UDO JÜRGENS
smago! exklusiv vorab: Die Udo-Jürgens-Serie "Sein Leben – seine Erfolge"! Teil 9: "Sag' mir wie"!
Von den unzähligen Udo-Fans bereits mit großer Spannung erwartet: Die neue Folge der Udo-Jürgens-Reihe von René Jochade…:
"Ein Talisman,
ein paar Briefe und dein Bild,
das ist alles, was mir noch blieb…"
hatte Udo einst auf einer seiner ungeliebten Polydor-Scheiben gesungen. Und ein Talisman begleitete ihn diesmal auch zu seinem dritten großen Grand-Prix-Anlauf nach Luxemburg.
Eine französische Journalistin war es gewesen, welche ihm kurz zuvor die Nachbildung eines Dolches geschenkt hatte, wie die Korsen ihn früher zu Zeiten der Blutrache benutzt hatten.
"Dieser Dolch hat mir selbst schon soviel Glück gebracht, wie ich Ihnen heute wünsche!" hatte ihm die gute Frau noch kurz zuvor mit auf den Weg gegeben. Und Udo, welcher wie immer entsetzliches Lampenfieber hatte, klammerte sich an diesen Halt.
Doch bereits im Hotel ging es diesmal sehr merkwürdig zu: Udo war auf der Suche nach einer BILD-Zeitung, weil er unbedingt wissen wollte, wem die Millionenzeitung am Tage des großen Europafestivals die besten Sieg-Chancen einräumte. Doch es war wie verhext – nirgendwo war eine Ausgabe zu bekommen!
Der Hotelboy, nach welchem Udo in seiner Not klingelte, konnte ihm auch nicht weiterhelfen:
"Tut mir leid, Monsieur Jürgens, im ganzen Hotel ist keine BILD-Zeitung zu finden."
"Dann lauf zum Zeitungsstand am Bahnhof!"
Doch auch hier war aus unerfindlichen Gründen bereits alles ausverkauft.
Des Rätsels Lösung:
BILD hatte an diesem Tag geschrieben, daß Udo Jürgens mit seinem Lied "Merci Chérie" nicht die Spur einer Chance hätte.
Kaum hatten Udos Freunde Thommy Hörbiger und Hans R. Beierlein dies gelesen, ließen sie auch schon im Eilzugtempo alle nur irgendwie erreichbaren Exemplare dieser Zeitung im Hotel und dessen näherer Umgebung aufkaufen, weil sie genau wußten: Dies durfte Udo vor seinem Auftritt auf gar keinen Fall lesen!
Gleichzeitig nahmen sie ihn so schnell wie möglich liebevoll in ihre Mitte und ließen ihn nicht mehr aus den Augen. Als weitere "Gegenmaßnahme" verbreiteten sie unter den anwesenden Journalisten das Gerücht, daß Udo Jürgens es diesmal ganz sicher machen werde, was ihrem Schützling zusätzliche Sicherheit geben sollte.
Es nahte die Stunde der Entscheidung. Udo steckte unauffällig seinen Talisman in die Tasche und setzte sich ans Klavier.
Und schon nach den ersten Takten fiel die ganze Aufregung von ihm ab. Udo fühlte, daß dies sein Tag werden sollte!
"Merci, merci, merci, für die Stunden Chérie…" – es wurde mucksmäuschenstill in dem riesigen Saal.
Ganz Europa konnte nun an den Bildschirmen mitverfolgen, wie sich ein Udo Jürgens die Seele aus dem Leib sang.
Danach war Udo wie in Trance. Dieser Zustand hielt auch an, als die große Auszählung begann, welche endlose zwanzig Minuten dauern sollte.
"Das ist die schlimmste Folter, die es gibt" erinnerte sich Udo später.
Doch immer mehr Punkte prasselten auf ihn herein, und schließlich stand fest: Udo Jürgens ist der Sieger des Grand Prix Eurovision de la Chanson 1966!
Endlich war die Spannung gelöst, und Udo, welcher als Sieger nun ein zweites Mal sein Lied vortragen durfte, bedankte sich überglücklich mit den Worten "Merci Jury".
Der kleine Dolch als Talisman hatte also seinen Zweck erfüllt!
Bis sechs Uhr in der Frühe feierte Udo mit seinen Freunden Hans R. Beierlein, Thommy Hörbiger und Schlagzeuger Bob Blumenhofen den Sieg, währenddessen bereits Angebote aus aller Welt bei ihm eingingen…
Mit einem Kuß gab Udo den Talisman später an die edle Spenderin zurück – er wollte auf gar keinen Fall von ihm abhängig werden.
Udo war also für's Erste am Ziel seiner Wünsche. Doch wie hart hatte er sich diesen Erfolg erarbeiten müssen!
Weitere sechs Singles wurden in den Jahren 1964 und 1965 von ihm aufgenommen: "Finito l'amore / Einer wird gehen", Frag' nie / Du darfst nicht geh'n", "Abbracciami forte / Se partirai", "Sag' ihr, ich lass' sie grüßen / Du sollst die Welt für mich sein" sowie "Siebzehn Jahr, blondes Haar / So wie eine Rose" – alle mit steigendem Erfolg! Dazu kamen natürlich noch die fremdsprachigen Versionen, welche sich in den entsprechenden Ländern ebenfalls gut verkauften. Am Wichtigsten aber war es, daß er diesmal ihr eigener Interpret war.
Kein Geringerer als Dino de Laurentiis erteilte Udo daher bereits im Jahre 1965 die ehrenvolle Aufgabe, den Soundtrack für seinen Film "I tre volti" (Die drei Gesichter einer Frau) in fünf (!) verschiedenen Sprachen aufzunehmen.
Da dieser Film, in welchem die persische Ex-Kaiserin Soraya eine Hauptrolle spielte, leider floppte, wurde später aber nur die italienische Version "Camminando per Roma" auf Vinyl gepreßt.
Auch in dem italienischen Musikfilm "Questo pazzo, pazzo mondo della canzone" (Die total verrückte Welt des Schlagers) durte Udo 1965 einen altbekannten Titel singen: "Peccato che sia finita così" (Warum nur, warum).
Hatte er sich zuvor im Jahre 1964 noch ein letztes Mal zu einer Mitwirkung bei den Tanten-Filmen ("Unsere tollen Tanten in der Südsee") hinreißen lassen, wurde er nun auch in dieser Richtung etwas vorsichtiger.
Eine Ausnahme gab es allerdings bei dem Film "Siebzehn Jahr, blondes Haar" (Uno dei mods), in welchem er neben dem gleichnamigen Song auch sein "Merci Chérie" singen konnte, welches allerdings in einigen ausländischen Fassungen des Films fehlt.
Auch im Fernsehen ließ sich Udos Karriere weiterhin verfolgen. Spielte er im Jahre 1963 noch in der Fernseh-Musikalette "Safeknacker-Suite" an der Seite von Ralf Wolter, Hubert von Meyerinck und Walter Gross mit, so war er 1965 bereits zusammen mit Vico Torriani in "Motel Victoria" wo sehen, wo Letzterer Udos große Popularität im Ausland auf seine eigene humorvolle Art und Weise würdigte.
International war Udo Jürgens also zweifelsohne schon vor "Merci Chérie" ein großer Star, aber erst der Grand-Prix-Erfolg sollte ihm nun endlich auch in Deutschland Tür und Tore öffnen. Eine Karriere konnte ihren Lauf nehmen, welche beispiellos ist!
Zuvor allerdings wurde Udo ein weiteres Mal Vater. Und diesmal sollte es sogar eine "Jenny" werden!
Panja schrieb dazu: "Ich war im fünften Monat, als die Wehen kamen. Udo und ich saßen in einem Schwabinger Lokal, als mich plötzlich ein stechender Schmerz im Unterleib packte. Udo fuhr mich sofort ins Krankenhaus. Die Ärzte verordneten mir absolute Ruhe. Ich mußte zwei Monate in der Klinik bleiben, um eine Frühgeburt zu vermeiden.
Es wurde trotzdem eine: Jenny ist ein Siebenmonatskind! Sie mußte gleich in einen Brutkasten und in eine Spezialklinik. Mehrmals mußte ihr Blut ausgetauscht werden. Wir alle konnten nur noch beten. Große Hoffnung bestand für das Baby nicht!
Udo war mal wieder nicht da! Er hatte in Berlin zu tun. Aber ich muß sagen, er hat sich ganz toll verhalten. Wir haben telefoniert, er ist ins Flugzeug gestiegen und zu mir gekommen. Tagelang hat er an meinem Wochenbett gesessen, mir die Hand gehalten, versucht, mich zu beruhigen. Er ist nicht von meiner Seite gewichen!
Zehn Tage haben wir nicht gewußt, ob Jenny durchkommen würde. Sie hatte eine Gelbsucht. Ich durfte wie üblich nach acht Tagen nach Hause, konnte aber mein Kind nicht mitnehmen. Als ich es das erste Mal hinter einer Glasscheibe sah und dazu das aufmunternde Lächeln der Krankenschwester, weinte ich vor Glück.
Nach sechs Wochen haben wir die Kleine dann endlich abholen können. Sie wog gerade sechs Pfund. Doch von da an hat sie normale Nahrung bekommen und sich gut entwickelt.
Noch ein zweites Mal schwebte unsere Tochter zwischen Leben und Tod. Und das war für mich mindestens genauso schrecklich. Sie war eineinhalb Jahre alt. Ein Kindermädchen paßte auf sie auf, wenn ich mal kurz nicht da war.
So auch an diesem Morgen, als ich einkaufen ging.
Ich komme zurück in unser Haus – wir hatten mittlerweile einen Neun-Zimmer-Bau in Vaterstetten bei München – und sehe das Mädchen am Ende der Treppe vom ersten Stock stehen, in jeder Hand einen Fuß von Jenny. Die Kleine hing mit dem Gesicht nach unten. Leblos, ohne Regung. Ich bin raufgerannt, hab' vier Stufen auf einmal genommen. Überhaupt nicht geredet, keine Fragen gestellt.
Ich riß dem Mädchen das Kind aus der Hand und habe Jenny geschüttelt und auf den Rücken geklopft. Da kam viel Wasser aus ihrem Mund. Ihre Nägel waren schon genau wie die Lippen blau angelaufen. Da habe ich versucht, Herzmassage zu machen und nach einem Arzt telefoniert. Der kam dann auch gleich. Das war Rettung in letzter Sekunde.
Was genau passiert war, habe ich erst Stunden später erfahren: Das Mädchen hatte beide Kinder gebadet. Jenny hat sie zuerst in die Wanne gesetzt. Jonny stand daneben. Da läutete das Telefon. Und während meine Haushälterin und Jonny instinktiv nach nebenan rannten, muß Jenny sich ein Spielzeug gegriffen haben. Dabei ist sie ausgerutscht und unter Wasser geraten.
Wenn ich nicht in diesem Augenblick nach Hause gekommen wäre – Gott weiß, was passiert wäre. Mein Hausmädchen war nämlich völlig hilflos, weil sie so geschockt war. Als ich Udo später die Geschichte erzählt habe, ist er kreidebleich geworden und fast zusammengebrochen."
Aber das war leider noch nicht alles. Auch die ersten privaten Krisen traten auf:
"Ungetrübte Freude hatte ich in den ersten Jahren mit Udo trotz aller Liebe nicht. Es gab Probleme, vor allem was Vertrauen und Freiheit anging. Ich habe schon nach wenigen Monaten gespürt, daß Udo mir nicht immer treu war. Und auch ich habe ihn ein paarmal hintergangen – aber nur bis zur Hochzeit.
Doch bei Udo ging das weiter: Die Mädchen riefen bei uns an, schickten ihm glühende Liebesbriefe, die ich allerdings nie gelesen habe. Oder ich habe Lippenstiftspuren an seinem Hemdkragen entdeckt, die ich dann auch noch weggewaschen habe. Oder auf Zetteln gekritzelte Telefonnummern in den Taschen seiner Anzüge. Ich war wahnsinnig eifersüchtig damals und hab' überall rumgeschnüffelt.
Den ersten klaren "Beweis" für seine Untreue fand ich dann in seinem Auto. Hinter dem Sitz lag ein Paar zerknitterte Damenstrümpfe. Ich habe ihn zur Rede gestellt. Er hat sich gewunden wie ein Aal und versucht, mir eine Geschichte unterzujubeln: Dieses Mädchen gehöre zur Band und habe sich in Ermangelung einer Extra-Garderobe im Wagen umziehen müssen. Ich hab' ihm natürlich nicht geglaubt.
Aber Udo hat nie etwas zugegeben. Es hat Kräche gegeben und Auseinandersetzungen, daß die Fetzen flogen. Es war katastrophal. Vor allem hielt Udo gerne 'Grimms Märchenstunde' ab: 'Das stimmt doch überhaupt nicht, was die Leute da erzählen. Das ist eine Frechheit, was die so reden. Ich finde es überhaupt eine Unverschämtheit, dir so was zu sagen.'
Doch ich wußte jedesmal, wenn Udo schwindelte. Er ist nämlich ein miserabler Schwindler. Ich erkenne das sofort daran, wenn er laut wird, wie er alles ausschmückt, wie er gestikuliert. Noch im gleichen Jahr kam Udos Folge-Single von "Merci Chérie" auf den Markt. Ihr Titel: "Sag' mir wie / Bleib bei ihr".
Beide Nummern sollten nicht nur für Udos Ehe eine besondere Bedeutung erlangen, sondern einer davon auch für eine tschechoslovakische Fernsehserie, welche in dieser Zeit Geschichte schrieb: "Ein Lied für Rudolf III." (Píseň pro Rudolfa III.).
Darüber, und wie "Hans R. Beierlein" Udos Ehe zu retten versuchte, lesen sie bitte in der nächsten Folge: "Es ist noch nicht zu spät"!
VIDEO-LINKS
Udo Jürgens in "Motel Victoria"…:
"Peccato che sia finita così"…:
"Siebzehn Jahr, blondes Haar"…:
"Sag mir wie" // "Nobody Knows"…:
Foto-Credit: Domonik Beckmann für Ariola / Sony Music
René Jochade (Textvorlage)
http.//www.ariola.de
http://www.udojuergens.de