HOWARD CARPENDALE
"Die 'ZDF-Hitparade' war Fluch und Segen zugleich!" – smago! Exklusiv-Interview mit Howard Carpendale (2/2)!

Teile davon sind auch im aktuellen “Herzschlager” Heft von MÜLLER Multimedia nachzulesen! 

Bei Ihrer aktuellen Tournee hat man den Eindruck, dass Sie auch ihre alten Hits wieder mit großer Leidenschaft singen und ein ganzes Stück weit gelassener mit Ihrer Schlagervergangenheit umzugehen vermögen. Inwieweit ist diese Einschätzung zutreffend?

Das Gegenteil ist der Fall: Ich habe immer sehr dagegen gekämpft, dass manche Künstler sehr gerne bekanntgeben, dass sie ihre alten Titel nicht mehr singen wollen. Das behagt mir überhaupt nicht. Ich finde, die Menschen, die in ein Konzert kommen und viel Geld dafür bezahlen, die wollen Lieder von der damaligen Zeit hören. Die sind auch immer bei mir im Programm. Nur was ich klarzumachen versuche: Ich finde es ein bisschen einfallslos, wenn man sagt: "Dann mache ich die neuen Songs bis 22:00 Uhr und dann, die letzte halbe Stunde, spiele ich meine bekanntesten Hits. Das ist mir zu einfach. Wir verteilen unsere Hits im Programm, so dass es einen dramaturgischen Sinn hat.

Der Vergleich hinkt zwar etwas , aber: Sie sind in den 60er Jahren aus Südafrika nach England emigriert – zwar nicht geflohen, aber immerhin. Aufgrund einer Anzeige im "Melody Maker" stießen Sie auf eine Band, die einen Sänger für eine Tour u. a. durch Deutschland suchte. Dafür benötigten Sie eine Arbeitserlaubnis, die Sie auch relativ unbürokratisch bekamen. Ohne diese Arbeitserlaubnis hätten Sie im Extremfall "abgeschoben" werden können, insofern könnte der Vergleich zur aktuellen politischen Situation zutreffen. Finden Sie den Vergleich – Ihre damaligen Situation – zutreffend, oder geht Ihnen das zu weit?

Ein Vergleich ist da sehr schwierig. Ich habe es damals schon oft genug gesagt: Ich glaube, wenn die Deutschen vom "Ausländer" reden, gelten Amerikaner, Engländer und Südafrikaner nicht als Ausländer. Ein Vergleich fällt mir da schon sehr, sehr schwer. Wir reden hier von Menschen, die  unendliches Leid gesehen und erlebt haben. Wenn Sie meine Meinung dazu hören wollen, brauchen wir sehr viel Zeit.

Im Gegensatz zu vielen anderen Superstars haben Sie nie "gekniffen", wenn es um Auftritte in der "ZDF-Hitparade" ging. Wenn Sie den Satz "Die ZDF-Hitparade war für mich …" vervollständigen müssten, was würden Sie sagen?

Fluch und Segen zugleich! Es war herrlich in der Zeit, als es lief. Die ZDF-Hitparade hat mir sehr, sehr geholfen. Aber ich glaube sagen zu können, dass ich ((neben Roland Kaiser)) der Einzige bin, der so häufig da drin war, der es trotzdem überlebt" hat. Die einzigen anderen, die ich nennen kann, waren Peter Maffay, der auch 3-, 4-, 5-mal vielleicht da aufgetreten ist und dann seine Musikrichtung verändert hat. Bei Udo Jürgens meine ich erinnern zu können, dass er vielleicht 1- 2-mal in der Hitparade war und hat es dann auch nicht mehr gemacht hat. Ich war 65 – 70-mal dabei. Es ist – wie alle Sachen in Deutschland leider – mit sehr viel Vorurteilen besetzt. Und das loszuwerden und vergessen zu machen ist sehr, sehr schwierig. Das ist ein sehr, sehr langer Prozess.

Aber ich bin sehr dankbar, dass es damals in den 70ern 80er Jahren diese Chance gegeben hat. Ich wüsste nicht genau, wozu ich einem jungen Künstler, der heute startet, raten soll.

Ist der Schlager wirklich so "tot", wie Sie in jüngster Zeit in diversen Interviews behaupten? Schließlich gibt es neben Helene Fischer, Andrea Berg, Beatrice Egli auch noch die Amigos, Fantasy, Roland Kaiser, Sie selbst nicht zu vergessen …
 

Ich finde das bei einer Musikrichtung, die 50 – 60 Jahre überlebt hat, einen gesunden Prozess. Damals waren es 100 Kollegen, die ich hatte. Heute haben Sie 5 Namen genannt. Das Publikum wird immer Schlager lieben. Ich rede nur von zukünftigen neuen Aufnahmen. Erstens haben wir das Radio-Problem, wir haben es bereits erwähnt. Wer soll die spielen? Einen Hit zu schaffen völlig ohne Radio ist verdammt schwer. Aus diesem Grunde glaube ich, dass wir keine neuen Erfolge erleben werden in Zukunft. Wir werden wahrscheinlich noch 10, 20 Jahre lang Schlagerpartys mit den großen alten Hits haben. Das habe ich nie gemeint. Ich meine nur, es wird immer weniger "Atemlos" und "Ein Stern, der deinen Namen trägt" geben.

Andy Tichler, Chefredakteur www.smago.de
http://www.universal-music.de/company/umg/electrola
http://www.howard-carpendale.de

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