MARY ROOS & WOLFGANG TREPPER
“Gold-Mary” und “das Ekel” gehen in die zweite Runde:
Hans-Peter Schmidt-Treptow das neue Programm “Mehr Nutten, mehr Koks – scheiß auf die Erdbeeren!” …:
MARY ROOS & WOLFGANG TREPPER feierten am Mittwoch im Schmidts Tivoli umjubelte Premiere von Mehr Nutten, mehr Koks – scheiß auf die Erdbeeren!.
Was im April 2015 vor hundertachtzig Zuschauern in Hamburg-Langenhorn begann, entwickelte sich in den folgenden fünf Jahren zu einer der erfolgreichsten Tourneen überhaupt, eine satirische Show über den deutschen Schlager – Nutten, Koks und frische Erdbeeren mit Mary Roos und Wolfgang Trepper. Insgesamt fanden 270 Vorstellungen mit über 160.000 begeisterten Zuschauern statt. Viele Fans wurden zu Wiederholungstätern und genossen den Abend mehrfach. Dieser Erfolg legte den Grundstein für eine Neuauflage des Spektakels. Bedingt durch die Pandemie wurde die Premiere des zweiten Teils immer wieder verschoben, was allen Beteiligten viel Geduld abverlangte.
Fast Hollywood mäßig begann der Abend. Vor dem Tivoli war ein roter Teppich ausgerollt, auf denen die Stars der Show Hof hielten: Mary Roos, Wolfgang Trepper und der Regisseur Corny Littmann! Und dann war es so weit. Mit tosendem Applaus empfingen die 620 Zuschauer Wolfgang Trepper, der schnell zu Höchstform auflief. Nach ein paar Erklärungen des Kabarettisten, warum es nun eine Fortsetzung des Erfolgsprogrammes gibt, ging es ans Eingemachte. Kaum einer der Schlagerstars der letzten Jahrzehnte blieb verschont. So witzelte Trepper, dass er gern mal mit Maite Kelly auftreten würde, dann könne er sich auf der Bühne hinter ihr umziehen. Über die Ex-Humphries-Ehefrau Dunja Rajter lästerte er, dass sie die einzige Künstlerin sei, die Bananen quer essen könne.
Und dann war es so weit, Wolfgang Trepper kündigte die „alte Frau“ an. Mary Roos betrat in elegantem Schwarz das Geschehen und sang „Hello Again“ (Howard Carpendale). Es folgten weitere Cover-Songs, die die Künstlerin zum Besten gab. Dass sie über zwei Jahre nicht gesungen hat, war ihr kaum anzumerken. Im Laufe des Abends wurde ihre Stimme immer reifer und besser. In dem Programm, dass von Wolfgang Trepper und Lutz Birkner geschrieben wurde, verzichtete man bewusst auf all die Erfolgstitel von Mary Roos. Die fanden ja auch bereits im ersten Teil statt. Nur hin und wieder sang die Künstlerin einen ihrer unbekannteren Titel.
Danach folgte der Schlagabtausch der beiden Akteure, eine Provokation, die ihresgleichen sucht! Marys Sangeskollegen, die bisher noch nicht erwähnt worden waren, bekamen nun ihr Fett ab. Ständig warf Wolfgang Trepper seiner Kollegin Unverschämtheiten an den Kopf, die sie teilweise bestätigte und zum Teil dementierte. Hierbei fällt auf, dass das komödiantische Talent von Mary Roos gewachsen ist. Die Auszeit von zweieinhalb Jahren scheint der Künstlerin bekommen zu sein. Sie ist wirklich auf dem besten Weg dahin, eine „schrille Alte“ zu werden. Die Sängerin setzt schauspielerisch dort an, wo sie damals aufgehört hat. Überhaupt fällt auf, dass ihr Bühnenpartner ihr viel mehr Freiheiten lässt als im ersten Teil. Eine Roos-Pointe hat ihre Wirkung und Trepper legt nicht mehr noch eine drauf. Gut so!
Der Abend wechselte sich zwischen Solo-Gesang von Mary Roos, bitterbösen Satire-Auftritten von Wolfgang Trepper und den Zwiegesprächen der beiden ab. Gekonnt wurde das Publikum in den Ablauf einbezogen. Auch das Thema Fernsehreklame der letzten fünfzig Jahre hatte seinen Stellenwert in diesem Programm. Wie man die Fäden der Marionette Zuschauer in der Hand hält, bewies der Kabarettist, in dem er Werbeslogans in den Saal warf, die die Fans vervollständigen sollten. Auch Mary Roos blieb bei diesem Thema nicht verschont, hatte sie doch in den 1970 er Jahren den „Happy Pizza Song“ für Dr. Oetker aufgenommen, der kurz aus dem Off akustisch eingespielt wurde. Man war eben jung und brauchte das Geld (Zitat).
Trepper agierte, wie man ihn kennt, im schwarzen Anzug und roten Schuhen. Mary Roos zog sich mehrfach um, erschien jetzt in einem geschmackvollen blauen Aufzug, was ihren Kollegen zu der Frage bewog, ob sie denn Schalke-Fan sei. Im letzten Drittel des Abends wurde die Sängerin zur Goldmarie. In einem Zweiteiler, der golden glitzerte und funkelte, blieb Wolfgang Trepper fast die Spucke weg, machte sich dann aber doch über das Outfit lustig. Mary nahm es gelassen.
Auch leise Töne waren angesagt. Wolfgang Trepper fragte das Publikum, ob man in diesen schlechten Zeiten überhaupt zwei Stunden Leichtigkeit und Spaß präsentieren kann. Der Saal goutierte mit heftigem Applaus.
Ganz wurde aber doch nicht auf das Roos-Repertoire verzichtet. Zum Finale sang die Künstlerin dann ihr inzwischen legendäres Medley (“Rücksicht”, “Aufrecht geh’n”, “So leb dein Leben”), was das Publikum zu Standing Ovation hinreißen ließ. Der letzte Ton kam intensiv und absolut sauber über die Rampe!
Insgesamt hat sich das Warten auf diese neue Show mehr als gelohnt. Das Thema Schlager bietet immer wieder Angriffsfläche, trotzdem erfreut sich das Genre wachsender Beliebtheit, das weiß auch Wolfgang Trepper. Es ist eben nur ein Spiel, aber eines, das nahtlos an den Erfolg von Nutten, Koks und frische Erdbeeren anknüpfen wird.
Textquelle: Hans-Peter Schmidt-Treptow