FRANZ TROJAN ((Ex-"Spider Murphy Gang"))
Buchbesprechung Franz Trojan – "Hauptsache laut!"!

Der ehemalige Drummer der Spider Murphy Gang hat ein bewegtes Leben hinter sich …: 

"Schlagzeug, Skandale, Sperrbezirk: Mein Aufstieg mit der Spider Murphy Gang und mein Abstieg ohne sie" – das ist der Untertitel der Autobiografie von FRANZ TROJAN, und damit ist in der Tat der Inhalt des über 280 Seiten starken Buchs gut zusammengefasst.

Trojan beschreibt sein Leben chronologisch und liefert – wie der Rückentext des Buches es zutreffend ausdrückt – ein "beeindruckend ehrliches Buch" ab. Der Schlagzeuger beschönt sein teils sehr ruppiges, sogar ins kriminelle gehende Verhalten nicht, führt aber auch Argumente auf, wie es zu seinem Verhalten gekommen ist bzw. wie damals seine Sichtweise war – alles in allem wirkt der Buchinhalt damit sehr authentisch. Positiv fällt auch auf, dass keine erkennbaren nachweisbar falschen Geschehnisse bzw. Fakten das Buch "zieren", was vermutlich auch ein Verdienst der Co-Autoren Klaus Marschall und Andreas Mäckler ist.

Fans der Spider Murphy Gang kommen mit dem Buch sicher auf ihre Kosten, wobei – um nun doch einen kleinen Kritikpunkt aufzuwerfen – eine Frage fast komplett ausgeklammert wurde: Was wurde aus dem ehemaligen Keyboarder Michael Busse? Es wird nur erwähnt, dass er ausschied – aber nicht, welche Hintergründe das hatte, wobei Trojan der Grund des 1986 erfolgten Ausstiegs (übrigens wohl ein perfekter Moment für den "Abflug") wohl selber nicht bekannt ist. In dem Zusammenhang ist auch nicht erklärlich, dass es im Buch heißt, dass die Intros zu den Riesenhits "Schickeria" und "Skandal" einzig(!) aus Busses Feder stammen. Andrerseits wird der Keyboarder auf Tonträgern als Autor nicht genannt – dazu wäre eine Erklärung interessant gewesen, wobei das eine Marginalie ist, die den sehr positiven Gesamteindruck des in flüssiger, gut verständlicher Sprache (kein "Fachchinesisch", wo es nicht erforderlich ist) geschriebenen Buchs nicht trüben kann.

Da das Buch schön chronologisch gegliedert ist, kann man es in mehrere Teile aufteilen:

 

1. Kindheit und Jugend von Franz Trojan

 

Wir erfahren, dass der Autor eine recht besch….eidene Kindheit hatte und sein Schicksal seinen Eltern (beide Alkoholiker) recht egal war, Trojans Vater hat sich (O-Ton) "zu Tode gesoffen". Da der Filius (er hatte vier Schwestern) aber sehr intelligent war, schaffte er es auf's Gymnasium, das er aber verließ, weil er seinen Lebensmittelpunkt im Schlagzeugspiel sah: Mit seiner Art, Musik zu machen bekam er endlich die Anerkennung, die ihm immer verwehrt worden war. Und so sah sein Stundenplan schon sehr früh so aus: "Erste bis sechste Stunde Schlagzeug".

Sehr interessant ist eine Parallele zu Howard Carpendale – auch dessen musikalische Karriere wurde wie Trojans durch die Anzeige in einem Musikmagazin verändert. Durch solch eine Annonce lernte der Drummer 1973 Günther Sigl kennen, den späteren Boss der Spider Murphy Gang. Mit ihm und anderen Musikern gründete er eine Cover-Band, die recht erfolgreich wurde. Trojan zog weg aus Kulmbach nach München.
 

2. Aufstieg mit der Spider Murphy Gang

 

Nachdem der Autor vorübergehend (für einen geschlagenen Tag) beim Bau als Hilfsarbeiter anheuerte, kam erneut ein Anruf von Günther Sigl, der ein neues Bandprojekt anschieben wollte – Name der Band: Spider Murphy Gang. Konzept: Gute alte Rock'n'Roll-Musik mit Texten in bayrischer Mundart. Der Erfolgsproduzent Harald Steinhauer wurde auf die Jungs aufmerksam – und es kam tatsächlich zum ersten Plattenvertrag und zum ersten TV-Auftritt. Wie bei so vielen anderen Acts der damaligen Zeit war der Musikladen (deutsche Ausgabe) ein Sprungbrett für Nachwuchs-Acts. Auch Nena absolvierte in ihrem legendären roten Minirock dort etwas später ihre TV-Premiere (abgesehen von ihren vorherigen "Stripes"-Aktivitäten).

Für Schlagerfans hoch spannend ist die Information, dass der "Skandal" Song durchaus einen Bezug zu Erik Silvesters Oldie "Skandal um Rosi" hat – ich nahm immer an, Silvesters damals ca.  12 Jahre zuvor erschienener Schlager trage nur zufällig den Text des Zitats aus dem Riesen Sperrbezirk-Hit der Spiders – offensichtlich taugte dieser Schlager, den Silvester sogar am 28.11.1970 sogar in der ZDF-Hitparade sang, aber zur "Inspiration" des späteren Superhits. (Die Spiders durften ihren Sperrbezirk-Song in Berlin interessanterweise übrigens dort NICHT vorstellen – vermutlich war der Text zu brisant).     

Die Band wurde immer erfolgreicher, und damit erreichte auch Trojan ungeahnte Höhen; beispielsweise erhielt er 1982 das Angebot von Wolfgang Niedecken, bei BAP einzusteigen. Trojan blieb aber bei den Spiders und erlebte dort zunächst weitere Höhepunkte wie den Dreh eines leidlich erfolgreichen Kinofilms. Spätere Ehren wurden ihm indirekt zuteil, indem der Song "Sch-Bum" zur Torhymne des FC Bayern genutzt wurde -und das, obwohl Trojan gerade diesen Song so gar nicht mag.

Sehr imposant muss auch die Tour durch die DDR gewesen sein, die nicht zuletzt wohl durch Einwirken von niemand geringerem als Franz Josef Strauß möglich gemacht wurde. Dessen wahre Todesursache enthüllt Trojan übrigens ganz nebenbei auch in seinem Buch – ob seine Darstellung ihm noch Ärger einbringen wird, bleibt abzuwarten, jedenfalls ist seine Theorie nicht schlecht, zumindest hat sie einen hohen Unterhaltungswert… Auch Trojans Interview in den Tagesthemen muss legendär gewesen sein. Zu so einem Anlass sollte man wohl besser nicht mit Alkohol die Zunge lockern…

 

3. Langsamer Abstieg der Band und Trojans Ausstieg

 

Unglücksseligerweise war der erste richtig derbe Flop der Spiders die bei Ariola erschienene LP "Überdosis Rock'n'Roll", das Debut von Trojan als Produzent der Band. Die Tonträger-Verkäufe gingen derart zurück, dass man sich dazu entschied, als "Bierzelt-Band" aufzutreten, was für eine Zeit lang recht gut lief.

Der Drummer hatte aber auch "Nebenjobs" bei den damals recht erfolgreichen Acts Nicki und Juliane Werding, die sogar auch dann nicht den Kontakt einreißen ließ, als Trojan total am Boden lag – ein sicher nobler Charakterzug der Sängerin, die sich ja inzwischen komplett zurückgezogen hat.

Nachdem Trojan sich vielfach bandintern gelinde gesagt "daneben benommen" hatte, war er offensichtlich für Günther Sigl, der lange die Hand über ihn gehalten hatte, nicht mehr tragbar. Damit hieß es aus seinem Mund: "Franz, ab heute is' Schluss". Die Entscheidung über den Rausschmiss seines langjährigen Drummers traf Sigl offensichtlich im Alleingang, wobei Trojan ehrlich und fair genug ist, die Beweggründe des Spider-Chefs nachvollziehen und verstehen zu können.

 

4. Versuch, alleine im Musikgeschäft Fuß zu fassen

 

In der Zeit nach seinem "Rausschmiss" beteiligte sich Trojan an einigen musikalischen Projekten, die teilweise nicht unerfolgreich waren, beispielsweise nahm er mehrfach mit seinen Acts (u. a. "Blaue Engel") am Eurovision Song Contest und später bei Stefan Raabs "SSDSGPS…"-Projekt teil – allerdings ohne nachhaltig erfolgreich damit zu sein.

 

5. Absturz ins Bodenlose

 

Ausbleibender Erfolg und Vertrauen in die falschen Leute, aber auch eigenes Fehlverhalten ließen den ehemaligen Star buchstäblich in der Gosse landen – Frau und Töchter verließen ihn (, wobei er neben der These "Kohle weg – Frau weg" eigenes Fehlverhalten schonungslos eingesteht). Nächster Tiefpunkt war ein Diebstahl einer Schachtel Zigaretten, der hohe mediale Wellen schlug. Der Absturz war so tief, dass Trojan sich im Obdachlosenheim wiederfand.

 

6. Mühsamer Kampf zurück ins Leben

 

Mit Hilfe von früheren Fans und Weggenossen (z. B. des ehemaligen Privatsekretärs der Schlagersängerin Manuela) und insbesondere durch den Einsatz einer Dame namens Lissy fand Trojan den Weg ins Leben zurück. Eine neue CD wurde produziert ("Auf'm Weg")und viel TV-Promotion gemacht, die allerdings nicht so ausfiel wie man sich das erhoffte (, weil der Schwerpunkt immer auf den "gefallenen Rockstar" und nicht auf die neue Musik gelegt wurde). Hier lernen wir die Grundregel des heutigen Fernsehens kennen: "Die Einschaltbeteiligung steigt in gleichem Maße, wie niedere Instinkte angesprochen werden".

Trojan beging den Fehler, sich in seiner Not an das "Supertalent" zu wenden, wo er grandios scheiterte. Die Ausstrahlung seiner Demütigung bei RTL konnte nur durch Thomas Gottschalk gestoppt werden, der seinen Verbleib bei der Castingshow davon abhängig machte, dass Trojan nicht gesendet wurde. Mit Recht konstatiert der Drummer in Richtung Gottschalk: "Toller Mensch".

 

Fazit

 

Freunde der Neuen deutschen Welle und der Spider Murphy Gang werden aufgrund vieler Hintergrundinformationen, die offensichtlich auch hochprozentig zutreffen und gut recherchiert in Zusammenhänge gebettet werden, ihre Freude haben. Behütete Jugendliche, die ihre Idole in der ZDF-Hitparade damals bewundert haben und nun schockiert über das doch sehr ausschweifende Leben ihrer Helden damals sind (Stichwort Gewalt, Drogen, Prostitution), müssen sehr stark sein :).

Interessant ist das Buch sicher aber auch für Menschen, die ein sehr hartes Schicksal von Kindheit an hatten und sich dennoch immer wieder wie ein Stehaufmännchen (allerdings auch mit fremder Hilfe, die dann aber auch angenommen wird,) in die Höhe bewegt haben. Trojans Beispiel zeigt, dass mit (Galgen-)Humor und Willen manches möglich ist. "Haupsache laut!".

DIESES BUCH BESTELLEN …:

Stephan Imming, 27.12.2015
http://www.schwarzkopf-verlag.net/
http://www.spiderfanpage.de/Franz-Bio.htm

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