"WDR 4"
Letzte Schlager-Oase bei WDR4 nun auch gekippt!

smago! Kolumnist Stephan Imming gibt sich christlich und hofft: “Herr, vergib Ihnen – denn sie wissen nicht, was sie tun” …! 

Fast „seit Bestehen des Radios“ gibt es eine Zwangsabgabe. Alle deutschen Bürger müssen ihren Beitrag für öffentlich-rechtlichen RUNDFUNK bezahlen, die Zwangsabgabe wird formell „Rundfunkbeitrag“. Sinn des Beitrags ist laut der Homepage „rundfunkbeitrag.de“ unter anderem: „Ob Groß oder Klein, ob Naturbursche oder Börsen-Spekulant: Im Programm-Angebot findet jeder etwas für seinen Geschmack. Denn es ist so vielfältig, wie die Interessen der Menschen, die es nutzen.“

Wer in NRW Radio hören möchte, kommt leider am WDR nicht vorbei, wenn er über normalen „FM“-Empfang hört und nicht die bislang wenig verbreitete DAB+-Möglichkeit nutzen kann. Die gebotene „Vielfalt“ ist in der Tat beeindruckend, das Vollprogramm „Cosmo“ (früher „Funkhaus Europa“) bietet zum Beispiel folgende Sendungen:

– in TÜRKISCHER Sprache wird die Sendung „Köln Radyosu“ täglich über eine Stunde gesendet.
– in RUSSISCHER Sprache wird die Sendung „Programma Na Russkom Jasyke“ täglich gesendet.
– in ARABISCHER Sprache wird wöchentlich die Sendung „Al-Saut-Al-Arabi“ ausgestrahlt, hinzu kommen die täglichen (!) Sendungen „Refugee Radio“ in arabischer Sprache.

Seit dem 30. März 1964 sendet mit WDR3 ein Programm, das sich der klassischen Musik und dem anspruchsvollen Wort verpflichtet fühlt. Ähnlich wie im Schlagerbereich, zu dem wir gleich kommen, gab es auch in diesem Programm diverse Reformen, die Fachleute fassungslos machten. Im Gegensatz zu WDR4 gab es bei WDR3 eine Moderatorin mit „Arsch in der Hose“, die ihre Meinung kundtat, und zwar im Blatt „Zeit“.

Ein Grund, wofür die Zwangsabgabe, die sich „Rundfunkbeitrag“ nennt, erhoben wird, ist die Unabhängigkeit von Journalisten und die Meinungsfreiheit. Zitat: „Die Programme von ARD, ZDF und Deutschlandradio bilden damit die Grundlage für Ihre persönliche Meinungsfreiheit, gesellschaftliche Meinungs­vielfalt und unsere Demokratie.“ Was das im praktischen Leben bedeutet, davon kann die Moderatorin Christine Lemke-Matwey ein Lied singen. Die hat ihren Führungskräften in einem Artikel in der Zeit vom 30. April 2014 u. a. ein „militantes Desinteresse an Hochkultur“ attestiert (siehe hier: http://www.zeit.de/2014/19/klassik-oeffentlich-rechtlicher-rundfunk). Reaktion des Senders: Die Moderatorin wurde gefeuert und durfte ihre Sendung „Klassik aktuell“ nicht mehr moderieren.

Der Zeitpunkt der Kündigung Lemke-Matweys, Frühjahr 2014, ist durchaus interessant. In dieser Zeit in etwa dürfte die Entscheidung über die Reform des Senders WDR4 gefallen sein. Seinerzeit war Rena Pieper Chefin des Senders. Die hatte mit Tom Buhrow den gleichen Chef wie die gefeuerte Moderatorin Lemke-Matwey, die in ihrem Artikel erwähnte, dass Buhrow Bob-Dylan-Fan sei und E-Gitarre spiele. An anderer Stelle schrieb sie: „Mit Bob Dylan lässt sich noch Staat machen …– mit Mozart geht das nicht mehr.“ Dass jemand, der sich mit „seriösen Klassikvertretern“ anlegt, erst recht nicht schlageraffin ist, liegt auf der Hand. Erst recht nach dieser Vorgeschichte hatte Pieper keine Chance, gegen das Diktat von oben zu opponieren und musste ihr eigentlich recht erfolgreiches Programm ganz offensichtlich gegen ihren Willen reformieren (den Eindruck hatte ich auch bei einem sehr kurzen persönlichen Kontakt, den ich 2014 am Rande einer Schlagerveranstaltung hatte). Was man der inzwischen verstorbenen Pieper allerdings vorwerfen muss, ist, dass sie – kurz vor der Pensionierung stehend – den Weg des geringen Widerstandes ging und nicht insbesondere im Sinne ihrer moderierenden Mitarbeitern gegenruderte.

Da sie das NICHT tat, wurde ab dem 1. September 2014 ein Programm mit erheblich reduziertem Anteil an deutschsprachiger Musik gesendet. War WDR4 als Schlagerwelle gegründet und damit bisweilen Deutschlands beliebtester Radiosender, hat man den Sender
zum Dudeloldie-Sender gemacht. Schade – obwohl man fast sicher sein kann, dass viele der etablierten Moderatoren die Entwicklung furchtbar fanden und finden, hat sich niemand getraut, zu protestieren. Zehn mal am Tag ABBA? Kein Problem offensichtlich – verständlich, dass die altgedienten Moderatoren ihren Maulkorb aufbehielten, weil es ja dem Broterwerb dient, aber dennoch bedauerlich – insbesondere vor dem Hintergrund der „Meinungsfreiheit“.

Schauen wir uns mal die Personalien an, die dazu führen, dass im Programm des WDR mehrere Stunden arabisches Programm läuft, aber Mozart (anscheinend?) gekickt wird. Vor einigen Jahren suchte man einen neuen Hörfunkchef.  Lieblingskandidat des Verwaltungsrats des WDR war Jochen Rausch (Quelle: http://www.derwesten.de/panorama/unmut-beim-wdr-ueber-designierte-radio-chefin-valerie-weber-id8678735.html), der bis dato erfolgreich die Welle EinsLive führte.

Tom Buhrow, der insbesondere angetreten war, einen harten Sparkurs zu fahren, hatte eine andere Idee – er holte jemanden von extern (mit Rausch hätte man ein vermeintlich kompetentes Eigengewächs befördern können). Valerie Weber stammt vom Privatsender Antenne Bayern und hat schon mal einen Vorteil: sie hat keinen Penis. Bzw. – um es politisch korrekt auszudrücken -, sah der Vorsitzende des Verwaltunsrats die Personalie als Indiz verfehlter Politik der Frauenquote.

Das ist harter Tobak. Gucken wir uns mal den Werdegang Valerie Webers an – sie erzielte bei Antenne Bayern beachtliche Hörerzahlen und war dort sehr erfolgreich, das kann niemand abstreiten. Aber – Antenne Bayern ist ein PRIVATER Rundfunksender, den sie u. a. mit Gewinnspielen zum Erfolg geführt hat – O-Ton Frau Weber: „Es ist enorm wichtig, dass wir die Menschen zum Spielen bringen, denn das erlaubt ihnen das Abtauchen in eine Scheinwelt, um den Problemen des Alltags zu entfliehen.“  Ihren Erfolg hatte Weber also mit Gewinnspielchen und 08/15-Mainstream-Musik gehabt.

Als „Trostpreis“ erhielt Jochen Rausch die „Ehre“, WDR4-Wellenchef zu sein. Mit ihm wurde jemand Wellenchef, der von Kind an Rockstar werden wollte und der über viele Jahre hinweg mit internationaler Popmusik seinen Erfolg hatte.

…will sagen: Der Intendant ist Alt-68er und Bob Dylan-Fan. Die Hörfunkchefin schielt nur auf Einschaltquote, Inhalte sind ihr egal. Und dem Wellenchef kann die von ihm verantwortete Welle egal sein, weil er andere Vorlieben hat und eh Altrocker ist. Fachleute hat man zwar genug im Sender, mit der Personalie Lemke-Matwey hat man aber ein Exempel statuiert, was mit unliebsamen Fachleuten passiert, die ihre Meinung sagen. Folglich hat man aus WDR4 ohne Not einen Dudelsender gemacht, der entweder die gleichen Lieder spielt wie die, die auf WDR2 zu hören sind, oder aber internationale Oldies. Der Schlager wurde fast komplett aus dem Programm verbannt.

Dass damit dem deutschen Nachwuchs keine Chance mehr im Radio gegeben wird, ist den Machern dabei genau so sch…egal wie die Tatsache, dass die imposanten GEMA-Tantiemen nach Schweden, England und sonst wohin fließen – und eben NICHT an deutsche Musikschaffende.

So weit – so schlecht. Offensichtlich gibt man aber keine Ruhe auf dem Weg dahin, den Stempel des eigenen Musikgeschmacks dem gesamten Publikum aufzudrücken (dubiose Umfragen, deren genaue Quellen wohl aus gutem Grund nicht genannt werden, werden verschämt als Alibi für die Gaga-Programmreformen vorgeschoben).

Es gab im Dudel- und Alt68-er Sender WDR4 mit der „Schallplattenbar“ noch genau eine hörenswerte Sendung. Da haben die Verantwortlichen zum dreijährigen „Jubiläum“ des Artikels Frau Menke-Latweys gedacht – „jetzt setzen wir einen drauf“ und schaffen auch dieses letzte Kleinod des Senders ab. Bislang durften sich Schlagerfreunde einmal in der Woche auf diese seriöse Schlagersendung freuen – und was passiert nun? Zitieren wir Jochen Rausch: So wandern Musikgenres, wie eben klassische Musik und Produktionen des Funkhausorchesters, die intensives Zuhören erfordern, vom Samstag- auf den Sonntagabend. Mit andren Worten: Die letzte Schlagersendung muss verschwinden, damit klassische Musik gesendet werden kann. Also die Musikfarbe, die mit WDR3 mindestens ein eigenes Vollprogramm hat. Eine beliebte und erfolgreiche Sendung wird ohne Not abgesetzt – bitter.

Spannend ist, was die Alt-68er und Privatradio-Experten sonst noch so vorhaben. Kleiner Blick in die Geschichte: Mit „Mal Sondocks Hitparade“ lief im WDR eine Radiosendung mit einer Einschaltquote, von denen selbst Günther Jauch heute träumen würde – eine sensationell erfolgreiche und beliebte Sendung. Was hat man damals mit der Sendung gemacht? Richtig: Man hat sie abgesetzt.  – Im September 2016 gewann das überaus beliebte und sehr traditionelle Format „MonTalk“ den Deutschen Radiopreis. Drei Mal dürfen Sie raten, was die heutigen Radiomacher mit dem Format tun? Richtig – hier nachzulesen: http://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/Jochen-Rausch-zu-Programmaenderungen-100.html.

Allem Anschein nach hat man damit den Schlager komplett aus dem WDR-Programm genommen (einzig über die Zukunft des „Rhythmus’ der Nacht“ ist noch nichts kommuniziert worden). Ich finde das absolut skandalös. Die Integration von Flüchtlingen „fördert“ der WDR mit arabischsprachigen Programmen. Die Antwort des Senders darauf, dass 75 % der Türken dem Erdogan-Referendum zugestimmt haben und damit weit, weit mehr Menschen als die im eigenen Land, ist es, eine tägliche türkischsprachige Sendung zu senden. Ob Integration SO geht, vermag ich nicht zu beurteilen. ABER: Ich finde, das Maß ist voll. Dass im WDR-Programm 6 Stunden wöchentlich türkischsprachiges Programm gesendet wird und der Schlager nun komplett ausgebootet wird, finde ich absolut skandalös.

Das Problem ist: Leider ist es schwierig, diese absolut unfassbare Entwicklung zu stoppen. Normalerweise ist ein gutes Mittel, den Geldhahn abzudrehen. Das ist aber nicht möglich – die Zwangsabgabe wird erhoben, da interessiert es offensichtlich niemanden, ob der öffentlich-rechtliche Auftrag erfüllt wird oder nicht und ob Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wird.

Was die Radiomacher angeht, hat leider niemand die Courage gehabt, gegen Vorgaben von oben zu opponieren – die Sanktionen sind offensichtlich zu hart. Grundsätzlich kann man dafür Verständnis haben – schade ist allerdings, dass diejenigen, die ihre „Schäfchen im Trockenen“ haben und pensioniert wurden, auch ihren Mund gehalten haben – traurig, aber nicht zu ändern.

Nach wie vor ist aber nicht nachvollziehbar, warum die Elite der Schlagerschaffenden hier nicht massiv aufschreit. Es gibt gute Argumente, sich gegen diese Alleingänge der WDR-Verantwortlichen aufzulehnen. Aber kaum ein Schlagerschaffender hat den „Arsch in der Hose“, hier mal deutlich aufzuschreien. Ganz offensichtlich gibt es in der Schlagerszene keinen Zusammenhalt – im Gegenteil ist es sehr schwierig, mit „einer Zunge“ zu sprechen. Es wäre sehr wünschenswert, hier einfach mal den Aufstand zu proben. Das kann es doch nicht sein, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands eine der beliebtesten Musikfarben nur deshalb nicht stattfindet, weil die Macher keinen Schlager mögen, sondern Bob-Dylan- und Rockfans sind.

Selbstverständlich ist es erfreulich und notwendig, dass auch eingewanderte fremdsprachige Menschen den Bezug zu ihrer Kultur halten – aber dass Schlagerfreunde komplett vom WDR-Rundfunk ignoriert werden, während fremdsprachige Migranten umfangreiche Programme geboten kriegen – das kann es ja wohl auch nicht sein…

Für die erste Klassik-Sendung am Sonntagabend wünsche ich mir übrigens Joseph Haydns Werk „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ – ins Deutsche übersetzt, lauten die: „Vater, vergib Ihnen – denn sie wissen nicht, was sie tun………“

PS: Ich habe schon einen Einblick in die Akten der Pläne für 2018 nehmen dürfen. Es ist geplant, die Bundesliga-Radiokonferenz aus dem Programm von WDR2 zu nehmen und stattdessen Superbowl-Berichte zu bringen. Begründung: Man hat in den USA repräsentative Umfragen erstellen lassen, die belegen, dass sich niemand für die Fußball-Bundesliga interessiert….
 

Stephan Imming, 30.04.2017
http://www1.wdr.de/radio/wdr4/index.html
http://www1.wdr.de/radio/wdr4/index.html

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