WOLFGANG PETRY
smago! Serie "Schlager-Rückblick "Vor 40 Jahren" von Stephan Imming – Teil 63: "Sommer in der Stadt" (6/7 – "Langsamer Rückzug vom Showgeschäft")!
Die Jahre 2001 – 2006!
Zum Missfallen vieler Fans kündigte Petry schon im Herbst 2001 an, nie mehr auf große Tournee gehen zu wollen. Der Bild am Sonntag sagte er in einem Interview: Dieses Kapitel meines Lebens fand mit der Stadion-Tour 1999 einen wunderbaren Abschluss. Ich möchte es den Fans und mir ersparen, dass es mal heißt: 'Der Petry war auch schon mal besser“. Damals war er aber noch bereit, TV-Auftritte zu absolvieren und neue CDs aufzunehmen. Kurz nach den terroristischen Anschlägen am 11. September 2001 erschien Wolfgangs „Achterbahn“-Album. Wenngleich auch damit direkt „Gold“ für 150.000 verkaufte Tonträger erreicht wurde, gelang diesmal nicht der Spitzenreiterplatz in der Album-Hitparade – den hatte damals die Sängerin Enya inne.
Kurz nach Erscheinen des neuen Albums wurde es dann Zeit für die Veröffentlichung von „Die längste Single der Welt Teil 3“. Auch die Veröffentlichung war einerseits ein Erfolg (Top-15), andrerseits war man von Petry andere Dimensionen gewohnt. Immerhin reichte es 2002 erneut für die „Goldene Stimmgabel“, bei der Wolfgang als erfolgreichster Schlagersolist ausgezeichnet wurde. Bei der Ausstrahlung der TV-Show gab es dann aber erneut einen Schock für seine Fans – er streifte nämlich seine Freundschaftsbändchen, die zuvor über Jahre hinweg (neben seinem Schnurrbart) so etwas wie ein Markenzeichen für ihn waren, ab, um sie zu versteigern und den Erlös einem guten Zweck zukommen zu lassen (zu Gunsten der damaligen Flutopfer).
Die nächste „normale“ (nicht Medley-) Single war „Co Co (ha chi kaka ho)“, eine deutsche Version von Sweets gleichnamigen Klassiker der 1970er Jahre. Den deutschen Texten verfassten Cynthia Newman, Holger Obenaus und Norbert Zucker. Der Einsatz von gleich drei Textdichtern sollte sich lohnen, wenn man auf das Ergebnis schaut: „Wir beide werden immer schlimmer – verkommen sind wir sowieso -Du haust mir ständig auf die Finger – und ich rauch heimlich auf'm Klo“. Tja, „konkret“ kann man das schon nennen – die Vorab-Single erreichte immerhin die Top-25 der Single-Hitparade und fand sich auch auf Wolfgangs neuem Best-Of-Album mit dem bezeichnenden Namen „Alles 2“ wieder. Zu dem Anlass gab er dann noch einmal ein einzelnes Live-Konzert in Berlin, das von der ARD aufgezeichnet wurde und am 14. November 2002 ausgestrahlt wurde. Warum die „Co Co“-Nummer so gut zu „Wolle“ passt, wurde bei smago! damals eindrucksvoll begründet (- und das ist jetzt KEIN Scherz! -): „Die Nummer passt wie die Faust aufs Auge zu dem 51-jährigen Schlagerstar, zumal ‚ho chi kaka ho‘ der von ihm favorisierten Fäkalsprache (siehe „Scheißegal") entspricht (‚kaka‘).“ – Die „Best Of“-CD „Alles 2“ schaffte zwar die Top-10 der Verkaufs-Hitparade, es gab erneut „Gold“ – dennoch konnte die Hitkopplung nicht annährend den Erfolg des ersten Teils („Alles“) wiederholen.
Im Herbst 2003 gab es dann wieder ein neues Studioalbum: „Kein Grund zur Panik“, wobei der Titelsong auch als Single veröffentlicht wurde. Die Zeile „Ich bin der Blödmann der Nation“ kam offensichtlich an bei den Fans – die Single schaffte es in die Top-50, das Album in die Top-5 der Charts. Seine CD stellte Petry u. a. erneut in der von Dieter Thomas Heck veranstalteten Sendung „Die Goldene Stimmgabel“ vor – diesen Preis erhielt er nun bereits zum unglaublichen 8. Mal in Folge. Mit „Lange her“ und „Die kleinen Dinge“ waren auf Petrys 2003er-Album wieder zwei Balladen vertreten – neben seinen typischen Partysongs. Zu letzterer Kategorie gehört sicher die zweite Auskopplung „Glaubst Du, ich bin blöd?“, die „Wolle“ in der damals von Carmen Nebel moderierten Show „Das Herbstfest der Volksmusik“ vorstellte – es reicht noch einmal für eine Top-100-Position (danach sollte er über 10 Jahre warten müssen, bis er wieder die Single-Charts erklimmen würde). Böse Zungen behaupten, Wolfgang stelle in dem Lied rhetorische Fragen: „Glaubst Du, ich bin blöd? Glaubst Du, ich bin blind? Hältst Du mich für dämlich? Für’ nen Typ, der spinnt?“…
Im November 2003 zeigte Petry sich dann wieder von seiner geschäftstüchtigen Seite – aus den Weihnachtsalben „Freude“ und „Freude 2“ wurde eine Compilation namens „Freudige Weihnachten“ zusammengekoppelt – garniert mit drei neuen, bis dato unveröffentlichten Weihnachtsliedern. Mehr als eine Top-60-Notiz war mit dem Album allerdings nicht drin. – Unter dem Strich reichte es damit 2004 erstmals seit acht Jahren NICHT für Hecks „Goldene Stimmgabel“.
Im Herbst 2004 war es dann wieder Zeit für ein neues Album. Das neue Motto hieß in jenem Jahr „Typisch“. Die Plattenfirma (damals BMG Berlin) ging aber eher untypische Vermarktungswege, so wurde die CD damals in drei Konfigurationen mit unterschiedlicher Ausstattung angeboten: „Basic“ (für 9,99 EUR erhielt man das aus 12 Titeln bestehende Album ohne Booklet), „Standard“ (für 12,99 EUR erhielt man das Basic-Album zzgl. der Karaoke-Version von „Ruhrgebiet“ und ein privates Video sowie ein Booklet) und „Premium“ – für 16,99 EUR gab es zwei Bonus-Titel und eine „Ersatz-CD“ (z. B. für das Auto) sowie einen Internet-Zugang und einen Klingelton. Für 100.000 verkaufte Einheiten gab es zwar erneut „Gold“, allerdings reichte es nicht ganz für die Top-10 der Albumcharts (mit Platz 11 wurde das knapp verfehlt). Auch die Single-Auskopplung „Typisch Frau – typisch Mann (Heia)“ war nicht mehr so erfolgreich wie viele der Vorgänger-Hits.
Zum Weihnachtsgeschäft 2004 gab es… nein, NICHT die von vielen erwartete „längste Weihnachts-Single der Welt“…, sondern eine weitere „geniale“ Marketing-Idee: „Alles Karaoke“ – Fans bekamen damit die Möglichkeit geboten, elf von Petrys Hits selbst zu Hause nachsingen zu können.
Im Frühjahr 2005 gab es einen weiteren „genialen“ Marketing-Coup – man entschloss sich zur Veröffentlichung des Albums „Die längste Single der Welt – das Album“. Neben den drei erfolgreichen zuvor erschienenen entsprechenden Maxi-CD-Teilen wurde noch ein exklusiver vierter Teil auf dem Album verkoppelt – es nutzte nicht viel, mehr als ein Top-70-Platz in den Albumcharts war damals nicht drin. Trotzdem reichte es 2005 (nach einem Jahr „Aussetzen“) wieder für die Goldene Stimmgabel. Zuvor trat Petry im Frühjahr in der RTL-Show „Die Ultimative Charts-Show“ auf, bei der die „erfolgreichsten Dauerbrenner“ gesucht wurden. Damals war die „längste Single der Welt“ (Teil 1) nicht zu schlagen – selbst „Last Christmas“ war damals nicht so viele Wochen in der deutschen Hitliste notiert wie Petrys Hit-Potpourri.
Seiner Heimatstadt Köln widmete Petry im Herbst 2005 ein ganzes Album: Auf „Ich bin ene Kölsche Jung“ sang er die beliebtesten Kölner Mundart-Lieder seiner Heimatstadt.
Auch das nächste Album war wieder ein Album mit Cover-Songs – diesmal guckte sich „Wolle“ „Meine Lieblingslieder“ von Kollegen wie Drafi Deutscher, Heinz-Rudolf Kunze und Jürgen Renfordt aus. Das Konzept floppte – genau eine Woche war Petry damit in den Top-100 der Albumcharts.
Weit erfreulicher lief es privat. Der 19. April 2006 war ein besonderer Tag bei den Remlings: Enkel Wolfgang Amadeus.. äääh, Giorgio Amadeo Remling wurde als Kind von Achim Remling geboren – damit war Wolfgang Petry Opa.
1996 – zum 20. Bühnenjubiläum – wurde die „Best Of“-CD „Alles“ veröffentlicht – der Erfolg war (wie inzwischen mehrfach erwähnt) einfach nur gigantisch. Was lag also näher, als es 2006, zum 30. Jubiläum, noch einmal zu probieren? – Folgerichtig wurde im September 2006 die CD „30“ veröffentlicht. Neben 20 großen Erfolgen war auch eine Neuaufnahme auf dem Sampler vorhanden, die Single „Die Jahre mit euch“. Bei der fast schon obligatorischen Verleihung der „Goldenen Stimmgabel“, die diesmal sogar in Platin fällig wurde, ließ „Wolle“ dann die Bombe platzen: „Die Jahre mit euch“ sei sein Abschiedslied, er wolle sich komplett von der Bühne verabschieden. In dem Lied werden noch mal viele der großen Petry-Hits zitiert und aneinandergereiht – ein ähnliches Konzept hat Matthias Reim übrigens 1999 mit seinem „Verdammt ich lieb Dich … immer noch“ vorgelegt. – Mit dem Lied verabschiedete er sich innerhalb der TV-Show „Die Goldene Stimmgabel 2006“ von seinem Publikum. Seine Aussage war, dass er sich vom Musikgeschäft zurückziehe, weil der Zeitpunkt gekommen sei, um dieses ereignisreiche Kapitel in seinem Leben abzuschließen. Warum der Abschied ausgerechnet in der „Goldenen Stimmgabel“ verkündet wurde, dafür gab es laut Petry einen einfachen Grund – er verkündete am 16. September 2006: „Ich habe bei Heck in der ZDF-Hitparade angefangen, jetzt höre ich bei Heck auf. Der Kreis schließt sich.“ – Offensichtlich waren viele Fans sehr berührt davon, seine Hit-Zusammenstellung „30“ erreichte immerhin die Top-10 der Album-Hitparade.
In einem „Abschiedsbrief“ an seine Fans bedankte sich „Wolle“ noch mal für deren langjährige Treue: „Ich freue mich nun auf neue, auf andere Herausforderungen. Ich freue mich auf die Zeit, die vor mir liegt. Seid nicht böse, dass ich darüber nichts verrate. Es wird kein öffentliches, sondern ein privates Leben sein, ganz unspektakulär, nichts Besonderes. So wie bei jedem von Euch. Ein stinknormales Leben. Wolfgang Petry sagt: Tschüss, Freunde, macht es gut! Vielen, vielen Dank für alles! Schön war die Zeit!“. Das ZDF schwelgte in Erinnerungen und strahlte dem Anlass entsprechend im Oktober die Wolfgang-Petry-Kultnacht mit vielen TV-Auftritten der Vergangenheit aus. (Etwas verspätet, wurde diese Retrospektive im Oktober 2007 auch als DVD auf den Markt gebracht).
Stephan Imming, 01.09.2016
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