UDO JÜRGENS
smago! exklusiv vorab: Die Udo-Jürgens-Serie "Sein Leben – seine Erfolge"! Teil 3: "Ich war noch niemals in New York"!

Ein weiterer Beitrag von René Jochade! Mit einer tollen Dia-Show als Zugabe…: 

Der Sieg beim Sängerwettstreit hatte für Udo noch einen weiteren schönen Nebeneffekt: Er erhielt postwendend einen Vertrag als freier Mitarbeiter beim österreichischen Rundfunk.

Zusätzlich bekam er ein Angebot vom britischen Soldatensender BFN (British Forces Networks) in Klagenfurt, dort jeden Donnerstagabend eine eigene Rundfunkshow zu gestalten. Er war nun praktisch "voll im Geschäft" und lernte all die Dinge, die ihm für seine spätere Karriere nützlich waren. Udo vervollkommnete sein Klavierspiel und entdeckte seine Liebe zum Jazz – nicht zuletzt wegen seiner Auftritte bei einem gewissen Johannes Fehring, bei dessen Big-Band er zuweilen mitspielen dufte.

Nach und nach wurde der Name "Udo Bolan" in Österreich ein Begriff.

Ende 1955 schickte Udo ein Tonband mit eigenen Aufnahmen an den bekannten Chef des RIAS-Tanzorchesters Werner Müller nach Berlin, ohne allerdings allzugroße Erwartungen dabei zu haben. Umso erstaunter war er dann, als dieser ihm als Antwort ein Flugticket nach Berlin schickte und ihn zu Probeaufnahmen einlud.

Werner Müller war es auch, der Udo dann riet, seinen Künstlernamen in "Udo Jürgens" zu ändern, da ein UdO Bolan leicht mit dem damals sehr populären Bully Buhlan verwechselt werden konnte. Einige Zeit später hielt Udo dann tatsächlich seinen ersten Plattenvertrag in der Hand.

Die deutsche Polydor hatte gerade ein Unterlabel gegründet, welches sich "Heliodor" nannte, und in erster Linie den Zweck verfolgte, neue, junge Künstler beim Publikum bekannt zu machen. So kam es also, daß Udo im darauffolgenden Jahr, genauer gesagt im Juni 1956, dort seine erste Single aufnehmen konnte. Der Titel: "Es waren weiße Chrysanthemen".

Obwohl dieser Song später in der Kritik gar nicht mal schlecht wegkam, war ihm nur ein geringer Erfolg beschieden. Immerhin fertigte Heliodor eine Nachpressung davon an, so daß jene Legende eines totalen Flops allerdings auch nicht zutreffen dürfte. Im September folgte "Monika" und im Januar des Jahres 1957 "Zu Hause blüht jetzt der Flieder". Beide Scheiben hatten ebenfalls nur mäßigen Erfolg.

Das sollte sich mit Udos vierter Single "Hejo, Hejo – Gin und Rum", welche Heliodor im April 1957 auf den Markt brachte, jedoch schlagartig ändern. Der Titel konnte sich zum ersten Mal in den deutschen Charts plazieren und lag mit Platz 12 sogar wesentlich besser, als später die "Jenny", welche nur auf Platz 36 kam. Zwei Nachpressungen fertigte Heliodor an, und die Single ist auch heute noch eine der am weitverbreitetsten Heliodor-Scheiben dieses Jahrgangs.

Udo glaubte fast, es geschafft zu haben, zumal er nun auch als Filmschauspieler in "Die Beine von Dolores" sein Debüt geben durfte.

Im Juli 1957 erhielt Udo über seinen alten Schulfreund Herwig Jasbetz die Möglichkeit, im Rahmen eines Jugendaustausches der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft eine dreimonatige Studienreise in die USA anzutreten. Die Gelegenheit für Udo, nun auch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu erobern – so glaubte er wenigstens.

Kaum war Udo in den Staaten angekommen, bot sich auch schon die Möglichkeit, in verschiedenen Veranstaltungen aufzutreten. Das wurde ihm durch amerikanische Studenten in New York ermöglicht. Er spielte und sang durchaus mit Erfolg, so daß er sich sogar eine kleine, nicht unbedeutende Summe an Dollars verdienen konnte. Dies sollte Udo noch sehr zu Gute kommen, denn als das offizielle Austauschprogramm beendet war, hatten Udo und seine Freunde noch längst keine Lust, nach Hause zu fahren. Zusammen mit drei seiner Klagenfurter Kameraden – unter ihnen Herwig Jasbetz – und einem marokkanischen Gaststudenten, wollte er sich ein Auto besorgen, um damit auf eigene Faust Amerika zu durchqueren.

"Als wir unsere Taschen umdrehten und die gesamte Barschaft auf einen Haufen warfen, betrug unser Vermögen genau 700 Dollar" erzählt Udo Jürgens später. "Davon wollten wir zu fünft rund 20.000 Kilometer abklappern und auch noch ein Auto kaufen. Pro Nase und Tag durften wir also nicht viel mehr als einen Dollar ausgeben!"

Die Freunde kauften sich also für 400 Dollar einen alten 53er Ford, und bepinselten ihn mit der Aufschrift: "Studenten aus Österreich und Marokko". Zuvor vereinbarte Jasbetz noch, daß der Wagen nach Ende der Tour zu einem festgelegten Preis wieder verkauft werden konnte. Dies war in Anbetracht der knappen Reisekasse durchaus wichtig…

Der Trip führte Udo und seine Freunde von New York quer durch die Vereinigten Staaten über Chikago, Denver und Salt Lake City bis nach San Franzisko. Anschließend ging es weiter durch den Nationalpark nach Kalifornien. In Los Angeles gab es dann einen längeren Aufenthalt. Von dort aus fuhr man weiter durch die Wüsten von Arizona und Texas bis nach New Orleans und Florida. Danach sollte es endlich wieder Richtung New York gehen.

Udo erinnert sich: "Wir nuckelten müde eine endlose Straße entlang, als uns plötzlich ein junger Neger in seinem Wagen überholte und uns mit der Hand ein Zeichen gab, daß wir an der nächsten Tankstelle anhalten sollten. Als wir dort ankamen, erwartete er uns bereits mit breitem Grinsen. Er hieß Junius Chambers und stammte aus New York. Sein Vater fuhr den A-Train. Das ist die Untergrundlinie, die nach Harlem führt. Junius interessierte sich sehr für uns Studenten aus Europa, weil er gehört hatte, daß man bei uns die dunkelhäutigen Mitmenschen als Gleiche unter Gleichen behandelte. Als Junius hörte, daß ich Musiker sei, stotterte er vorsichtig eine Einladung heraus. Er sagte, ich könne nach meiner Rückkehr nach New York gerne bei seiner Familie in den Bronx wohnen. Es sei allerdings eine reine Negergegend, und ich sei dann der einzige Weiße unter Millionen Schwarzen. Ich solle es mir überlegen. Man merkte ihm deutlich an, daß er fürchtete, ich könnte seine Einladung übelnehmen."

Das tat Udo aber nicht.

"Es war eine wunderbare Zeit. Familie Chambers nahm mich mit offenen Armen auf. Vor allem die Mami kümmerte sich rührend um mich. Sie hatte wohl den Eindruck, daß ich magerer Hecht in Kürze dem Hungertod zum Opfer fallen würde. Jedenfalls bruzzelte sie von morgens bis abends für mich die herrlichsten Gerichte zusammen.

Julius machte mich mit einer ganzen Reihe hervorragender Negermusiker bekannt. Wir spielten zusammen die Nächte durch."

Bei einer dieser Musikabende lernte Udo auch eine hübsche Farbige kennen, welche den schönen Namen "Jenny" trug. Mit ihr hatte er eine kurze, aber leidenschaftlich Affäre. Jenny machte einen tiefen Eindruck auf ihn – so tief, daß sie Udo zu einem Lied inspirierte. Ein dekwürdiger Moment, denn jenes Lied sollte später noch eine große Bedeutung für ihn erlangen…

"Das einzige Unangenehme war, daß ich niemals allein auf die Straße gehen konnte", erinnert sich Udo weiter. "Ich lebte auf der falschen Seite der Stadt und wurde sowohl von den Weißen als auch von den Schwarzen angefeindet. Die Schwarfmacher beider Hautfarben hätten mich liebend gerne kaltgemacht. Junius und seine Freunde stellten deshalb ein Begleitkommando für mich ab, das mich immer in die Mitte nahm. Die Nacht, in der ich New York per Bus in Richtung Montréal verließ, um von dort nach Österreich zurückzukehren, werde ich sicher niemals vergessen. Junius und seine Freunde brachten mich – dreißig Mann hoch – zum Busbahnhof. Sie lachten und weinten in einem Atemzug. Es war der schönste Abschied meines Lebens."

Nachzutragen wäre, dass Udo während eines Aufenthaltes in Hollywood auch noch versuchte, seine Erfolgssingle bei einheimischen Produzenten an den Mann zu bringen. Immerhin handelte es sich um eine Coverversion von "Mary-Ann". Also wanderte er voller Stolz mit der Platte unter dem Arm direkt ins Hauptquartier von Capitol Records. Leider war dort niemand der Herren bereit, seine Aufnahme anzuhören. Eine erste Enttäuschung, und es sollte nicht die letzte bleiben.

Wieder zu Hause angekommen, machten sich neue Schatten breit. Udos Single "Jolly Joy hat einen Boy", welche er ob seines Erfolges mit "Hejo, Hejo – Gin und Rum" zusammen mit den Trocaderos beim Hauptlabel Polydor aufnehmen durfte, hatte genausowenig Erfolg, wie die Folgenummern "Peppino", "Schwarzer Kaffee aus San Juan", "Lilly Lu" und "Doch abends läßt du mich allein", welche allesamt wieder bei Heliodor erschienen.

Finanziell hatte Udo zwar sein Auskommen, konnte aber keine großen Sprünge machen. Neben seinen Bandauftritten und den Plattenterminen machte er nebenbei auch immer wieder Radioaufnahmen. So hatte er schon im Jahre 1956 beim NDR den Titel "Ohne Lied schlaf' ich nicht ein" aufgenommen. Ein Jahr später folgte "Mein Lied", welches ebenfalls beim NDR eingespielt wurde. Beide Titel sind auch heute noch auf Sampler-CDs zu hören.

Ein Titel aber – und zwar nicht der Schlechteste – ist leider nicht mehr als Tondokument erhalten: "Blau ist die Nacht". Komponiert und getextet wurde er von Kurt Svab, welcher im gleichen Jahr auch Österreichs ersten Grand-Prix-Song komponierte. Ulli Schwinge hat diesen Song dankenswerter Weise neu für uns aufgenommen: Blau ist die Nacht

Der Alltag hatte Udo also wieder, und die Zukunft sah längst nicht mehr so rosig aus, wie noch kurz vor Beginn seiner Studienreise.

Lesen Sie in der nächsten Folge: "Moskauer Nächte"!

Sehen Sie HIER eine tolle Dia-Show!

HIER finden Sie weitere rare Fotos!

Foto-Credit: Jasbetz

René Jochade
http.//www.ariola.de
http://www.udojuergens.de

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