ANDREAS GABALIER
Die Doppel-CD "MTV Unplugged" im Test von Holger Stürenburg!
Teils atemberaubend, teils gänsehauterzeugend – Andreas Gabalier meistert seinen stromlosen Abend mit Bravour!
Der in Kärnten geborene und in Graz aufgewachsene Sänger ANDREAS GABALIER war der allererste österreichische Musiker, der seitens des Musiksenders MTV angefragt wurde, eine Aufwartung in der legendären Sendereihe „MTV Unplugged“ zu absolvieren. An einem schönen Spätsommerwochenende, 10./11. September 2016, im „Odeon Theater“ im II. Wiener Bezirk, zelebrierte der polarisierende ‚VolksRock’n’Roller‘, begleitet von 40 (!) Orchestermusikern, welche von Multitalent Christian Kolonovits dirigiert wurden, und einigen Stargästen, eine 23teilige Show der Superlative – kein schwitziger Stadionrock auf der Bühne, keine Handys oder Feuerzeuge im Zuschauerraum des Theaters, nur Andreas, seine Freunde und sein Orchester, vor geladenen Gästen.
Wer nicht geladen war, kann sich nun allerdings in Bild und Ton von dieser außergewöhnlichen Veranstaltung verzaubern lassen. Denn seit rund zehn Tagen liegen Doppel-CD und Doppel-DVD „ANDREAS GABALIER – MTV-UNPLUGGED“ via Electrola/UNIVERSAL vor, auf denen der Künstler, der sich allgemein gegen kulturpolitischen Mainstream und ideologisch bedingte Denkverbote einsetzt, einen ganz speziellen, teils atemberaubenden, teils gänsehauterzeugenden – oder auch beides zusammen –, Auftritt darbietet.
Los geht’s mit dem 1866 von Johann Strauss jun. komponierten, instrumental gehaltenen Walzer „An der schönen blauen Donau“, bevor der Meister des Abends seine rasante Ode auf die „Bergbauernbuam“ (Original: 2010, aus der CD „Herzwerk“) mit stromloser Begleitung, untermalt von vielen Geigen, aber dennoch knackig-rockig ausgerichtet, munter schmettert. Gedämpft, sacht, aber knisternd swingend, setzt – auf Englisch gesungen – die bluesige, einwenig folk-angehauchte Ballade „Home, sweet Home“ (Titellied des 2013er-Albums) das sehr gewählt zusammengestellte „Unplugged“-Repertoire fort. Still, gemütlich, instrumentell aufs nötigste reduziert, ausstaffiert mit Country-mäßigen Gitarren, gebremsten Percussions und einem wehenden Akkordeon, erklingt danach das weitere Heimatlied „Daham bin i nur bei Dir“ (aus der 2011er-CD „VolksRock’n’Roller“). Nun darf sich FDP-Rainer Brüderle über das fetzige Swingchanson „Dirndl lieben“ (2015, aus „Mountain Man“) freuen; betrüblich-elegisch hingegen wirkt folgend die innige und dem zum Trotz womöglich hoffnungsvolle Botschaft an eine verflossene Liebe, „Es wär‘ an der Zeit“ (2013). Eine tadellos liebenswerte Mixtur aus Volkstümlichem, Stubenmusi und Schlager der 50er Jahre, stellt die stimmungsvoll, akkordeonbetont dargebotene Ode auf das „Edelweiß“ (2015) dar. „You’re just being you“ (2013) kommt als schleppender, unverkennbar US-amerikanisch umgesetzter Country-Blues daher, „In Deine Arm zu liegn“, ein romantisches Liebeslied aus Andreas 2009er-Debüt-Album „Da komm ich her“, tönt schmeichelnd, verträumt und hochemotional.
Zusammen mit dem deutschen Hip-Hop-Duo „257ers“ , intoniert Andreas daraufhin seinen grandiosen 2015er-Ohrwurm „Hulapalu“, was insofern ungewöhnlich ist, als dass die beiden Rapper und der personifizierte ‚VolksRock’n’Roller‘ bekanntlich aus zwei vollkommen divergierenden Genres stammen – und trotzdem klanglich hervorragend harmonieren; „So liab hob i Di“ (2009) ist dagegen ein vor Liebe und Zuneigung nur so strotzender Bluespop. Der baden-württembergische Singer/Songwriter Gregor Meyle gibt den Duettpartner bei dem streicherverzierten, feudal schwebenden Schleicher „In diesem Moment“, der im Original von dem im März diesen Jahres verstorbenen Jazzsänger Roger Cicero stammt. Gleichfalls in langsamer Geschwindigkeit verharrt, von wiegenden Geigen geprägt und pianobetont, „Für mich bist Du schön“ (2013), wohingegen das typisch alpenländische Schmankerl „Der Himmel“ (dto.) auf der Basis von Akkordeon und Akustikgitarren lieblich und zugleich sehr aufregend vor sich hin perlt. Den vorherigen Stadionrocker a la Springsteen, „Sie“ (2011), singt Andreas im Zwiegesang gewohnt energetisch und voranstrebend gemeinsam mit dem Karlsruher Liedermacher Max Giesinger. Akkordeon und zierliche Streicher zeichnen die „Unplugged“-Version des vergebenden, traurigen, flehenden und doch latent positiv in die Zukunft blickenden Liebesliedes „Ohne Di“ (2009) aus.
Da es bei „MTV-Unplugged“-Konzerten die Regel ist, dass der jeweilige Künstler auch – zumindest – eine Coverversion auf der Liste haben muss, griff Andreas Gabalier bei dem ihm zur Verfügung stehenden Abend im II. Wiener Bezirk auf den 1968 entstandenen Beinahe-Gospel „You can’t always get, what you want“ von den „Rolling Stones“ zurück, der swingend-bluesorientiert zum Zuge kommt. „Vergiss die Heimat nie“ (2013) repräsentiert in zärtlichem, klanglichen Gewand steirischen Lokalpatriotismus pur.
Der nicht unumstrittene Mannheimer Popsänger Xavier Naidoo erklimmt gleich darauf auf die Bühne und singt, in vokalistischer Kooperation mit Andreas, dessen (sehr zu unterschreibendes) wohl politischstes und provokativstes Lied „A Meinung haben“ zu zurückhaltenden Streicherklängen, bevor ein Medley, bestehend aus dem bluesrockigen, melodisch/harmonisch an den Robert Johnston-Standard „Dust my Broom“ angelehnten „12 Ender Hirsch“ (2011), dem „Tulsa Time“/Clapton-ähnlich arrangierten Mid-Tempo-Rocker „Es wird alles wieder gut“ (2015) und dem 2010er-Megahit „I sing a Liad für Di“, die Zuschauer im „Odeon Theater“ in konsequente Begeisterung versetzt und Andreas‘ ironische ‚Selbstbezichtigung‘ „VolksRock’n’Roller“ (2011) weiterhin konstruktives, stark bejubeltes – eben – VolksRock’n’Roll-Flair verbreitet.
Den Abschiedsgesang auf Familienangehörige, die nicht mehr weiterleben wollten, wurde als so melancholisches, wie prickelndes Duett mit der derzeit wohl prominentesten Opernsängerin, der 1971 geborenen Russin Anna Netrebko, aufgenommen. Für „Amoi seg‘ ma uns wieder“ (2009) interpretierten die beiden ebendiesen Hymnus, der für Andreas gleichermaßen eine musikalische Aufarbeitung mancher Geschehnisse innerhalb seiner eigenen Familie bedeutete.
Ein klassisch-bombastisch ausgekleidetes „Encore“ beschließt schlussendlich das weitestgehend real famose „MTV-UNPLUGGED“-Programm von ANDREAS GABALIER.
Paul McCartney – der 1991 mit diesem Reigen der „Unplugged“-CDs startete – , Eric Clapton, Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg, kürzlich ja auch unser aller Marius Müller-Westernhagen – natürlich auch Künstler anderer Genres, mit denen der traditionsbewusste Musikfreund eher weniger anfangen kann, z.B. „Nirvana“, „De la Soul“, „Babyface“ oder „Korn“ – taten das Ihrige dazu, diese spezifische Art und Weise der stromlosen Aufführung ihrer Hits zu etablieren. Nun erhielt ANDREAS GABALIER die Chance hierfür und hat selbige – dies belegen seine diesbezügliche Doppel-CD und Doppel-DVD in aller Form – wahrhaftig mit Bravour gemeistert!
Holger Stürenburg, 05./06. Dezember 2016
http://www.andreas-gabalier.at/

