UDO JÜRGENS
"Merci, Udo!" – Premium Edition (2/3): CD 2 – Karrierehöhepunkte der 60er bis frühen 80er Jahre, gern gehörte Hits und einige Raritäten!
Udo-Jürgens-Kenner Stephan Imming bespricht die 24 (!) Tracks des zweiten Albums …:
1. Siebzehn Jahr, blondes Haar (1965, Orchester Rudi Bauer)
Erneut kann man sagen: Dass ich das noch erleben darf – Sony Music verkoppelt erstmals die ursprüngliche Original-Version des Klassikers „17 Jahr“ – bislang wurde ausnahmslos die von Udo so gehasste Version, die erstmals auf der LP „Stars in Gold“ veröffentlicht wurde, auf den Markt gebracht. (Dass Udo die 1972er Version grauenhaft fand, hat er mal in einem Interview gesagt, das ich bei Youtube hochgeladen habe. Das wurde vorsichtshalber dort aber wieder gelöscht…..). Alleine auf mindestens 16 Udo-CDs findet sich die ungeliebte Version, darüber hinaus auf unzähligen Samplern. Nun endlich hat man die im damals typischen Beat-Rhythmus, der etwas an den Supremes-Sound erinnert, gehaltene Version auf CD gebracht, die bislang nur auf dem bereits erwähnten Laserlight-Sampler zu hören war – klasse!
Spannend ist, dass der von Kumpel Thomas Hörbiger (mit) getextete Klassiker bereits ein Top-5-Hit in Deutschland war, bevor Udo mit „Merci Cherie“ bei der Eurovision antrat. National hatte er seinen Durchbruch also durchaus bereits vor seinem Grand-Prix-Sieg, der ihm dann aber international weitere Türen öffnete. Bis heute ist der Titel ein Evergreen, der gerne gecovert wird – u. a. von Dieter Thomas Kuhn, Mike Bauhaus und Frank Zander.
2. Reach For the Stars (Woher ich auch komm) (1961 / 1967)
1960 kam Udo mit seinen eigenen Kompositionen bei der Plattenfirma Polydor nicht weiter. So kam es, dass sein WG-Kumpel Frank Forster den Titel „Woher ich auch komm – wohin ich auch geh“ 1960 aufnahm und als B-Seite einer Single veröffentlichte. Über durch Ralph Maria Siegel, dem Vater von Ralph Siegel, vermittelte Kontakte gelangte der Song zu Shirley Bassey, die den Titel 1961 aufnahm und am 15. September 1961 für eine Woche zu einem Nummer-1-Hit in Großbritannien machte. Erst Jahre später, 1967, nahm Udo den Titel selbst noch mal für die bei Vogue erschienene LP „Portrait in Musik Folge 2“ auf. Erstmals überhaupt ist diese Aufnahme nun auf CD erhältlich.
3. Du sollst die Welt für mich sein (1965, Orchester Rudi Bauer)
Mitte der 1960er Jahre war man (bzw. konkret Hans R. Beierlein) bemüht, Udo international aufzubauen, insbesondere ging die Reise hin zum französischen Chanson. Die beiden französischen Textdichter André Salvet und Claude Carrere, die später auch den französischen Text von Udos „Merci Cherie“ verfassten, schrieben auf eine Komposition Udos den Text „Quand l’amour nous tient“. Der Titel wurde auch auf Englisch veröffentlicht („Without You“). In deutscher Fassung verfasste der sehr bekannte und renommierte Textdichter Ernst Bader den Text „Du sollst die Welt für mich sein“, der auf der B-Seite der Eurovisions-Single „Sag ihr, ich lass sie grüßen“ verewigt wurde.
Erstmals überhaupt ist Udos Version des Titels auf CD erhältlich – bislang konnte man nur die bemerkenswerte Fassung René Kollos digital erwerben, der das Chanson in der TV-Show „Musik war meine erste Liebe“ vortrug.
4. Sag mir wie (1966, Orchester Hans Hammerschmid)
Der Nachfolgehit von „Merci Cherie“ war auch ein Riesen-Erfolg in Deutschland – genau wie „Merci Cherie“ kam Udo mit dem von Joachim Relin (bürgerlich Hans-Joachim Balke) getexteten Song bis auf Platz 4 der deutschen Charts. Die hier verkoppelte Originalversion wurde zuvor lediglich auf dem Laserlight-Sampler veröffentlicht – sehr schön, dass der tolle „Kracher“ nun endlich wieder verfügbar ist.
Udo hat den Titel mehrfach neu aufgenommen – 1978 in einer von Joachim Heider produzierten Disco-Version für die LP „Lieder, die auf Reisen gehen“ und 20 Jahre später für die CD „Aber bitte mit Sahne II“. Das eindringliche Original ist meines Erachtens klar die beste Version.
5. Geh vorbei (1967)
Bereits im Oktober 1966 fand in Rio de Janeiro das „Festival Internacional da Cancao Popular“´statt – ein südamerikanisches Songfestival. Udo Jürgens sang als Vertreter Österreichs den von Günther Loose getexteten Titel „Geh vorbei“ (interessanterweise ist auf alten Platten als Songautor übrigens NUR Udo Jürgens genannt). Udos Live-Auftritt war gigantisch, mit großem Orchester ließ er anklingen, was für ein Entertainer in ihm steckt. Dennoch reichte es „nur“ für einen Platz im guten Mittelfeld (10. von 27). Im Jahr 1967 wurde der Titel als Single ausgekoppelt und kam sogar in die Charts (als „Umseite“ des Lieds „Es ist noch nicht zu spät“). Der TV-Moderator Günther Jauch hat im Fernsehen erzählt, dass dieser Titel von Udo seine erste Single war, die er je besessen hat. Mit diesem Song war Udo letztmals für die Plattenfirma „Vogue“ in den Charts, fortan erschienen seine Hits unter dem Ariola-Label. Auch dieses Chanson war bislang nur auf der Laserlight-CD zu finden.
6. Mathilda (1968, Orchester Alain Goraguer)
Im Herbst 1968 schaffte Udo es mit einem in englischer Sprache gesungenen Cover-Song in die Charts. Eine erfolgreiche Version aus dem Jahr 1953 von Harry Belafonte war bereits ein Hit, aber auch Udos Version kam sehr gut an – er schaffte es bis auf Platz 6 der Single-Charts. Von dem Lied gibt es eine (lange) Album-Version und eine (verkürzte) Single-Version. In diesem Fall wurde auf die (recht weit verbreitete) lange Version zurückgegriffen. Die Internetseite „Wikipedia“ berichtet darüber, worum es in diesem hoch anspruchsvollen Lied geht: „Das Lied handelt davon, dass Mathilda ihrem Liebhaber das Geld, welches er unter dem Kopfkissen versteckt hat und mit dem er ein Haus und Land kaufen wollte, stiehlt und damit nach Venezuela verschwindet.“
7. Anuschka (1969, Orchester Robert Opratko)
Im Jahr 1969 ging es recht frivol zu – auch der Nachfolgehit von „Es wird Nacht Senorita“ war recht schlüpfrig, wobei das für Udo ja nichts wirklich Neues war: „Die Taktik war nicht neu – ich fuhr mit ihr ins Heu“ – aber: „Liebe heut nix gut“. Auch das russische Wort für „auf Wiedersehen“ („do swidanja“) ist bei Udo recht beliebt – beispielsweise hat er ein Jahr zuvor ein melancholisches gleichnamiges Lied auf den Markt gebracht, das übrigens vom gleichen Textdichter getextet wurde wie „Anuschka“ (Walter Brandin). Jahre später bemühte Udo das Wort erneut in seinem Hit „Ich sah nur sie“. Vielleicht sind das Belege für Udos offensichtlich vorhandene Affinität zu Russland.
Zurück zur Anuschka – die damalige Klamauk-Schiene lief super. Der Song war übrigens Udos allererste Single. Ähm – nein, das stimmt natürlich nicht – aber diese Behauptung hat er kurioserweise mehrfach bei Konzerten seiner letzten „Mitten im Leben“-Tour aufgestellt. Vielleicht hat ihm das seine damalige Lebensgefährtin so „ins Ohr geflüstert“ – ähnlich haarsträubenden kompletten Unsinn hat die ja auch in anderen Zusammenhängen geäußert – Widerspruch war da zwecklos – leierd hat man dann offensichtlich lieber das Nostalgie-Medley aus dem Konzert genommen als richtigzustellen, dass Udo sehr wohl auch schon vor „Anuschka“ Tonträger veröffentlicht hat. – Der Song schaffte es bis auf Platz 6 der deutschen Single-Bestenliste.
Ursprünglich wurde die Single in einer sehr kurzen Version veröffentlicht, später dann in einer längeren Version. Erstmals wird auf „Merci Udo“ die kürzere ursprüngliche Single-Version digital veröffentlicht.
8. Zeig mir den Platz an der Sonne (1971, Arrangeuer Boris Jojic)
Eine langjährige Tradition war im vergangenen Jahrhundert, jährlich ein Lied für die Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ zu küren. Leider sind die ausgewählten Lieder nur selten zu Hits geworden – den größten Erfolg eines Fernsehlotterie-Liedes dürfte Udo mit seinem von Eckart Hachfeld getexteten Schlager „Zeig mir den Platz an der Sonne“ gehabt haben, so dass man ihn zwei weitere Male das Lotterie-Lied schrieben ließ („Lied für alle, die einsam sind“, 1976 und „Ist das nichts“, 1980).
Sehr typisch für die damalige Zeit ist, dass Textdichter Hachfeld auch nachdenklich-kritische Töne anschlug („Wen kümmern noch des Nachbarn Schmerzen? Wer hilft dem Nächsten durch die Tat? Wir haben Riegel vor den Herzen – und um die Seele Stacheldraht!“). Musikalisch erinnert der Schlager merklich an den damaligen Superhit „Butterfly“ von Danyel Gerard. Udo war halt immer dran am Zeitgeist…
Von besonderer Bedeutung ist der „Sonne“-Song für einen Fußballverein. Der Gladbecker Medizintechniker Gerd Heim verpasste sich 1972 den Künstlernamen Gerd Recat. Der kaufte für 444 DM die Playbackrechte am Udo-Hit und gab dem Song einen eigenen Namen: „Zeig mir den Platz in der Kurve – wo alle Schalker zusammensteh’n“. Die Single verkaufte sich ordentlich und wird bis heute „auf Schalke“ gerne gesungen – ein weiterer Beleg für Udos Fußball-Affinität.
9. Der Teufel hat den Schnaps gemacht (1973, Produktion: Ralph Siegel)
Im Jahre 1973 befand sich Udo in einem kleinen Karriereloch. Das von ihm geschriebene Musical „Helden, Helden“ wurde nicht so angenommen, wie er sich das erhofft hatte. Seine letzten Schallplatten („Ich bin wieder da“, „Vergiss die Liebe nicht“) verkauften sich nicht so wie die früherer Tage. In jener Zeit kam es zum Kontakt zur Grand-Prix-Ikone Ralph Siegel. Dessen Vater hat ja, als Verleger von Udos Songs, schon einen sehr guten Draht zu Udo gehabt. Nun nahm sich der Junior Udos an – und holte direkt einen großen Hit heraus. Mit „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“ schaffte er es bis auf Platz 11 der Single-Hitliste und mahnte und warnte die Männerwelt: „wer zu viel säuft, ist leider oft – nur noch ein halber Mann“. Musikalisch originell war der Einsatz der Mundharmonika in dem Schlager. – Viele Jahre später coverte Udo sich selber und produzierte für das WM-Album „Sempre Roma“ die Verballhornung seines Liedes mit dem neuen Text „Der Teufel hat den Straps gemacht“. Zwölf Jahre zuvor hielt Udo den Song ebenfalls für WM-kompatibel – die damalige Nationalelf durfte noch den Originaltext interpretieren. Vielleicht findet ja auch diese Version mal den Weg auf eine CD?
10. Du trinkst zuviel (1974, Produktion: Ralph Siegel)
Anscheinend war die Ära Ralph Siegels durchzogen von Saufliedern.. – kleiner Scherz.. – aber auf dem von Ralph Siegel produzierten Album „Udo heute“ findet sich der witzige Titel „Du trinkst zuviel“, den Udo genial in seiner 1977er TV-Show vortrug inklusive Schauspielerei eines Besoffenen – verglichen mit dem, was Udo im „Mann mit dem Fagott“, im „Traumschiff“ und im „Schloss am Wörthersee“ so gezeigt hat, war die Betrunkenen-Rolle sehr authentisch – vielleicht, weil er – wie er ja in späten Jahren selber zugabt – in seinen großen Karrierejahren schon ein Alkoholproblem hatte. Hinsichtlich einer Beurteilung dieses Liedes dürften sich – wie so oft bei Udo – zwei Lager finden lassen: Die einen lieben es, die anderen hassen es. Ich zähle mich zu Ersteren, weil ich gerade diesen Kontrast von nachdenklichen, pathetischen Chanson auf der einen Seite und humorvollen Schlagern auf der anderen Seite an Udo liebe.
Übrigens – ähnlich wie bei „Die Sonne und Du“ (in Bezug auf Sunshine Reggae) gibt es bei dem Lied Plagiatsvorwürfe. Es gibt einen irischen Song namens „Seven Drunken Nights“ – in deutscher Version „Trunkenbold“, der inhaltlich und teilweise auch musikalisch starke Parallelen zu „Du trinkst zu viel“ aufweist. – Sei es, wie es sei, jedenfalls ist es hoch erfreulich, dass auch dieser Schlager erstmals überhaupt auf CD verfügbar gemacht wurde.
11. Geschieden (1974, Produktion: Ralph Siegel)
Der französische Chansonnier Michel Delpech hatte einen Hit mit dem Titel „Les divorces“. Textdichter Eckart Hachfeld hat den Titel quasi wörtlich ins Deutsche Übersetzt und daraus „Geschieden“ gemacht. Auch der Song ist aus dem Zeitgeist zu sehen – das Schuldprinzip („Du musst die Schuld alleine tragen“) gibt es nicht mehr, auch ist es heute nicht mehr so, dass eine Frau sich nun eine Arbeit suchen muss („solange bis Du Arbeit findest“), sondern im Zweifel bereits berufstätig ist. Die Ralph-Siegel-Produktion – ebenfalls aus dem „Udo heute“-Album – wurde 1974 als Single herausgebracht, Udo stellte sie in Ilja Richters „Disco“ vor – aber für das Publikum war das wohl zu schwere Kost, einen echten Hit konnte Udo damit nicht landen. Die weit kommerziellere Umseite („Wilde Kirschen“) wurde recht oft auf Udo-Samplern veröffentlicht, „Geschieden“ hingegen findet sich bis dato nur auf dem nicht mehr im Handel erhältlichen Album „Meine Lieder der 70er“ – so gesehen ist es für Fans erfreulich, dass der Song wieder „zu haben“ ist.
12. Griechischer Wein (1974, Produktion: Ralph Siegel)
Ende 1974 kam die von Ralph Siegel produzierte LP „Meine Lieder“ auf den Markt. Als erste Single daraus wurde ein Lied gewählt, bei dem Udo Jürgens schon lange eine Melodie hatte, aber keinen geeigneten Text. Dr. Michael Kunze bot ihm „Sonja wach auf!“ an – Udo winkte aber ab. Irgendwann hatte Kunze dann den genialen Einfall: „Griechischer Wein“ – ein Lied über Fernweh bzw. Sorgen und Nöte der damaligen „Gastarbeiter“ in Deutschland. Damit traf Udo erneut voll ins Schwarze und den Zeitgeist – der Titel wurde 1975 Hit des Jahres in Deutschland und entpuppte sich zur einzigen Single-Nummer 1, die Udo Zeit Lebens erreichen konnte. (Insofern dürfte „Griechischer Wein“ zumindest in Deutschland Udos kommerziell erfolgreichster Song sein und nicht etwa „Buenos Dias Argentina“).
Zum Leidwesen Udos mutierte der Titel im Lauf der Jahre immer mehr zu einem Partysong, so dass der inhaltliche Aspekt verlorenzugehen drohte. Wenngleich Udo dem versuchte entgegenzusteuern, indem er bei Live-Konzerten zunächst ohne Schlagzeug sehr langsam den Titel ansingt (, um sofortiges Mitklatschen zu vermeiden und zum Zuhören anzuregen,) ist die sehr kommerzielle Melodie des Songs da wohl Fluch und Segen zugleich – spätestens beim Refrain singen alle quasi automatisch mit. Ärgerlich ist in dem Zusammenhang, dass ausgerechnet der Literaturkritiker Hellmuth Karasek dem Song den „Ausdruck einer typisch deutschen Ferienseligkeit“ attestierte – offensichtlich hat auch der sich nicht mit Udos Text auseinandergesetzt…
Der Titel wurde unzählige Male gecovert – teilweise auch mit anderem Text (z. B. sang Jürgen von Manger „Bottroper Bier“ und die Band J. B. O. bejubelte „Fränkisches Bier“). Für seine CD „Mit 66 Jahren… was wichtig ist“ hat Udo den Song selbst noch mal neu aufgenommen (wie üblich, konnte die Neuaufnahme nicht mit dem Original mithalten). Der Legende nach hat Bing Crosby sein letztes Album nach der englischen Version des Klassikers benannt („Come Share the Wine“). Auch Al Martino hat den Song in sein Repertoire aufgenommen.
13. Ein ehrenwertes Haus (1974, Produktion: Ralph Siegel)
Das Erfolgsalbum „Meine Lieder“ enthielt einen weitern großen Hit – Udos Abrechnung mit dem Spießbürgertum: „Ein ehrenwertes Haus“. Auch diesem Klassiker lassen sich gesellschaftliche Veränderungen ablesen – die damalige Zeile „…weil wir als Paar zusammen leben und noch immer ohne Trauschein sind..“ würde man heute wohl nicht mehr so schreiben, weil bei weitem nicht mehr alle Paare verheiratet sind. Andere Aspekte des Songs sind wiederum erstaunlich aktuell: „die Witwe, die verhindert hat, dass hier ein Schwarzer einziehen kann“ – wenn man an die von Herrn Gauland angezettelte unsinnige Diskussion um den Nachbarn Jerome Boateng denkt, ist es schon erschreckend, wie aktuell manche Aspekte der „Anti-Spießbürger-Hymne“ so sind.
Schon kurze Zeit nach Veröffentlichung hat der Countrybarde Gunter Gabriel den Song gecovert, Udo selbst veröffentlichte im Jahr 2000 noch mal eine neue „Version 2000“ seines Klassikers auf der CD „Mit 66 Jahren … was wichtig ist“. Darüber hinaus nahm er auf der gleichen CD diesen Song mit seinem ursprünglichen Text noch mal neu auf (somit wurde dieser Titel 2000 gleich doppelt in Neuaufnahme den Fans präsentiert). – Bemerkenswert ist übrigens die damalige B-Seite von Udos Erfolgssingle: Udo nahm den Titel „Illusionen“, den er 1968 mit Alexandra schrieb (Komposition Udo, Text Alexandra) und der von dieser auch veröffentlicht wurde, erstmals in eigener Version auf. International wurde der Titel ein großer Hit als „If I Never Sing Another Song“, den Sammy Davis jr. als Abschlusstitel seiner Konzerte wählte.
14. Aber bitte mit Sahne (1976, Produktion: Joachim Heider)
In einem Interview mit dem Journalisten Christian Simon beschrieb Udo den Inhalt seines Erfolgshits wie folgt: „Vier Frauen fressen sich in einer Konditorei zu Tode, fallen der Reihe nach vom Stuhl, fahren in den Himmel empor und bitten den Herrgott, dass er ihnen den Weg noch mit Sahne bahne“. Wegen genau dieser letzten Zeile warf man Udo „Gotteslästerung“ vor, der Titel wurde zeitweise im Bayerischen Rundfunk nicht gespielt – geschadet hat es nicht, die von Eckart Hachfeld und Wolfgang Spahr getextete Nummer kam bis auf Platz 5 der deutschen Charts. Udo selbst sprach im Zusammenhang mit dem Song davon, dass der so etwas wie einen „Tanzdruck“ erzeuge und damals sehr modern produziert worden sei – dem kann ich mich nur anschließen, Joachim Heider ist sicher ein Ausnahmetalent unter den deutschen Produzenten – er zeichnete für die Produktion, die der LP „Meine Lieder 2“ entnommen wurde, verantwortlich.
Viele Jahre später war gerade der „Sahne“-Song einer der Auslöser für eine neue Schlagerwelle. Udo veröffentlichte anlässlich seines 60. Geburtstages einen „Best Of“-Sampler namens „Aber bitte mit Sahne“, einige Jahre später erschien er „Erste-Sahne-Mix“. Die Kult-Schlagersänger Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn nahmen sich seines Songs an, sogar auch die Thrash-Metal-Band „Sodom“. 1978 sang Udo selber eine Fußball-Version zu seinem Sahne-Song für die Erfolgs-LP „Buenos Dias, Argentina“. Für die CD „Aber bitte mit Sahne II“ wurde noch ein „Neu-Mix‘98“ hergestellt – alle Versuche misslangen, die großartige Heider-Produktion auch nur im Ansatz qualitativ zu erreichen.
Interessant ist übrigens die B-Seite der Single – „Vier Stunden in der Woche“ – inhaltlich und musikalisch total konträr zur A-Seite – die hätte thematisch gut zu „Geschieden“ gepasst… – vielleicht bei der nächsten Hit-Kopplung?
15. Tante Emma (1976, Produktion: Joachim Heider)
Beim Durchblättern durch Manuskripte des Textdichters Eckart Hachfeld stieß Udo auf einen Text, den dieser für die Hamburger Rentnerband vorgesehen hatte. Udo war von der Textidee so begeistert, dass er darum bat, sich selbst des Lieds anzunehmen. Gesagt – getan: Mit „Tante Emma“ gab Udo ein Plädoyer für den individuellen Einzelhandel ab – und das alles Jahrzehnte vor Amazon und Co. – echte Tante-Emma-Läden gibt es heutzutage kaum noch. Dennoch hat Udo den ebenfalls aus dem „Meine Lieder 2“ stammenden Song bei einem der „Einfach ich“-Tour 2009 noch mal genüsslich „ausgebuddelt“. Wie so oft, gab es auch hier Diskussionen wegen der Ähnlichkeit zu einem Popsong – diesmal fühlten sich einige musikalisch an Sailors „Girls Girls Girls“ erinnert.
Im Jahr 2000 hat Udo auch diesen Klassiker für sein Album „Mit 66 Jahren … was wichtig ist“ noch einmal neu aufgenommen.
16. Gefeuert (1977, Produktion: Joachim Heider)
Mit seinem fast 40 Jahre alten Song hat Udo, wie so oft, ein noch immer aktuelles Thema aufgegriffen: Die Arbeitslosigkeit bzw. die Angst um den Job – insbesondere dann, wenn man treu und langjährig seiner Arbeit nachgegangen ist. Im stampfenden Discosound unter der erneut exzellenten Produktion Joachim Heiders macht Udo beklemmend auf die Gefühle eines Mannes aufmerksam, der seinen Job verloren hat. Trotz der schweren Kost konnte der Song es bis auf Platz 22 der Charts schaffen – Udo stellte ihn erneut u. a. in Ilja Richters „Disco“ vor.
Der aus dem Album „Meine Lieder 77“ stammende Song hat auch eine tolle B-Seite – das Lied ist heute fast populärer als „Gefeuert“, nämlich: „Mein Bruder ist ein Maler“ – ein Lied, das Udo seinem Bruder Manfred gewidmet hat und auf Tourneen immer mal wieder ausgegraben hat. Im Jahr 1996 nahm Udo beide(!) Songs im Rahmen des „Gestern – Heute – Morgen“-Projekts noch mal neu auf.
In dem Zusammenhang eine kleine persönliche Erinnerung: Anno 1997 gab es bei Udo-Konzerten so genannte „VIP-Tickets“, die u. a. eine kurze Begegnung mit Udo beinhalteten. In dieser launigen Pausen-Runde regte ein Zuschauer beim Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle an, doch das Lied „Gefeuert“ zu spielen. Udo winkte ab und sagte, das könne er in Dortmund nicht machen. Die Probleme seien dort gerade zu groß, und er wolle den Leuten ja Ablenkung von ihrem Alltag bieten und sie nicht belasten. Sprach er – und welchen Song gab es 15 Minuten später zu hören? Richtig: „Gefeuert“ – in meinen Augen eine ganz typische Udo-Anekdote…
17. Mit 66 Jahren (1977, Produktion: Joachim Heider)
1977 war für Udos Karriere – ja, für Udos Leben ein entscheidendes Jahr. Er trennte sich von seinem bisherigen Manager Hans R. Beierlein und engagierte den jungen Freddy Burger. Bestehende Verträge für Beierleins „Edition Montana“ mussten aber noch erfüllt werden. So wurde 1977 noch das Album „Lieder, die auf Reisen gehen“ veröffentlicht, das es nicht in die Charts schaffte. Auch die erste Auskopplung daraus, „Boogie Woogie Baby“, konnte in Deutschland nicht wirklich punkten (, wobei der Song in Österreich und der Schweiz jeweils die Top-10 erreichen konnte).
Erst mit der zweiten Auskopplung landete Udo wieder einen echten Volltreffer – mit der Aussicht, wie das Leben wohl als Senior aussehen mag. Im Booklet wird der Song „Motivations-Soundtrack für Generationen von Rentnern“ genannt. Eine Premiere der besonderen Art gab es im TV – erstmals überhaupt trat Udo mit diesem Song in der ZDF-Hitparade auf. Obwohl der Song einer der größten Evergreens Udos überhaupt ist, schaffte er es in den Charts „nur“ bis auf Platz 23 in Deutschland. Dennoch hat er mit dem Song einen Nerv getroffen – auch international wurde der Titel ein Hit, beispielsweise in der norwegischen Version von Wencke Myhre. Richtig authentisch ausgelebt wurde er, als Udo im Jahr 2000 66jährig unter dem Motto „Mit 66 Jahren“ auf große Tour ging. Passend zu dem Anlass hat er seinen Oldie noch mal neu aufgelegt.
18. Der Mann mit der Mütze (1978, Produktion: Joachim Heider)
Im Jahr 1978 trainierte der damalige Bundestrainer Helmut Schön mit der Nationalelf, deren Trainer er seit 1964 war, sein letztes Turnier. Überragende Erfolge pflasterten seinen Weg – leider gab es statt eines krönenden Abschlusses die „Schmach von Cordoba“ – Deutschland unterlag Österreich und schaffte es daher nicht unter die ersten Vier des Turniers.
Dennoch hat Helmut Schön einen guten Abschied verdient, und den haben ihm Udo Jürgens als Interpret, Dr. Michael Kunze als Textdichter und nicht zuletzt die deutsche Nationalelf als „Chor“ wohl bereitet. In Udos TV-Show „Ein Mann und seine Lieder“ anno 1978 trug Udo das rührselige Lied vor – Schön rang sichtlich nach Fassung – und ein versöhnlicher Abschluss seiner überaus großen Karriere wurde möglich gemacht.
Der Titel wurde aus dem Erfolgsalbum „Buenos Dias Argentina“ ausgekoppelt, das es bis auf Platz 1 der deutschen Albumcharts schaffte. Ironie des Schicksals: Gleich das erste Album, das nicht mehr unter dem Einfluss Beierleins stand (kein Zusatz „Montana“) wurde das erfolgreichste aller Zeiten. – Im Vinylformat gelang das nur mit zwei Alben: Mit Udo live und eben mit dem Fußball-Album. Beide Alben sind bis heute nie auf CD erschienen – da darf man froh sein, dass wenigstens dieses Kleinod nun erstmals digital verfügbar gemacht wurde.
19. Nur ein Lächeln (1979, Produktion: Joachim Heider)
Recht erstaunlich ist, dass nach dem Sensations-Erfolg „Buenos Dias“ das Folgealbum „Nur ein Lächeln“ floppte. Offensichtlich fehlte dem Album ein Hit, dennoch birgt das Album viele wunderbare Perlen. Allein das Titelstück ist sehr bewegend mit einem großartigen Text von Wolfgang Hofer („nur ein Lächeln – es verhindert keinen Krieg, doch es trägt ein Stückchen Frieden in die Welt. Nur ein Lächeln – ja das ist es, was uns heut in dem so genannten ‚Ernst des Lebens’ fehlt“.)
Es ist eine gute Idee, den Track mit auf das Album zu nehmen, da das Original bei den großen Best Of-Kopplungen bislang nicht zum Zuge kam – lediglich die „bemühte“ Neuaufnahme bei der „Sahne II“-CD fand sich auf einer größeren Hitzusammenstellung. Hinweis: Auch der Song „Superstar“ aus dem Album bietet sich für eine Auskopplung an – oder gar der bislang nie auf CD erschienene Song „Musik war meine erste Liebe“ – den gibt es lediglich im Duett-Format mit René Kollo.
20. Alles im Griff (1980, Produktion: Joachim Heider)
Im Jahre 1980 ging Udo wieder auf große Deutschland-Tournee. Das großartige Konzert „Meine Lieder sind wie Hände“ ist ja auch auf dem DVD-Set verewigt. Aufgrund des großen Erfolges wurden im Herbst 1980 Wiederholungskonzerte einberaumt. Um dafür Werbung zu machen, gab es einige TV-Termine („Der große Preis“ und „Show-Express“), für die eine neue Single produziert wurde. Die beliebte Original-Version von „Paris-einfach so nur zum Spaß“ findet sich auf CD 1 – die Umseite ist aber auch hier zu finden. Auch hier lässt sich in der Pop-Historie ein Song finden, der gewisse (Sound-)Ähnlichkeiten aufweist: „Could You Be Loved“ von Bob Marley.
Den Song hat Udo 2009 bei seiner „Einfach ich“ mit aktualisiertem Text neu präsentiert und sich Gedanken zu Obama und den Lehman Brothers gemacht. Ob er zu Trump und Flüchtlingskrise auch die passenden Worte gefunden hätte?
21. Vielen Dank für die Blumen (TV-Versionen) (1981, Produktion: Joachim Heider)
1981 wurde die Zeichentrickfilmserie Tom und Jerry vom ZDF ausgestrahlt. Udo Jürgens sang die von Siegfried Rabe getextete Titelmelodie dazu – mit einem Klavier-Intro, das an Genialität kaum noch zu überbieten ist. Auch das ist wieder einer dieser typischen Klassiker, die nie in den Hitlisten waren, aber dennoch sehr bekannt sind.
Oft stellt sich ja die Frage: Was war zuerst da: Das Huhn oder das Ei? Die Frage stellt sich auch bei dem „Blumen“-Song. Auf Udos großartiger „Willkommen in meinem Leben“-LP, auf der viele Evergreens versammelt sind („Gaby wartet im Park“, „Der gekaufte Drachen“, „Schenk mir noch eine Stunde“) findet sich nämlich nicht die TV-Fassung, sondern eine (sehr witzige) andere Geschichte. Auf der „Merci“-Kopplung wurde nun – erstmals auf einer Udo-CD – die Original-TV-Fassung verkoppelt. Damit nicht genug: Der (vom Originaltext abweichende) Text der TV-Fassung wurde in der von Barbara Schöneberger moderierten Show „Merci Udo – Deutschland sagt Danke“ gleich zu Beginn vom Publikum gesungen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss man aber sagen, dass sehr wohl der Titel bereits auf CD erschienen ist, nämlich auf den Samplern „Fernseh-Hits“ und „TV-Hits“. Dennoch eine tolle Idee, diesmal die TV-Version zu berücksichtigen.
22. Lust am Leben (1983, Produktion: Robert Ponger)
Nach Abschluss des ersten Teils der erfolgreichen „Lust am Leben“-Tour traf sich Udo mit dem damals angesagten Produzenten (und Falco-Entdecker) Robert Ponger, um über eine künftige Zusammenarbeit zu verhandeln. Man vereinbarte die Produktion einer Single, deren Titel das damalige Tour-Motto ausmachte, weil es dazu keinen Titel gab. Ponger produzierte dann tatsächlich die Single – mit dem Ergebnis waren damals weder Udo noch Ponger zufrieden. Dem Vernehmen nach gab sich Ponger als Produzent zu dominant – und Udo beschloss, seine nächste LP („Traumtänzer“) selber zu produzieren – absolut ungewöhnlich in Udos Karriere: „Lust am Leben“ ist eine Single eines Produzenten, der sofort mit dem nächsten Produkt wieder ausgebootet wurde.
Sowohl Vorder- als auch Rückseite („Ich war niemals fort von Dir“) produzierte Udo 1996 noch einmal neu für seine „Gestern – Heute – Morgen“-CD. Wie „gut“ Udo das Original des Liedes gefiel, erkennt man daran, dass die Single-Version nie wieder auf irgendeinem Tonträger erschienen ist – nun liegt es erstmals in CD-Version vor.
23. Das wünsch’ ich Dir (1982, Produktion: Harold Faltermeyer)
Die (leider) letzte Produktion Udos mit dem Erfolgsproduzenten Harold Faltermeyer war die Single „Das wünsch’ ich Dir“. Der Titel hat schon alleine deshalb Geschichte geschrieben, weil er als A-Seite gewählt wurde, da die B-Seite („Ich war noch niemals in New York“) wohl nicht erfolgversprechend schien – auch damals waren echte „Experten“ am Werk. Dennoch ist das Abschiedslied, das textlich inhaltlich etwas an „Merci Cherie“ erinnert, nicht zu unterschätzen. Im Rahmen der „Jetzt oder nie“-Tour hat Udo den Song mit einem sensationellen, großartigen Arrangement neu vorgetragen – unvergesslich..
24. Udo Jürgens und Xavier Naidoo – „Ich glaube“ (2000)
Was heutzutage angeblich technisch nicht realisierbar ist, war 2000 noch eine Selbstverständlichkeit: Live-Gesang. Bei Udos am 09. September 2000 aufgezeichneter Geburtstagsgala zum 66. Geburtstag mussten ALLE Beteiligten live singen und musizieren – so konnte der junge Xavier Naidoo zeigen, was er kann und sang mit Udo im Duett „Ich glaube“ – eine Sternstunde, die nun erstmals auf Tonträger verfügbar gemacht wurde.
Weiterhin bleibt rätselhaft, warum die Kooperation Udos mit den Söhnen Mannheims („Und wenn ein Lied“ wurde angeblich gemeinsam eingesungen) noch immer im Giftschrank steht und nicht öffentlich zugänglich gemacht wird – na ja, so gibt es immerhin noch weitere Ziele…
Stephan Imming, 27.11.2016
https://www.sonymusic.de/catalog-and-media-concepts
http://www.udojuergens.de

