MAX RAABE
Heute Nacht (03./04.07.2020), rbb FERNSEHEN: “Max Raabe in Israel” (Wh. v. 2012)!
“Film von Brigitte Bertele, Julia Willmann, Sabine Scharnagl und Bettina Hausler” // 23:45 Uhr – 01:15 Uhr!
Im Herbst 2010 starteten Max Raabe und das Palast Orchester als krönenden Abschluss ihrer Konzerttournee nach Israel. Vier Konzerte gab das Ensemble in Tel Aviv, Haifa und Jerusalem. Sie spielten ihr Programm “Heute Nacht oder nie” vor einem jungen Publikum, das die deutschen Lieder von damals erstmals live hören konnte – aber auch vor einer Zuhörerschaft, die sich an diese Musik erinnerte und sie aus Kindheit oder Jugend in Deutschland kannte.
In den Liedern und Schlagern dieser Künstler verdichtet sich das Lebensgefühl einer Zeit. Fast alle Textdichter waren jüdischer Herkunft, viele von ihnen wurden vom Nazi-Regime ermordet, einigen wenigen gelang die Flucht über Österreich und Frankreich in die USA.
Max Raabes Kunst besteht darin, Denken und Fühlen in seiner ganzen Vielschichtigkeit zum Klingen zu bringen: Zwischen Melancholie und Ironie, Rebellion und Resignation, Elegie und Komik liegen oft nur ein halber Takt oder ein einziges Wort. Bei ihm klingen die 80 Jahre alten Lieder nicht nostalgisch und fern, sondern ganz nah und modern.
Für Max Raabe und sein seit rund 25 Jahren bestehendes Palastorchester waren die Auftritte in Israel eine Premiere. Dass diese Tournee mit deutschen Liedern aus den 1920er-Jahren ein Politikum war, machte für die Musiker einerseits den Reiz aus, war Herausforderung, Geschenk und Chance der Konzertreise. Andererseits war man sich der menschlichen und auch politischen Dimension, die ein Auftritt mit gerade diesem Repertoire in Israel und vor einem israelisch-jüdischen Publikum hatte, voll und ganz bewusst.
Die Dokumentation zeigt, wie Max Raabe in Israel empfangen wurde und welches Echo er auf sein Konzertprogramm bekommen hat. Sie erzählt die Geschichten von Konzertbesuchern, die aus Deutschland geflohen, vertrieben und nicht mehr bereit waren, sich ihrer ursprünglichen Heimat anzunähern. Erst die Lieder aus der Zeit ihrer Kindheit und Jugend machten es ihnen möglich, sich wieder mit diesem Abschnitt ihrer Biografie zu befassen, der über Jahrzehnte hinweg nur mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden gewesen war. So kam es zu Begegnungen, die für beide Seiten zutiefst bewegend waren.
Neben Max Raabe selbst und einigen ausgewählten Musikern des Orchesters stehen einzelne jüdische Besucher der Konzerte im Mittelpunkt des Films: Alte Menschen, die die von Max Raabe interpretierten Lieder aus ihrem früheren Leben kannten und im Rahmen der Konzerte zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder live gehört haben. Menschen, deren Liebe für die Musik der 1920er-Jahre den Krieg überlebt hat, bei denen die alten Schellack-Platten bis zum heutigen Tag aufgelegt werden und eine Brücke in eine lang vergangene Zeit schlagen. Aber auch ein junger Hörer, dessen Familiengeschichte eng mit der Musik dieser Zeit verbunden ist und der durch Max Raabes Musik ein anderes Deutschland für sich entdeckt, das jenseits des Landes existiert, das in den Köpfen der Großeltern und Eltern nur für Leid und Schrecken stand.