ANITA & ALEXANDRA HOFMANN
smago!-CD-Besprechung: Anita und Alexandra Hofmann – "Hautkontakt"!

Praktisch: Die erfolgreichste Hofmann-CD aller Zeiten (Top-35) ist auch gleichzeitig ihre beste! 

Ein schicksalhafter Tag war der 19. Mai 1988 – an diesem Tag feierte Sepp Hofmann in Südtirol seinen 40. Geburtstag, und seine beiden sechs- bzw. neunjährigen Töchter Anita und Alexandra präsentierten zu dem Anlass eine 2-stündige Show. Das kam so gut an, dass schon bald erste Schallplatten produziert wurden. Überregional wurden die beiden 1993 bekannt, als sie beim Grand Prix der Volksmusik einen hervorragenden 2. Platz belegten – an dem Wettbewerb nahmen sie im Anschluss zwei weitere Male teil.

Ein Meilenstein in der Karriere der Schwestern war sicher 2001 das Hochzeitsfest der Volksmusik, das anlässlich Alexandras Hochzeit gefeiert wurde und im Ersten, damals noch von Carmen Nebel moderiert, ausgestrahlt wurde. Mit „Grenzenlos“ gab es 2005 die erste Solo-Tour der beiden, das gleichnamige Album schaffte es in die Top-50 der Album Charts und ist bislang(!) somit das bislang erfolgreichste der bisherigen Karriere der Geschwister.

Seit 2012 treten die Geschwister Hofmann als ANITA & ALEXANDRA HOFMANN auf. Mit dem Namenswechsel ging auch ein behutsamer Stilwechsel hin zum Popschlager einher, und Anita verstärkte ihre Tätigkeit als Textdichterin. Seit 2015 sind Anita und Alexandra bei DA Music unter Vertrag. Mit ihrem zweiten dort erschienenen „Solo-Album“ (zwischenzeitlich gab es das bemerkenswerte „Männerversteher“-Album mit Stefanie Hertel) bei DA gehen die Geschwister den Weg der Modernisierung konsequent fort.

Gleich die erste Single-Auskopplung wurde vom Erfolgskomponisten Götz von Sydow und dem eher im Rapbereich tätigen Philippe Bühler geschrieben und passt wie die Faust aufs Auge. Der Titel „Keine Liebeslieder“ ist ein „Anti-Herzschmerzsong“. Passend zu Anitas  privater Situation – es kam kürzlich zur Trennung vom langjährigen Lebensgefährten Thorsten – wirkt der Uptempo-Song, in dem es darum geht, sein Leben positiv weiterzuleben, authentisch.

Der Opener des gleichnamigen Albums, das hochprozentig von Ralle Rudnik (Ex-Gitarrist der Höhner) produziert und von Micha Kunzi (Bassist der Münchener Freiheit) coproduziert wurde, geht gleich in die Vollen: Mehrstimmig bestehen die Hofmanns auf „Hautkontakt“. Den Text zur Rudnik-Nummer schrieb nehmen Anita Hofmann der beliebte Tobias Reitz. „Hol mich raus aus meinem Kokon – küss mich bis zur Endstation“ – Texte dieser Art war man bislang von Roland Kaiser gewohnt, weil der Begriff „Endstation“ in Verbindung mit Hautkontakt durchaus metaphorisch gemeint sein dürfte. Der Refrain ist eingängig, der mehrstimmige Gesang angenehm – eine Top-Einsteigernummer in das 2017er-Album von Anita und Alexandra. Der Titel ist deshalb auch namengebend für das Album, weil Hautkontakt nicht nur die prickelnde Erotik verspricht, sondern auch Dinge wie ein Händedruck oder das „Schmusen“ mit dem Kind von großer Bedeutung sind – so haben Anita und Alexandra es jedenfalls kundgetan.

Thomas Rosenfeld, der auch schon für Wolfgang Petry („Kein Grund zur Panik“), Beatrice Egli, Bernhard Brink und Andreas Martin tätig war, schneiderte den Hofmanns die Power-Nummer „Jetzt und hier“ – wieder mit perfekter schöner Mehrstimmigkeit sehr modern als „Dance-Nummer“ produziert.

Auch bei „Herz an Herz“ war ein prominentes Autorenteam an Bord – Caroline von Brünken und Michael Kunzi schrieben den ebenfalls im Dance-Stil gehaltenen Song „Herz an Herz“.

Von Melodie und Text her „schlageresker“ ist der von Gerd Lorenz und Walter Kutt geschriebene Hammersong „Dann kamst Du“. Die Plattenfirma verspricht: „Wir sind so vermessen zu sagen: Das wird ein Klassiker!“ Vor dem Hören des Songs denkt man, dass das wirklich sehr vermessen ist. Der Song ist allerdings eingängig – als Single ausgekoppelt, präsentiert in einer großen TV-Show könnte der Titel wirklich sehr populär werden. Es bleibt spannend. Mit dem Kollegen Julian David haben die beiden den Titel auch tänzerisch vorgestellt – das „passt“..

Auch Mark Bender steuerte einen Titel zum 2017er-Album der Hofmanns bei: „Mach den Test – Frauen lieben es“ – und was? „Männer, die mit ihnen weinen, wenn Dirty Dancing läuft“? Puh, darf man vielleicht lieber weinen, wenn Deutschland ein wichtiges Spiel verpasst? Wobei, was tut man nicht alles für die Hofmanns… –  „FKK im tiefsten Winter – einfach so zum Spaß?“ Da bin ich mehr für „Paris – einfach so nur zum Spaß“. A propos Udo Jürgens, der hat auch ein Lied namens „Flieg mit mir“ ersonnen, einen Song dieses Namens gibt es nun auch von den Hofmanns, erneut vom Team Kunzi / von Brünken ersonnen – im leichten Techno-Beat gehalten – vielleicht einer der schwächeren Titel des Albums.

Sommerlich wird es mit dem von-Sydow-Song „Einen Sommer lang“, ein Titel, der wieder vom sehr eingängigen Refrain lebt. Auch den Song haben die Geschwister in einem kleinen Video „live gesungen“ vorgestellt, diesmal in einem kleinen Gewässer stehend und die sommerliche Atmosphäre sehr gut transportierend.

Den Willy-Klüter-Song „Unsere Nacht“ textete Anita Hofmann und erzählte über „Unsere Nacht“ – sie „taucht ein in die Neon-Welt: Alles ist perfekt“. Den „Atemlos“-Appeal erreicht der durchaus tanzbare Song allerdings nicht ganz, wenngleich der überraschende Tonartenwechsel kurz vor Schluss des Liedes schon originell ist.

A propos Helene – in „Elektrisiert“, ein Song, bei dem ein klassischer Vocoder zum Einsatz kommt, geht es u. a. um bebende Herzen. Sich selbst zitieren sie aber auch mit der Vokabel „100.000 Volt“. Die Hofmanns sind nicht nur Frauen-, sondern auch Männerversteher: „Lass uns den Verstand einfach ignorieren, weil Gefühle explodieren“ – na dann… – Einer der Songautoren, Herbert Beichler, ist überraschend verstorben und hat mit „Elektrisiert“ einen Top-Titel hinterlassen, der sehr gut produziert wurde.

Nur folgerichtig ist der Anschluss-Song. Anita Hofmann schrieb den Text zu „Explodier’n“. „Immer nur zu funktionieren“, ist ihr „einfach nicht genug“. Nach der Explosion ist es offensichtlich Zeit, wieder „runter zu kommen“. Da kommt die Ballade „Sand auf meiner Haut“ gerade richtig, die erneut von Anita getextet wurde. Ein bisschen „Every Breath You Take“-Sound ist da durchaus angemessen.

Den Abschluss des bemerkenswerten „Hautkontakt“-Albums bildet der Fan-Titel „Ein Teil von mir“, den die Hofmanns ihren Fans widmen – ähnlich wie die Amigos ist es auch Anita und Alexandra wichtig, den Fans für ihre Treue zu danken. In dem vom „Haudegen“-Autoren Alexander Komlew und seiner ehemaligen(?) Lebensgefährtin Caroline von Brünken geschriebenen Nummer lassen die Hofmanns ihre Fans hochleben, was aller Ehren Wert ist.

Unter dem Strich haben Anita und Alexandra Hofmann ein mehr als bemerkenswertes weit überdurchschnittlich gutes Album abgeliefert. Der Mut, am gleichen Tag wie Vanessa Mai und Olaf ein Album herauszubringen, wurde belohnt – erstmals in ihrer langjährigen Geschichte haben die Hofmanns die Top-35 geknackt. Zurecht – wie wir meinen, weil „Hautkontakt“ vielleicht das beste Album ist, das Anita und Alexandra jemals abgeliefert haben – Daumen hoch für die Hofmanns!

smago! exklusiv
http://www.da-music.de
https://www.anita-alexandra.de/

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