“EUROVISION SONG CONTEST 2023”
smago! top-exklusiv: 1. Semifinale – “Eine Vorschau” (3/3) – von Frank Ehrlacher!
Irland – Kroatien – Schweiz – Israel – Moldau …:
BITTE BEACHTEN SIE: Um Ihnen möglichst ALLE Künstler-Fotos zeigen zu können, haben wir den Beitrag von Frank Ehrlacher quasi “dreigeteilt” …
Der 67. Eurovision Song Contest geht am kommenden Samstag um 21:00 Uhr in Liverpool über die Bühne – und es ist in einer besonderen Hinsicht eine Premiere: Zum ersten Mal richtet ein Land den ESC in einem anderen Land auf. Natürlich gab es schon Jahre, in denen der Gewinner (Monaco 1971, Israel 1979) aus finanziellen oder technischen Gründen darum gebeten hat, den Contest im Folgejahr nicht ausrichten zu müssen – aber nach dem Sieg des Kalush Orchestras für die Ukraine im vergangenen Jahr war relativ schnell klar, dass eine gesicherte Ausrichtung im Siegerland 2023 nicht möglich sein wird. Die britische BBC sprang ein – aber nicht als Nachfolger aufgrund ihres zweiten Platzes in Turin, sondern, wie man sich offiziell auf die Sprachweise einigte, “on Behalf” also “im Namen” der Ukraine.
So werden sich in den Shows am Dienstag-, Donnerstag- und Samstagabend auch viele ukrainische Elemente finden und mit Julija Sanina auch eine ukrainische (Co-)Moderatorin und einige ukrainische Künstler in den Abstimmungspausen.
37 Länder haben dieses Mal Beiträge entsandt – Bulgarien, Montenegro und Nordmazedonien, die im Vorjahr noch dabei waren, haben ihre Teilnahme abgesagt. Das Verfahren für die Teilnehmer bleibt zunächst gleich: Die “Big 5”, die fünf größten Beitragszahler der EBU – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien – , sind vorab fürs Finale ebenso gesetzt wie Vorjahressieger Ukraine. Die verbleibenden 31 Länder müssen sich in zwei Semifinals beweisen, am Dienstag 15, am Donnerstag 16 Acts – jeweils die besten 10 kommen weiter.
Neu ist in diesem Jahr, dass es im Finale zwar weiterhin ein 50:50 Voting aus nationalen Jurys und Publikumsstimmen geben wird, in den Halbfinals aber nur die Zuschauer mit ihrem Anruf oder per App entscheiden. Die “Big 5” wurden hier zugelost, so wird Deutschland am Dienstag stimmberechtigt sein. Die ARD überträgt die Halbfinals bei ARD One und online.
Neu ist dieses Jahr leider auch, dass uns Journalisten kein Zugang zu den Einzelproben in der Woche vor dem Contest gewährt wurde – dieser wurde von Jahr zu Jahr weiter eingeschränkt: Normalerweise bekommt jedes Land an 2 Tagen jeweils 20 Minuten Probenzeit und kann den Beitrag 3 mal testen, ob er so auf die große Bühne passt – wobei die Choreographie ohnehin schon im Heimatland steht, es geht da nur noch um Details und darum, ob die Kamerafahrten auf der großen Bühne funktionieren. Offiziell argumentiert die Europäische Rundfunkunion EBU, man wolle die Künstler “ungestörter” proben lassen – in Liverpool hört man aber vor allem Unzufriedenheit der Künstler, dass sie so kein Feedback im Vorfeld mehr bekommen und verweist auf einen Exklusivvertrag mit dem Netzwerk TikTok, das dann auch als einziger von der ersten Probenwoche berichten durfte.
Zwischen den Beiträgen gibt es kleine Einspielfilme, die teils in der Ukraine, teils in Großbritannien aber auch in anderen Teilnehmerländern gedreht wurden und die Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern und der Ukraine zeigen sollen.
Im Opener zur Show feiert sich die Ausrichter-Stadt Liverpool erst einmal selbst, in dem sie zeigt, wie sich die Bewohner der Stadt freuten, als es hieß “Eurovision is coming to Liverpool” – als Gegenschnitt Bilder von traurigen Ukrainern und der Versöhnung mit blau-gelber Torte.
Das 1. Halbfinale ist übrigens in meinen Augen und Ohren das deutlich stärker besetzte hier in Liverpool …
Auch Loreen aus Schweden ist ESC-Wiederholungstäterin aus dem Jahr 2012 – allerdings mit noch mehr Erfolg, 2012 gewann sie den “Grand Prix” mit “Euphoria” und schaffte einen europaweiten Hit. Daran will sie musikalisch wie erfolgstechnisch anknüpfen – ihre damaligen Autoren Thomas G:son und Peter Boström – letztgenannter als Mixer auch mitverantwortlich für Helene Fischers “Atemlos durch die Nacht”, sind bei “Tattoo” ebenfalls 2 von 6 Autoren. Eine aufwändige Performance, bei der die einen meinen, sie drückt die Zimmerdecke hoch, die anderen, sie räkele sich in einem überdimensionalen Solarium. In jedem Fall bleiben Performance und Song hängen und sorgen dafür, dass sie – wenn es nach den Buchmachern geht – den ESC 2023 fast schon gewonnen hat… abwarten – ich habe in den vergangenen 40 Jahren schon ganz andere Favoriten scheitern sehen.
Prognose: Das Finale ist sicher und sie kämpft um den Sieg.
Aserbaidschan bediente sich in den vergangenen Jahren vorwiegend schwedischer Autoren für ihre Beiträge – so auch beim einzigen Sieg des Landes 2011 in Düsseldorf. Umso stolzer ist man, dass der diesjährige Beitrag des Duos TuralTuranX komplett im Land entstanden ist. Guter Gitarrenpop mit Anklängen an die 1970er Jahre ist es, was die beiden abliefern – schön, gefällig, aber ohne jeden Höhepunkt.
Prognose: Schade drum wäre es definitiv – aber für den Finaleinzug wird das knapp und ich glaube eher, knapp draußen.
Klänge, die man eher aus slawischen Ländern gewünscht ist, kommen 2023 aus Tschechien – mit einem mantraartigen Refrain, der mich entfernt an den letztjährigen ESC-Geheimhit aus Serbien (wer erinnert sich an das kollektive Händewaschen) denken lässt. Vesna sind 6 Damen in rosa-pink mit langen Zöpfen, die in einigen Passagen auch einem Nonnenchor entsprungen sein könnten. Textlich handelt der Song vom Zusammenhalt zwischen Frauen und Schwestern, sollte aber nach Aussage der Band gerne auch auf Menschen jeden Geschlechts und den Zusammenhalt der Menschen unter- und miteinander übertragen werden.
Prognose: Anders, auffällig, passt. Ein Final-Platz für Tschechien sollte gesichert sein.
Auf Nummer Sicher gehen wollten die Niederlande und ließen 2019er Sieger Duncan Lawrence den Song für Mia Nicolai und Dion Cooper schreiben – die beiden wurden extra für diesen Song gecastet. Allerdings zeigte sich im Vorfeld auf diversen Auftritten, dass ihre Stimmen nicht wirklich harmonierten und es kam zum Eklat: Das niederländische Fernsehen gab öffentlich bekannt, mit den beiden intensiv an der Nummer zu arbeiten – und Jan(tje) Smit, der seit 10 Jahren im Auswahlkomitee saß, gab bekannt, dass er die niederländischen ESC-Bemühungen nicht weiter unterstützen werde und von Anfang an gegen den Song war – und trat öffentlichkeitswirksam aus dem Gremium aus. Immerhin: Bei den Proben zeigten die beiden, dass sie die Nummer stimmlich stemmen können.
Prognose: Schwere Bürde, schwere Hürde. Sollte es zur Qualifikation fürs Finale reichen, dann wohl nur aufgrund der günstigen hinteren Startnr., die gerade beim Televoting immer einen Vorteil bietet.
Finish with The Finnish:
In Neongrün und knallpink tanzt Rapper Käärijä mi tuns einen Cha Cha, der alles ist – nur kein Cha Cha. Am Anfang grunzt er aus dem Käfig einen Hardcore Rap auf Finnisch (nicht gerade die melodischste unter den europäischen Sprachen) und erst nach 1 Minute 47 ist so etwas wie eine Melodie, die im Ohr hängen bleibt, zu erkennen. Da ein ESC-Song bekanntlich nur 3 Minuten dauern darf, ein bisschen spät für größere Ambitionen.
Prognose: Bei den Buchmachern liegt Finnland auf Platz 2. Das scheint mir überbewertet. Ins Finale schaffen sie es locker.
Während Europa abstimmt, gibt es dann im 1. Halbfinale noch 3 der Big 5: Die Beiträge aus Frankreich, Italien und von “Lord Of The Lost” aus Deutschland. Eins nehme ich vorweg: Einer der 3 zählt – neben den oben genannten Buchmacherlieblingen – zu meinen absoluten Favoriten. Welchen, erzähle ich dann in der Finalvorschau …
Textquelle: smago! top-exklusiv – Mit bestem Dank an Frank Ehrlacher