MARY ROOS
"Ein Album der Extraklasse": Stephan Imming ist begeistert von Mary's neuem Album "Ab jetzt nur noch Zugaben !"!

Lesen Sie HIER seine ausführliche CD-Kritik …: 

Vorab muss ich mich entschuldigen, dass die Unart, den Namen „Udo Jürgens“ ins Spiel zu bringen, in diesem Artikel gleich mehrfach vorkommen wird. Das hat einen Grund: Es gibt wohl nur wenige Interpreten, bei denen es – wie früher bei Udo – so ist, dass auf einem Album keine „Füllstücke“ enthalten sind, sondern wirklich jeder Titel mit Inhalt gefüllt ist. Auch die Professionalität und die Kunst, sehr gute Textdichter um sich zu versammeln, sind Gemeinsamkeiten von Mary und Udo – deshalb ist der Vergleich hier und da angebracht.

Sowohl in Interviews als auch in ihren Texten bekundet Mary, dass sie nun das Alter hat, einfach ihre Meinung sagen zu können – und nicht immer aus „political correctness“ den Mund halten zu müssen, ein Lied handelt sogar genau von diesem Thema. So gesehen ist ihr Album „Ab jetzt nur noch Zugaben!“ nur logisch – man hat wirklich den Eindruck, dass ihr die Lieder selber Spaß machen.

Gleich der Opener ihres Albums zeigt, wohin die Reise geht. Mit „Passt nicht“ zeigt Mary, was alles vermeintlich zusammen passt, dann aber wohl doch nicht (meine Lieblingszeile: „Du magst Tiere und Fische – ich mag Fische und Tiere – aber nur, wenn ich sie vorher frittiere“). Ich finde, zu ihrer Einstellung zu Tieren muss Mary dringend mal mit Herrn Trepper reden… Jedenfalls hält Mary letztlich offen, ob das „Passt nicht“ ihrem Gegenüber wirklich endgültig ist. Den Song schrieb übrigens Stephan Piez, der unter dem Namen „der Polar“ selbst auftritt und unter diesem Namen auf Marys letztem Album den Titel „Du“ beisteuerte. „Passt doch!“ ist man geneigt zu sagen, Piez hat den Song nämlich nicht nur geschrieben, sondern ist auch als Hintergrundsänger im Stück zu hören.

Als erste Single aus „Frau Ross’“ Album wurde der im Retro-Stil produzierte Song „Discozeitmaschine“ ausgekoppelt. Die für die 1970er Jahre typischen Disco-Streicher erinnern an Michael Kunzes legendären „Munich Sound“, und für den Hintergrundchor wurde laut Marys Aussage sogar ein Bee Gees-Cover-Chor engagiert. Wenn man sich die Sänger ansieht, staunt man nicht schlecht: Michael Zai, Franco Leon und Uwe Haselsteiner – das sind Namen, die man nicht sofort mit den Bee Gees in Verbindung bringt, doch weit gefehlt – wem die Background-Vocals in Marys „Discozeitmaschine“ gefallen, der sollte mal diesen Link anklicken: http://www.beegees-show.de/info-night-fever-bee-gees-tribute-cover-band.php . Neben dem Produzenten des Albums, Sven Bünger, wurde der Titel von Jovanka von Wilsdorf geschrieben – auch sie ist keine Unbekannte in Marys Umfeld, schrieb sie doch 2013 den mehr als bemerkenswerten Mary-Song „Lass mich Dich auch mal vermissen“. Bei so einem Team ist es nicht weiter verwunderlich, wenn dabei ein schöner Radiohit herauskommt.

Ein weiteres absolutes Highlight der CD ist der von Frank Ramond getextete Titel „Ich hab Zeit“, in dem sich Mary für Gelassenheit ausspricht. Das Ganze herrlich musikalisch umgesetzt – es passt einfach. Die nötige Würze geben dem Song die Posaunen- und Cello-Einwürfe (bzw. das herrlich lässige Posaunensolo) – beide Instrumente eingespielt von Anne de Wolff, die sich u. a. auch als Violinistin und Produzentin von Wolfgang Niedecken einen Namen gemacht hat.

Hohes Ansehen genießen die so genannten „Trümmerfrauen“, die nach Kriegsende in den Jahren 1945 und 1946 maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau des buchstäblich zertrümmerten Deutschlands hatten. Pe Werner schrieb Mary Roos zu diesem Thema, das Mary offensichtlich sehr am Herzen liegt, ein Lied auf den Leib – auch wenn (oder gerade weil) inzwischen über 70 Jahre vergangen sind. Das Lied ist mehr als eine Hommage an die „Trümmerfrauen“, sondern ist auch ein Plädoyer, in guten wie in schlechten Zeiten den Optimismus nicht zu verlieren und auch immer unbeirrt „Stein auf Stein“ zu setzen.

Unter den erfolgreichen Songautoren ist Tobias Röger spätestens angekommen, seit er für Christina Stürmer „Millionen Lichter“ geschrieben hat. Auch er hat auf Marys aktuellem Album einen Titel beigesteuert. Das Thema „C’est la vie“, also die Probleme die sich ergeben, wenn z. B. der Zug vor der Nase wegfährt, wurde schon oft im Schlager thematisiert – man denke beispielsweise an „Na und!?“ von Udo Jürgens. Mary geht das Thema im Walzer-Rhythmus an – countryangehaucht, erneut spielt Anne de Wolff dezent im Hintergrund Streicher – schon wieder ein toller optimistischer Titel.

Wer in einem Schlager Wörter wie „antiseptisch“ unterbringt, muss schon der ersten Liga angehören – und siehe da: „Deine Welt ist keine Insel“ wurde in der Tat von Deutschlands aktuell wohl erfolgreichstem Textdichter, Tobias Reitz, getextet. Musikalisch startet der Song ähnlich wie der WM-Hit „Auf uns“ von Andreas Bourani. – Den Eigenbrödlern dieser Welt rät Mary: „Entspann Dich!“ – Mary empfiehlt, nicht die „Klappen dicht zu machen“. Wen mag sie da nur meinen? In der Schlagerszene sind doch alle sehr kritikfähig, selbstkritisch und vor allem selbstironisch. (Kleiner Hinweis an Giovanni di Lorenzo und Konsorten – der letzte Satz war ein Scherz). Übrigens – bereits 2015 brachte Mary einen Song namens „Entspann Dich“ heraus – das Thema scheint ihr am Herzen zu liegen…

Im schönsten Phil-Collins-Shuffle („Two Hearts“, „You Can’t Hurry Love“) startet der fröhliche Song „Nicht nötig“. Dass es Verehrer von Mary Roos bisweilen nicht leicht haben, wird in dem Titel klar, denn: „Das Gegenteil von ‚gut’ ist ‚gut gemeint’“. Allen künftigen Liebhabern von Mary sei also geraten, nicht „stündlich SMS“ zu schreiben. Offensichtlich hat sie’s nicht so mit Draufgängern.

Udo Jürgens sagte einst: „Die große Chance des Älterwerdens ist die, dass es einem wurscht sein kann, was die Leute sagen“. Der sehr erfolgreiche Textdichter Frank Ramond, der ja sogar selbst noch für Udo tätig war, hat sich zu diesem Thema einen tollen Text einfallen lassen, der genau in diese Kerbe schlägt: „Sie kann es tragen“: „Ich wird diesen Mund nicht mehr halten – die Wahrheit bleibt ungeschminkt“ – klasse  vor allem, wenn man Marys Lebenswandel und ihre Karriere kennt. Sie lebt das ja auch – man denke alleine an ihre wunderbare „Nutten, Koks und frische Erdbeeren“-Tour. „Ich schau nicht mehr hin, ob Du klatscht oder buhst…. kenn keinen Namen und keine Scham“ – dem ist nichts hinzuzufügen! Neben den Streichern spielt Anne de Wolff diesmal auch Akkordeon, was dem Titel einen Chanson-Charakter gibt.

Nachdenklich gibt sich Mary textlich mit ihrem Titel „Keine Abschiedstour“. Auch da gibt es Parallelen zu Udo – sie macht „ihr Ding“ halt weiter, ohne großspurige Tourneen anzukündigen. Mary meint, dass „nach dem Ende noch lange nicht Schluss“ ist. Den zutreffenden Text schrieb Hendrik Heuermann – auch er ist seit einigen Jahren für Mary als Textdichter aktiv.

In die imposante Liste der sehr populären und begabten Textdichter von Marys Album reiht sich auch Johannes Oerding ein. „Und sie reißen ein Haus ab, in dem ich wohn’, denn da wird ein Parkplatz gebaut“ – sang Udo Jürgens einst. Dieser Gedanke wird im Song „Parkplatz“ aufgegriffen. Augenzwinkernd überlegt Mary, lieber einen Parkplatz zu bauen als weiter hinzunehmen, dass Bemühungen wie Liebesritzereien in Bäumen und Teichanlagen nicht wirklich funktioniert haben – sie kommt zum Schluss: „Wir machen einen Parkplatz draus“.

Der letzte neue Song des Albums hat mich zunächst dazu eingeladen, einzustimmen: „Oh Mammy – oh Mammy Blue“. Aber um den Titel noch zu kennen, muss man schon ein biblisches Alter haben… – Den Text des Liedes „Der letzte Song“ schrieb Katrin Schröder – auch sie ist kein unbeschriebenes Blatt, hat sie doch für Roger Cicero, Howard Carpendale und Peter Maffay gute Texte verfasst. Wer beim Liedtitel meint, es gehe um Marys letzten Song, wird zum Glück eines besseren belehrt – vielmehr ist es ein Liebeslied, in dem es darum geht, dass der letzte Song einer bestimmten Person gewidmet ist. Ob diese Person Wolfgang Trepper ist, das bleibt allerdings ein Geheimnis.

Lied Nummer 12 ist ein Bonustrack. Ganz ohne den genialen Michael Reinecke, der diesen Song geschrieben hat, geht es eben nicht – das ist fürwahr „Zu schön, um wahr zu sein“. Auf ihrem Album „Leben“ veröffentlichte Mary diesen Titel 2005 erstmals, der Titel wurde auch als Vorab-Single ausgekoppelt und nun, zwölf Jahre später, in einer schönen „Version 2017“ neu arrangiert.

Mit „Ab jetzt nur noch Zugaben“ legt Mary Roos ein Schlageralbum der Extraklasse vor – Alben dieser durchgehenden Qualität findet man nicht alle Tage. Sie verbindet ihre gesangliche Klasse und die Tradition des Schlagers mit modernen Klängen der Jetztzeit. Das Programm „Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ läuft und läuft und läuft… und dann ist sie auch noch mit lieben Kolleginnen und Kollegen auf „Schlagerlegenden“-Tour. Ganz offensichtlich hat sie an all ihren Aktivitäten Spaß, das überträgt sich auf’s Publikum. Es bleibt zu wünschen, dass Mary noch viele, viele Zugaben für uns auf Lager hat!

Stephan Imming, 02.04.2017
http://www.da-music.de
http://www.mary-roos.de

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