„EUROVISION SONG CONTEST 2025“
smago! top-exklusiv: FRANK EHRLACHER wagt eine Prognose auf das 2. Halbfinale!
Das 2. Halbfinale wird heute Abend (15.05.2025) von 21:00 Uhr – 23:15 Uhr auf dem (ARD-)Sender ONE übertragen!
Nachdem der Eurovision Song Contest 2025 am Dienstag (13.05.2025) schon mit einigen Überraschungen wie dem Ausscheiden des hochgewetteten Beitrags aus Belgien und der Qualifikation der als aussichtslos eingeschätzten Vertretung aus Portugal begann, geht es am Donnerstag in Runde 2. Diesmal bewerben sich 16 Beiträge um einen der 10 noch freien Plätze im Finale am Samstag.
Los geht es mit dem „Milkshake Man“ aus Australien, so heißt zumindest der Song von Go-Jo, den er zusammen mit zwei Mitgliedern der Band „Sheppard“ geschrieben hat, die in Deutschland 2014 mit „Geronimo“ einen Hit hatte und sich im vergangenen Jahr selbst um ein Ticket zum ESC bewarb. Ihr Song bietet flotten Pop mit Comedy-Elementen und sollte das „Gastland“ Australien, das seit 2015 aufgrund einer Sondervereinbarung am ESC teilnehmen kann, ins Finale bringen.
Montenegro war am 26. November 2024 das erste Land, das seinen Beitrag für Basel auswählte – musste ihn aber zwei Wochen später bereits wieder zurückziehen, da der Siegertitel der Vorentscheidung bereits vor dem 1. September 2024 öffentlich aufgeführt wurde – ein Verstoß gegen das Reglement. Daraufhin schickte man die Zweitplatzierte Nina Zizic mit ihrer tragisch-slawischen Ballade „Dobrodosli“, auf Deutsch „Willkommen“. Nina hat schon ESC Erfahrung: Sie trat 2013 als Teil des Duos „Who See“ an, scheiterte damals aber im Halbfinale. Ob es dieses Jahr reicht, bleibt abzuwarten.
Irland ist mein „Guilty Pleasure“ in diesem Jahr – ein Song, den man eigentlich nicht gut finden will, der einem aber nicht mehr aus dem Kopf geht. Die Norwegerin Emmy, die schon in ihrer Heimat erfolglos am Vorentscheid teilnahm, schrieb für die grüne Insel einen Song über die Hündin Laika, das erste Lebewesen, das 1957 an Bord von „Sputnik 2 von Menschen ins Weltall geschossen wurde – aber wie erwartet nicht lebend zurückkam. Für sie schmeißt Emmy eine fröhliche „Laika Party“ und hofft, dass sie doch irgendwo dort im Hundehimmel weiterlebt – absurd, lustig – und doch mit Finalchancen.
Etwas sperrig kommt der Beitrag aus Lettland daher. 6 Frauen namens Tautumeitas singen den Folk-Song „Bur man laimi“, was in etwa so viel heißt wie „Bring mir Glück“. Glück bringen könnte ihnen dabei die Tatsache, dass ihr Song in jedem Fall auf und aus dem Rahmen fällt – weswegen ich die Qualifikationschance für die in den Proben golden schimmernden Damen für hoch halte.
Weniger traue ich da Parg aus Armenien mit dem Pop-Rock-Song „Survivor“ zu. Kraftvoll dargeboten, ist der Song aber zu beliebig, um länger in Erinnerung zu bleiben.
Ganz im Gegensatz zur Start-Nr. 6 aus Österreich, dem bei den Buchmachern hoch gehandelten Counter-Tenor Johannes Pietsch alias JJ und seinem Song „Wasted Love“. Große Teile der Inszenierung sind in schwarz und weiß gehalten und fokussieren auf seine Stimme, bei der man lange nicht glaubt, dass da ein Mann singt. Gegen Ende steigert das ganze sich in höchste Koloraturen – und in Disco-Beats. Der Finaleinzug sollte sicher sein. Mitgeschrieben hat den Song übrigens Teya Devy, die vor 2 Jahren als Interpretin Österreich mit „Who The Hell Is Edgar?“ ins Finale und dort auf Platz 15 brachte,
Griechenland hat dieses Jahr den Nachteil, dass Zypern im anderen Halbfinale war und die sicheren 12 Punkte daher ausbleiben. Ob es ihnen dabei so ergeht, wie dem Zyprioten, der am Dienstag ausschied? Ungewiss. Klavdia singt den Indie Pop-Song „Asteromata“ (übersetzt etwa „Mädchen mit Sternen in den Augen“), der gefällt, aber nicht vollständig überzeugt. Ich tippe, dass es knapp fürs Finale reichen kann.
Da bin ich bei der Rock-Band Katarsis aus Litauen weniger optimistisch. Auch sie besingen Augen, nämlich „Deine Augen“ („Tavo akys“), mit fehlt aber auch hier das gewisse „Etwas“ an diesem grundsoliden Song. Auch wenn diesmal wenig Rockmusik im Wettbewerb vertretenist, könnte für die Band im Halbfinale Endstation sein.
Einem esonderen Schauspiel wird man wohl am Donnerstagabend beim maltesischen Beitrag „Serving“ von Miriana Conte beiwohnen können. Denn immer dann, wenn sie am Ende des Refrains „Serving“ singt, wird vermutlich die ganze Halle „Kant“ schreien. Aber nicht, weil sie eine Vorliebe für den gleichnamigen Philosophen hätte, sondern weil genau an dieser Stelle eigentlich noch im maltesischen Vorentscheid das Wort „Kant“ stand – das man aber streichen musste, da es im Englischen der Vulgärsprache zugerechnet wird. Trotzdem weiß jeder, was gemeint ist – und die Auflage, den Song umzubenennen, machte Miriana fast schon zum Publikumsliebling und wird sie sicher ins Finale bringen.
Schnell vergessen sein wird der Beitrag von Mariam Shengelia aus Georgien, auch wenn sie von Freiheit, „Freedom“, singt. Und wenn es nach meiner Einschätzung geht, auch Sissal aus Dänemark mit „Hallucination“ – allerdings gehen hierüber die Meinungen hier in Basel auseinander, so dass eine Finalquali der Skandinavier im Bereich des möglichen scheint.
Besser sind die Chancen von Adonxs aus Tschechien und seinem „Kiss Kiss Goodbye“, Eine eindringlich tiefe Stimme, die ein bisschen an Chris isaak oder David Kirchner erinnert. Das fällt auf und auch sein modisch-gewagtes Outfit bleibt hängen und er darf es Samstagabend wohl noch einmal aus dem Schrank holen.
Ob Luxemburg dies im 2. Jahr des ESC-Comebacks vergönnt ist, könnte eng werden. Laura Thorn singt über eine Puppe, die laut wird („La poupee mont le son“). Was als Protestsong engagierter Frauen gemeint ist, klingt melodisch eher zuckersüß und wie eine Hommage an France Galls „Poupée de cire, poupée de son“ aus der Feder von Serge Gainsbourg, das Luxemburg genau vor 60 Jahren den Sieg einbrachte. Diesmal wäre schon die Finalteilnahme ein Erfolg – im Vorjahr reichte es für das Großherzogtum nachher sogar zu Platz 13.
Der Beitrag aus Israel, „New Day Will Rise“, zählt für mich auch ungeachtet aller Differenzen um das Land und aller Statements für oder gegen die Teilnahme zu den Top-Favoriten dieses Jahrgangs. Die 24-Jährige Yuval Raphael aus Tel Aviv singt in Englisch, Französisch und Hebräisch und präsentiert eine Ballade, die auch dem Lehrbuch „Wie schreibe ich einen Eurovisions-Hit“ entnommen sein könnte. Aber die Vergangenheit zeigt: Genau dieses Rezept funktioniert bei einer starken Performance immer wieder – und eine solch starke Performance liefert die Israelin definitiv ab.
Auch Princ (ohne „e“) aus Serbien kommt mit einer Ballade, diesmal an eine Frau namens „Mila“. Die Performance ist vielleicht nicht ganz so stark wie die seiner Vorgängerin – aber insgesamt überzeugend genug, um auch den Serben wieder eine Finalteilnahme zu bescheren.
Und dann ist da noch last but not least Finnland mit Erika Vikman (die Aussprache sei jedem selbst überlassen) mit „Ich komme“ (die Deutung sei jedem selbst überlassen). Und ja, es ist eine deutschsprachige Titelzeile, aufgrund der Betonung ist sie aber für unsere Ohren schwer zu identifizieren. Der Song ist Power-Pop in einem gewagten Leder-Outfit, das – so sagt es das ESC-Gerücht – nach Probe 1 auf „Wunsch“ der EBU nochmal entschärft werden musste. Und recht sicher wird sie damit zwei Mal über die Bühne toben: Am Donnerstag im Semifinale und am Samstag im großen Finale.
Zwischendurch gibt es in der Show dann noch die Beiträge der vorqualifizierten „Big 5“-Länder Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Eins vorweg: Ob es von Fingerspitzengefühl der EBU zeugte, das deutsche „Baller“ im Ablauf hinter die Ballade aus Israel zu setzen, lasse ich mal dahingestellt. Die deutsche Performance hat auf jeden Fall nichts mehr mit der vom Vorentscheid zu tun und wird hier in Basel deutlich positiver aufgenommen als im Vorfeld zu erwarten war…
Wenn es nach meiner Einschätzung geht, bleiben im 2. Semifinale musikalisch Armenien, Litauen, Georgien sicher auf der Strecke, eng wird es für Irland, Luxemburg, Montenegro, Griechenland und Dänemark.
Textquelle: smago! top-exklusiv – Mit bestem Dank an Frank Ehrlacher
