FEUERSCHWANZ
Was "Feuerschwanz" mit "D’Artagan" zu tun hat …!
Stephan Imming hat sich mit dem “Farbtupfer der Mittelalterszene” beschäftigt!
Songs mit mittelalterlichen Elementen haben seit einiger Zeit Hochkonjunktur, man denke an Subway To Sally, In Extremo, Schandmaul, Faun und viele andere. Diesem Genre in gewisse Weise zugehörig ist auch die Gruppe „Feuerschwanz“ aus dem Raum Erlangen, die aber eine komödiantische augenzwinkernde Note in ihre Musik und ihre Shows mit einfließen hat lassen – oder um es mit Violinistin „Johanna von der Vögelweide“ zu sagen: „Farbtupfer in der doch eher ernsten Mittelalterszene“. Bereits am 15. Mai 2004 gab die Band im Erlanger „Omega“ ihr Debut. Zehn Jahre später, am 25. April 2014, wurde das 10-jährige Jubiläum gefeiert, das für die Ewigkeit auf DVD verfügbar gemacht wurde („Feuerschwanz – 10 Jahre live“).
Schon allein die Namen der Bandmitglieder erinnern an die legendären Orthopädischen Strümpfe des „Meisters“ Guildo Horn (Hoppla B. Benito, der westfälische Saftschinken etc.) – hier die aktuelle Besetzung der Band:
- Hauptmann Feuerschwanz (bürgerlich Peter Henrici) (Gesang und Gitarre)
- Johanna von der Vögelweide (bürgerlich Stephanie Pracht) (Geige, Drehleier)
- Sir Lanzeflott (Schlagzeug)
- Felix Taugenix (bürgerlich Felix Fischer) (Bass)
- Prinz R. Hodenherz III (bürgerlich Ben Metzner) (Flöten, Rauschpfeife, Dudelsack)
- Hans der Aufrechte (E-Gitarre)
Mit ihrer aktuellen Produktion „Sex is muss“ will die Band vordergründig den allgegenwärtigen „ismen“ dieser Welt (Extrem-ismus etc.) Paroli bieten. Wenn man sich etwas mit der Bandgeschichte beschäftigt, kann man aber einen ganz anderen Hintergrund vermuten. Die Universität Osnabrück hat nämlich die Gruppe vom letztjährigen Festival „Fairytale“ wieder ausgeladen. Begründung – Achtung! -: „Sex is muss“ – äääh, Sexismus. Die Texte seien frauenfeindlich. Wie man darauf kommt, ist angesichts von Texten wie „Latte“, „Wunsch ist Wunsch“ und „Der Hengst“ absolut nicht nachvollziehbar. Ob angesichts dessen „Feuerschwanz“ eine Chance auf einen TV-Auftritt bei Carmen Nebel hat, bleibt abzuwarten, wobei die Gruppe den Vorteil hat, quasi das eigene „Fernseh-Ballett“ mitzubringen – ein Markenzeichen der Band sind nämlich „Miezen“. Dabei handelt es sich um als „katzenartige Wesen geschminkte und verkleidete Frauen, die als Tänzerinnen und Animateure“ dienen. Was daran „frauenfeindlich“ sein soll, verstehe, wer will……..
Das ist ja alles gut und schön – aber zurück zur Konzertabsage. Da haben Vertreter der Osnabrücker Universität den Song „Wunsch ist Wunsch“ als gewaltverherrlichend kritisiert. In der NOZ war seinerzeit zum Hintergrund zu lesen: Die von autonomen Referaten des Osnabrücker Uni-Asta als besonders frauenfeindlich beanstandete Feuerschwanz-Single „Wunsch ist Wunsch“ (2011) handelt von der Begegnung eines Mannes mit einer Fee, in dessen Verlauf dem weiblichen Fabelwesen Geschlechtsverkehr abverlangt wird. Dabei greift der Mann auf das märchentypische Angebot der Fee zurück, ihm drei Wünsche zu erfüllen. Dabei entspinnt sich unter anderem folgender Dialog: Sie: „Nichts anderes fällt dir ein / Ist das denn dein ernst mein Freund / Ein Lüstling willst du sein“ – Er: „Mein voller ernst du schöne Fee / Dir wird es sehr gefallen / Ich bring dir irdisch Lüste bei / Deine Freude wird nie mehr verhallen“. Im Refrain heißt es dann: „Bück dich Fee, denn Wunsch ist Wunsch“. Die Kritiker in Reihen des Asta sehen darin eine Form von „nicht-konsensuellem Geschlechtsverkehr“, im Klartext: eine Vergewaltigung. Die Band Feuerschwanz selbst weist das zurück. Sie bezeichnet ihre Kunst als Satire.
Spätestens beim Vorwurf des „nicht-konsensuellem Geschlechsverkehrs“ musste ich mich erst mal sammeln, nachdem ich schallend gelacht habe. (Okay, das Thema ist natürlich spätestens seit der Kölner Silvesternacht mehr als ernst – aber in DIESEM Zusammenhang meines Erachtens einfach lächerlich). – Danach habe ich überlegt, ob G. G. Anderson dieser Vorwurf angesichts seines Songs „Nein heißt ja“ auch schon mal gemacht wurde. – Aber weiter im Text. Die Band hat zu Recht wie folgt reagiert: „Es ist eine Sache, wenn man uns albern, pubertär oder zotig findet. Man darf uns sogar scheiße finden, das ist absolut ok, die Geschmäcker sind verschieden, und was die eine lustig findet, findet der andere nur dämlich. Aber zu behaupten, wir würden Vergewaltigungen besingen und dadurch implizit gut heißen ist eine unglaubliche Unterstellung, verleumderische Diffamierung und grenzt an üble Nachrede. Als Beispiel wird 'Wunsch ist Wunsch' genannt – übrigens auch auf unserer als FSK 0(!) eingestuften Live-DVD enthalten, auf der man u.a. sehen kann, dass unsere Fee immer männlich ist. Die angewandten Methoden, die eigene Meinung auf Kosten vieler Unbeteiligter durchzusetzen, eine künstlerische Darbietung zu verhindern und damit die Freiheit der Kunst einzuschränken, kennt man eigentlich eher aus anderen Ecken des gesellschaftlichen Spektrums. Wie man hier sieht gleichen sich die Methoden immer mehr, je extremer die Meinungen werden – egal ob extrem links, rechts oder religiös motiviert.“ – Da kann man nur sagen: 1:0 für Feuerschwanz – top reagiert.
Dennoch hat der Vorwurf womöglich Spuren hinterlassen. Teile der Band haben die Kritik wohl angenommen und eine (politisch korrekte) „Unterband“ gegründet. Und die war so konservativ, dass sie es glatt in Florian Silbereisens Show geschafft hat. Ben Metzner und Felix Fischer haben sich mit einem Kollegen namens Tim zur Band „d’Atargan“ zusammengetan und damit große Erfolge feiern können (Album „Seit an Seit“).
Entgegen der Befürchtung einiger Fans hat dieses „Nebenprojekt“ aber nicht zu einem Kürzertreten von Feuerschwanz geführt – im Gegenteil – mit „Sex is muss“ gibt die Band richtig Gas und (zumindest nach meiner Empfindung) die richtige Antwort auf Möchtegern-Zensoren. Ohne die Songs zu kennen, sind Liedtitel wie „Moralisch (höchst verwerflich)“, „Hexenjagd“ und „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ neben dem Titellied „Sex is muss“ sehr viel versprechend.
Stephan Imming, 18.08.2016
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