ERIK SILVESTER
smago! Serie "Schlager-Rückblick "vor 40 Jahren" von Stephan Imming: Teil 48 – Erik Silvester – "Wenn die Trommel ruft"!

Neuzugang 09.02.1976! Vielleicht der umfangreichste Erik-Silvester-Artikel, der im Netz verfügbar ist …: 

Am 24. September 1942 (so sagen es die meisten Quellen, lt. anderen Angaben könnten auch die Geburtsjahre 1944 oder 1945 in Frage kommen) wurde Erik Herschmann in Brisen (Sudetenland, heute Tschechische Republik) geboren. Seine Jugend verbrachte Erik in Stuttgart.

Herschmann machte Abitur und begann eine Schauspielausbildung, die er nach drei Jahren mit Examen abschloss. Er studierte aber auch Musik (Harmonie- und Kompositionslehre), wobei zunächst sein Ziel war, Schauspieler zu werden. Aufgrund seiner vielfältigen musikalischen Aktivitäten – er spielte fünf Instrumente (Gitarre, Bass, Schlagzeug, Saxofon, Klavier) – kam er dann aber doch in die Musikbranche. Er spielte bis ca. 1965 in einer selbstgegründeten Band, deren Bandleader er war.

Bereits 1960 veröffentlichte Erik unter seinem bürgerlichen Namen seine erste Single namens „Karina Lu“, geschrieben von Hans-Werner Kuntze. Die Geschichte dieser Songveröffentlichung ist verrückt – obwohl auf der Single „Erik Herschmann“ als Interpret vermerkt ist, sang dieser gar nicht das Lied auf dem Tonträger – Sänger auf der von der Plattenfirma Metronome herausgebrachten Single war Rainer Bertram, der spätere Fernsehregisseuer (u. a. Vorentscheidungen zum Grand Prix Eurovision). Das besagte Lied gewann bei den zweiten „Deutschen Schlagerfestspielen“ 1960 einen Preis als bester Teenagersong. Interpretiert wurde der Song „eigentlich“ von Peter Kraus. Bevor der aber diesen Titel erringen konnte, gab es ein langwieriges Vorauswahlverfahren im Rahmen einer ganzen Tournee. Während dieser Tournee stellte Erik Herschmann besagtes Lied vor.

Problematisch war nun, dass Kraus bei Polydor unter Vertrag stand und die Vereinbarung galt, dass für die Veröffentlichung des besten besagten Teenagersongs die Plattenfirma Metronome zuständig war – und die veröffentlichte dann die Single (Metronome 212) mit „Erik Herschmann“ auf dem Label, de facto gesungen von Rainer Bertram. Kurze Zeit später wurde die gleiche Aufnahme(!) dann noch mal mit richtigem Namen veröffentlicht werden – Metronome 227 – Rainer Bertram – „Karina Lu“. – So kam es dazu, dass die erste Single von Erik Herschmann gar nicht von ihm selbst gesungen wurde – das dürfte ziemlich einmalig in der Schlager-Historie sein. Weitere Infos hierzu finden sich HIER …: 

Kurz darauf erschien eine weitere Single, die „wirklich“ von Erik Herschmann besungen wurde: „Al ca / Der Stojan von Montenegro“ bei der Plattenfirma Ariola (Best. Nr. 45013).

Es dauerte sechs Jahre, bis unter neuem Künstlernamen „Erik Silvester“ eine neue Single erschien – diesmal bei der Polydor. Unter diesem Namen hieß die erste Single „Weine nicht!“ und blieb ebenso unbeachtet wie die zweite und letzte Polydor-Scheibe „Das kann nicht wahr sein!“, die deutsche Version des Dick-Haymes-Songs „The More I See You“.

Der Wechsel zur EMI Electrola brachte Erik Silvester dann den Durchbruch – gleich die erste dort erschienene Single wurde ein großer Erfolg: „Dann fiel die Türe zu“, eine im Walzertakt gehaltene Nummer, stürmte im Spätsommer 1967 die deutschen Charts. Melancholisch erinnert sich Silvester an ein Rendezvous, das wohl nicht so erfolgreich war wie erhofft. Komponist des Liedes war Rudi von der Dovenmühle, der den Song unter seinem Pseudonym „Rudi Lind“ veröffentlichte und mit Superhits wie „Liechtensteiner Polka“ und „Ich will ’nen Cowboy als Mann“ sehr etabliert war. Nils Nobach, ebenfalls arrivierter Schlagertexter und –produzent, schrieb  unter Pseudonym „Peter Ström“ den Text. So kam es, dass lange vor der TV-Drehbuchautorin Inga Lindström unter einigen Schlager-Singles „Lind-Ström“ stand.

Die Nachfolge-Single, „Mallorca Adios“, kam nicht an den Erfolg der vorherigen Single heran. Spannend ist allerdings, dass Erik Silvester das Thema „Mallorca“ schon sehr früh aufgriff, später würde er eine lange Zeit auf seiner Lieblingsinsel, die er als „zweites Zuhause“ bezeichnete, verbringen. Komponiert wurde der Song von Robin Moore, Textdichter war Werner Raschek.

Die dritte EMI-Single wurde von den sehr arrivierten Schlager-Schreibern Christian Bruhn und Günther Loose geschrieben: „Augen so blau wie die Sterne“.

Mit der vierten Single wechselte Silvester erneut das Autoren-Team. Die jungen Autoren aus dem Hause Meisel, Joachim Heider und Michael Holm, trafen – wie so oft – mit ihrem Song ins Schwarze –die flotte Nummer „Susanna“ war im Sommer 1968 ein Top-20-Erfolg in Deutschland.

Das Erfolgsgespann Heider / Holm war auch für die nächste Single zuständig: „Oh la la, sie hat rotes Haar“. Auch die Nummer war zum Jahreswechsel 1968 / 1969 in den Charts. Am 18. Januar 1969 war Erik Silvester damit zu Gast in Dieter Thomas Hecks allererster ZDF-Hitparade. Sofern Anni Perka auch in der nächsten Silbereisen-Sendung zu Gast sein sollte, könnte man sie ja mit dem Lied ansagen, das wäre doch mal was…

Auch die dritte Single Heider / Holm-Single entpuppte sich als Hit und outete Herrn Silvester als Spanner (kleiner Scherz): „Ich seh die Mädchen gern vorübergehen“. Richtig toll ist übrigens die B-Seite der Single: „17 ist nicht mehr zu jung“. Na, die einen sagen so – die anderen so… Jedenfalls scheint Eriks Hang für junge Mädchen Konsequenzen gehabt zu haben. Eigentlich sollte er am 6. September 1969 bei der von der IFA Stuttgart live ausgestrahlten ZDF Hitparade seinen aktuellen Schlager vorstellen. Er erschien aber zu spät zur Probe. Mit einem Truck Branss, dem Hitparaden-Regisseur, konnte man so etwas nicht machen – Silvester flog aus der Sendung, nachnominiert wurde Marion Maerz mit ihrem Lied „Weit weit weit“. Silvesters Schlager erklomm trotzdem die Top 20 der deutschen Verkaufshitparade. Immerhin durfte er einen Tag zuvor das Lied in der ZDF-„Drehscheibe“ vorstellen.

Beim vierten „Festival International da Cancao“ („Internationales Schlagerfestival von Rio de Janeiro“) des brasilianischen Senders Rede Globo nahm Erik Silvester mit dem von Hans Blum komponierten Song „Zucker im Kaffee“ teil. Das Lied wurde sein wohl größter Hit überhaupt und kam sogar in Südamerika in der deutschen Version in die Charts. Den Text schrieb der approbierte Zahnarzt(!) Carl Ulrich Blecher – obwohl auf der Single „Heider“ als Co-Autor des Titels vermerkt ist. Mit dem Lied konnte Silvester sich auch erstmals in der ZDF-Hitparade platzieren – es reichte immerhin für einen fünften Platz.

Exkurs: Lt. Wikipedia und in einschlägigen Biografien war der eigentlich größte Erfolg Erik Silvesters ein Trompeten-Instrumental namens „Midnight Munich“, das in Australien eine Nummer Eins geworden sein soll. Verlässliche dies bestätigende Quellen konnte ich allerdings nicht finden, auch keine Aufnahme dieses vermeintlichen „Superhits“.

Mit „Bleib nicht einsam heut Nacht“, der Nachfolge-Single seines Superhits, gab Silvester sein Debut als Komponist – es reichte immerhin für einen Top-30-Hit; Textdichter der Schmusenummer, die am 30. Mai 1970 in der ZDF-Hitparade und am 9. Juni in der „Drehscheibe“ vorgestellt wurde,  war wieder Michael Holm.

Der nächste Titel war die deutsche Version des französischen Hits „Colombre ivre“ von Serge Prisset. Die wörtliche Übersetzung „besoffene Taube“ fand Textdichter Michael Holm wohl unpassend, also ersann er den „Skandal um Rosi“. Genau diese Textzeile bohrte sich dem Münchner Günter Sigl ein – viele Jahre später inspirierte ihn diese Schlagzeile zu seinem Nummer-1-Megahit „Skandal im Sperrbezirk“ von der Spider Murphy Gang. Silvesters Lied hatte zwar auch mit Doppelmoral zu tun, allerdings nichts mit Prostitution. Mit dem Lied war er Ende 1970 sogar Dritter der ZDF-Hitparade, auch in den Verkaufscharts reichte es erneut für einen Top-30-Erfolg. Am 23. November war er damit auch in der „Drehscheibe“ zu Gast.

Mit „Dein Platz in meinem Herzen bleibt frei“ veröffentlichte Erik Silvester die erste komplett von ihm selbst geschriebene Single. Für drei Wochen konnte er sich damit in den deutschen Top-50 halten. Unter gleichem Namen wurde auch erstmals eine LP des Sängers veröffentlicht, am 3. Mai 1971 fand er sich damit erneut in der „Drehscheibe“ ein.

Im April 1971 nahm Erik an einem weiteren Festival teil – diesmal ging es nach Acapulco (Mexiko). Dort vertrat er die Farben Deutschlands, weitere Teilnehmer waren damals u. a. Marika Lichter für Österreich und Lenny Kuhr für die Niederlande, die zwei Jahre zuvor die Eurovision gewann.

Das von Silvester komponierte und erneut von Michael Holm getextete Lied „Ich kenn ein Girl am Zuckerhut“ brachte viele Germanisten zum Verzweifeln. In einer Boulevard-Zeitung (Quick) war zu lesen, dass man ein Girl AM Zuckerhut nur kennen LERNEN könne – oder aber man kenne ein Girl VOM Zuckerhut. Das Publikum nahm diese „dichterische Freiheit“ nicht krumm und honorierte den Song, den Erik Silvester am 1. September in der „Drehscheibe“ und am 4. September 1971 in der ZDF-Hitparade sang,  von 1971 mit einem Top-50-Erfolg.

In dieser Zeit begann Erik auch mit der Arbeit für andere Interpreten, beispielsweise komponierte er für seine Begleitband „The Four Sirs“, die sich vormals einfach „The Sirs“ nannte, den Titel „I’m Singing Haha“.

Die nächste Nummer war etwas getragener: „Vergiss die Sorgen“. Also Co-Autor neben Erik Silvester taucht dort ein gewisser „Eric Menza“ auf. Es wird spekuliert, dass Erik Silvester selber hinter diesem Pseudonym steckt, wobei man wissen muss, dass besagter Eric Menza hoch wissenschaftliche Texte wie „Doch sie war niemals eine Nutte“, „Bums Dich fit“ und „Luise, zieh das Höschen aus“ verfasste. Es wäre schon recht spaßig, wenn Erik Silvester für diese Texte zuständig gewesen wäre.

Zu Eriks Ehrenrettung muss man sagen, dass der Text seines nächsten Schlagers, der noch dazu ein Top-50-Hit war, ausgerechnet von dem Hans-Ulrich Weigel stammte, der ansonsten nachdenkliche Superhits wie „Rocky“ und „Am Tag, als Conny Kramer starb“ verfasste. Für Erik Silvester schrieb er allen Ernstes das Lied über ein neues Getränk namens „Bingo Bengo“, wobei der Genuss des Getränks laut Überlegung Herrn Weigels folgende Auswirkungen hatte: „Bingo Bengo bringt den Puls auf’s Tempo – Bingo Bengo ist ein echter Knaller-la-la(!) – Bingo Bengo macht aus jedem Eisberg ’nen Vulkan“. Es stellt sich die Frage, wie viele „Bingo Bengos“ man trinken muss, um auf solche Texte zu kommen – aber ich hätte bitte auch gerne einen! Dieter Thomas Heck fand’s auch gut – der Song wurde am 13. Mai 1972 in der ZDF-Hitparade vorgestellt.

Mit seiner Eigenkomposition „Sag ein Wort!“ hatte Erik im Sommer 1972 kein Glück – erstmals nach längerer Zeit schaffte er es mit dem Titel nicht in die Hitparaden, obwohl er am 17. Oktober 1972 Gast in der „Drehscheibe“ war. Auch das Weihnachtslied „Es schneit, es schneit, es schneit“, ebenfalls ein selbst geschriebener Titel,  war kommerziell weniger erfolgreich.

Anfang 1973 wurde dann Textdichter Fred Jay mit ins Boot genommen. Dessen Text zu Silvesters Komposition „Ich hör überall Musik“ war wieder Hitparaden-tauglich – es langte für einen Top-50-Erfolg, der am 17. März des Jahres auch in Hecks Schlagershow zu hören war. Die Nummer war die letzte Single für EMI Electrola, fortan (ab der zweiten Jahreshälfte 1973) veröffentlichte Erik Silvester seine Produktionen bei der Hamburger Metronome. Zu dem letztgenannten Lied wurde übrigens ein aufwändiges Video gedreht, der Schlager gilt damit als einer der ersten deutschen Hits, zu denen solch ein Videoclip angefertigt wurde.

Die erste Single bei der neuen Company war der Spanien-Schlager „Venga Toro“, („Venga Toro ruft in Spanien der Torero, Venga Toro ruft man laut in der Arena“) wieder eine Silvester-Komposition mit einem Text von „Peter Ström“. Diese Form von Stierkampf-Werbung betrieb er am 4. August 1973 in der ZDF-Hitparade, bereits am 16. Juli des Jahres war der Song genau eine Woche in der Verkaufshitparade – Platz 47…

Gemeinsam mit Fred Jay schrieb Silvester die nächste Single: „Marie, wie feiern heut ein Freudenfest“. Der Titel war im Dezember 1973 für einen Monat in den Charts.

Auch 1973 ließ Erik mit einem Weihnachtslied ausklingen – diesmal lautete das Motto „Weihnacht wird’s bald überall“.

Anfang 1974 tat sich „Historisches“ auf dem Schallplattenmarkt – die Hamburger Morgenpost veranstaltete einen Showabend in der Bremer Stadthalle („Studio Pressehaus präsentiert Stars“). Dabei kam es zur Idee, einen Textdichterwettbewerb zu machen. Siegreich war das Lied „In Bremen, da lässt sich’s gut leben“, der von den Bundesligakickern des SV Werder Bremen und von Heinz Eckner eingesungen wurde. Komponist des Liedes war Erik Silvester. Der Clou: Der Vertrieb über das Rillenprodukt erfolgte nicht über den Fachhandel, sondern über den Zeitschriftenvertrieb, was damals für viel Aufmerksamkeit sorgte

Die erste selbst interpretierte (und komponierte und getextete und produzierte) Single 1974 war das eher volkstümliche „Angelique, mein Täubchen“. Zu dem Lied eine kleine Anekdote: Im Internetforum „tv-nostalgie-forum.de“ wurde die Frage gestellt: „Wen mochtet Ihr als Interpreten in der ZDF-Hitparade überhaupt nicht?“. Forenschreiberin „Oldie-Tante“ vermerkte fachmännisch: „Ach ja, und was ich noch nicht mochte in Hecks Hitparade: … und ‚Angelique, mein Täubchen‘ von Erik Silvester. Finde ich ebenfalls irgendwie dümmlich und albern.“ Dazu muss man wissen, dass der Song niemals in der  ZDF-Hitparade gesungen wurde. An der Stelle sollte wohl ein berühmtes Zitat von Dieter Nuhr zur Anwendung kommen…

Auch die nächsten 1974er Schlager waren nicht in der Verkaufshitparade, obwohl der populäre Textdichter Fred Jay Erik Silvesters Kompositionen getextet hat – weder „Mein schönes Kind“ noch „Doch am Abend, da kommen die Träume“ kamen zu Hit-Ehren, wobei letztgenannter Song immerhin am 25. Januar 1975 in Dieter Thomas Hecks ZDF-Hitparade zu hören war. Zuvor stellte der Sänger das Lied im November 1974 in den beliebten Sendungen „Drehscheibe“ und „Schaubude“ vor.

Im Frühjahr 1975 war Silvester dann wieder eher getragen zumute: „Perdona me – verzeih mir“ war nach längerer Zeit wieder eine Ballade.

Im Sommer des Jahres wurde es wieder flotter – die Veröffentlichung des Schlagers „Oh Marie Louise, komm mit mir auf die Wiese“ stand an. Produziert wurde die von Erik Silvester selbst geschriebene Nummer von seinem Bruder Red Herschmann. Bei den vorherigen Produktionen war bereits „Echo-Music“ als „Produzent“ angegeben, vermutlich verbarg sich auch dahinter Eriks Bruder, weil dessen Verlag auch diesen Namen („Echo“) trug.

Die nächste Single sorgte für viel Wirbel. Der Showjournalist Dieter Liffers schrieb unter seinem Pseudonym „Pablo Pencil“ einen bemerkenswerten Text: „Wenn die Trommel ruft“. Der Song ließ sogar den Stern aufhorchen. Dort hieß es in Ausgabe 11/1976: „Erik Silvester, 32, Schlagersänger, erfuhr, wie unterschiedlich die Branche auf Kannibalismus reagiert. Auf seiner neuen Platte besingt er –Gipfel des hintergründigen Humors einheimischer Schlagerdichter – die Wilden im Busch: ‚Wenn die Trommel ruft, wird ein Mensch gesucht, den man in den Kochtopf steckt, weil er schmeckt‘. Während Dieter Thomas Heck die einfältigen Reime in seiner ZDF-Hitparade vorstellte, mochte Werner Buttstädt, Chef der NDR-Schaubude, von dem ‚Machwerk‘ nichts wissen. Da mehrere ARD-Sender das Silvester-Lied nicht spielen, produzierte der Sänger eine entschärfte Zweitfassung: ‚Wenn die Trommel ruft, liegt was in der Luft, was man Hula-Liebe nennt, die kein Ende kennt‘“.

Die ursprüngliche Version wurde auf Single veröffentlicht, die „entschärfte“ Version findet sich auf der LP „Seine großen Erfolge“ aus dem Jahre 1976. Witzig: Trotz der entschärften Version wurde im Rundfunk vornehmlich die „unzensierte“ Fassung gebracht. – Ein sehr typischer Mechanismus trat in Kraft: Der „verbotene“ Song wurde ein sensationeller Erfolg, der Song kratzte sogar an den Top-10 der Verkaufscharts (höchste Position: Platz 11) und erreichte damit die beste Platzierung die Erik Silvester Zeit Lebens in der deutschen Verkaufshitparade erreichen konnte. Wobei die Zeile „ein Mensch, den man in den Kochtopf steckt, weil er schmeckt“ schon nobelpreisverdächtig ist…

Die letzte Silvester-Single bei Metronome, „Der Löwe brüllt“, konnte an diesen Erfolg nicht mehr anknüpfen, Erik Silvester wechselte wieder die Plattenfirma – diesmal hin zum damals jungen Label Crystal, wo er sein Debut mit der selbst komponierten Ballade „Lass den Grund dafür nur Liebe sein!“ gab.

Danach erschien ein ungewöhnliches Duett: Gemeinsam mit „Corinna“ sang Erik das herzzerreißende „Oh wie schön, wenn der Papi Zeit hat“ – der kommerzielle Erfolg war erstaunlicherweise „durchwachsen“.

Im Frühjahr des Jahres, genauer gesagt am 1. April 1977, gab es im Musikmarkt eine erstaunliche Meldung zu lesen: „Erik Silvester und Red Herschmann, seit Jahren gemeinsam um die Karriere von Erik Silvester bemüht, haben sich getrennt. Zukünftig wird Red Herschmann für andere Interpreten als Manager und Produzent tätig bleiben und den Verlag Echo Music betreiben“. – Das war insofern überraschend, als Red Herschmann wie erwähnt Eriks Bruder war. Kurze Zeit später übernahm Jerry Toger das Management mit seiner Firma „Toger Musik“.

In dieser Zeit verkündete Eriks Plattenfirma freudestrahlend: „Mitten im Jahr kommt Silvester. ‚Chocolata‘ wird bald in aller Munde sein!“. Die Prognose ging nicht auf – der Song floppte.

Spannend ist die nächste Single, die offensichtlich eine Rarität ist, weil es dazu kaum Angaben gibt – zum 50-jährigen Jubiläums des „Nürburgrings“ wurde eine Erik-Silvester-Single dieses Namens veröffentlicht. Pikant: einige Jahre später heiratete Erik die Witwe des Formel-Eins-Rennfahrers Rolf Stommelen (Marlene Stommelen) – als hätte er geahnt, dass der Motorsport mal in seinem Leben eine entscheidende (indirekte) Rolle spielen würde…

Auch „Mein Tanz mit Dir“, ein eher romantischer Schlager, konnte nicht mehr zu alten Erfolgserlebnissen führen. In dieser Zeit  wurden gleich zwei heute selten zu findende LPs veröffentlicht: „Stars, Hits, Evergreens“ (CRY 32177) mit Oldies und „Du liebst nur einmal“ (CRY 32176), auf dem auch „Lass den Grund dafür nur Liebe sein“ enthalten ist.

Nachdem Silvester ja schon einmal mit südamerikanischen Rhythmen Erfolg hatte und „Zucker im Kaffee“ ja sogar in Brasilien als deutschsprachige Nummer zu einem Nummer-1-Hit gemacht hat, versuchte er es wohl noch mal in dem Stil – aber mit „Copacabana“ ging diesmal die Rechnung nicht auf.

Also erinnerte sich Erik an seinen „Trommel“-Hit – alte Klischees bedienen, das funktioniert immer, war wohl der Gedanke. Immerhin hatte auch Gus Backus damit einen Erfolg („Da sprach der alte Häuptling der Indianer“). Folglich wurde eine Anzeige zur Single veröffentlicht: „Die neue Erik-Silvester-Single ist ein Hit! Hugh!“. Leider war diese Prognose verkehrt – „Der Häuptling hat gesprochen“ konnte nicht an alte Erfolge anknüpfen.

Mit „Jeder ist sein eigener Clown“ wurden die 1970er Jahre und damit auch das Vertragsverhältnis zu Crystal beendet. 1980 heuerte Erik Silvester bei der Münchner Ariola an und nahm wieder seinen Bruder Red Herschmann als Produzenten mit an Bord. Als erste Single dort wurde die Eigenkomposition „Was fängst Du an mit Deiner Freiheit?“ veröffentlicht. Produziert wurde die Single lt. Cover-Aufdruck von „Frank Walter Wortmann“.

Anfang der 1980er Jahre kam ein sehr beliebter Film in die Kinos: „La Boum“. Dessen von Richard Sanderson gesungener Titelsong „Reality“ wurde ein großer Erfolg – interessanterweise aber erst Jahre später, als es die „La Boum“-Filme im Fernsehen wiederholt wurden. Schon kurz nach Erscheinen des Originals textete Dr. Bernd Meinunger einen deutschen Text auf den Hit: „Ich hab nur noch meinen Traum“, produziert von Red Herschmann, war die letzte Nummer, die Erik Silvester in der ZDF-Hitparade vorstellen durfte.

Mit der Eigenkomposition „Gloria Victoria“ verabschiedete sich Silvester 1982 von der Ariola – die Neue Deutsche Welle war zu stark, als dass er damals mit seinen Schlagern hätte „gegenhalten“ können.

Für ein einmaliges Gastspiel gab es einen Vertrag mit der Hamburger Teldec – dort wurde die von „Wilfried Bales“ produzierte Nummer „Lass die Liebe doch leben“ 1983 erfolglos veröffentlicht.

Bei der kleinen Plattenfirma „WPL“ wurden 1984 und 1985 die Singles „Warum?“ und „Si Si“ herausgebracht, anschließend gab es einen Wechsel zur schlageraffinen Company Koch.

Zwischenzeitlich lernte er am 3. November 1984 beim Kölner Presseball die Witwe des Rennfahrers Rolf Stommelen kennen. Seine bereits ein Jahr später geschlossene dritte Ehe hielt bis an sein Lebensende.

Im „Ibex Studio“ in Weilerswist produzierte Erik Silvester 1985 seinen eigenen Song „Bin ich denn anders als die anderen Kinder?“. Ein Jahr später kam „Der Sommer ist vorbei“ auf den Markt, damit war auch die Koch-Phase wieder beendet.

Anschließend ging es zurück zu „WPL“, wo unter dem Label „Silver Records“, das den Verdacht nahelegt, dass es ein eigenes Silvester-Label gewesen sein könnte, zwei Singles erschienen sind:  Die Ballade „Es war wie ein schöner Traum“ und die flotte Nummer „Bongolo Bongola“. Die Zeitschrift Bildwoche witzelte 1989: „Klingt wie Tombola. Hoffentlich ein Volltreffer!“ – der wurde es aber leider nicht, allerdings wurde das Lied im Rahmen der „Deutschen Schlagerparade“ der Dritten Fernsehprogramme vorgestellt.

Sehr erfolgreich wurde Erik Silvester 1987 in seiner Tätigkeit als Produzent: Das von ihm und „Catrin Toisy“ (bürgerlich Rosemarie Kindler) geschriebene Lied „Millionen Frauen lieben mich“ in der Interpretation von Karl Dall wurde ein großer Erfolg. Kurze Zeit später (1989) schrieb er für Frank Zander (in dessen Funktion als „Fred Sonnenschein“) das Lied „Oh Du schöne Sommerzeit“.

Mit dem romantischen Lied „Sehnsucht“, das als Gitarren-Instrumental zuvor ein kleiner Erfolg war, wurden die 1980er Jahre verabschiedet.

Anfang der 1990er Jahre band sich Erik Silvester wieder an alte Weggefährten und dockte bei der Plattenfirma „Monopol“, die zum Meisel-Verlag gehört, an. Schon 1979 schaltete Peter Meisel im Branchenblatt „Musikmarkt“ eine Anzeige: „Lieber Erik, zum 10jährigen Bühnenjubiläum meine herzliche Gratulation. Ich hoffe, Du hast auch weiterhin den Erfolg, der Dir aufgrund Deiner wirklich professionellen und menschlichen Einstellung gebührt. Dein Freund Peter Meisel“.  Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung erschienen auf dem Label „Ich halt‘ Dich ganz fest heut Nacht“ und „Sommer, Sonne und Amor“ (wurde im September 1991 auch in der TV-Deutschen Schlagerparade präsentiert) und „Summer Love“.

Danach machte Erik Silvester eine längere Pause in „eigener Sache“ und war mehr als Komponist und Produzent aktiv und trat auch gerne im Osten Deutschlands auf. Der Zeitschrift „Das Neue“ gab er 1992 zu Protokoll: „Ich bin jetzt öfter in den neuen Bundesländern. Da machen Konzerte noch Spaß. Die Menschen sind richtig zu begeistern.“

Auch seinen 50. Geburtstag feierte er am 24. September 1992 groß im Kölner Lokal „Treppchen“ gemeinsam mit Freunden und Kollegen wie Heino, Freddy Breck und Jean Pütz. In dieser Zeit produzierte er auch die TV-Show „Nostalgie in Germany“, die aber nicht auf Sendung ging.

Dafür übernahm er kurz darauf die Produktion der angesehenen schwedischen Schlagersängerin Siw Malmkvist und schrieb für sie recht populäre Songs wie „Champagner im Blut“.

Bei der damals recht neuen Plattenfirma „G. I. B.“ veröffentlichte Erik zwischen 1996 und 1999 wieder neue Singles: „Manana“, „Ich hab gedacht, Du hast mich längst vergessen“, „Party Single Mix“ (mit seinen großen Erfolgen und als Bonustitel den „Mäuse-Tango“), „Verzeih mir meine Fehler!“, „Jetzt komm ich“ und „Komm, tanz mit mir!“, womit wieder eine Einladung zur Deutschen Schlagerparade im Januar 1998 fällig war. In diesen Jahren schrieb er auch „Robby’s Melody“ – und dazu gibt es eine Geschichte:

Damals gab es eine kuriose Begegnung mit der Justiz – Erik wurde von einer Nachbarin im Kölner Vorort Hahnwald verklagt, weil sein Dackel Robby ein Kläffer sei und zu laut belle. Leider hat ein Gericht damals entschieden, dass der Hund das Bellen zwischen 13 und 15 Uhr zu unterlassen habe. Dagegen legte Erik Silvester Berufung ein, es kam zu einem Vergleich – aber der Hund bellte einfach, wann er wollte, so dass der Klageweg durch die Instanzen sich über Jahre fortsetzte. Silvester gab trocken zu Protokoll: „Die Nachbarn haben sogar schon behauptet, auch ich würde nachts bellen.“ Künstlerisch setzte er das in „Robby’s Melody“ wie folgt um: „Ein Hund muss bellen, ein Mensch, der spricht – nur Tote, ja die hört man nicht“. Smago! schlug damals vor, Eriks Hit „Du liebst nur einmal“ in „Du bellst nur einmal“ umzubenennen.

Bei der Plattenfirma Brillant wurde die Single „Ein Koffer voller Träume“ veröffentlicht – erneut eine Eigenkomposition und –produktion Silvesters, danach wurde es recht ruhig um den Sänger, allerdings veröffentlichte er 1999 noch eine Single bei G. I. B.: „Wir tanzen barfuß durch den Sommer“.

Im neuen Jahrtausend produzierte und komponierte Erik für sich im Jahr 2000 den Song „What A Feeling Of Love“ – die Maxi-CD erschien bei DA Music (Artists And Acts). Zwei Jahre später wurde dort auch „Wo ist die Insel des Friedens?“, geschrieben von „Bert Illes“ und „Peter Jaguar“ herausgebracht – mit einer persönlichen Anmerkung von Erik: „Noch nie war eine Frage so wichtig wie heute: Wo ist die Insel des Freidens? Euer Erik Silvester“.

2006 meldete sich Erik Silvester mit neuen Produktionen namens „In Gedanken“ und „Champagner Lady“ zurück. Ein Jahr zuvor hatte er sich bei einem Auftritt im Kölner Maritim-Hotel einen komplizierten Bruch im Sprunggelenk zugezogen, der ihn lange Zeit außer Gefecht gesetzt hatte und ihn zwang, sein großes Grundstück im Kölner Vorort Hahnwald aufzugeben und in eine „relativ“ kleinere Wohnung nach Rodenkirchen zu ziehen.

Am 23. November 2008 verstarb Erik Silvester in Köln an Herzversagen. Am 4. Dezember wurde in der Kölner Maternuskirche zu seinen Ehren eine Trauerfeier abgehalten, auf seinen Wunsch hin wurde seine Asche vor seiner Lieblingsinsel Mallorca ins Meer gestreut. „Ein Mann der sanften Töne hat sich leise verabschiedet“ – so stand es in seiner Traueranzeige. Er hinterließ seine Ehefrau Marlene, die allerdings 2013 zu Protokoll gab: „Rolf war die Liebe meines Lebens“. Damit war nicht Erik, sondern ihr erster Ehemann, der Formel-Eins-Pilot Rolf Stommelen gemeint – somit hat Marlene den Evergreen ihres verstorbenen Mannes Erik Silvester, „Du liebst nur einmal“, quasi verifiziert.

Stephan Imming, 31.01.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Erik_Silvester

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