FANTASY
smago! Buch-Besprechung "Keine Lügen – Für unseren Traum riskierten wir fast alles"!

Das Erfolgsduo gibt sich im autobiografischen Buch überraschend offen …: 

Wer die Biografie eines Schlagerduos kauft, erwartet nicht unbedingt Inhalte, die mit den Erinnerungen von Rockstars wie vielleicht den Rolling Stones, Bruce Springsteen oder Jon Bon Jovi korrespondieren. Der deutsche Schlager steht jetzt nicht unbedingt für „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“. Martin Hein und Fredi Malinowski haben sich geschickterweise Unterstützung von Tanja May, der stellvertretenden Chefredakteurin der „BUNTE“, geholt. Dadurch wurden Boulevard-Themen in den Vordergrund gestellt. Wenngleich die Kapitel thematisch springen, lassen sich doch einige wesentliche Aspekte in den Fokus stellen:

 

Kindheit und Jugend Martins und Fredis

 

Beide sind in sehr bescheidenen Verhältnissen groß geworden.

Martins Mutter war 16 Jahre als, als sie mit ihm schwanger wurde. Viel Liebe (mehr als von seinen Eltern) erfuhr er von seiner geliebten Oma Christa. Spannend sind die Schilderungen, auf welchen abenteuerlichen Wegen die Umsiedlung aus Polen nach Deutschland erfolgt war. Im Februar 1983 zog Martin mit seiner Mutter nach Deutschland. Die räumliche Trennung vom Ehemann bzw. Vater war wohl zu lang – man hatte sich auseinandergelebt. Leider kam es zu einem schmutzigen Scheidungskrieg, dessen Höhepunkt ein angeforderter Vaterschaftstest war, den Martins Vater beantragte.

Nach seinem Schulabschluss arbeitete Martin bei Babcock, dann als Maler und Lackierer. Diese Lehre brach er nach einem Jahr ab und schulte zum Stahlbauschlosser um. Diese Lehre hat er mit dem Gesellenbrief abgeschlossen. Trotz seiner latenten Unpünktlichkeit erhielt er zunächst sogar eine Festanstellung, die er aber aus gesundheitlichen Gründen wegen Rückenproblemen nicht antreten konnte. Daher nahm er einen Job bei einer Autobahnraststätte an, der ihn insbesondere wegen des loyalen Chefs („Herr Hartmann“) mehr als ausfüllte.

Auch Fredis Mutter war bei seiner Geburt ausgesprochen jung (17 Jahre). Sehr einschneidend war ein traumatisches Erlebnis: Fredis Vater starb, als Fredi erst 7 Jahre alt war – davon ist im Buch immer wieder die Rede. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Kroatien, zur Einschulung siedelte er nach Essen über. Schulisch kam er nicht klar, ging aber 10 Jahre zur Schule, die er nach dem 7. Schuljahr ohne Abschluss verließ (gleich drei Mal sitzengeblieben). Nach seiner Meinung war das größte Problem in dieser Zeit die fehlende Förderung durch die Eltern. Im Anschluss war er für einen Tag(!) als Metzger und für ca. ein Jahr als Schneider tätig – beide Ausbildungen hat er nicht zu Ende geführt.

Martins und Fredis musikalische Vorgeschichte

 

Im Alter von 13 Jahren bekam Martin von seinem Ziehvater Franz eine Gitarre geschenkt. Sein Vater, der das Instrument beherrschte, brachte ihm bezeichnenderweise als erstes die Akkorde A, D und E bei: „Adé“… – Nachdem er in der Dikcothek „Rallye 2000“ den Sänger Ibo sah, wuchs der Wunsch, Sänger zu werden. Martin begann, Orgel zu spielen und besorgte sich Playbacks von Liedern wie „Ibiza“, „Holiday“ und „Alles oder nichts“, womit er auftrat. Eines Tages durfte er mit seinem Idol gemeinsam auftreten. Ibo sang mit Martin „Mann im Mond“ und riet dem Nachwuchs, eine eigene Stimme und eigene Pesonality zu entwickeln. Bei einem Auftritt im Rahmen der „Angie Gold Show“ lernte Martin Fredi kennen.

Fredi war von Kindesbeinen an großer Modern Talking Fan und nutzte die damaligen B-Seiten der Singles, auf denen die Instrumentalversionen zu hören waren, um sein Talent als Sänger auszubauen. Seinen ersten Auftritt hatte er bei einem Schulfest, bei dem er den Limahl-Song „Only For Love“ sang. Wenig gut angenommen wurde seine Aufnahme des Roland-Kaiser-Klassikers „Schach Matt“, die seine Lehrerin nicht für gut befunden hatte (sein Publikum im Rahmen der folgenden Talentwettbewerbe sehr wohl). Davon ließ sich Fredi nicht entmutigen und begann, an Talentwettbewerben teilzunehmen. Insbesondere seine Interpretation der berühmten „Unchained Melody“ kam dabei beim Publikum sehr gut an. Eines Tages holte er bei der „Angie Gold Show“ Platz 1 – beim gleichen Wettbewerb reichte es bei Martin nur für Platz vier – trotzdem war das eine schicksalhafte Begegnung. (Martin bekennt übrigens im Buch: „Fredi ist eindeutig der bessere Sänger von uns beiden“). Insbesondere für Fredi war die „Angie Gold Show“ richtungsweisend – er gehörte dort zum Ensemble und verdiente so seinen Lebensunterhalt. Bei einem Auftritt in der Essener Discothek „Number One“ lernte er seine spätere Frau Christa kennen.

Martins und Fredis Lebenspartner(innen)
 

Martins erste Liebe hieß Michaela, sie hat in ihm ungekannte Aggressionen ausgelöst. Als ihm einmal gar die Hand ausgerutscht ist, war Schluss. Danach kam „Trixi Anderson“, eine Rocksängerin – mit ihr fühlte es sich an wie mit „Bonnie und Clyde“. Das ging auch nicht lange gut – ebenso wenig funktionierte die Beziehung mit der eifersüchtigen Zahnarzthelferin „Martina“ aus Gelsenkirchen. Sein Glück fand er schließlich in der Ehe mit Tanja Lasch, die auch die Mutter seines Sohnes Luca ist.

Fredi heiratete seine Jugendliebe Silke am 20. Februar 1991, kurz darauf wurde Sohn Nino am 29. Juni 1991 geboren. Aus der Ehe gingen zwei weitere Kinder, Sandro (geb. 1993) und Laura (geb. 1996) hervor. Zwischenzeitlich ging die Ehe in die Brüche, was aber noch einmal gekittet werden konnte, dann aber endgültig wurde. Im Anschluss entdeckte Fredi in Kroatien seine bisexuellen Neigungen. Er lernte Dean kennen, mit dem er seit 2012 verpartnert ist.

Martins und Fredis Sexualleben

Sehr unterhaltsam zu lesen sind die Stories über Martins und Fredis sexuellen Aktivitäten, die in erfrischender Offenheit geschildert werden. Besonders imposant gestalten sich die Schilderungen Fredis, der laut eigener Aussage „an der entscheidenden Stelle recht großzügig bestückt“ ist. Aber nicht nur das, auch in Sachen Potenz hat er offensichtlich mehrfach „Hier!“ geschrien. Er lässt den Leser bei der Schilderung seiner Intimitäten mit Silke wissen, dass sie „an diesem Tag sieben Mal hintereinander“ Sex miteinander hatten. Respekt!

Fredi lässt uns auch wissen, dass er schon mal „beinahe“ etwas mit einer sehr bekannten Schlagersängerin gehabt hätte. Wenn die noch einmal an ihn heranträte, würde er sich „von Dean scheiden lassen. Würde sie es heute noch mal darauf anlegen, mich ins Bett zu bekommen, hätte sie auf jeden Fall Erfolg“. Man darf gespannt sein, ob es dazu kommen wird und kann nur aufmunternd sagen: „Wer Liebe lebt, ist niemals allein“. Merke: Trotz Fredis Bekenntnis zur Bisexualität gilt: „Ich bin mir auch sicher, dass irgendwann noch mal eine Frau in mein Leben treten wird.“ Was der arme Dean zu all dem sagt, das wird allerdings nicht verraten… Dafür erfahren wir mehr über die einschlägigen Erfahrungen sowohl Fredis als auch Martins in Sachen „Dreier“ („Das war richtig krass“).

In jungen Jahren lernte Martin eine gewisse „Anja“ kennen. Deren Wirkung auf die männliche Libido sagt viel darüber aus, wie einfach Männer bisweilen gestrickt sind. Martin lässt uns wissen: „Die Tür ging auf, diese Hammer-Braut kam rein, und meine beiden Kumpels und ich saßen nebeneinander auf dem Sofa, mit offenem Mund und schockgefroren, und während wir sie anstarrten, bekamen wir alle drei gleichzeitig eine Erektion.“ Interessant zu diesem Thema wäre sicher die Meinung des guten alten Dr. Sommer aus dem BRAVO-Team.

Wie es so zwischen Martin und Tanja läuft, auch darüber wird der geneigte Leser detailliert informiert: „Wir lachten uns kaputt, die Nervosität war wie verflogen, und wir tranken die komplette Flasche Wodka leer und hatten auch sonst jede Menge Spaß miteinander. Um es direkt zu sagen: Unser Sex war gigantisch. Als hätten wir nie etwas anderes gemacht. Es war wie zimmerwarme Butter aufs Brot schmieren.“ Man ist geneigt zu sagen: „Sex, Drugs & Schlager“….

 

Fantasy

 

Neben diesen wirklich unterhaltsamen Schilderungen wird aber auch die Geschichte des Duos Fantasy erzählt. In einem Bottroper Studio trafen die beiden aufeinander, sie hatten den gleichen Manager (Peter Albers). Mit „Nun sag schon Adieu“ und „Ibiza“ traten die beiden zusammen auf, was beim Publikum offensichtlich besser ankam als die Solostimmen von „Freddy März“ und „Marcell Martin“. Unter dem Manager Michael Schaedel kam es zum ersten Plattenvertrag mit DA Music und der ersten Single „Herz gesucht“.

Recht erfolgreich war der (von Fredi durchaus in autobiografischer Absicht getextete) Titel „Geh mit ihm“. Der WDR4-Redakteur Reinhard Kröhnert hielt das damals für radiotauglich (das war noch in der Zeit, als WDR4 kein Oldie-Dudel-Sender war). Mit der Plattenfirma der Sängerin Denise (Radiola) ließ sich ein Partner finden, der Titel kam gut an.

Einen großen Karrieresprung machte das Duo, als es im Vorprogramm bei der ersten Tournee von Andrea Berg agieren durfte. Dort war man vier Jahre aktiv, und es entwickelte sich eine Freundschaft mit der Familie des Schlagersuperstars. Aus einer Laune heraus entstand der Gedanke, dass der bis dahin eher unerfahrene Andreas Ferber, Sohn von Andrea Bergs Mann Uli, das Management übernehmen könnte. Von da an ging es steil bergauf. Die ersten Ariola-CDs kamen in die Charts, das „Best Of“ erreichte sogar die Top-20, im Anschluss folgten Echo-Nominierungen. Von Bedeutung war auch die Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen, die etwas unter der Unpünktlichkeit Martins litt.

Fazit
 

Wer einen seriösen Abriss der Karriere Fantasys erwartet, wird vielleicht nur bedingt bedient. Das ist aber auch gar nicht der Anspruch des Buchs. Dadurch, dass sich Fredi und Martin Tanja May geradezu bedingungslos geöffnet haben, bekommt man einen Einblick insbesondere in das Privatleben der beiden. Außerdem ist der Unterhaltungsfaktor sehr beachtlich – immer wieder gibt es etwas zu schmunzeln oder sogar zu lachen angesichts der erfrischenden Offenheit und Wahrheitsliebe des Duos. Besonders bemerkenswert ist das innige Verhältnis zur Familie Ferber und Andrea Berg, die auch ein freundschaftliches Vorwort geschrieben hat, in dem sie eines der besonderen Erfolgsrezepte Fantasys hervorhebt: Authentizität…

Stephan Imming, 21.09.2017
http://www.ariola.de/
http://www.fantasymusik.de/news.html

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