich ausschließlich um den Haushalt kümmert, während – frei nach dem Motto des einstigen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, „Hätte, Hätte, Fahrradkette“ – in der eher stillen Ballade „Wäre, Würde, Hätte“ das traurig und melancholisch gestimmte Lied-Ich darüber sinniert, ob dieses mit seiner Ex-Freundin denn nicht noch glücklich sein würde, hätte er sich doch zuvor mehr um sie gekümmert, wäre er einstmals häufiger für sie da gewesen.

Der nur hintergründig rockende, dennoch kraftvoll gitarrenbetonte Countrypopper „Wenn Du jemanden suchst“ bietet einer tollen Frau an, falls sie tatsächlich einen solchen, treuen, liebevollen Freund suche, doch gerne den heißverliebten Protagonisten als solchen zu nehmen; abermals von lauten, vorantreibenden Gitarren bestimmt und durchzogen ist der aufreibende, wiegend-zähe Countryblues „Wenn Männerherzen brechen“.

Tempobezogen flink und inhaltlich delikat überzeichnet, geht es im fiedel-geführten Countrypop „Nachbarn“ um nicht ganz so freundlich gesonnene Mitbewohner in einem Mehrfamilienhaus. Als so lakonisch und abgeklärt, wie prallgefüllt mit Liebe und Zuneigung, erweist sich das herzliche, charmante, in mittlerer Geschwindigkeit gehaltene Liebesgeständnis „Weil Du es bist“. Gleichsam als eher geruhsam, gefühlig und zudem nachdenklich zeigt sich das folkrock-angehauchte „Ich hab keinen Plan“. „Nicht der Typ“ ist ein klassischer, schneller Countrypop auf bluesig-/rock’n’rolliger Basis, eine Art „Bewerbungsschreiben“ eines hingerissenen Mannes gegenüber dessen optionaler Traumfrau; „Ohne Frauen wie Dich“ geht wiederum problemlos als herzensgute, intime und intensive, in bedächtig zurückhaltend inszeniertem Klangambiente verharrende Sympathiebekundung an die geliebte Partnerin durch.

„Raus aus meinem Kopf“ – der Traum, sich seine große Liebe nicht nur zu wünschen, sondern mit dieser auch schnellstmöglich im realen Leben konfrontiert zu werden – ist ein gitarrenlastiger, hochmelodischer, gleichermaßen lockerer, gelöst-unbefangener, ebenso anschmiegsamer, sachter Countrypop; der phonstarke, drastisch-vertrackte Countryrock/Blues-Verschnitt „Letzter Halt“ setzt sich zum Schluss des aktuellen Liedreigens philosophisch und kryptisch mit der Findung der großen Liebe als eben letztem, möglichst endgültigem Haltepunkt auf dem Wege zu sich selbst auseinander.

„Truck Stop“, immerhin schon seit knapp 45 Jahren im Geschäft, haben mit „Made in Germany“ ein profundes und durch und durch gefälliges, anregendes Album vorgelegt. Die Zusammenarbeit mit Frank Ramond in puncto Betextung wirkt sich auch und gerade auf die enorme Stilvielfalt der neuen Lieder außerordentlich positiv aus. „Truck Stop“ anno 2017 bedeutet folglich eher Deutschrock und Deutschpop mit flotten, trefflichen Country-Einsprengseln, jenseits von Fernfahrerseligkeit und Western-Klischees. „Made in Germany“ ist eine anspruchsvolle, faszinierende Liedkollektion, die bei weltoffenen Schlagerfreunden ebenso Gefallen finden dürfte, wie bei alteingesessenen Country-Verehrern und aufgeschlossenen Anhängern traditioneller, deutschsprachiger Rockmusik, verfeinert mit Blues- und Folk-Elementen!

Holger Stürenburg, 04./05. April 2017
http://www.telamo.de
http://www.truck-stop.de/

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