smago! KOLUMNE
Neustart für die Netzpolitik!
Ein Kommentar von Prof. Dieter Gorny…:
Nach der Bundestagswahl werden die Karten im politischen Berlin derzeit neu gemischt. Auch wenn die neue Regierungszusammensetzung noch nicht bekannt ist, steht schon heute fest: So wie in den vergangenen vier Jahren wird es aller Vorrausicht nach nicht weitergehen. Das Wahlergebnis weckt die Hoffnung, dass sich der Stillstand, der gerade beim Urheberrecht zu beobachten war, nicht fortsetzen wird.
In der Internet-Enquete konnte ich live miterleben, wie die Balance zwischen der technologischen Betrachtung des digitalen Raums und den Inhalten, die diesen füllen, aus dem Ruder geraten ist. Mit einer neuen Regierung, in der eine Netzpolitik, die einseitig von der Technikseite her argumentiert und auf Polarisierung statt Lösungssuche setzt, nicht mehr stattfindet, bietet sich nunmehr die große Chance, einen neuen politischen Stil zu prägen, bei dem Netz und Kultur nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander gedacht werden. Es liegt in der Verantwortung der neuen Regierung, die Fronten zwischen Kultur- und Netzpolitik aufzulösen und den eingefahrenen Debatten, besonders zum Urheberrecht, neue Impulse zu geben.
Wir brauchen kein neues Urheberrecht, sondern vor allem bessere Möglichkeiten der Durchsetzung des bestehenden Urheberrechts im Internet. Dazu sind keine weiteren runden Tische, Körbe oder Körbchen erforderlich, sondern sachliche Diskussionen, denen dann auch politische Entscheidungen folgen. Damit auf der politischen Ebene endlich die Weichen gestellt werden, ist es wichtig, dass wir uns im Schulterschluss der verschiedenen Branchen der Kultur- und Medienlandschaft Gehör verschaffen, als ein Sektor, der mehr als 60 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland erwirtschaftet und knapp eine Million Erwerbstätige beschäftigt. Hierbei spielt die Deutsche Content Allianz, ein Zusammenschluss namhafter Organisationen der Kultur- und Kreativwirtschaft, der Medien sowie auch des privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine zentrale Rolle.
Am 7. Oktober hat die DCA in Berlin unter dem Motto „Inhalte sind Mehrwert“ in einem Forderungspapier vorgestellt, welche Rahmenbedingungen aus Sicht der Kultur- und Kreativwirtschaft prioritär angegangen werden müssen, um Kreativität und Innovationen in Deutschland zu fördern und wirtschaftlich abzusichern – darunter die Providerhaftung, die für mich einen zentralen Stellenwert in der kommenden Legislatur besitzt. Statt der Einführung eines Internetministers, wie er immer wieder von der Netzpolitik ins Spiel gebracht wurde, zählt es zu den zentralen Forderungen der DCA, die Netzpolitik in den verschiedenen politischen Ressorts zu verankern und Inhalte- und Urheberrechtsfragen als Chefsache im Bundeskanzleramt zu verorten. So wie die Bundesregierung einen IT-Gipfel unterstützt, sollte auch ein Content- Gipfel ins Leben gerufen werden, nicht als weitere Diskussionsrunde, sondern als Leuchtturm, der Wertschätzung gegenüber Kultur und Medien vermittelt und diese zu den Menschen transportiert.
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