FRANCINE JORDI
Ihre neue CD "Wir" im Test von Holger Stürenburg!

Und höchste Zeit, dass wir mal wieder über die SÄNGERIN Francine Jordi reden …! 

So… der Theaterdonner ist am Verhallen… die Scherben, mögen sie noch so grob und spitz sein, werden aufgekehrt… die hohen Herren bei ARD und ORF müssen sich überlegen, ob es denn wirklich eine so weise Idee war, eine schon vorab vielfach als zumindest fragwürdig eingestufte Entscheidung, über die Köpfe des gemeinen, aber eben GEZ-Gebühren zahlenden Publikums hinweg, so mir nichts, Dir nichts, durchzupeitschen – und nun, daran anschließend, tun dieselben, volksfernen Funktionäre ganz verwundert, wenn ebenjener schlichte TV-Zuschauer diese unerbetene Bestimmung sozusagen mit der Fernbedienung in Grund und Boden gestampft hat.

So soll es nun an der Zeit sein, sich, nach dem nicht wegzudiskutierenden, geschmacklichen, wie produktionstechnischen und programmatischen Flop der sog. „Stadl-Show“ am vergangenen Samstagabend (die eher häufig wirkte, wie ein – bedauerlicherweise in Wahrheit völlig ernst gemeintes – volksmusikalisches Pendant zur – gottlob niemals so ernsthaften und trotzdem inhaltsbezogen weitaus tiefergehenden – „Heute-Show“), wiederum demjenigen Talent der FRANCINE JORDI zuzuwenden, über das die angeschlagene „Stadl-Show“-Neumoderatorin – ihr Co-Conférencier Alexander Mazza hat zum Glück bislang noch nicht gesungen… – TATSÄCHLICH von Kindesbeinen an verfügt.

Die 38jährige, mittelblonde Schweizerin aus Richingen/Worb im Kanton Bern ist – daran gibt es keinerlei Zweifel – eine sehr sympathische, attraktive, meist vor Frohsinn und Temperament nur so übersprudelnde Interpretin freundlicher eingängiger, poppiger Schlager. Dies bezeugt unbestreitbar auch ihr neues, vermutlich aus Marketing-Gründen eine Woche vor der „Stadl-Show“ bei Heart of Berlin/Vertrieb: Polydor/Universal publiziertes, insgesamt zwölftes Album „WIR“. Es ihr sechstes Werk im reinen Schlagerkontext, nachdem die stets liebevoll lächelnde Sängerin 2004/05 ihren Anfängen im eher volkstümlichen Bereich Adieu gesagt hatte.

Natürlich bedeutete es ein gewisses Risiko, seitens der smago!-Chefredaktion gerade mich, als alten Andy-Borg-Verehrer, der ich dessen Karriere seit ihren Anfängen 1982 mit „Adios Amor“ schmunzelnd-konstruktiv verfolge, und – wie ich gerade nachzählte – ungelogen 15 CDs, zehn Vinyl-LPs und noch mal 19 Vinyl-Singles des legendären Wiener Entertainers mit Herz und Selbstironie mein Eigen nenne, aufzufordern, nur wenige Tage nach dem (absehbaren und von nicht wenigen Menschen aus meinem Freundes-, Bekannten- und Familienkreis sogar  regelrecht vorhergesagten) „Stadl-Show“-Fiasko, mir diese neue Silberscheibe von Borg-Nachfolgerin Francine Jordi analytisch vorzuknüpfen… aber vielleicht machte gerade dieses Faktum die Faszination aus, mit aller Kraft zu versuchen, alle Vorurteile, die mit dem „Stadl“ zusammenhängen, mental völlig auszuschalten – und sich wahrhaftig ausschließlich der reinen Schlagerinterpretin Francine zu widmen. Ich hoffe, dass mir dies recht gut gelungen ist!

„Wir“ präsentiert zwölf brandneue Titel (plus einen Bonustrack). Die durchwegs ansprechenden Lieder wurden allesamt produziert und arrangiert von Thorsten Brötzmann, bekannt durch seine Zusammenarbeit mit z.B. „D.J. Ötzi“, „Modern Talking“, Christina Stürmer, den „No Angels“ oder Matthias Reim, sowie Ivo Moring, der u.a. bereits mit Jürgen Drews, Roland Kaiser, Philipp von Kap-Herr oder Maria Levin reputierlich kooperierte. Die Kompositionen und Texte stammen überwiegend von der Künstlerin selbst, ihrem Landsmann, dem Songschreiber Tommy Mustac, und dem Düsseldorfer Hit-Texter Tobias Reitz; ab und zu griffen auch die ‚alten Hasen‘ Joachim Horn-Bernges und Francines einstiger Duettpartner – man höre und staune – Nino de Angelo (Erinnere: „Und wenn ich abends einschlaf‘“; 2004, auf der CD „Zurück nach Vorn“) für „WIR“ zur Feder.

Als direkt innerhalb der ersten Take radikal mitreißender und anspornender Aufhänger hier vorgestellter Silberscheibe dient selbstverständlich die erste Singleauskoppelung „Paradies“, ein sogleich in Herz und Beine gehender, treibender Disco-Fox-Pop-Ohrwurm mit Großraumdiscotheken-Flair, den Francine nicht nur mehrfach auf Rang Eins der „Formatradiocharts Konservativ“ platzieren konnte, sondern auch in ‚ihrer‘ “Stadl-Show“ ‚live‘ vortragen durfte (und mit diesem Tun für einen der ganz wenigen Höhepunkte dieses umstrittenen TV-Unterfangens sorgte!)

Allgemein spielen knallige Nachtleben-Sounds, dralle Fox-Rhythmen und edel-beschwingte Ohrwurmmelodien in flirrend-schwitziger Clubatmosphäre im musikalischen Dasein Francine Jordis im Jahr 2015 eine immense Rolle. Auch viele weitere Beiträge auf „Wir“ gehen in diesem klanglichen Umfeld – ein ums andere Mal kraftvoll-fetzig, frech-offensiv umgesetzt und mit ausgeprägter, liebenswerter Stimme dargeboten – vonstatten: So z.B. das frischverliebte Bekenntnis „Alles auf Rosarot“ setzen zu wollen, der beherzt-burschikose Vorwurf an den verheirateten Verehrer, dieser habe doch überhaupt „Keine Ahnung von Liebe“, das trotzig-abgeklärte Abschiedsszenario, verlassen zu werden geschähe dem Lied-Ich ohnehin „Nicht das erste Mal“, oder die leidenschaftliche Aufforderung an den neuen Partner, gemeinsam mit dem verknallten Lied-Ich „Bis ans Ende der Welt“ zu fliegen – sämtlich Klasse Tanzflächenfüller mit Charme und kreativem Anspruch.

„Ich kenn Dich“ ist zwar gleichfalls enorm rhythmisch und tanzbar ausgefallen, klingt aber, im Gegensatz zu fast allen anderen Beiträgen auf „WIR“, vergleichsweise vorhersehbar und eintönig, der sprichwörtliche Funke mag auch bei mehrmaligem Hören des Titels nicht so recht überspringen.

Jugendlich-frisch, gleichermaßen zielstrebig und beharrlich, perlt Francines von feinen akustischen, wie elektrischen Gitarren dezent und melodiebetont vorangeführte Selbstdefinition als „Träumerin“ durch die Boxen, ebenso optimistisch, lebensbejahend, vehement hoffnungsfroh und unverzagt, gibt sich der poppige Electro-Swing „Ein guter Tag“ (der übrigens an neuere Lieder von Mary Roos erinnert), während der erneut gitarrengeprägte Mid-Tempo-Schlager „Wenn ich schon was träumen muss“ pralle Romantik und ausufernde Sehnsucht in bester Form in sich trägt und konstruktiv verbreitet.

Als betuliche, beruhigend-wiegende Folkballade zeigt sich die einlullend-verträumte Bitte „Schenk mir die Nacht“; mit den Pianoakkorden von John Lennons Überhymnus „Imagine“ spielt gekonnt (aber etwas zu eindeutig) das erst so zerbrechliche, später anwachsend soulige und zum Schluss würdevoll erhaben-orchestrale Liebesdrama „Sag es nicht“. Die keck-köstliche Beschreibung eines „Blöden Montags“ ist nicht nur harmonisch, sondern dito inhaltlich (über)deutlich an den thematisch ähnlich ausgerichteten 1986er-Welthit „Manic Monday“ der US-Girl-Group „The Bangles“ angelehnt; die erste Strophe und der Refrain können nahezu als Eins-zu-Eins-Übersetzungen des Originals durchgehen…

Das gänzlich stille Beinahe-Hochzeitslied „Ja“ fungiert auf „WIR“ als Bonustitel, beendet fulminant und hoch emotional diese über weite Strecken überaus gelungene CD, die manches dessen wieder wettmacht, was am vergangenen Samstagabend bekanntermaßen schieflief.

Ob Francine Jordi – rein als Sängerin betrachtet – einstmals bei mir einen so einen signifikanten Kultstatus wird einnehmen können, wie ihn Kollege Andy Borg seit über drei Dekaden in meinem gesamten Freundeskreis genießt, vermag ich nicht zu sagen. Dafür kenne ich sie, ihre Lieder und ihre künstlerische Entwicklung noch viel zu wenig. Hätte mir Tobias Reitz nicht 2009 das seinerzeit von ihm mitgeschriebene Album „Meine große, kleine Welt“ ans Herz gelegt, wäre mit Francine heutzutage vermutlich relativ unbekannt. Nun habe ich mich jedoch eingehend mit „WIR“ beschäftigt – bedauerlicherweise im Schatten der Causa „Stadl-Show“, aber ich hoffe, trotzdem so neutral und pur musikbezogen, wie möglich – und konnte dabei nicht nur feststellen, dass Francine Jordi nicht nur eine verdammt gute Sängerin ist, die (was heutzutage längst nicht mehr alltäglich ist) weder plärrt, kreischt, noch Silben verschluckt oder womöglich Textaussagen falsch betont, sondern in einem Atemzug jederzeit als kesse Interpretin moderner deutscher Schlager eine sehr gute Figur macht. Gewiss sprechen mir, rein subjektiv betrachtet, als überzeugtem Nicht-Tänzer, filigrane, melodiebetonte Romantikschlager, wie „Träumerin“, „Ein guter Tag“ oder „Schenk mir die Nacht“, schon etwas mehr aus der Seele, als so manches lautstarke Dancefloor-Epos. Aber dies ist mein persönlicher Geschmack und soll nichts weiter bedeuten.

„WIR“ ist sicherlich keine „kultverdächtige“ Produktion, aber alles in allem eine zweifellos hörenswerte, kurzweilige Liedsammlung, gesungen von einer einwandfrei persönlichkeitsstarken, gewinnend und angenehm auftretenden jungen Frau, die sich allerdings in Futuro in erster Linie genau darauf konzentrieren sollte, was sie am besten und überzeugendsten auf der Agenda hat: „WIR“ legt darüber, trotz manch klanglichen (Allzu-)Nahverhältnisses zu aktuellen Schlageracts der Sorte „Wolkenfrei“, Maria Levin, Annemarie Eilfeldt oder Beatrice Egli, ein, wenn zwar nicht unbedingt nur aus musikalischen „Einsen“ bestehendes, aber dennoch überdurchschnittliches und ausbaufähiges Zeugnis ab!

Holger Stürenburg, 15./16. September 2015
http://heartofberlin.wordpress.com/
http://www.francinejordi.ch/

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