LEONARD
"Die Wertigkeit von Musik verloren gegangen!" – Das große Leonard-Interview zu seiner neuen CD "Auf meinem Weg"!
“Musik ist leider ein Wegwerfprodukt geworden” …:
Nach dem eindrucksvollen und erfolgreichen „Best-OF“ Album zu „30 Jahre Leonard“ steht im 31. Jahr jetzt eine brandneue CD in den Regalen. Sie heißt: „Auf meinem Weg“ wo führt er Dich denn hin?
Naja, wenn ich das wüsste… das weiss eigentlich niemand von uns. Das Leben ist ja ein Weg. Irgendwann schlägt man eine Richtung ein und plötzlich nimmt das Leben doch eine ganz andere Wendung.
Als Künstler hofft man natürlich, dass es bei einer Album-Veröffentlichung ein erfolgreicher Weg wird und, dass man mit einer neuen CD möglichst viele Leute erreichen wird, nicht nur um des Erfolges willen, sondern weil man auch viel Herzblut in so ein Album reingelegt hat.
Du schreibst seit vielen Jahren Deine Lieder selbst, wie motivierst Du dich zu immer neuen Liedideen und wie entstehen die Themen?
Da staune ich manchmal über mich selbst. Immer, wenn ich eine CD abgeliefert habe, entsteht so ein Gefühl der Leere. Dann denke ich, das ich keine Ideen mehr haben werde und da auch lange Zeit nichts mehr kommen wird.
Aber ähnlich wie eine Solaranlage lade ich mich dann mit der Zeit wieder auf und plötzlich sind dann auch wieder neue Ideen da. Sehr viele Einfälle habe ich beim Sport, zum Beispiel auf dem Laufband – da kommt mir manchmal eine Zeile in den Sinn aus der man ein schönes Lied entwickeln könnte. Und, ich leide ja auch leider an einer gewissen senilen Bettflucht und bin dann morgens um 3:00 Uhr oder 4:00 Uhr wach – wenn ich dann eine Idee habe, muss ich aufstehen und das sofort festhalten, sonst kann es sein, dass ich den Einfall um 8:00 Uhr morgens schon wieder vergessen habe…
Die meisten Lieder handeln ja von der Liebe, bei Dir ist das aber nicht immer so, Du greifst auch immer wieder ganz andere Inhalte auf …
Ja, gerade bei der neuen CD habe ich mich bei über der Hälfte der Lieder mit anderen Themen beschäftigt. Aber man unterstellt den Schlagersängern immer gern, dass jedes Lied nur von Liebe handelt. Aber selbst wenn es von der Liebe handelt, gibt es ja ganz viele Aspekte, wie man dieses Thema beleuchten kann. Ich habe zum Beispiel ein Lied auf der neuen CD, das heisst „Julia“, da singe ich über Romeo und Julia, und wer da nur oberflächlich hinhört, der denkt, na gut, wieder ein typisches Liebeslied. Aber in diesem Lied geht es um einen verwitweten Ehepartner, der sich an das gemeinsame Leben zurückerinnert. Im Grunde eine eher traurige, aber dennoch schöne Geschichte. Ich versuche schon auch, gerade weil man ja auch älter wird, verschiedene Lebens-Themen aufzugreifen. Ich habe auch ein Lied mit dem Titel „Was wissen wir denn schon“ geschrieben, in dem es um die Flüchtlinge geht und darum, dass einige Menschen hierzulande auf ihrem Sofa sitzen, irgendwelche Bilder sehen und sich anmaßen wollen, zu entscheiden, wer zu uns kommen darf und wer nicht. Da macht man es sich sehr einfach, weil man selber ja gar nicht in der Situation ist, und nicht weiss, was es bedeutet, aus seiner Heimat vertrieben zu werden.
Viele träumen ja davon, einmal den ganz großen Hit zu landen, ist das auch Deine Triebfeder?
Nein, mittlerweile eher nicht mehr. Natürlich träumt man davon, aber mein Antrieb war das eigentlich nie. Ich wäre natürlich nicht böse, wenn ich noch mal den großen Hit landen würde – aber nach gut 30 Jahren wird man auch realistisch und merkt, dass dieser Hype nicht unbedingt das höchste der Gefühle ist. Ich genieße, auch mal nicht im Fokus zu sein und ein freies Wochenende zu Hause verbringen zu können.
Die erste Single-Auskoppelung aus der neuen CD heisst „Zwei wie wir“ – worum geht es da?
Da geht es schon mehr um einen zwischenmenschlichen Aspekt – darum sich wortlos oder blind zu verstehen. Einfach um die schöne Erfahrung, dass man jemanden kennt, der zur gleichen Zeit das gleiche denkt, ohne dass man es auszusprechen braucht. Das wünscht sich ja eigentlich jeder und dieser Titel ist jetzt wirklich ein Liebeslied.
Leonard, Du warst ja immer ein Katzenliebhaber, Du hattest sogar mal drei Katzen. Seit gut 2 Jahren bist Du nun auf den Hund gekommen …?
Auf den Hund gekommen bin ich durch die Aufzeichnung einer „Hit auf Hit“ – Sendung. Während der Drehs muss man ja oft warten, bis die Kamera umgebaut ist oder das Wetter besser wird… Und da kam in einer Pause ein Berner Sennenhund zu mir und hat mir seine Schnauze auf den Oberschenkel gelegt. Das hat mich so berührt, dass ich zu Hause gleich ins Internet gegangen bin und unter geschätzt 3000 Hunden Jakob gefunden habe. Ich hatte erst Bedenken, ob das mit einem Hund überhaupt geht, denn der muss doch immer umsorgt sein, aber es liess mich auch nicht mehr los. Aber ich glaube, wir haben uns wirklich gesucht und auch gefunden. Ich würde ihn nie wieder hergeben.
"Leonard" verbinden viele mit flotten und eingängigen Liedern, aber Du singst auch gern mal eine Ballade …
Eigentlich sehr gerne. Aber es ist natürlich auch so, dass die Leute im Radio meistens fröhliche Lieder hören möchten und auf der Bühne ja eigentlich auch.
Im Festzelt sind Balladen ein Stimmungskiller, aber im Konzertsaal, wo die Leute auf Stühlen sitzen, kann man Balladen sehr schön präsentieren. Für ein Album ist es mir schon wichtig, die eine oder andere Ballade aufzunehmen, da muss man dann auch ab und an ein bisschen intensiver zuhören.
„Leben ohne dich“ ist so eine Ballade auf Deiner neuen CD. Zunächst klingt das nach Abschied oder Trennung, also eher traurig oder negativ. Aber, es kommt ganz anders …
Genau. Das Lied hat eher eine positive Aussage, nämlich die glückliche Erkenntnis, dass man mit jemanden schon so lange zusammen ist, dass man sich gar nicht mehr vorstellen kann, ohne diese Person zu sein, weil man zu so einer Art Einheit geworden ist. Eigentlich ist das Lied eine wunderbare Liebeserklärung!
"Leben ohne Dich", kann das für Dich auch bedeuten: "nicht ohne meine Heimat" beziehungsweise wie wichtig ist Heimat für Dich?
Ja, Heimat ist schon wichtig für mich. Heimat ist da, wo man geboren und aufgewachsen ist, wo einem alles vertraut ist – aber noch wichtiger als Heimat ist für mich mein Zuhause, meine eigenen 4 Wände. Da ist mein Rückzugsort, wo ich einfach sein kann, wie ich bin. Gerade als Künstler, der viel unter Menschen ist und in der Öffentlichkeit steht, ist mir das wichtig.
Eigentlich bin ich ja eher ein etwas schüchterner Mensch, was im Widerspruch zu dem steht, was ich mache. Ich habe gern Menschen um mich herum, aber irgendwann brauche ich einfach meine Ruhe. Und darum ist meine Heimat auch der Ort, wo ich mich am wohlsten fühle. Aber, natürlich ist jeder Schweizer auch stolz Schweizer zu sein. Wir haben ja auch ein sehr schönes Land in dem alles gut organisiert und sauber ist – das ist natürlich beneidenswert. Manchmal allerdings täte uns etwas weniger Gewissenhaftigkeit auch gut…!
Die Schweiz, Luzern, der Vierwaldstättersee – Idyllischer geht’s ja kaum – viele beneiden Dich darum. Sieht man die Schönheiten eigentlich noch, wenn man ihnen täglich begegnet?
Manchmal muss man sich das wieder bewusst machen, aber gerade wenn so ein richtig schöner Frühlings- oder Sommertag ist und ich mit dem Hund rausgehe, dann genieße ich die Idylle sehr. Es ist auch ganz gut, wenn man ab und an mit Touristen unterwegs ist, weil die einem die Augen für die heimischen Schönheiten wieder öffnen, denn man selbst wird ja etwas „betriebsblind“. Aber das geht sicher vielen Menschen so.
In Deiner Sendung „HIT auf HIT“, die seit über 15 Jahren sehr erfolgreich läuft, hast Du den Zuschauern sehr viel von der Schweiz gezeigt. War da auch für Dich ab und an Neues dabei?
Natürlich. Ich habe in der Zeit viele Regionen kennen lernen dürfen. Zudem habe ich viele Sachen gemacht, die ich sonst niemals gemacht hätte: Einen Tandemgleitschirmsprung oder an einem Seil hängend eine tiefe Schlucht überqueren usw. Ich bin ja eigentlich eher so ein Stubenhocker, d. h. wenn ich durch die Moderation der Sendung nicht direkt gezwungen worden wäre raus zu fahren, dann wäre mir wohl vieles entgangen. Es gab zum Beispiel auch viele Orte wo ich vorher nie war, wie auf dem Jungfraujoch oder im Dreiseenland, das kannte ich vorher so auch nicht, Tessin ja, aber auch nicht so intensiv. Ja, da gab es einiges Neues für mich zu entdecken!
Die Welt hat sich in den letzten Jahren stark verändert, auch die Musik. Was würdest Du gern verändern oder zurückholen und was wünschst Du Dir?
Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Zurückholen würde ich mir gerne wieder die Zeit, wo Musik noch einen anderen Stellenwert hatte. Ich hatte hunderte Vinyl-Platten alle schön in Plastikhüllen gesteckt, damit da ja nichts dran kommt. Heute ist die Wertigkeit von Musik verloren gegangen. Musik ist leider ein Wegwerfprodukt geworden.
Wie gehst Du generell mit Kritik um?
Naja, Kritik ist schon nicht so schön, das muss ich zugeben! Wenn der Kritik jedwede Grundlage fehlt, dann berührt sie mich auch nicht. Aber es gibt schon auch Kritik, die einen veranlasst umzudenken. Im Grunde bin ich aber sowieso von dem, was ich mache überzeugt.
Deine aktuelle CD heißt „Auf meinem Weg“. Der Titel auf der CD dazu heißt aber „Auf dem Weg nach oben“. Wo ist für Dich ganz persönlich oben?
„Oben“ bedeutet für mich nicht ein Superstar zu sein und über allen anderen zu stehen. Dann nämlich muss man auch auf sehr vieles verzichten und immer mehr persönliche Freiheit opfern. Ein Michael Jackson z. B. konnte an keinem Ort mehr unerkannt auftauchen. Er konnte weder „normal“ einkaufen oder ins Kino gehen oder ein Restaurant besuchen, das war unmöglich – also, so erstrebenswert ist dieser Status eigentlich gar nicht. Ich glaube „oben“ ist für mich persönlich eher dort, wo man zufrieden mit sich ist und nicht alles dem Erfolg unterordnet.
Würdest Du zustimmen, wenn man sagt: Auf dem Weg nach oben ist in gewisser Weise auch ein gesellschaftskritischer Song. Dein Wink mit dem berühmten Zaunspfahl …?
Gesellschaftskritisch ist vielleicht ein zu hochtrabendes Wort, aber er soll schon zum Nachdenken anregen.
Viel Erfolg mit der neuen CD, Danke für das interessante Gespräch!
Dankeschön, hat mich gefreut.
Kuhn Management (Textvorlage)
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