VICKY LEANDROS
smago! CD-Kritik "Ich weiß, dass ich nichts weiß"!
Ihr bislang letztes Studioalbum (2010) hieß „Zeitlos“! Ihr neues Album („Ich weiß, dass ich nichts weiß“) IST es!
((Sie weiß, dass sie nichts weiß. Und weiß somit mehr, als die, die nicht wissen, dass sie nichts wissen …))
Ist das noch Schlager – oder ist das schon Kunst …? Die Wahrheit liegt genau irgendwo dazwischen! Und was den Begriff "Schlager" betrifft, so versicherte sie gerade in einem Exklusiv-Interview mit dem Magazin "Herzschlager" von MÜLLER Multimedia, das sie unter der Bezeichnung 'Schlagersängerin' "NICHT GELITTEN" habe: "Als ich jung war, fand ich es nicht so gut, 'Schlagersängerin' genannt zu werden, aber mit den Jahren bin ich gelassener geworden und das ist dann auch in Ordnung." (An dieser Einstellung sollten sich die Howard Carpendales & Co.'s vielleicht einmal ein Beispiel nehmen.)
Das bislang letzte Studioalbum von Vicky Leandros (aus dem Jahre 2010) hieß "Zeitlos". Ihre neue CD "Ich weiß, dass ich nichts weiß" IST es! Zeitlos. Ein Album – so zeitlos wie sie selbst.
Immer und immer wieder hat sich Vicky Leandros im Laufe der Jahre neu erfunden. Wobei ihre neue Veröffentlichung deutlich "geschmeidiger" ausgefallen ist als das doch ziemlich kontrovers diskutierte Album "Möge der Himmel", das sie 2009 mit Xavier Naidoo aufgenommen hat. Vicky Leandros selbst steht noch immer voll und ganz hinter dieser Produktion, wie sie unlängst gegenüber smago! ganz ausdrücklich betonte: "Das Album 'Möge der Himmel' von Xavier war ein außergewöhnliches und eines meiner besten. Xavier hat fast alle Lieder selbst geschrieben und getextet. Er ist ein Meister im Texten und er hat auch alles selbst komponiert."
DAS beste Album hat sie möglicherweise gerade mit "Ich weiß, dass ich nichts weiß" abgeliefert. Die Songs wurden mit immensem Aufwand produziert. Es verlangt uns allergrößten Respekt ab, in der heutigen Zeit noch so etwas Schönes zu produzieren.
Den Einstiegssong "Das Leben und ich" beginnt mit einem "Nothing Compares 2 U" ähnlichen Intro, orientiert sich dann jedoch eher von Sinéad O' Connor in Richtung Spätwerk von Mary Roos ("Unbemannt"). Mit "Das Leben und ich" hat Vicky Leandros bereits jetzt den perfekten "Opener" für ihre große Jubiläumstournee 2016 im Gepäck …
Das Titelstück "Ich weiß, dass ich nichts weiß" erinnert – rein von der Machart und vom Aufbau her – ein ganz kleines bisschen an "Karneval" von der noch blutjungen Marianne Rosenberg, beweist dann aber doch schnell absolute Eigenständigkeit. Das könnte ein echter Club-Hit werden …
"Mein Lied für dich" muss sich hinter Elton John's "Your Song" in absolut keiner Weise verstecken. Ein Traum von einem Song!
Die Leichtigkeit des Seins besingt die alterslose Vicky Leandros in "Warum kann's nicht immer so sein?".
Was das Album "Ich weiß, dass ich nichts weiß" mit so unendlich spannend macht, ist der schier kaum mehr fassbare Interpretations-Spielraum, den die Texte zulassen – allen voran "Mama, ich werde alt!". So war smago! Chefredakteur Andy Tichler felsenfest davon überzeugt, dass Vicky in dem Text die Beziehung ihrer Tochter zu ihr beschreibt. Wie man mittlerweile weiß, beschreibt Vicky in "Mama, ich werde alt!" jedoch eher die Beziehung zwischen ihrer Mutter und ihr. Nicht nur der Text zieht einen schier in seinen Bann, auch die musikalische Umsetzung packt einen bis ins Mark.
In "Du kannst auf mich zählen" spricht sie einem ihrer Ex-(Beziehungs-)Männer ("das mit uns zwei'n ist schon so lange her") Mut und Trost zu. Ein beeindruckender Song!
Ein weiteres echtes Highlight ist "Ich will alles". Hier räumt Vicky Leandros mit entwaffnender Ehrlichkeit ein: "Ich kann so stur sein / und setze alle meine Waffen ein / Denn ich will alles und werd' erst lieb und still / wenn ich bekomm', was ich will". Eine Aussage, an der unter Garantie niemand zweifeln wird.
Bei "Ein Zuhause" handelt es sich um eine grandiose Ohrwurm-Ballade.
Weitestgehend balladesk kommen auch die Stücke 9 – 12 daher: "Der Vorhang fällt", "Frag den Wind", "Der Sommer unsres Lebens" (mit stark autobiografisch gefärbtem Text!) und "Still" – im Original von Jupiter Jones nicht gar so 'still' -.
Auch wenn (beziehungsweise: gerade weil!) die Balladen auf "Ich weiß, dass ich nichts weiß" fast in der Mehrzahl sind, so dürfte "Ich weiß, dass ich nichts weiß" als eines der organischsten Alben der letzten Jahre in die Musikgeschichte eingehen. Und die Frage, warum die Fans ganze fünf Jahre auf die neue CD warten mussten, hat sich beim Ab- und Durchhören des neuen VL-Albums ein für alle Mal erübrigt.
"Ich weiß, dass ich nichts weiß" – ein Album so gut, dass es fast schon unverschämt ist.
Andy Tichler, Chefredakteur www.smago.de
http://www.ariola.de
http://www.vickyleandros.eu/

