smago! AWARD
Event-Bericht von Stephan Imming: Der "smago! Award 2014" im MOA Hotel, Berlin!
„Unter dem Strich war die diesjährige Veranstaltung Werbung pur für den deutschen Schlager“, so sein Resümée – mit einem leichten „Aber“…:
1981 führte Dieter Thomas Heck den "Tag des deutschen Schlagers" ein mit der Intention, deutsche Schlagermusik zu fördern und sicher auch, ein um dieser Musikform ein Forum der Aufmerksamkeit zu verschaffen. Anfangs als Veranstaltung ohne große Medienpräsenz gestartet, wurde daraus binnen einiger Jahre einer der wichtigsten Musikpreise, die "Goldene Stimmgabel", die sich über viele Jahre mit großer Fernsehpräsenz zur Primetime etablieren konnte. Erst im Jahre 2007 fand die letzte "Goldene Stimmgabel" statt – nur vier Jahre später schlug die Geburtsstunde des smago! Awards, der eine ähnliche Zielsetzung hat wie die "Goldene Stimmgabel":
Auch 2014 wurden wieder im Rahmen einer großen Veranstaltung Künstler für ihre Schlager-Leistungen des vergangenen Jahres ausgezeichnet – präsentiert im glamourösen Umfeld (einschließlich rotem Teppich) in der Hauptstadt von einem gut gelaunten Moderatoren-Duo.
Die Liste der ausgezeichneten Künstler liest sich wie ein "Who is who" des deutschen Schlagers – selbst Top-Interpreten wie die Amigos und Semino Rossi ließen es sich nicht nehmen, zur inzwischen mehr als etablierten Veranstaltung zu erscheinen und Auftritte auf hohem Niveau abzuliefern. Modernste (LED-)Bühnentechnik sorgte für Star-Appeal, wobei schon auffällig war, dass diese durchaus unterschiedlich genutzt wurde (während bei den Amigos ein "Palmen-Video" im Hintergrund zu sehen war, wurde der Auftritt von Semino Rossi regelrecht "zelebriert", indem Lichttechnik und drei Sängerinnen zu sehen waren und erst später der Meister zu sehen war, nachdem sein Gesang bereits aus dem "Off" erklang.)
Unter dem Strich war die diesjährige Veranstaltung Werbung pur für den deutschen Schlager. Bei all der Diskussion um abnehmende Medien-Präsenz für diese Musikrichtung kann man Stefan Mross nur Recht geben – da, wo Türen zugehen (z. B. "Goldene Stimmgabel") öffnen sich auch wieder welche ("Smago!-Award") – aus meiner Sicht hätte die Gala ohne Weiteres das Zeug für eine große jährliche TV-Show. Andy Tichler weiß inzwischen, wie es geht – man merkt, dass die Macher des vierten Awards dieser Art durch die Bank Profis sind – vom Veranstalter, von der Location, von der Bühnentechnik bis hin (natürlich vor allem) zu den teilnehmenden Künstlern wurde nichts dem Zufall überlassen.
Jeden einzelnen Künstler zu nennen, würde den Rahmen sprengen – aber einige möchte ich doch hervorheben:
– Subjektiv für mich (ich habe aber vernommen, dass auch andere das so sahen) das mit Abstand größte Highlights des Abends war der sensationelle Auftritt Linda Hesses. Okay – ihre ausgesprochen originellen Texte (z. B. "Knutschen..") waren auch mir nicht neu. Dass sie aber (voll live(!!)) mit Band eine derart tolle Bühnen-Präsenz hat, war mir neu. Das war großartige Werbung für Live-Performance – denn wenn man DAS (wie Linda Hesse) "drauf hat", gehört man zur absoluten Schlager-Elite nach meiner Meinung. Es ist fast schade, dass sie sich vermutlich immer an Helene Fischer messen lassen muss, obwohl sie – wie ich finde – individuelle Stärken hat – neben den starken Songs mit originellen Texten ist hier die volle Konzentration auf die schnörkellose Gewichtung auf Musik zu nennen – ohne auf Akrobatik und Artistik zu setzen. (Das soll keinesfalls Kritik an Frau Fischer sein, sehr wohl aber ein dickes Lob für Frau Hesse).
– Stefan Mross hat mich nicht nur als sehr sympathischer, lockerer Typ beeindruckt, sondern auch mit seinen gesanglichen Qualitäten. Er hat eine wirklich gute Stimme und ist in der Lage, auch live souverän einen Song überzeugend rüberzubringen – als kritischer Udo-Jürgens-Fan muss man seine recht "eigentümliche" Interpretation von "17 Jahr" zwar kritisch sehen – andrerseits habe ich schon deutlich schlechtere Udo-Covers gehört – und er hat durchaus die Stimme, um Udo-Songs zu interpretieren. Außerdem nehme ich ihm die Lieder ab – man hat den Eindruck, dass er Spaß an dem hat, was er tut. Sein mehrfaches Bekenntnis zum deutschen Schlager und seine Kritik an den Radiomachern (…"aber in 30 Jahren hört man dann unsere Lieder, weil die dann auch Oldies sind"..) waren wohltuend offen.
– A propos offene Worte – was das anging, haben mich die Amigos überrascht, die Tacheles in Richtung der Rundfunkmacher redeten. Ob man ihre Musik nun mag oder nicht – die beiden bringen ihre Lieder authentisch und ohne Star-Allüren rüber – und Ohrwum-Qualitäten haben ihre "Aloha"-Lieder durchaus. Ihr sehr deutliches Bekenntnis zum Schlager und auch das dicke Lob an "Smago!" (, das von fast allen Interpreten des Abends geäußert wurde,) fand ich beeindruckend.
– Semino Rossi legte einen beeindruckenden, professionellen Auftritt hin, in dem er mit nur drei Songs (einen davon selbst live an der Gitarre begleitet) zeigte, warum er derzeit zur absoluten Elite des deutschen Schlagers gilt (, wobei er natürlich auch mit Liedern in seiner Heimatsprache zu überzeugen weiß). Es gab wohl Zweifel, dass dieser Superstar des Schlagers tatsächlich die Produktion seiner im kommenden Jahr erscheinenden CD unterbricht, um nach Berlin zu kommen – aber Andy Tichler hat's möglich gemacht!
– Interessanterweise war Christian Anders der Einzige, bei dem das Publikum "Zugabe" forderte – vielleicht aber nicht soooo überraschend, weil er auch der Einzige war, der altes Material aus den 70ern in einem Medley vortrug – noch dazu mit Playbacks, die dem damaligen Zeitgeist entsprachen. Es war einfach ein schöner Kontrast, bei all dem aktuellen Schalger-Schaffen dann auch mal Songs wie "In den Augen der ander'n" oder "Sechs Uhr früh in den Straßen" zu hören.
– Eine Auszeichnung für sein Lebenswerk erhielt Jack White. Vor dessen Lebensleistung habe ich größten Respekt – seine Lieder und Produktionen waren über Jahrzehnte erfolgreich und haben nicht nur in Einzelfällen absoluten Evergreen-Charakter – der Preis ist somit durchaus mehr als verdient. Was mich aber störte, war, dass er den ersten Teil des Programms "über sich ergehen ließ" (so deute ich es, wenn da jemand mit stets verschränkten Armen sitzt und ansonsten keine Miene verzieht), bis er dran war. Auf der Bühne stehend, beklagte er sich dann, dass Moderatorin Isabel Varell nicht seine sämtlichen großen Erfolge aufgezählt hatte. Und direkt nach "seinem" Auftritt verschwand er und ward nicht mehr gesehen – für mich war das nicht gerade stilvoll.
Anmerkung der smago! Redaktion: Jack White sitzt prinzipiell immer mit verschränkten Armen im Publikum, wenn er sich denn überhaupt noch mal irgendwo ins Publikum sitzt. Für smago! war (und ist!) es eine große Ehre, dass Jack White überhaupt zur smago! Award-Verleihung bekommen ist, da er selbst eher ungern im Rampenlicht steht.
Leider war Jack White nicht der Einzige, der sich so verhielt (Rückzug in den Backstage-Bereich nach absolviertem Auftritt). So ziemlich alle Künstler wollten nach ihrem Auftritt schnell in den Backstage-Bereich, was dazu führte, dass mit zunehmender Veranstaltungsdauer im hinteren Bereich immer mehr Unruhe aufkam. Eine Zuschauerin äußerte gegenüber Isabel Varell ihren Unmut über den "Bienenschwarm", den man da im Hintergrund hörte. Wenngleich Varell mehrfach versuchte, ihre Kollegen zu etwas mehr Ruhe zu bewegen, stießen ihre Worte wohl auf vermeintlich taube Ohren. In meinen Augen ist das sehr bedenklich und contraproduktiv – wenn die Schlagerszene ernst genommen werden will und respektvoll behandelt werden will, muss sie das auch vorleben. Es ist schon sehr respektlos, wenn der Eindruck entsteht, dass die Auftritte der anderen Künstler nicht interessieren und das auch noch recht eindrucksvoll nach außen hin demonstriert wird.
Dass ausgerechnet ein Politiker (Wolfgang Bosbach) zeigen muss, dass es auch anders geht, gab mir zu denken. Der Mann hat bis zum Schluss "durchgehalten" und zeigte sich dabei stets interessiert und gut gelaunt. Hier und da wurde er von Künstlern gebeten, sich auch politisch für deutsche Musik stark zu machen. Hoffen wir mal, dass das Verhalten derer, die sich das wünschen, künftig um Ausdruck bringt, dass dieser Wunsch ernst gemeint ist und nicht nur bezogen auf die eigene Person ist.
Allerdings muss man auch "mildernde Umstände" ins Feld führen – die Veranstaltung dauerte ca. 5 Stunden ((es waren nur 4 ½ Stunden, Anmerkung der smago! Redaktion)) – und das ohne Pause. Diese Überlänge kann man aber recht einfach stutzen, indem man drei Dinge beherzigt:
– Es ist sicher sehr lobenswert, den Schlager-Nachwuchs zu fördern. Aber ein Act dieser Art würde aus meiner Sicht reichen.
– Die Gesamt-Anzahl der Interpreten sollte deutlich reduziert werden – dann könnte man sich auch einzelne doch grenzwertige Award-Kategorien schenken (Ross Anthony als "Entertainer des Jahres" zu bezeichnen und Annemarie Eilfeld als "Live-Künstlerin des Jahres" – und das im gleichen Monat, indem Udo Jürgens und Helene Fischer die O2-World ausverkauft haben – das ist schon "mutig", wie ich finde). Überhaupt waren mit Annemarie Eilfeld, Ross Anthony, Michael Hirte, Alexander Klaws, Aneta etc. doch sehr viele Casting-Stars am Start – auch da könnte man sicher etwas Straffung hineinbringen – andererseits ist es natürlich toll, so viel Prominenz geballt vereint zu sehen.
(Nicht falsch verstehen: Peter Schilling lobte mit Recht den Mut, sein nicht in den Charts vorkommendes Album dennoch mit einem Preis "Album des Jahres" auszuzeichnen und sprach (mit Recht) in diesem Zusammenhang von einem "Arsch in der Hose", den die Jury damit gezeigt hat ).
– Die ADS-"Sonderpreise"-Auszeichnungen sind sicherlich gut und richtig – deren Präsentation uferte für meinen Geschmack aber zeitlich zu sehr aus – hier sei insbesondere die Auszeichnung für den tschechischen Schlagersender genannt. Subjektiv fände ich auch gut, wenn weniger die geehrt werden, deren "tägliches Brot" der Schlager ist (ob z. B. der ZDF-Mann wirklich aus Engagement für den Schlager diesen im Fernsehgarten "unterbringt" oder das einfach tut, weil es sein Job ist – man weiß es nicht..) und mehr diejenigen, die sich wirklich ohne kommerzielle Aspekte einfach aus Leidenschaft und Engagement in den Dienst der Sache stellen.
Die Moderation des Abends übernahmen Isabel Varell und Sascha Heyna. Der Fünf-Stunden-Marathon wurde von ihnen ohne größere Probleme absolviert – auch Pannen wurden ordentlich gemeistert. Ob Isabel Varell im Laufe des Abends den von Claudia Jung (war im Publikum) erbetenen Rotwein denn noch bekommen hat, ist allerdings nicht überliefert:-). ((Hat sie, Anmerkung der smago! Redaktion…))
Unter dem Strich bleibt ein Fünf-Sterne-Ereignis, dem man nur alles Gute wünschen kann – wenn die kleinen oben genannten Kritikpunkte auch noch abgestellt werden, steht einer TV-Umsetzung nichts mehr im Wege – zu wünschen wäre es diesem wunderbaren Preis, dessen Macher wirklich Herzblut in die Veranstaltung stecken. Es war mir eine Ehre, dass ich dabei sein durfte.
Stephan Imming, 27.11.2014
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