FRANK EHRLACHER
Chart-Experte Frank Ehrlacher: "Rettet den Bundesvision Song Contest!"!
„Warum der BSC mehr ist als Raab…“, das erläutert er uns HIER…:
Am vergangenen Samstag ging in Bremen zum 11. Mal der "Bundesvision Songcontest" über die Bühne. Zumindest unter der Leitung von Stefan Raab war dies die letzte Veranstaltung und man darf sich jetzt bereits Sorgen machen, wie und ob es mit diesem Wettbewerb weitergeht, prägte Raab diese Sendung doch nicht mal vorwiegend als Moderator (da wirkte er Samstag meist lustlos, teilweise sogar fahrig und schlecht vorbereitet), sondern vor allem als Ideengeber im Hintergrund, der selbst die Bands und Songs auswählte und in den Einspielern zeigte, dass er ein Vollblutmusiker ist oder sein möchte.
Als Stefan Raab die Veranstaltung im Jahr 2005 (bzw. die Planungen begannen schon 2004) ins Leben rief, hatte er schon drei Mal am Eurovision Song Contest teilgenommen – die einen sagen, er hat drei Mal gute Plätze unter den Top Ten belegt, die anderen, er hat drei Mal nicht gewonnen – war aber dort keinesfalls so verwoben, wie es in den Jahren ab 2010 der Fall sein sollte. Raab erfüllte sich mit dem BuViSo den Traum eines Musikwettbewerbs für deutsche Musik – eigentlich in der Tradition der "Deutschen Schlagerfestspiele", die aber – abgesehen von einer kurzen Renaissance 1991 bis 1994 – bereits 30 Jahre zuvor zu Grabe getragen wurden. Wahrscheinlich hätte kaum ein anderer Moderator einen kommerziellen Sender davon überzeugen können, ein solches Wagnis einzugehen und es wird gemunkelt, auch "Pro 7" stimmte dem kostspieligen Projekt vorwiegend zu, um seinen Star-Moderator bei Laune zu halten. Das Ergebnis konnte sich mit einer Einschaltquote von 21,2% in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen durchaus sehen lassen. In den darauffolgenden Jahren wanderte die Veranstaltung – vor allem, um sich stärker von der von Raab mit-projektierten deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest abzugrenzen – vom Jahresanfang in den Herbst, die Quoten schwankten und waren zwischenzeitlich auch mal grenzwertig; aber auch bei der Ausgabe am vergangenen Samstag sahen 15,2% zu – für "Pro7" ein Ergebnis deutlich über dem Senderschnitt. Und diese Quote dürfte nicht vorwiegend auf den immer noch sehr omnipräsenten Raab zurückzuführen sein, sondern auf die Lust der Zuschauer an guter deutschsprachiger Musik.
Schon daher plädiere ich vehement für eine Fortsetzung: Der Wettbewerb ist eine der letzten Plattformen, auf der sich (neue) deutschsprachige Musiker noch in einem großen Prime-Time-Rahmen präsentieren können und der inzwischen auch das ganze Spektrum vom Schlagerhaftem ("Ewig") über Rock ("Donots") bis Elektro ("Wunderkynd") und R&B ("Namika") anbietet. Der Erfolg manifestierte sich in den vergangenen Jahren auch in den deutschen Single-Charts, in denen sich rund 80% der teilnehmenden Songs platzieren konnten. Und: Die Show macht trotz ihrer Länge als Event Spaß.
Natürlich wird es schwer, einen Impressario wie Stefan Raab zu ersetzen, der sich bei der Auswahl der "zugelassenen" Bands stark von seinem eigenen Musikgeschmack leiten ließ. Dieser "Pferdefuß", der auch der deutschen ESC-Vorentscheidung seit Jahren anhängt (und dort zurecht von vielen – und nicht zuletzt von mir – kritisiert wird), war beim BuViSoCo akzeptabel, da es "seine" Veranstaltung war. Vielleicht kann man seinen Abschied aber auch als Chance nutzen, den Wettbewerb auf breitere Füße zu stellen – mit der Unterstützung der Labels, die allesamt – auch die kleineren Independents – von dem Wettbewerb profitiert haben, der privaten Rundfunkstationen der jeweiligen Bundesländer, für die alleine die Punktevergabe immer eine gute PR-Plattform war, des gastgebenden Senders "Pro 7". der langfristig nicht nur einen Quotenbringer, sondern auch ein Image-Projekt jenseits der 2348. "Big Bang Theory"-Wiederholung hätte und – wenn es nicht den EINEN Nachfolger für Stefan Raab gibt – dann vielleicht mit einem Panel von Experten, das diese Veranstaltung auf Kurs hält. Sollte die Chance jetzt vergeben werden und der Bundesvision Songcontest gemeinsam mit Stefan Raab in Frührente gehen, habe ich die Sorge, dass es wieder weitere 20 Jahre dauern könnte, bis wieder jemand den Versuch startet, einen großangelegten Wettbewerb für deutschsprachige Musik zu starten…
Frank Ehrlacher
https://www.facebook.com/frank.ehrlacher

