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Wenn Algorithmen komponieren: Wie Künstliche Intelligenz die Musikwelt neu ordnet!
KI-Hits an der Spitze von Billboard und Spotify +++ Die wachsende Flut synthetischer Musik +++ Neue Vertriebswege und ein Schattenmarkt +++ Die Bedeutung für Genres und den Schlager +++ Ein Blick in die Zukunft +++
Die Diskussion über künstliche Intelligenz in der Musik hat in den vergangenen Monaten eine neue Intensität erreicht. Ausgelöst wurde sie durch eine Entwicklung, die vor wenigen Jahren kaum vorstellbar schien. Mehrere vollständig KI-generierte Songs erreichten zeitgleich Spitzenplätze in internationalen Musik Charts.
Die Streamingplattform Spotify meldete dabei gleich drei Titel, die nicht nur viral gingen, sondern sogar klassische Genres wie Country neu interpretierten.
KI-Hits an der Spitze von Billboard und Spotify
Im Mittelpunkt der jüngsten Debatte stehen Songs wie Walk My Walk und Livin’ on Borrowed Time des Projekts „Breaking Rust“, die mehrere Tage lang Spotifys „Viral 50“ in den Vereinigten Staaten anführten.
Zeitgleich gelang dem niederländischen Track We Say No, No, No to an Asylum Center des Künstlers JW „Broken Veteran“ sogar der Sprung an die Spitze der globalen Viral-Charts. Alle diese Stücke wurden vollständig durch KI-Modelle erzeugt, ohne menschliche Komposition, ohne traditionelles Songwriting, ohne Studiosession.
Kurz darauf verschwanden einige der Songs wieder von Streamingportalen, doch nicht aufgrund eines Eingriffs von Spotify. Der Rechteinhaber selbst zog die Stücke zurück, aus Gründen, die bislang nicht eindeutig geklärt sind.
Der Künstler erklärte gegenüber Medien, dass er KI als ein „Werkzeug für Ausdruck“ sehe, insbesondere für Personen ohne musikalische Ausbildung. Die Technologie ermögliche es, Themen anzusprechen, für die vorher kein Zugang zur Musikproduktion bestanden habe.
Parallel dazu hält sich Walk My Walk seit mehreren Wochen an der Spitze von Billboards „Country Digital Song Sales“. Zwar ist diese Liste weniger bedeutend als die „Hot Country Songs“ oder „Top Country Albums“, dennoch dokumentiert sie einen bemerkenswerten Trend. KI-Musik ist in der Lage, nicht nur Aufmerksamkeit zu erzeugen, sondern auch kommerziell messbar erfolgreich zu sein.
Im Umfeld dieser digitalen Transformation zeigt sich zudem, wie stark sich die gesamte Unterhaltungswelt verändert, nicht nur im Musikstreaming. Plattformen wie Online Casinos, in denen die Regulierungsdatei OASIS nicht vorhanden und dennoch seriös ist, aber auch KI-gestützte Filmplattformen, virtuelle Konzertarenen oder digitale Sprachgeneratoren für Hörspiele demonstrieren, wie etabliert künstliche Intelligenz inzwischen in vielen Bereichen des Entertainments ist.
Dadurch gewinnt die Frage an Bedeutung, welche Rolle KI künftig in der Musikwirtschaft spielen kann und wie diese Technologie Genres wie den Schlager beeinflussen könnte.
Die wachsende Flut synthetischer Musik
Lange galt KI-Musik als Randphänomen. Sie war kunstvoll, aber maschinell klingend, technisch interessant, aber ohne künstlerische Relevanz. Das hat sich radikal verändert.
Eine aktuelle Untersuchung der Streaming-App Deezer zeigt, dass 50.000 neue KI-Songs pro Tag hochgeladen werden. Das entspricht rund 34 Prozent aller täglich eingereichten Musikstücke.
Noch bedeutsamer ist jedoch die Veränderung der Klangqualität. Laut einer Umfrage in acht Ländern können 97 Prozent der Hörerinnen und Hörer keinen Unterschied mehr zwischen einem hochwertigen KI-Song und einem menschlich komponierten Titel erkennen.
Damit verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen menschlichen Künstlern und algorithmischen Konkurrenten. Während früher nur einige wenige experimentelle Projekte existierten, konkurrieren nun zehntausende KI-Titel täglich um Aufmerksamkeit, inklusive jener, die es in die Charts schaffen.
Musiker und Branchenexperte Ed Newton-Rex betont, dass diese Masse ein entscheidender Faktor sei. Sie erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne KI-Produktionen viral gehen, einfach weil sie in großer Zahl vorhanden sind. KI sei „hyperskalierbar“, wie er sagt, und deshalb ein ungewöhnlicher Wettbewerber, der effizient, billig und nicht an menschliche Kreativprozesse gebunden ist.
Neue Vertriebswege und ein Schattenmarkt
Mindestens ebenso bedeutsam wie die Qualität der synthetischen Songs sind die Vertriebsstrukturen, die ihren Erfolg ermöglichen. Viele KI-Musikerinnen und KI-Musiker nutzen Plattformen wie DistroKid, Amuse, Landr oder CDBaby. Diese Dienste übernehmen die Rolle eines digitalen Musiklabels und bringen Songs auf Spotify, YouTube oder TikTok. Teilweise gelten diese Systeme als besonders tolerant gegenüber KI-Inhalten.
Blogs wie „Jack Righteous“ geben detaillierte Anweisungen, wie KI-Musik zur passiven Einnahmequelle werden kann: Titel generieren, über DistroKid hochladen, systematisch verbreiten und über Millionen Streams Einnahmen erzielen. Zahlreiche Breaking-Rust-Songs wurden über genau diese Wege veröffentlicht.
Dieses Ökosystem hat dazu geführt, dass heute praktisch jede Person mit Internetzugang Songs veröffentlichen kann, die in derselben digitalen Infrastruktur stattfinden wie etablierte Künstler.
Auf den ersten Blick wirkt das wie eine Demokratisierung. Auf den zweiten Blick offenbart es jedoch neue Probleme wie Qualitätskontrolle, Rechtefragen, Datenmissbrauch und die Frage, ob KI-Services Trainingsdaten verwenden, die auf urheberrechtlich geschütztem Material beruhen.
Die Bedeutung für Genres und den Schlager
Für die Schlagerwelt ist KI ein zweischneidiges Phänomen. Einerseits lebt das Genre von unmittelbarer Emotion, klarer Sprache, Wiedererkennbarkeit und menschlicher Nähe. Nach Ansicht vieler Branchenexperten sind dies Qualitäten, die schwer maschinell zu erzeugen sind. Andererseits beweisen aktuelle KI-Songs, dass populäre Melodien und einprägsame Refrains längst kein Alleinstellungsmerkmal menschlicher Kreativität mehr sind.
Rein technisch wäre ein KI-Schlagerhit heute problemlos realisierbar, einschließlich Texten, die typische Themen wie Sehnsucht, Nähe, Fernweh oder Liebeskummer bedienen.
Auch stimmliche Nachbildungen deutscher Schlagerstimmen werden bereits erprobt, wenn auch meist experimentell. Die entscheidende Frage ist daher nicht, ob KI Schlager produzieren kann, sondern ob sie die emotionale Tiefe erreicht, die dieses Genre prägt.
Hinzu kommt eine weitere Entwicklung. KI-gestützte Aufnahme- und Bearbeitungssysteme finden längst in professionellen Studios Anwendung. Autotune-Technologien, intelligente Mix-Algorithmen und automatisierte Mastering-Tools gehören heute zum Standard.
In diesem Umfeld wird KI nicht als Konkurrenz wahrgenommen, sondern als Werkzeug, ähnlich wie digitale Workstations vor zwanzig Jahren.
Ein Blick in die Zukunft
Die aktuellen Chartplatzierungen zeigen zweifellos, dass die Technologie Potenzial besitzt, Musikmärkte zu beeinflussen. Ob sie jedoch langfristig eine dominante Kraft wird, hängt von mehreren Faktoren ab, zu denen rechtliche Rahmenbedingungen, öffentliche Akzeptanz, die Rolle der Labels und die Haltung prominenter Künstler gehören.
Viele Expertinnen und Experten betonen, dass KI-Musik nicht zwangsläufig traditionelle Musiker verdrängt. Vielmehr könnte ein neues Gleichgewicht entstehen, in dem KI sowohl für kreative Experimente als auch für alltägliche Musikproduktion genutzt wird, während Künstler ihre Einzigartigkeit stärker ausspielen müssen.
Fest steht, dass die Musikbranche einen der größten technologischen Umbrüche seit Einführung des digitalen Streamings erlebt. Schlager, Pop, Country, Hip-Hop sind alles Genres, die betroffen sind. Und wie immer in solchen Momenten entscheidet nicht die Technik allein, sondern die Art, wie Menschen sie nutzen.

