HEINER LÜRIG
Am 25.10.2024 erscheint sein Album “Nur noch ein Schritt”!
Das Gruß-Wort zur CD hat kein Geringerer als HEINZ RUDOLF KUNZE geschrieben!
Die größte Überraschung kommt zum Schluss … warum überrascht mich das nicht? Wahrscheinlich weil Heiner Lürig mich schon oft überrascht hat, das gehörte jahrelang zu seinem Selbstverständnis an meiner Seite als Komponist und Gitarrist. Sein erstes Soloalbum endet mit einem vierzehnminütigen Instrumentalstück, das gut hippiemäßig „ Auf der Reise” heißt. Früher hätte man von einem musikalischen Trip gesprochen.
Da ist es nun also, das erste Soloalbum von Heiner Lürig. Lange hat es gedauert, sehr lange… ich hatte das schon vor Jahrzehnten angeregt, aber Heiner hat lange darüber nachgedacht, ob ihm diese Rolle liegt, der Erste Mann zu sein, der Namensgeber, der Sänger. Und dann war es NUR NOCH EIN SCHRITT. Die Frage drängt sich auf: Wohin? In dem betreffenden Lied ist das lyrische Ich ja schon auf dem Gipfel, also ein Schritt ins Licht? In die Transzendenz gar? Bei Heiner, dem überzeugten Atheisten, schwer vorstellbar… ins Glück? Oder doch – in die Leere? Die Antwort, die seine zumeist liebliche Musik gibt, ist SUCHE. Das ist keine eindeutige Antwort. Und in gewisser Weise auch eine Untertreibung. Das könnte gut und gerne nur der erste Schritt gewesen sein. Da könnten noch weitere folgen. Der Clown am Wegesrand (ein schönes Bild) könnte sich in Zukunft noch für mehr Lieder bedanken.
Ich höre hier viele vertraute Klänge. Einen typischen Heiner. Klar, ich kenne ihn eben auch sehr gut. Am Wasser gebaut? Na klar. Schöne Musik ist immer nah am Wasser gebaut. Man kann ja auch vor Freude oder Ergriffenheit heulen. Alle bekannten Lürig- Einflüsse sind hier versammelt: Country-Folk-Rock, seine ewigen Hausgötter Dave Edmunds und Nick Lowe, Fairport Convention und die Eagles – wenn sie Iren wären. Stilistisch setzen diese Songs Heiners Arbeit bei den vier Shakespeare Musicals „Ein Sommernachtstraum”, Kleider machen Liebe oder Was ihr wollt”, „Der Sturm” und „Wie es euch gefällt” fort. Aber diesmal singt er selbst – als nachdenklicher Puck, zuweilen auch als Hamlet. Stürmisch nie, aber durchaus aufgewühlt.
Oft ist die Musik ein Roadmovie. Vergiß Amerika – auch über der Eifel oder Ostfriesland kann der Himmel great, wide und open sein. Und manche Wolke sieht auch überm Tegernsee wie Tom Petty aus… diese Musik ist eine einzige große Selbstvergewisserung durch Besingen der Liebe, der Zweisamkeit – erstrebt, beschworen, gepriesen. Wenig Wenn und Aber, viel in Dur. Es geht um Ermutigung, um Abwendung von Gefährdungen, nicht um Anzweifeln und Infragestellen. Eine Selbst-Findung im Spiegel eines Anderen. Wo gehört der Sänger hin? In die Musik und die Geborgenheit. Irgendwie hier dasselbe. Von der Haltung her erinnert dieses Album an „John Lennon/Plastic Ono Band”, Johns erstes, radikal subjektives Solowerk. Alles ist auch bei Heiner an eine unsichtbare Yoko gerichtet.
Aber es ist keine Abrechnung mit der Vergangenheit, kein Zorn, keine Bitterkeit. Viel Suche. Und viel Romantik. Der Clown am Wegesrand grinst nicht.
Er lächelt. Leicht wehmütig. Er ist alt genug.
Heinz Rudolf Kunze, September 2024
Textquelle: Monopol Records (Textvorlage)