HERZDAME
Download-Single und Videoclip "Nimm deine Liebe" im Test von Holger Stürenburg + Kurzportrait "Herzdame"!
Auch Holger Stürenburg sieht in „Herzdame“ Tine Kaltenecker eine Art „weiblichen Falco“ …:
Wenn der musikinteressierte Internetsurfer in den letzten Wochen, wie es eigentlich jeder Freund besonders der deutschen Schlager- und Popmusik möglichst Tag für Tag tun sollte, regelmäßig auf dem Onlineportal smago! nach Neuigkeiten, Informationen und Wissenswertem aus dieser Stilistik schaute, fand er immer wieder verführerische Hinweise auf einen hierzulande bislang nahezu gänzlich unbekannten Geheimtipp Made in Austria namens HERZDAME.
Dieser habe bereits 2014 einen landesweiten Hit namens „Dunkle Seite“ feiern können, der in sage und schreibe 62 Ländern (per Download-Option) veröffentlicht worden war. Daraufhin habe sich die ausgebildete Sängerin, die seit 2013 offiziell als „HERZDAME“ firmiert, offenbar über den Erfolg dieses geradlinigen Titels nicht nur überrascht, sondern regelrecht erschrocken, erst mal wieder eilig aus der Showszenerie zurückgezogen und im Folgejahr 2015 ausschließlich eine einzige Single, die da hieß „Tränen aus Eis“, auf den Markt gebracht.
Doch, wenn man der Begeisterung traut, mit der „HERZDAME“ am 10. Januar 2016 beim „smago! Award“ in Berlin begrüßt wurde – Kollege Stephan Imming macht aus seiner Hingerissenheit über die neue österreichische Popschönheit hier wahrhaftig kein Hehl -, dann könnte dieses bunt-avantgardistische, gehaltvolle, einfallsreich und kompetent konzipierte Deutschpop-Projekt 2016 tatsächlich seinen unaufhaltsamen Durchbruch feiern.
Hinter „HERZDAME“ verbirgt sich TINE KALTENECKER, eine blonde, stimmstarke Vokalistin, die in der niederösterreichischen Bezirkshauptmannstadt Baden, unweit Wiens, geboren wurde; etwas exaltiert, dabei durchwegs humorvoll, vielleicht ein bisschen liebevoll übermütig, gleichsam erdverbunden und sich selbst dabei nicht immer nur bierernst nehmend. Tine Kaltenecker stellt die betörend rätselhafte und feenhafte „HERZDAME“ mit Leib und Seele dar. Hierbei wird sie in erster Linie von ihrer Familie und ihrem Freundeskreis unterstützt, von Major-Plattenfirmen und gewieften Managements hält sie sich aus Überzeugung fern.
So soll es nun auch für mich, der ich auf zig österreichischen Newsportalen und Blogs als „Hobby-Österreicher“ stets und ständig Politik und Kultur der einstigen „Insel der Seligen“ (Bruno Kreisky) kommentiere und (wenn nötig auch) persifliere, mich seit Jahrzehnten einer nicht nur heimlich ausgelebten, treuen Liebe zum Austropop aller Schattierungen verschrieben habe, an der Zeit sein, mich mit der hübschen Blondine mit dem ausdrucksstarken, furiosen Blick und – natürlich in erster Linie – mit ihren bisher vorliegenden Songs näher analytisch auseinanderzusetzen.
Wer jetzt vielleicht annimmt, hier stürmte eine neue Christina S. ins alpenländische Musikleben, der irrt auf ganzer Linie. Was bei Frau Stürmer oft zu kalt, am Reißbrett entworfen, mainstreamlastig, womöglich einfallslos daherkommt, erklingt bei Tine alias „Herzdame“ durchgehend warmherzig, augenzwinkernd, soulig und im besten Sinne des Wortes extravagant.
Die allererste Single von „HERZDAME“ erschien im September 2013 und war in einem Tonstudio im ebenfalls niederösterreichischen Hollabrunn aufgenommen worden, wo die charmante Sängerin damals ihr Domizil aufgeschlagen hatte. „Weit, weit weg“ trat als moderne, durchaus tanzbare, so treibende, wie energetische Pop/Rock/Soul-Melange in Erscheinung, zeitnah und mondän, aber weder unnötig kaputtrhythmisiert, noch im Arrangement technisch übertrieben mit Gimmicks und unnötigen Spielereien überfrachtet. Der wehende, voranstrebende Ohrwurm mit Substanz und Tiefgang befand sich seinerzeit zwölf Wochen lang in den „Austria Top 40“ und gelangte sogar für eine Woche direkt in die Top 10 dieser Hitparadenauswertung.
Im darauffolgenden Februar gelang der so be-, wie verzaubernden „HERZDAME“, die auch ihre Videoclips ein ums andere Mal kunstvoll, konsequent und beherzt am Mittelmaß des Popeinerleis vorbei, vielmehr hintergründig, punktgenau exzentrisch, mystisch bis surreal inszeniert, ein erster realer Hit: „Dunkle Seite“, diesmal latent Gothic-angehaucht, von der Basslinie her spürbar an „Every Breath you take“ von „The Police“ gemahnend, in Sachen Gitarrenarbeit hingegen an „U2“ aus der „Joshua Tree“-Phase erinnernd, zutiefst melodisch, leidenschaftlich, poppig, eingängig, aber unaufhörlich voller Widerhaken, Ecken und Kanten geschmackvoll inszeniert. Kein Wunder, dass „HERZDAME“ mit dieser so geheimnis-, wie temperamentvollen Pophymne insgesamt 25 Wochen lang in den Hitlisten ihrer Heimat anzutreffen war, dort sogar 14 Tage lang auf dem dritten Rang verharren konnte, und in der Jahresendauswertung der „Austria Top 40“ für 2014 einen überaus respektablen Rang 30 für sich einnehmen konnte. Diese unwiderlegbar bahnbrechende, von der Künstlerin ad Personam wahrscheinlich kaum erwartete Bilanz, gipfelte in einem Auftritt am 19. Juli 2014 in der großen ORF-2-Show „Starnacht am Wörthersee“, wo sie sich das Podium der inzwischen infolge des HYPO-Alpe-Adria-Bankenskandals abgerissenen „Wörtherseebühne“ mit so gefragten Pop- und Schlagerkoryphäen der Größenordnung Helene Fischer, Roland Kaiser, Michelle oder Peter Kraus, teilen durfte.
Obwohl nun nach und nach die großen Plattencompanys bei Frl. Kaltenecker anklopften und sie mittels geldschwerer Angebote aus ihrer Unabhängigkeit locken wollten, widerstanden sie und ihre Familie diesen (oft ja in rein künstlerisch-kreativer Hinsicht nicht unbedingt förderlichen) Offerten und legten 2015 erst einmal eine Pause ein, um ihre produktive Absicht zunächst intern auszuweiten, Neues auszubaldowern, das gesamte Vorhaben nicht zu einem sämigen Ein-Hit-Wunder verkümmern zu lassen, sondern vielmehr einen gut durchstrukturierten Plan desselben zum kontinuierlichen Aufbau zu entwerfen.
So gab es im Sommer 2015 lediglich die eine einzige Single „Tränen aus Eis“ zu hören, ansonsten beließ es die „HERZDAME“ bei geheimnisumwittertem Schweigen. Die „Rosenstolz“-ähnliche, verregnete, so düstere, wie zugleich oft gellend aus sich herausbrechende Poprock-Ballade konnte in Sachen Reputation, Verlaufszahlen und Medienpräsenz der Vorjahressingle nicht nachfolgen und erreichte als beste Ö3-Platzierung Rang 32.
Erst im Dezember vergangenen Jahres meldete sich „HERZDAME“ mit zwei niedlich-zickigen, dabei über alle Maßen sympathischen und kessen Neuaufnahmen der Weihnachtsklassiker „All Alone at Christmas“ (Darlene Love, 1992) und „Merry Christmas everyone“, Shakin‘ Stevens, 1985) bei ihren Fans zurück – um nur wenige Tage vor dem Christfest anzukündigen, gleich nach Neujahr mit einer ganz neuen Produktion an die Öffentlichkeit zu treten. Folglich ließ es sich smago! Chefredakteur Andy Tichler, „HERZDAME“-'Fan' der ersten Stunde, nicht nehmen, die hübsche junge Lady zu seinem eingangs erwähnten „smago! Award“ am 10. Januar 2016 ins Berliner „MOA Hotel“ einzuladen und dieselbe dort in der eiligst erschaffenen Kategorie „smago! Solitär Award („selbstständig“ – „unabhängig“ – „erfolgreich“)“ mit so einer Trophäe aus seinem Fundus auszuzeichnen.
Gleichzeit diente diese Topveranstaltung der deutschen Schlager-und Popmusik als edler Ort für die ultimative Weltprämiere der brandheißen, neuesten Produktion von „HERZDAME“. Diese nennt sich „Nimm Deine Liebe…“, wurde im „Gintronic Studio“ nahe Tulln an der Donau aufgenommen, und repräsentiert eine stilistisch vollkommen neu aufgestellte „HERZDAME“: Geprägt von einem nächtlich-verwinkelten, schmierig-lasziven Saxophon, begibt sich Tine Kaltenecker nun in die Untiefen des deftig kochenden Großstadtblues – cool-jazzig, feurig-swingend, erotisch, verdorben und doch ausnahmslos beseelt von einer guten Portion Selbstironie, dargeboten von einer attraktiven, aufstrebenden, jungen Frau, die schon alleine durch ihr kraftvolles Stimmorgan in der glücklichen, nicht alltäglichen Lage zu sein scheint, jegliche, nur erdenkliche Atmosphäre, Stimmung, Befindlichkeit, dem Zuhörer originalgetreu (wenn auch gerne immer wieder einwenig überkandidelt und schräg) zu vermitteln. Bei „Nimm Deine Liebe…“ klimpert das Boogie-Bar-Piano durch die Weiten der Nacht, das knarzige Saxophon treibt den unvermeidbaren großen Blues durch die schummrig-verräucherte Kneipe; melodisch erinnert das expressiv überzeichnete und absichtlich großspurig und flammend inszenierte Klangmelodram an den superben 1981er-Wave-Blues-Klassiker „Harden my Heart“ der völlig zu Unrecht vergessenen US-Band „Quarterflash – und trägt sozusagen, auf so köstliche, wie originelle Art und Weise, das hitzige Flair einer zügel- und ruhelosen US-Metropole in die beschauliche Kneipenszene der Wiener Vorstadt.
Ein erneut im Freundes- und Familienkreis gedrehtes, sacht provokatives Musikvideo, in dem der arme Ex-Lover, dargestellt von „Mister Vienna 2015“, Patrick Kunst, zum Schluss seitens seiner einstigen Herzdame mittels eines Pfeilschusses zu Boden gebracht wird, untermalt den Willen der Sängerin, „Herzdame“ als schöpferisches Unterfangen auf allen Ebenen – also, der visuellen, ebenso wie der musikalischen – ganzheitlich zu etablieren.
Passend dazu tritt Tine Kaltenecker alias „HERZDAME“, gemeinsam mit ihren Begleitmusikern, bei Live-Aufwartungen eisern und rigoros im farbenfrohen Biedermeier-Stil auf, wiederum deshalb, um sich vom langweiligen Hauptstrom-Kleidungsstil nicht weniger Popmiezen deutlich abzuheben, und zudem als „Verbeugung vor unserer österreichischen Tradition“ (Zitat) – und, wenn man sich ein paar Videos von „HERZDAME“ bei YouTube so anschaut, gelingt ihr dies famos, ohne jemals in schrullig-kabarettistisch Gefilde, etwa im Sinne der ORF-Kultshow „Wir sind Kaiser!“, abzudriften.
Die vier hier an dieser Stelle analysierten Eigenkompositionen von „HERZDAME“ (inkl. der beiden genannten Weihnachtsaufnahmen) lassen ohne jegliche Zweifel auf eine erfolgreiche, längerfristige Karriere im deutschsprachigen Raum hoffen. „HERZDAME“ ist eigenständig, souverän und nonkonformistisch. Um die offenbar im Rahmen des „smago! Award“ mehrfach durch die Fachwelt geisternde Ausrufung der hübschen Niederösterreicherin zum „weiblichen Falco“ unverrückbar zu verifizieren, wäre sicherlich jetzt, in diesem Augenblick, noch etwas verfrüht, obwohl es fraglos unübersehbar ist, dass sich Tine alias „HERZDAME“ durchaus an der weltumfassenden Poplegende aus Vienna orientiert. Dieser hatte sich zu Leibzeiten ebenfalls gerne in Biedermeier-angelehnten Phantasiekostümen gezeigt und zudem auf seiner 1986er-LP „Emotional“ einen pfundigen Big Band Jazz im Programm („Crime Time“).
In diese Marschrichtung scheint sich nun, 30 Jahre später, die damals bestimmt noch nicht geborene Elfe „HERZDAME“ zu bewegen. Dies gelingt ihr bislang außerordentlich zukunftsträchtig, stilgerecht, beharrlich und fest entschlossen. In wenigen Monaten soll – per „Crowdfunding“ finanziert – ihre erste reale Longplay-CD erscheinen, die – da sind sich alle Fachleute unisono einig – Großes bedeuten könnte.
Auf jeden Fall sollten nicht scheuklappenbehaftete Anhänger deutschgesungener Popmusik, die gerne mal in etwas abseitigerem, weniger radiotauglich zu Tode verweichlichtem Kontext stattfinden kann und sollte, die Augen weit offenhalten und die fleißige und zielbewusste Karriere von „HERZDAME“ wohlwollend beäugen, begleiten und beobachten. Es liegt, in Anbetracht des Gedankenreichtums und der Tiefsinnigkeit der ersten vier Liedbeiträge von „HERZDAME“, mehr als nur im Bereich des Möglichen, dass, alleine durch ihr musikalisches Zutun, 2016 in jeglicher Hinsicht ein bedeutsames Jahr für Österreich und seine (Pop)Kultur wird.

Holger Stürenburg, 23. Januar 2016
http://www.herzdame-music.com/#!die-band/c1x9v

