UDO JÜRGENS
smago! exklusiv vorab: Die Udo-Jürgens-Serie "Sein Leben – seine Erfolge"! Teil 1: "Mein Gruß an die verlorene Kindheit"!
Lesen Sie HIER einen Beitrag von René Jochade! (Hinweis: Die Udo-Jürgens-Serie wird im wöchentlichen Rhythmus fortgesetzt werden und mindestens 8-teilig sein!)
Jürgen Udo Bockelmann – wie Udo Jürgens mit bürgerlichem Namen heißt – erblickte am 30. September 1934 in der Nähe von Klagenfurt/Österreich das Licht der Welt. Seine Kindheit verbrachte er anfangs wohlbehütet auf Schloß Ottmanach (Magdalensberg) in Kärnten.
Udos Vorfahren waren einst nach Osten ausgewandert und hatten im zaristischen Rußland eine neue Heimat gefunden. Sein Großvater brachte es dort bis zum Chef der deutschen "Bank Junker". Damit war er einer der reichsten und angesehensten Bankiers Moskaus.
Im Jahre 1917, als die russische Revolution ausbrach, flüchtete er mit seiner Familie zurück nach Deutschland. Zuvor war es ihm sogar gelungen, soviel Kapital in Sicherheit zu bringen, daß er in Berlin sofort eine neue Bank eröffnen konnte, die den Bockelmanns ein sorgenfreies Leben ermöglichte.
Seinen Söhnen Gerd und Rudof (das war Udos Vater), welche beide Landwirtschaft studierten, schenkte er zum einen Gut Barendorf in der Lüneburger Heide und zum anderen Schloß Ottmanach in Kärnten.
Ottmanach ist ein 800 Jahre alter Herrensitz aus der Renaissance-Zeit, auf welchen selbst Kaiser Napoleon einst ein Auge geworfen hatte. Er erkor ihn zu einem seiner Reiseschlösser. Ob er dort jemals residierte, ist allerdings nicht belegt. Ein 17 Meter langes Eßzimmer, welches zudem noch in 52 Meter Entfernung zur Küche lag, garantierte den Bewohnern, daß das Essen niemals zu heiß serviert wurde…
Einer Legende zufolge sollte bis dahin noch nie jemand in diesem ehrwürdigen Gemäuer gestorben sein. Nur Schloß Ottmanach zu verlassen, sei lebensgefährlich…
Udo war von Anfang an das große Sorgenkind der Familie. Nicht nur, daß er alle nur erdenklichen Kinderkrankheiten bekam – er hatte vierzehnmal hintereinander schwere Mittelohrentzündungen. Sein Trommelfell mußte neunmal durchstochen werden. Viel schlimmer war seine übergroße Phantasie, welche ihn Alpträume erleben ließ, die ihn nachts schweißgebadet aufschrecken ließen. Nacht für Nacht wurde er von Weinkrämpfen geschüttelt.
"Das war so schlimm, daß ich es kaum beschreiben kann. Ich sah in meinen Träumen surrealistische Gebilde, die sich in irren Farben wie wild um mich drehten und dabei entsetzliche Geräusche von sich gaben. Ganze Orkane tobten in meinen Ohren. Natürlich wirkte sich das auch noch am Tage bei mir aus. Diese ständige Folter machte mich immer kränklicher. Ich schlich als blasser Einzelgänger durch die Gegend und bezog von allen Gleichaltrigen Prügel, wenn mein großer Bruder nicht dazwischen kam." – so erzählte Udo später.
Das Paradoxe war, daß ausgerechnet seine geniale Musikalität – die ihm wohl wohl angeboren ist – damals fast zum Verhängnis geworden wäre, da sie seine Träume auch noch in furchtbare Geräusche umsetzte.
Und jene Musikalität zeigte sich früh, sehr früh: Bereits mit einem Jahr begann Udo zu singen. Natürlich konnte er noch keine richtigen Worte, aber sein La-la-la, mit welchem er "Hänschen klein" fehlerfrei darbot, versetze nicht nur Familie und Freunde in ungläubiges Staunen.
An seinem fünften Geburtstag schenkte man Udo eine Mundharmonika, und das Unglaubliche geschah: Bereits nach zehn Minuten spielte er den anwesenden Gästen sein geliebtes "Die blauen Dragoner, sie reiten" fehlerfrei vor. Dazu erkärte Udo später:
"Die Mundharmonika ist ein diatonisches System. Also beim Ziehen und Blasen kommt jeweils ein anderer Ton. Das ist aber eine ganz logische Reihenfolge des Ziehens und Blasens. Ich glaube, Kinder tun – weit mehr als Erwachsene – das Logische ganz instinktiv zuerst."
Mit acht Jahren bekam Udo dann sein zweites Intstrument, eine Knopfharmonika. Nach einer halben Stunde hatte er ihr System begriffen und das Instrument in Griff. Die Knopfharmonika sollte Udo bald zu seinem ersten großen Auftritt begleiten…
Zuvor gab es allerdings noch ein sehr unschönes Erlebnis: Als Pimpf erhielt Udo bei der Hitlerjugend wegen schwacher körperlicher Leistungen eine derartige Ohrfeige, daß er danach auf einem Ohr nur noch vermindert hörfähig war. Der einzig positive Aspekt dieser Geschichte war, daß Udo fortan der Hitlerjugend fernbleiben durfte.
Das Kriegsende nahte, und Udos Vater Rudolf hatte panische Angst vor einer Invasion der Russen. Zu dieser Zeit war er bereits Oberbürgermeister der Gemeinde Ottmanach und konnte daher selbst nicht fliehen. Udos Mutter Käthe, sowie seine Söhne Jürgen (Udo), John und Manfred sollten dagegen auf dem Schloßgut Barendorf in der Lüneburger Heide Schutz finden, welches ja seinem Bruder gehörte. Er glaubte, sie wären dort in Sicherheit und ahnte nicht, daß dies ein fataler Fehler war.
Ottmanach wurde ohne Kampf von den Briten besetzt, während in der Lüneburger Heide eine große Schlacht entbrannte. Nach Ende der Schlacht besetzten Belgier die Gegend. Gut Barendorf wurde beschlagnahmt und zum Hauptquartier erklärt. Die Bewohner und Schutzsuchenden – unter ihnen Udo – durften zusammengepfercht auf dem Dachboden hausen.
Eine schlimme Zeit begann, von der Udo nie gerne sprach: Morde, Folterungen, Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung.
Einmal feierten die Belgier im Erdgeschoß ein großes Fest, welches allerdings schon nach kurzer Zeit ausartete. Schüsse fielen, und mehrere Kugeln durchschlugen die Decke zur Dachkammer. Mutter Käthe warf sich sofort schützend über ihre Söhne. Nachdem wieder etwas Ruhe eingekehrt war konnte man sehen, daß eine Kugel direkt am Kopfende von Udos Bett steckte – er war nur ganz knapp dem Tod entronnen.
Dieses Erlebnis war das Signal zu einer zweiten Flucht, welche die Bockelmanns nach Prasdorf führte. Prasdorf in der Gegend von Laboe war die alte Heimat von Käthe Bockelmann, wo auch ihre Eltern lebten.
Aber vorerst kam man vom Regen in die Traufe, denn Prasdorf war ein riesiges Kriegsgefangenenlager mit etwa zwei Millionen deutscher Kriegsgefangenen. Engländer hatten die Gegend besetzt und alles mit Stacheldraht eingezäunt.
Bald aber kehrte wieder Ruhe ein, und Udo begann, sich im Lager umzusehen. Das alles faszinierte ihn.
Man begann, kleine Bands und Laiengruppen zu gründen, die in dem tristen Alltag für etwas Unterhaltung und Abwechslung sorgen sollten. Bei seinen Erkundungen traf Udo dann zufällig auf einen Musiker namens Paul Weber, welcher mit seinem Landser-Orchester Swing und Jitterburg spielte. Und auch Paul Weber fiel der kleine Junge auf, der ständig mit seiner unzertrennlichen Knopfharmonika herumlief. Fast zwangsläufig kam die bedeutungsvolle Frage: "Willst Du mitspielen?"
Natürlich wollte Udo das! Und so kam es, daß Paul Weber unserem Udo das Akkordeonspiel beibrachte und diesem zu seinem allerersten Auftritt verhalf.
Udos erster Auftritt – und das gleich vor Tausenden von Menschen! Aus Stoffresten und Wehrmachtsdecken nähte man Udo ein kleines Kostüm. Als Mexikaner verkleidet spielte er nun also zum ersten Mal vor einem riesigen Publikum. Das Lied nannte sich "Mexikanische Serenade". Es wurde ein Riesenerfolg, und Udo war von nun an klar, daß es nur noch ein Ziel für ihn gab: Die Bühne.
Lesen Sie in Teil 2:
"Je t'aime"
René Jochade
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