RAINER HOLBE u.a.
Heute (02.10.2015) zum Thema "Fremde Heimat Deutschland" in der Talk-Show "NACHTCAFé" zu sehen!
SWR FERNSEHEN, 22:00 Uhr – 23:30 Uhr! Moderation: Michael Steinbrecher!
Überfüllte Züge mit Flüchtlingen unterwegs nach Deutschland, hilfsbereite Bürger mit gelebter Willkommenskultur, aber auch eskalierende Krawalle vor Asylantenheimen – es sind diese Bilder, die diese Tage prägen.
All diejenigen, die sich auf den Weg machen, sind auf der Suche nach Zuflucht vor Krieg, Verfolgung und Armut. Sie hoffen auf ein menschenwürdiges, besseres Leben und viele tragen die Sehnsucht in sich, für sich und ihre Familie endlich ein Zuhause, eine neue Heimat zu finden. Einen Ort, an dem das Gefühl aufkommt, nach langer Odyssee endlich ankommen zu dürfen.
Mit im Gepäck sind auch andere Traditionen, Religionen, mentale Prägungen und Lebensgewohnheiten, die wiederum auf viele Deutsche befremdlich wirken und so manchen ängstigen. Doch die Zuwanderung ist so neu nicht: Als Folge des Zweiten Weltkriegs kamen Heimatvertriebene, dem Gastarbeiter-Schub in den Sechziger Jahren folgte ein Zustrom Osteuropäer mit deutschen Wurzeln, erst kürzlich zog es vor allem junge Menschen aus den wirtschaftskrisengeschüttelten südeuropäischen Ländern zu uns.
Was können wir aus der Vergangenheit lernen? Wie gehen wir optimal mit dem Anderssein der Einwanderer und dem gesellschaftlichen Wandel um? Kann es eine Heimat in der Fremde überhaupt geben?
DIE GÄSTE:
Rainer Holbe musste bereits als fünfjähriger Junge erfahren, was es bedeutet, seiner Heimat entrissen zu werden. Er wuchs behütet in einer ländlichen Gegend in Böhmen auf, bis 1945 der Befehl tschechischer Soldaten kam, sofort die Koffer zu packen. An die lange Zugfahrt in einem Viehwaggon, der die Familie ins Ungewisse fuhr und das Durchgangslager erinnert sich der ehemalige „Starparade“- Moderator noch wie heute: "Mit der Vertreibung wurde uns die Heimat und die Würde genommen."
Uday K. musste ebenfalls seine Heimat hinter sich lassen, denn in Syrien fürchtete er um sein Leben. Nach einer dramatischen Flucht über mehrere Länder kam der 23-Jährige vor knapp zwei Jahren schließlich auf einem überfüllten Holzschiff nach Europa. Heute lebt er in Bremen und freut sich auf seine Ausbildung als KFZ-Mechatroniker, die er nächstes Jahr beginnen wird: "Selbstverständlich möchte ich Deutschland, das mich so unterstützt, auch etwas zurück geben. Deutschland soll mein Land werden."
Als Gastarbeiter kamen ihre Eltern in den Siebzigerjahren nach Tübingen, Olcay Acet hingegen durfte als kleines Mädchen nicht mit und blieb bei den Großeltern in der Türkei. Ihre Eltern sah sie ein Mal im Jahr – auch Telefonate gab es fast nie, stattdessen schmerzhafte Erinnerungen: "Ich hatte dauernd Sehnsucht nach meinen Eltern. Gleichzeitig habe ich aber auch gemerkt, wie fremd sie mir sind." 1980 holten die Eltern schließlich ihre Tochter nach, ein Heimatgefühl konnte sich bei der Künstlerin aber nie richtig einstellen.
Natalia Wörner ist in Stuttgart aufgewachsen und liebt das Schwabenland über alles. Dennoch waren Neugier, Freiheitsdrang und Abenteuerlust größer, als sie mit 18 ihre alte Heimat verließ. Weltweit war sie als gefragtes Model unterwegs, heute pendelt sie zwischen zwei Wohnsitzen: Dem urbanen Berlin und einem Haus im ländlichen Brandenburg. Aber woher sie kommt, das vergisst die Schauspielerin nie: "Ich stehe zu meinen schwäbischen Wurzeln. Sie haben mich geprägt."
Heimat – das ist für Horst True ein kleiner Ort in Niedersachsen. In Stuhr ist der Gemüsebauer geboren, dort ging er zur Schule, dort hat er fast sein gesamtes Leben verbracht. Schon seit frühester Kindheit fasziniert und inspiriert ihn sein Heimatdorf, mit dem sich der 74-jährige Landwirt total verwurzelt fühlt: "Wenn ich diesen Standort nicht hätte, dann hätte ich all das, was ich in meinem Leben gemacht habe, nicht erreicht. Heimat ist der Anker fürs Leben."
"Heimat ist ein soziales Netzwerk, das nichts mit Orten zu tun haben muss", sagt Prof. Dr. Jochen Oltmer. Der Historiker ist Migrationsforscher an der Universität Osnabrück und untersucht die Ab- und Zuwanderung der letzten Jahrhunderte. Sein Fazit: "Die Debatte um Einwanderung wird zu einem guten Teil geschichtsblind geführt, denn Bevölkerungsbewegungen gab es schon immer. Es muss ja nicht die Welt untergehen, weil wir derzeit mehr Asylzuwanderung haben."
International geht es an der Grundschule "Stadtmitte" in Neu-Ulm zu: Kinder aus 22 Nationen drücken hier gemeinsam die Schulbank, mehr als die Hälfte der Schüler ist muslimisch. Doch nicht immer läuft alles reibungslos in Sachen Integration, berichtet Rektorin Beate Altmann. Sie vermutet: "Die Schüler werden in einigen Koranschulen rassistisch indoktriniert und radikalisiert. Bereits Achtjährige hetzen in den Klassen gegen Andersgläubige." Altmann ist überzeugt, dass das kein Einzelphänomen an ihrer Schule ist, sondern weit verbreitet und damit ein Risiko für den sozialen Frieden im ganzen Land.
SWR (Textvorlage)
http://www.swrfernsehen.de/
http://www.swr.de/nachtcafe/-/id=13831208/ars4z/index.html

